Wie nennt man eine verfallene Burg?

zusammengestellt von Dr. Helmut Burtscher, basierend auf Texten zur Burgenführung von Dr. Josef Freisl, Habach

1. Einleitung

2. Allgemeines zum Burgenbau

3. Politische, wirtschaftliche und soziale Lage

4. Verkehrsverhältnisse

5. Die Dürnhauser Burg

6. Die anderen Burgen

7. Das Ende der Burgenzeit

Weitere Informationen:

Zeittafel zur Habacher Geschichte

Das Chorherrenstift Habach von 1083 bis 1802

Persönlichkeitsbilder aus der Geschichte Habachs

Historische Ortsführung

Zur Geschichte der politischen Führung in Habach

Habacher Ehrenbürger

1. Einleitung

In der Gegend um Habach gab es zwischen dem 10. und 15. Jahrhundert mehrere Burgen. Einige dieser Burgen waren nur kurze Zeit bewohnt, in anderen lebten wechselnde Besitzer über mehrere Generationen. Es ist sehr schwierig darüber Genaueres zu berichten, da schriftliche Quellen aus dieser Zeit kaum vorhanden sind. Es gab damals fast nur in Klöstern Schreibkundige und selbst deren Aufzeichnungen sind über die Jahrhunderte durch Feuer oder andere widrige Umstände zum Teil verloren gegangen.

Wie nennt man eine verfallene Burg?

Die Lage der Burgen in der Gegend um Habach (JF); Quelle: S.11, Hans Schmidt – Wo lag die Burg der Grafen Sigimar?
In: Arbeitskreis für Ortsgeschichtsforschung der Würmregion, Gauting 200

2. Allgemeines zum Burgenbau

Burgen gelten als die ältesten erhaltenen Wohnsitze in Mitteleuropa und stellen mit ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Verfall eindrucksvolle Zeugnisse für Geschichte und Kultur ihres Zeitalters dar. Burgen waren gut zu verteidigende Wohnsitze, Zentren der Herrschaftsausübung und zugleich zur Kontrolle und Sicherung wichtiger Verkehrswege geeignet.

Die Erteilung der Erlaubnis zum Bau einer Burg war Vorrecht des Königs bzw. des Herzogs von Bayern. Diese Erlaubnis einzuholen wurde jedoch oft missachtet.

Eine Burg bestand meist aus zwei Teilen: dem Wehr- oder Verteidigungsbereich und dem Wohnbereich mit Wirtschaftsanlage. Dazu waren Viehställe, Vorratslager und eigene Wasserversorgung lebenswichtig. Wichtig für den Bau einer Burg waren Lage und Beschaffenheit des Bauplatzes, sowie Stellung und vor allem Vermögen des Bauherren.

Wie nennt man eine verfallene Burg?
Von der Motte zur Burg

Die ersten Burgen im 10. Jahrhundert bestanden aus einem hölzernen, bewohnbaren Turm, errichtet auf einem künstlich aufgeschütteten Erdhügel, der „Motte“. Eine Motte war eine kleine künstliche Erhebung in einem Weiher oder einem See des Herrensitzes. In Sindelsdorf ist dies im Weiher südlich des Pfarrhofes (beim heutigen Kinderspielplatz) noch gut zu erkennen.


Die Motte im Sindelsdorfer Weiher, südlich des Pfarrhofes (hebu)

Bis 1200 wurde eine Burg meistens aus Holz auf Grundmauern aus Feldsteinen gebaut. Burgen waren in der Regel nicht sehr groß, vielleicht 6 m x 12 m; der Turm, Burgfried genannt, war ca. 5 – 6 m hoch und ebenfalls aus Holz. Die gesamte Burganlage war je nach Gelände unterschiedlich groß. Die Namen der meisten Burgen in unserer Gegend enden auf -egg oder -berg.

Wie nennt man eine verfallene Burg?

Wie nennt man eine verfallene Burg?

Vermutetes Aussehen der Burgen, schematische Darstellung (JF); Quelle: S.20, Hans Schmidt – Wo lag die Burg der Grafen Sigimar? In: Arbeitskreis für Ortsgeschichtsforschung der Würmregion, Gauting 2007

Im 13. Jahrhundert kam es dann zu Änderungen im Burgenbau. Von ca. 1200 an musste eine Burg die im Sachsenspiegel festgehaltenen Kriterien erfüllen. Danach musste eine Burg ein Geschoß unter der Erde, 2 Geschoße über der Erde und einen Burggraben haben. Der Burggraben musste so tief sein, dass ein Mann eine Schaufel Erde nicht aus dem Graben werfen konnte (damals etwa 3 m). Die Burg Dürnhausen dürfte diese Kriterien erfüllt haben.

