Wer ist purple disco machine

Musikexpress.de: Dein Name ist von „Purple Rain“ von Prince und Miami Sound Machine von Gloria Estefan inspiriert worden. Wie kommt’s?

Purple Disco Machine: Das war wirklich eine Schnapsidee! Ich habe einfach das Genre „Disco“ mit den beiden Sachen zusammengeworfen. Natürlich hat mich Prince auch immer inspiriert und über die ganze Zeit begleitet. Deswegen ist mir damals der Song auch als erstes eingefallen. Was Gloria Estefan angeht: Ich glaube, an dem Abend lief ein Album von ihr im Hintergrund. Es war am Anfang als Spaß gedacht. Ich hätte nie gedacht, dass ich zehn Jahre später immer noch unter diesem Namen spiele. Als der Erfolg kam, habe ich bereut mir bei meiner Namensfindung nicht mehr Mühe gegeben zu haben. Andererseits ist es ein Name, der im Ausland direkt verstanden wird und mit dem es, außer in Deutschland, nicht zu Sprachbarrieren kommt.

Die ersten 15 Jahre Deiner Karriere lautete Dein Künstlername Stereofunk. Warum der Namenswechsel?

Purple Disco Machine: Musikalisch gesehen ist Purple Disco Machine gar nicht so weit weg von Stereofunk, zumindest von der Musik, die ich am Anfang gemacht habe. Aber nach 15 Jahren hatte ich das Gefühl, dass das Kapitel zu Ende war. Zwar war ich unter dem Namen ebenfalls bei einem Label gesignt und hatte viele Auftritte, doch wurde mir die Erwartungshaltung mit der Zeit zu groß. Außerdem wurden 2007 und 2008 Techno und EDM immer größer, während Disco und House zurückging. In Kombination mit dem Druck, unter dem ich damals stand, beschloss ich Stereofunk zu beenden und mit Purple Disco Machine einen Neuanfang zu wagen. Dadurch konnte ich Musik machen, auf die ich wirklich Lust hatte, ohne dabei im Hinterkopf zu haben, ob ich durch meine Releases Bookings bekomme. Ich bin sozusagen zurück zu den Wurzeln gegangen.

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Deine DJ-Karriere hat damit angefangen, dass du 1998/1999 Dein eigenes Label gegründet hast. Wie kann man sich das vorstellen?

Purple Disco Machine: Ich glaube, dass ich am Anfang den klassischen Weg beschritten habe. Das Auflegen begann bei mir 96/97 auf Schulpartys im Keller. Wir waren vielleicht 16 oder 17 Jahre alt, als ein neuer Club 500 Meter von der Wohnung meiner Eltern eröffnete. Ich habe damals beim Aufbau mitgeholfen und dort auch meinen ersten Resident-Job bekommen. Dadurch hatte ich die Möglichkeit mit anderen DJs aus Dresden in Kontakt zu treten und durch diese dann in größere Clubs zu kommen. In der Zeit habe ich auch angefangen Musik zu produzieren und gleichzeitig habe ich in meinen DJ-Sets meine Songs getestet. Da ich aber damals introvertierter war und auch relativ schlecht darin mich selber zu vermarkten, beschloss ich mein eigenes Label „Klang Gymnastik“ zusammen mit Schulfreund*innen zu gründen, um meine Musik zu veröffentlichen. Ich hatte halt keine Kontakte zu Labels und mir lag es auch nicht welche anzuschreiben, deswegen hielt ich diesen Weg für den einfachsten. Im Nachhinein war es der schwierigste.

Seitdem haben sich auch beim Auflegen die Dinge verändert. Die meisten DJs nutzen USB-Sticks statt Schallplatten. Was ist der Vor- und Nachteil daran?

Purple Disco Machine: Als dieses Traktor- und Serato-Thema aufkam, habe ich mich lange Zeit dagegen gewehrt. Da ich eine relativ große Plattensammlung mit Disco-Klassikern hatte und auch zu faul war die zu digitalisieren, war ich sehr lange noch Vinyl-DJ. Auf Tour war der Transport der Platten aber echt anstrengend und so hat die Bequemlichkeit gesiegt. Die Vorteile: Ich konnte mir zum Beispiel eine Stunde vorm Set mitten in Mexiko noch spontan ein paar Songs herunterladen. Mittlerweile spiele ich manchmal auch wieder Vinyl, einfach um dieses Schallplatten-Gefühl zu kriegen. Dieses Handwerk ist immer noch sehr wichtig und macht einen DJ auch aus. Es geht dort nicht nur ums Knöpfchen drücken, damit es losgeht.

