Wie errechnet sich der Pflichtteil für Kinder?

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Pflichtteil ist der Mindestanspruch eines Erben – selbst wenn dieser enterbt wurde.
  • Die Höhe des Pflichtteils (Pflichtteilsquote) entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
  • Je nach Art und Anzahl der weiteren Erben erhöht oder verringert sich die eigene Pflichtteilsquote.
  • Der Pflichtteil wird nicht automatisch zugewiesen, sondern muss vom Pflichtteilsberechtigten eingefordert werden.
  • Zur Berechnung des Pflichtteils muss das gesamte Vermögen des Erblassers – inklusive aller Schulden – zusammengestellt werden.

Was versteht man unter „Pflichtteil“?

Beim Erbfall wird jedem Berechtigten in der gesetzlichen Erbfolge nach deutschem Erbrecht ein bestimmter Erbteil zugesprochen – vorausgesetzt, es gibt kein Testament, das die Verteilung anders regelt. Wurde ein Erbe vom Erblasser ausgeschlossen, also „enterbt“, erhält er diesen gesetzlichen Erbteil nicht. Stattdessen steht ihm bei einer Enterbung der Pflichtteil zu, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt. Der Pflichtteil ist somit eine Art Mindest-Erbteil.

Als Besonderheit gilt das sogenannte „Berliner Testament“: Hier setzen sich die beiden Ehegatten jeweils als Alleinerben ein. Kinder sind zunächst vom Erbe ausgeschlossen. Erst nach dem Tod beider Eheleute erhalten die Kinder den kompletten Nachlass. Aber auch hier gilt: Rechtmäßig hätten die Kinder bereits beim Tod eines der Ehegatten Anspruch auf den Pflichtteil. Üblicherweise wird dieser zwar nicht eingefordert – wer auf Nummer sicher gehen will, sollte für diesen Fall allerdings mit einer besonderen Klausel Vorkehrungen treffen. Sie sieht vor, dass Kinder, die ihren Pflichtteil einfordern, nach dem Tod des anderen Elternteils keine Ansprüche mehr geltend machen können.

Wie errechnet sich der Pflichtteil für Kinder?

Mit einem Pflichtteil erhalten auch enterbte Familienangehörige einen Anteil. 

Foto: iStock/Andrii Yalanskyi

Pflichtteil: Wer hat Anspruch darauf?

Geregelt werden die Pflichtteilsberechtigten in § 2303 BGB. Folgende Personengruppen sind daraus resultierend pflichtteilsberechtigt:

  • Eltern
  • Ehegatte / gleichgestellter Lebenspartner
  • Kinder
  • (Ur-)Enkel

Generell nicht pflichtteilsberechtigt sind Geschwister und weitere Angehörige wie Großeltern oder nicht verwandte Personen. Allerdings ist zu beachten, dass die Berechtigung zum Pflichtteil nicht zwingend einen Anspruch beinhaltet. So können beispielsweise die Eltern des Erblassers nur dann einen Pflichtteil beanspruchen, wenn der Erblasser keine Kinder oder Enkel hinterlässt. Die Erbrangfolge ist daher ausschlaggebend, ob ein Anspruch besteht oder nicht. Das heißt, ein Pflichtteil steht Ihnen nur dann zu, wenn Sie auch einen Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil haben. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Der Ehegatte hat immer Anspruch auf den Pflichtteil.

Wichtig zu wissen

Ein Pflichtteilsberechtigter bekommt seinen Pflichtteil nicht automatisch zugesprochen. Dieses Recht muss gegenüber den weiteren Erben geltend gemacht werden. Je nach Art des Verhältnisses zueinander bleibt hier oftmals nur der gerichtliche Weg – der Pflichtteil muss eingeklagt werden. Zudem sollte der Pflichtteilsberechtigte sich nicht zu viel Zeit lassen: Die Verjährungsfrist für die Geltendmachung des Anspruchs beträgt drei Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem der Erblasser verstorben ist.

Erbteil fällt geringer aus als der Pflichtteil?

Wer nicht enterbt wurde, sondern per Testament einen Erbteil zugewiesen bekommt, der kleiner ausfällt als der Pflichtteil, hat Anspruch auf die verbleibende Differenz. Diese Differenz zwischen zugewiesenem Erbe und dem Pflichtteil nennt man Zusatzpflichtteil.

Wie wird der Pflichtteil berechnet?

Um den Pflichtteil zu berechnen, muss die gesamte Erbschaft betrachtet werden. Das heißt, sämtliches Vermögen, alle Verbindlichkeiten und auch bereits erfolgte Schenkungen müssen aufgestellt werden; buchhalterisch gesehen die gesamten Aktiva und Passiva des Verstorbenen. Die Erben sind verpflichtet – notfalls unter gerichtlicher Anordnung – alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten offenzulegen.