Bauliche Gestaltung

Kleinere mittelalterliche Burgen wurden in der Regel nicht von geschulten und weitgereisten Baumeistern errichtet. Sie waren Zweckbauten, Baumeister und Bauleute kamen aus dem näheren Umfeld und hatten ihre Erfahrungen bei ähnlichen Bauten der Umgebung gesammelt.

Baumaterial waren Buckelquader – Ackersteine, die meist im Trockenbau oder mit wenig Kalkmörtel verarbeitet wurden. Sehr häufig sind auch Trockenmauern mit Holzeinlagen vorzufinden. Der Turm wurde meistens aus Holz gebaut. Man muss ohnehin annehmen, dass große Teile der Burgen unserer Gegend aus Holz bestanden.

Zu einer Burg gehörte eine Ringmauer, der Saalbau (Palas), eine Familien- und besonders die Frauenwohnung (Kemenate), eine Küche und der Burgfried (Berchfrit). Da Saalbau, Kemenate und Küche auch in den verschiedenen Geschossen des Turmes untergebracht werden konnten, war die kleinstmögliche Burg nur ein Turm mit einer Umfassungsmauer.

Die Burgen um Habach hatten etwa drei bis fünf Räume von denen vielleicht zwei mit Hilfe von Kachelöfen beheizt werden konnten. Diese „Stuben“ waren vermutlich eher ungemütlich und verraucht und hatten mit den großartigen Rittersälen mancher Erzählungen nur wenig gemeinsam.

Bis ins 13. Jahrhundert wurden die Fenster sehr hoch eingesetzt. Dies bot verschiedene Vorteile: eine bessere Ausleuchtung des Raumes, Schutz vor von außen kommenden Geschossen und bei den mangelhaften oder oft ganz fehlenden Fensterverschlüssen nebenbei auch Schutz vor Wind und Luftzug. Aus technischen Gründen waren die Fenster meist ziemlich klein.
Erst mit dem Aufkommen einigermaßen guter Fensterverschlüsse wurden die Fenster dann tiefer gesetzt und auch größer gestaltet, mit Fensterbänken und Fensternischen. Glas war meist zu teuer, als Ersatz diente Pergament oder geölte Leinwand.
Fenster wurden bis zum Ende des Mittelalters auch nicht so gleichmäßig eingesetzt wie heute. Für Lage, Größe und sonstige Ausgestaltung der Fenster war einzig die Ausleuchtung der inneren Räume entscheidend.

Lebensnotwendig war für die Burgbewohner die Wasserversorgung. Zu jeder Burg gehörte daher ein Ziehbrunnen, der mühevoll und teuer bis zu 30 Meter tief in den Boden gebohrt werden musste. Der Brunnen kostete oft genauso viel wie die Burg selbst. Daneben versuchte man auch frisches Quellwasser durch einen normalen Zulauf zu erhalten. Bei kleineren Burgen genügten auch Zisternen zur Ansammlung von Regenwasser.

Der „Abtritt“ (die Toilette) einer Burg befand sich meist an der Seite der Steilmauer als kleiner Vorbau mit einem nach unten offenen Loch.

Gerüchte über unterirdische Gänge, versteckte Ausgänge, verborgene Räume und Gefängnisse sind meist erfunden.

Die äußere Befestigung musste nicht unbedingt eine Mauer sein, es reichte auch ein Flechtwerk oder angenagelte Bretter mit fest verbunden Pfählen. Die Burganlagen in unserer Gegend waren meist klein. Häufig gehörte zur Burg auch eine Vorburg. In dieser waren Handwerker und Gesinde untergebracht. Zu jeder Burg gehörten auch eine Mühle und ein Bauernhof (Burghof) zur Versorgung der Bewohner.

Angriff und Verteidigung

Eine Höhenburg war immer so angelegt, dass der Gegner auf seinem Wege zur Burg vom Verteidiger rechtzeitig gesehen werden konnte. Daher war ein steiler Geländeabfall rund um die Burg von entscheidender strategischer Bedeutung. Frühzeitig konnte man so feindliche Angriffe abwehren, auch durch Abschneiden des Weges zur Burg.

Der Zugang zur Burg musste so beschaffen sein, dass ein Angreifer der Burg seine rechte, vom normalerweise links getragenen Schild nicht gedeckte, Seite zukehrte. So konnte er von den Verteidigern der Burg leichter angegriffen werden.