Dein gesamter Katalog verbucht über 650 Millionen Streams. Gibt es bestimmte Momente, in denen Du Deinen Erfolg als DJ realisierst?

Purple Disco Machine: Natürlich gab es solche Momente. Zum Beispiel, als ich das erste Mal in Südamerika gespielt habe. Es waren kleine Augenblicke, in denen ich realisierte, dass ich in Buenos Aires, São Paolo oder Ibiza auflege und dass die Dinge, von denen man immer gehört hat, Realität werden. Und dann gab es auch große Momente, bei denen ich auf einer Festivalbühne stand, meinen eigenen Song spielte und die Leute ihn feierten.

Video: Purple Disco Machine – „2018 Recap“

„Hypnotized“ aus Deinem Album EXOTICA erhielt über 160 Millionen Streams auf Spotify. Der Erfolg des Songs fing in Italien an, wo er auch fünffach Platin einheimste. Warum kam der Track so gut an?

Purple Disco Machine: Es sind Sachen wie diese, die schwer greifbar für mich sind. Wenn man auf Tour geht, Songs testen kann und sieht, dass die Stage immer größer wird, hilft es, aber seit Corona hat man nur noch Streamingzahlen. Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht, warum er gerade in Italien zum Hit wurde. Ich denke, es waren einfach glückliche Umstände. Eine Fernsehshow auf Sky nutzte den Titel und pushte ihn dadurch. Der Sound half sicherlich auch – ich habe mich bei der Produktion sehr an Italo-Disco orientiert und zu etwa 80 Prozent einen originalen analogen Synthesizer von damals verwendet. Ich habe oft gehört, dass der Sound die Italiener*innen an ihre Kindheit erinnert. Abgesehen davon denke ich, hat auch die Pandemie für den Erfolg in Italien gesorgt. Es hat sie während des ersten Lockdowns besonders hart getroffen und der Song ist luftig und vermittelte eine positive Stimmung während dieser schweren Zeit. 

Verändern sich Deine Tracks noch, nachdem Du sie live getestet hast? Oder geht es nur um „hot or not“?

Purple Disco Machine: Ich teste sie – abseits von Corona – drei bis vier Wochen lang. Da geht es weniger darum, ob der Song nun veröffentlicht wird oder nicht, sondern um die Arrangements und ob die Break lang genug ist. Und nicht um Radiosongs wie „Hypnotized“, sondern um Clubsongs oder Remixe für andere DJs mixe. Das ist ein Mitgrund dafür, dass Leute wie Calvin Harris, Elton John und Lady Gaga bei mir anfragen. Die Künstler*innen wollen meist Clubversionen von ihren Nummern haben. Deren Dramaturgie teste ich und justiere nach. 

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Wieso hast Du Dich denn bei all den Künstler*innen zu denen Du Kontakt hast für Sophie and The Giants als Feature für „Hypnotized“ entschieden? Zumal sie ein ganz anderes Genre vertritt?

Purple Disco Machine: Ja, sie ist mehr Indie-Rock. Es hat mich tatsächlich selbst überrascht. Als wir die Planung zum Album vor zweieinhalb Jahren anfingen, haben wir eine Liste erstellt mit potenziellen Features. Am Ende bin ich alle Namen darauf durchgegangen und habe in die Musik von denen, die ich nicht kannte, reingehört. Ich kannte Sophie and The Giants vorher nicht, doch ich fand ihre Stimme sehr inspirierend. Deshalb habe ich mit ihr Kontakt aufgenommen und hatte sofort das Gefühl, dass sie jung ist, Bock hat und offen für andere Musikrichtungen ist. Wir haben ihr eine Guideline mitgeschickt und sie hat sich einfach treiben lassen, was den Song im Nachhinein auch so speziell macht. In dem Fall haben wir das Lied nicht an verschiedene Künstler*innen geschickt, wie wir es normalerweise machen, sondern nur an Sophie. Es hat sich alles von alleine gefügt. Vielleicht wussten wir unterbewusst, dass sie es gut machen wird. 