Zur Erbschaft zählen:

  • Immobilien
  • Geldbeträge (Bar- und Giralgeld)
  • Anlagevermögen wie Aktien, Anleihen oder Fonds
  • Fuhrpark / Fahrzeuge
  • Hausrat
  • Persönliche Wertgegenstände (Münzsammlungen, Schmuck, Kunst)
  • Forderungen gegenüber Dritten (gewährte Privatkredite)
  • Verbindlichkeiten gegenüber Dritten (laufende Kredite, Schulden)
  • Schenkungen

Ausgenommen sind Ansprüche, die nicht vererbt werden können oder die mit dem Tod des Erblassers automatisch enden. Ein Beispiel wäre das Nießbrauchrecht oder persönliche Dienstbarkeiten. Mithilfe einer Bilanz wird der wertrelevante Nachlass ermittelt und für jeden Erben der gesetzliche Anspruch wertmäßig definiert. Der Pflichtteil entspricht dann der Hälfte dieses Werts.

Pflichtteil berechnen – Beispiel: Bei einem Ehepaar mit zwei Kindern verstirbt der Ehemann. Die Ehefrau hat Anspruch auf 50 Prozent des Erbes, die beiden Kinder teilen sich die restlichen 50 Prozent. Somit hat jedes Kind einen gesetzlichen Anspruch auf 25 Prozent des Nachlasses. Wurden beide Kinder nun durch den Ehemann enterbt, steht ihnen anstelle des gesetzlichen Erbteils der Pflichtteil zu. Dieser beträgt die Hälfte und somit 12,5 Prozent des Nachlasses. Geht man von einem Nachlass in Höhe von 100.000 Euro aus, würde der gesetzliche Erbteil je Kind 25.000 Euro betragen, der Pflichtteil dagegen nur 12.500 Euro.

Wie errechnet sich der Pflichtteil für Kinder?

Wird ein Nachkomme wegen familiärer Streitigkeiten enterbt, steht ihm dennoch der Pflichtteil zu.  

Foto: iStock/PIKSEL

Wie hoch ist der Pflichtteil für Ehepartner?

Die Höhe des Pflichtteils, die sogenannte Pflichtteilsquote, richtet sich – wie auch die Höhe des gesetzlichen Erbteils – nach der Anzahl und Art der weiteren Erben. Zusätzlich unterscheidet man bei Ehegatten zwischen der Zugewinngemeinschaft, der Gütergemeinschaft und der Gütertrennung – also der Güterstand –, da sich daraus unterschiedliche Erbquoten ergeben.

Gibt es ein oder mehrere Kinder, so beträgt der Pflichtteil für den hinterbliebenen Ehepartners ein Achtel des Nachlasses. Hatte das Ehepaar hingegen keine Kinder, sieht die gesetzliche Erbfolge die Eltern des Erblassers als Erben vor. In diesem Fall erhöht sich die Pflichtteilsquote des Ehegatten jedoch auf ein Viertel des Nachlasses. Gibt es außer dem Ehegatten keine weiteren Erben, so umfasst der Pflichtteil die Hälfte des Nachlasses.

Pflichtteil bei Gütertrennung

Bei der Gütertrennung ist die Anzahl der Kinder entscheidend dafür, wie hoch die gesetzliche Erbquote für den Ehepartner ausfällt. Gibt es keine oder maximal ein Kind, beträgt der Erbteil die Hälfte des Nachlasses und der Pflichtteil somit ein Viertel. Bei zwei Kindern verringern sich der Erbteil auf ein Drittel und der Pflichtteil auf ein Sechstel. Hat das Paar mehr als zwei Kinder, betragen der Erbteil des Ehegatten ein Viertel und der Pflichtteil als Hälfte des Erbteils wiederum ein Achtel.

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Beispiel: Pflichtteil für Ehegatten berechnen

Bei einem Ehepaar verstirbt die Ehefrau und hinterlässt ein eigenes Vermögen von 100.000 Euro. Gibt es außer dem Ehepartner keine weiteren anspruchsberechtigten und/oder erbenden Personen, erhält er den gesamten Nachlass als Erbteil in Höhe von 100.000 Euro. Der Pflichtteil beläuft sich dann auf 50.000 Euro. Sind dagegen zwei Kinder vorhanden, stehen dem Ehegatten 25 Prozent und somit 25.000 Euro des Nachlasses als Erbteil zu. Der Pflichtteil verringert sich dementsprechend auf 12.500 Euro. Wären aufgrund einer kinderlosen Ehe die Eltern des Verstorbenen anspruchsberechtigt, erhöhte sich der Erbteil des Ehepartners auf 50.000 Euro und der Pflichtteil auf 25.000 Euro.

Wie hoch ist der Pflichtteil der Kinder?

Bei den Kindern verringert sich die Quote der einzelnen Pflichtteile entsprechend ihrer Anzahl. Lebt der Ehepartner noch, besteht für alle Kinder zusammen insgesamt ein Pflichtteilsanspruch in Höhe von einem Viertel. Dies wird wiederum gleichmäßig auf alle Kinder aufgeteilt. So beträgt die Pflichtteilsquote noch jeweils ein Achtel (12,5 Prozent des Gesamterbes) bei zwei Kindern und jeweils 8,33 Prozent bei drei Kindern.