Eine Burg in der damaligen Zeit hatte eine Besatzung von ca. 20 Leuten zur Verteidigung. Die häufigste Angriffstaktik war bei diesen kleinen Burgen vermutlich die Überrumpelung nach vorherigem Ausspähen der örtlichen Gegebenheiten. Andere Angriffsmöglichkeiten stellten Wurfmaschine und Wandelturm dar.

Eine Wurfmaschine war eine Art Steinschleuder, mit der man auch brennendes Pech in die Burg schleudern konnte.
Ein Wandelturm war ein aus starken Brettern und Balken errichtetes Gebilde, das gegen Feuer gut geschützt werden musste. Mit einer solchen Maschine musste man möglichst nahe an die Burg kommen. Dann konnten die Angreifer von diesem Turm aus auf und über die Burgmauer gelangen.

Das Leben auf der Burg

Das Leben war – nicht nur auf den Burgen um Habach – meist weit vom Ideal des höfischen Lebens, wie es z.B. von Walther von der Vogelweide besungen worden ist, entfernt.

Geschichtenerzähler und Troubadoure, die von Burg zu Burg zogen, ihre Minnelieder vortrugen und Gesellschaftsspiele veranstalteten, waren eine seltene Abwechselung auf die man sich schon Wochen vorher freute und von der man sich noch monatelang erzählte.

Der Alltag auf der Burg war meistens hart, mühselig und nicht selten trostlos. Auf der Burg gab es Gestank und Dreck, feuchte kalte Wände und Zimmer. Beheizt waren nicht viele Räume. Es gab vermutlich höchstens einen gemütlichen Raum auf der Burg – und das galt nur für die Bewohner der Hauptburg. Das Gesinde, das außerhalb in der Vorburg wohnte, hatte noch weit kargere Wohn- und Lebensverhältnisse.

Die Burgherren ließen auch Dienste und Abgaben von den Bauern in den Dörfern erpressen. Das frühe Mittelalter kannte übrigens zunächst nicht die Berufsbezeichnung Bauer. Die Quellen unterscheiden bis ins 11. Jahrhundert nicht nach Beruf, sondern nur nach Rechtsstatus – Freie, Hörige und Leibeigene.

Das Rittertum

Die Anfänge des europäischen Rittertums waren alles andere als edel und stolz. Ritter waren rohe, unzivilisierte Haudegen, denen es im 9./10. Jahrhundert gelungen war, die Schwäche des westfränkischen Königtums zu nutzen und sich selbst zu Herren aufzuschwingen.

Der Herzog und die Grafen benötigten immer wieder neue Krieger und Ritter für ihre Dienste, zum Beispiel für die vielen Kreuzzüge zwischen 1100 – 1250. Vermutlich wurden mutige und starke junge Männer aus der Grafschaft ausgesucht und ausgebildet. Sie bekamen einen Hof als „freier Mann“ und unter Umständen später weitere Höfe als Belohnung für besondere Dienste. Während sich der Ritter auf Kriegszug befand, stellten diese Höfe die wirtschaftliche Grundlage für seine Familie dar.

Diese „neuen Ritter“ bildeten sehr schnell ein ausgeprägtes Standesbewusstsein aus, das sich im Verhalten (höfisches Zeremoniell) und in der Wohnstätte für alle sichtbar ausdrückte. Bald wurde um das Holzhaus ein großer Zaun gebaut, einige Jahre später das Haus im Dorf verlassen und dann repräsentativ – für damalige Verhältnisse – auf einer Anhöhe in der Nähe des Dorfes ein neues gebaut. So wurde der wirtschaftliche und soziale Aufstieg für die anderen Bewohner sichtbar – und so könnten die Burgen in der Umgebung von Habach entstanden sein.

Der Ritterstand war also ursprünglich lediglich ein Berufsstand. Ein Ritter war ein hochspezialisierter Berufskrieger, der den Kampf zu Pferde und mit der Stoßlanze beherrschte. Dieser Waffendienst wurde bei den Rittern auch als Gottesdienst angesehen. Die Ritterwürde war eine rein persönliche, die allerdings auch – wenigstens im Prinzip – von jedem verliehen werden konnte, der selbst ein Ritter war. Ritter gehörten anfänglich nicht zum Adel. Erst allmählich wurde etwa ab Ende des 12. Jahrhunderts aus der ritterlichen Abstammung ein Geburtsstand, der sich als niederer Adel vom Stand der Bürger und Bauern unterschied.