Video: Purple Disco Machine ft. Sophie and the Giants – „Hypnotized“

Bei deiner dritten Single-Auskopplung „Fireworks“ lief es anders. Du hast sechs Jahre an dem Song gearbeitet. Worauf basiert er?

Purple Disco Machine: Es fing damit an, dass ich vor sechs Jahren irgendwo in Südamerika in einem Hotelzimmer saß und an den Steel Drums für den Song tüftelte. Ich hatte damals eine grobe Idee und habe mit vielen verschiedenen Künstler*innen im Studio an dem Song gearbeitet, doch ich habe ihn nie fertig bekommen. Normalerweise schmeiße ich Songs in den Papierkorb, wenn ich nicht weiterkomme, weil ich mit der Zeit gelernt habe, dass es nichts bringt sich zehnmal am selben Song zu versuchen. Doch das Lied habe ich behalten, weil ich immer das Gefühl hatte, dass es irgendwas hat. 2018 trat ich zusammen mit The Knocks in New York auf. Ich spielte ihnen den Song vor. Sie kamen sofort auf die Idee des Kinderchors. Der Song ist dadurch in eine komplett andere Richtung gegangen und ich wusste sofort, dass er ein Albumsong wird. Anschließend haben wir Moss Kena gefragt, der genauso wie Sophie, ein junger und offener Künstler ist, ob er die Strophe singen möchte. Er passte perfekt mit seiner Stimme zum Song und so wurde dieser nach all den Jahren endlich fertig.

Der Kinderchor in „Fireworks“ singt: „We all just want some better days and tomorrows“. Was ist die Bedeutung hinter dieser Zeile?

Purple Disco Machine: Es ist immer am besten, wenn der Hörer eigene Interpretationen anstellt. Wir hatten es so verstanden, dass die junge Generation der älteren dadurch vermitteln will, dass sie ebenfalls ein Teil von ihr ist. Und irgendwie brauchen die beiden Generationen sich gegenseitig. Kinder haben eine positive Energie, die abfärbt. Das merke ich auch bei meinen Kindern, was wiederum zu den Lyrics „If you’re ever feelin’ low / You could come and say hello“ passt. Gleichzeitig brauchen sie ebenfalls uns Eltern. Natürlich könnte man das auch auf zum Beispiel den Klimawandel beziehen, weil die junge Generation momentan dafür kämpft, um ein erträgliches Morgen zu haben. Und auch wenn wir Älteren die Folgen davon vielleicht nicht mehr miterleben, sollten wir mitkämpfen, um unseren Kindern eine schöne Zukunft zu gestalten.

Video: Purple Disco Machine ft. The Knocks & Moss Kena – „Fireworks“

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Dein Album EXOTICA soll im Herbst erscheinen. Ist eine EXOTICA-Tour geplant?

Purple Disco Machine: Es wird auf alle Fälle nächstes Jahr eine EXOTICA-Tour geben. Die Shows werden wahrscheinlich wie das Album ein Hybrid aus Club- und Radiosongs. Genaueres kann man bislang noch nicht sagen.

Hört hier Purple Disco Machines Songs „Hypnotized“ und „Firework“  im Stream:

Und hier die neue Single „Playbox“:

Themen aus dem Artikel

Dance disco DJ Electronic House International Interview Italo-Disco Produzent Purple Disco Machine Tino Piontek


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    Wo wohnt Purple Disco Machine?

    Purple Disco Machine: Für mich hat Dresden immer diesen besonderen Stellenwert gehabt. Ich bin in Dresden geboren, aufgewachsen und lebe nach wie vor hier. Für mich ist Dresden Heimat, meine Freunde und meine Familie sind hier – mein Ruhepol.

    Woher kommt die Gruppe Purple Disco Machine?

    Purple Disco Machine aka Tino Piontek stammt zwar aus Dresden, sorgt aber mit Hits wie „Hypnotized“ überall auf der Welt für beste Unterhaltung. Erfolgreich zusammengearbeitet hat er unter anderem mit Lady Gaga, Calvin Harris, Boris Dlugosch und Faithless.

    Ist Purple Disco Machine eine Band?

    Purple Disco Machine (bürgerlich Tino Piontek geb. Schmidt; * 1980 in Dresden) ist ein deutscher Disco- und House-Produzent und DJ.

    Wie alt ist Purple Disco?

    43 Jahre (1980)Purple Disco Machine / Alternull