Wenn die Kinder die einzigen Erben sind, da der Ehegatte nicht mehr lebt, erhöht sich die Pflichtteilsquote auf die Hälfte des Nachlasses. Mit steigender Anzahl an Kindern sinkt entsprechend wieder der Anteil des einzelnen Kindes prozentual. Bei zwei Kindern bleibt in diesem Fall je Kind ein Viertel des Nachlasses als Pflichtteil übrig; bei vier Kindern ist es nur noch ein Achtel. Auch hier bleibt in Summe die Hälfte als gesamter Pflichtteil bestehen.

Achtung

Haben die Ehegatten statt einer Zugewinngemeinschaft den Güterstand der Gütertrennung vereinbart, weichen die Erbquoten der Kinder beim Erbfall entsprechend ab.

Beispiel: Pflichtteil der Kinder berechnen

Bei den angenommenen 100.000 Euro Nachlass ergeben sich für die Kinder folgende Möglichkeiten: 

  • Ein Einzelkind erbt als alleiniger Erbe das gesamte Vermögen. Sein Pflichtteil reduziert sich entsprechend auf die Hälfte (50.000 Euro). Sind Geschwister vorhanden, teilt sich die Nachlasssumme auf die Geschwister gleichmäßig auf. So hat bei zwei Kindern jedes Kind einen Pflichtteil von 25.000 Euro, bei drei Kindern sind es dann 16.600 Euro und bei vier Kindern 12.500 Euro.
     
  • Wird das Erbe mit dem noch lebenden Ehepartner geteilt, beläuft sich der gesamte gesetzliche Erbteil der Kinder auf 50 Prozent, also 50.000 Euro, und der Pflichtteil auf 25.000 Euro. Diese Summen verteilen sich auf die Anzahl der Kinder. Das ergibt bei zwei oder drei Kindern 12.500 Euro oder 8.333,33 Euro je Kind.
     
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Pflichtteilsergänzungsanspruch

Sollte der Erblasser zu Lebzeiten in den letzten Jahren Schenkungen getätigt haben, wodurch der Nachlass verringert wurde, können Erben einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen. Hierbei ist darauf zu achten, dass je weiter die Schenkung zurückliegt, umso geringer ist der Prozentsatz, der zum Pflichtteil dazugerechnet wird. Der Sinn hinter der Pflichtteilsergänzung ist, dass dadurch das komplette Enterben von Pflichtteilsberechtigten ausgeschlossen wird.

Wie berechnet sich der Pflichtteil einer Immobilie?

Auch im Fall eines vererbten Hauses wird deren Wert gemäß der Pflichtteilsquoten an die Erben verteilt. Die Immobilie fließt vollumfänglich – inklusive noch laufender Darlehen – in die Erbschaftssumme ein. Für die Wertberechnung der Immobilie gilt der Todestag des Erblassers als Stichtag. Die bisherige Rechtsprechung geht davon aus, dass der Verkaufserlös dem Immobilienwert entspricht, wenn der Verkauf innerhalb von drei Jahren nach Stichtag stattgefunden hat oder stattfindet. Als Ausnahme gilt allerdings, wenn die Immobilie nachträglich wertbeeinflussend verändert wurde, beispielsweise durch vorgenommene Modernisierungen. Dann muss der Immobilienwert rückwirkend zum Stichtag durch ein Wertgutachten festgestellt werden, das die Änderungen wertmäßig ausklammert.

Wie hoch ist der Pflichtteil bei 200.000 €?

Der Nachlasswert beträgt 200.000 Euro. Per Testament hat er seine Frau und Tochter als Erben eingesetzt, seinen Sohn hat er enterbt. Der gesetzliche Erbanspruch des Sohnes würde in diesem Fall 1/4 betragen. Als Pflichtteil steht ihm demnach 1/8 des Erbes zu, also 25.000 Euro.

Wie hoch ist der Pflichtteil bei 400000 €?

Wie oben beschrieben, ergibt sich die Pflichtteil-Höhe aus der Hälfte der gesetzlichen Erbquote – in diesem Fall sind es 50 % von 40.000 also 20.000 . Kind 1 stehen also 10.000 mehr zu, als er geerbt hat.

Wie hoch ist der Pflichtteil beim Erben bei Kindern?

Wie hoch ist die Pflichtteilsquote für Kinder? Der Pflichtteil für Kinder besteht gemäß § 2303 Absatz 1 Satz 2 BGB in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.

Wie berechne ich den Pflichtteil aus?

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Man fragt also zunächst, was der Betroffene erben würde, wenn es kein Testament geben würde. Die gesetzliche Erbfolge berücksichtigt in erster Linie Kinder und Ehegatten - soweit keine Abkömmlinge vorhanden sind, auch entferntere Verwandte.