3. Politische, wirtschaftliche und soziale Lage

Zwischen 900 und 950 fielen immer wieder die Ungarn in Oberbayern ein. Sie zerstörten mit brachialer Gewalt unter anderem die Klöster Benediktbeuern und Polling und viele Dörfer der Umgebung. Die Bevölkerung zog sich, wenn möglich, auf Fluchtburgen in der Nähe ihrer Dörfer zurück. Eine dieser Burgen lag wahrscheinlich in der Nähe des heutigen Schießsportzentrums in Sindelsdorf.

Wie nennt man eine verfallene Burg?
Altarbild der Habacher Kirche (Ausschnitt) (hebu)

In der Schlacht auf dem Lechfeld 955 besiegte Bischof Ulrich von Augsburg als einer der Heerführer die Ungarn. Dieses Ereignis ist auch auf dem Habacher Altarbild dargestellt.

In jener Zeit gab es im Deutschen Reich nur eine sehr schwache Zentralgewalt, dafür aber hatten die einzelnen Grafen vor Ort eine große Machtfülle. Das Faustrecht, das Recht des Stärkeren, dominierte den Alltag.

1095 rief Papst Urban II. zum 1. Kreuzzug auf. Mit dem Schlachtruf „Gott will es“ zogen tausende Ritter und Fußtruppen in den darauf folgenden 200 Jahren ins Heilige Land, um das Heilige Grab von den Ungläubigen zu befreien. Die meisten starben nicht bei Kämpfen, sondern an den allgemeinen Strapazen, nur wenige kehrten zurück.

Zwischen 1000 und 1100 gab es südlich des heutigen München vier Grafschaften: Gilching, Dießen-Andechs, Wolfratshausen / Haching, und die Grafschaft der Sigimare bei Hausen, vermutlich in der Gegend um Habach und Sindelsdorf. Sigimar I., II. und III. waren auch Vögte des Klosters Benediktbeuern (Ein Vogt war sowohl Rechtsvertreter als auch weltlicher Vertreter eines Klosters). Mit Ausnahme der Grafen von Dießen–Andechs starben alle diese Adelsgeschlechter zwischen 1070 und 1110 aus.

Die Menschen lebten damals fast ausschließlich von der Landwirtschaft. Auf den Tisch kam meist Getreidebrei. Satt werden war die Ausnahme, Hunger war fast täglich gefühlter und erlebter Alltag. Angesichts der spärlichen Erträge schon in guten Jahren bedeutete eine Nässe- oder Dürreperiode oft über Jahre andauernde Not.

Viele Menschen waren auch nicht „frei“ im heutigen Sinne sondern „leibeigen“ und konnten wesentliche Entscheidungen ihres Lebens nicht selbst bestimmen. Leibeigene waren vor allem Bauern. Sie gehörten zum Besitz ihres Grundherren und waren ihm dienst- und abgabepflichtig. Eine Heirat war ein Besitzübergang von Menschen, noch im Jahre 1411 wird beurkundet: „Ott Stetzinger bestätigt den Chorherren zu Habach, dass die Tochter des Meiers Sedlmeier von Sulzemoos durch Ihre Verheiratung mit dem Wirt zu Habach fortan dem Stift zugehört, ebenso die zu erwartenden Kinder.“

Das 11. und 12. Jahrhundert waren eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwunges in ganz Europa. Dieser wurde durch die Klöster gefördert und unterstützt. Zuerst waren die Klöster da, dann erst wurden die Burgen erbaut.

Nach der Gründung des Chorherrenstiftes 1083 erlebte auch Habach eine wirtschaftliche Blütezeit: Wälder wurden gerodet, Filze trockengelegt, Weiher angelegt, Straßen verbessert, Ortsnamen wie -ried oder -kreuth deuten auf Rodungsnamen aus dieser Zeit hin. Übrigens gab es bei den Personen damals noch die Einnamigkeit (Vornamen wurden benutzt ohne zusätzliche Familiennamen), erst ab dem 13./ 14. Jahrhundert bürgerte sich allmählich die Mehrnamigkeit mit Vor- und Familiennamen ein.

Eine bessere Arbeitsteilung entwickelte sich, es wurde nicht mehr alles nur im Hause von Bauer und Bäuerin produziert; so verbreitete sich z. B. das Schuster- und Schneiderhandwerk auch auf dem Land. Handwerker konnten sich im Schutz des Stiftes ansiedeln. Das Stift gab ihnen Aufträge und neue Häuser wurden gebaut.

Auch in der Landwirtschaft gab es viele Fortschritte: Durch höhere Erträge konnten mehr Menschen ernährt werden. Der Bauer beackerte jetzt sein Feld mit dem Wendepflug mit eiserner statt hölzerner Pflugschar. Nach dem Säen brachte er das Saatgut mit der Egge in den Boden. Statt dem Zugriemen verwendete er das Kummet, das die Last beim Ziehen besser verteilte. Der Ochse wurde immer öfter durch das Pferd ersetzt, mit dem man täglich 2 Stunden länger arbeiten konnte. Die Hufe wurden durch Hufeisen geschützt, damit war auch die Zugkraft drei- bis vierfach höher.

Nicht die intensivere Wirtschaftsweise allein, sondern mehr noch die Ausdehnung der bebaubaren Flächen durch die Kultivierung neuen Ackerbodens brachten den nötigen Ertragszuwachs um den ab dem 11.Jahrhundert steigenden Nahrungsbedarf zu decken. Jetzt wurden neue Gebiete landwirtschaftlich erschlossen. Gehöfte und Weiler entstanden. Überall wurden Ackerflächen für den Getreideanbau neu gewonnen, durch Rodung, Trockenlegung und Eindeichung.

Überwiegend wurde Roggen angebaut. Nur auf besseren Böden konnte auch der empfindlichere Weizen gedeihen. Diese Periode der Erschließung von Ackerland nennt man auch „die Vergetreidung Europas.“

All diese Entwicklungen waren Voraussetzung für den rasanten Bevölkerungsanstieg. Zwischen 1000 und 1300 verdoppelte sich die Bevölkerung Europas. Unterstützt wurde dieser Prozess noch durch das wärmere Klima, das zu dieser Zeit einsetzte und bis ca. 1500 andauerte.

Wie sahen eigentlich die Dörfer und Häuser vor rund 1000 Jahren aus?

Das schon in der Karolingerzeit bekannte eingeschossige Holzpfostenhaus mit Strohbedachung aber ohne Fenster war der vorherrschende Haustyp bis ins 12./13. Jahrhundert. Von da an setzte eine Entwicklung vom Pfostenbau zum Ständerbau ein. Die Holzpfosten standen nun nicht mehr im Boden, sondern auf Fundamenten, dadurch verlängerte sich die Lebenszeit eines Hauses.

Es gab wenige, aber dafür sehr große Bauernhöfe, die allerdings im Lauf der Jahrhunderte im Rahmen der Erbfolge immer weiter aufgeteilt wurden. Habach zum Beispiel hatte noch 1083 nach der Gründung des Chorherrenstiftes nur drei große Höfe.

4. Verkehrsverhältnisse

Der Benediktbeurer Pater Karl Mindera spricht von einer „vorgeschichtlichen Salzstraße“, die von Tölz kommend über den Buchberg führte, die Loisach bei Schönmühl überquerte und Habach über den vor Hochwasser sicheren „Rain“ – St. Johannisrain, Oberriedern, Berghof, Frauenrain – erreichte. Diese Straße war ein mit Reisig unterbauter Prügelweg, scherzhaft auch „Ochsenklavier“ genannt, und war nach Mindera sogar teilweise gepflastert.

1399 wurde Habach durch Herzog Stefan III. das Recht verliehen, eine Zollstation für den Salzhandel zu unterhalten. Diese Durchzugsstraße, deren Verlauf in etwa dem der heutigen B472 entsprach, war in regem Gebrauch. Im Jahre 1577 zogen z.B. 900 Saumpferde von Tölz kommend, an Dürnhausen und Habach vorbei auf der alten Straße nach Schwaben. Ein Saumtier trug dabei drei Zentner Last. Von der Dürnhauser Burg aus wurde vermutlich die Salzhandelsstraße überwacht.

Die Fortbewegung entlang der Straße konnte recht beschwerlich sein. Noch 1770 wird die Straße – besonders im Frühjahr der Dürnhauser Berg – als häufig „unwandelbar“ beschrieben. Wie werden dann wohl erst die Verhältnisse um 1100 gewesen sein?

Im Jahre 1779 wurde die Straße Tölz – Sindelsdorf- Habach – Huglfing zur Landstraße ausgebaut und von da an „Chaussee“ genannt. Auf dieser verbesserten Salzstraße fuhren wöchentlich im Jahresschnitt 10 – 20 Fuhrwerke beladen mit Salz durch Dürnhausen und Habach.

5. Die Dürnhauser Burg

Das Gebiet der Burg lag vor ca. 800 Jahren an der Grenze zwischen den Klöstern Benediktbeuern (Bistum Augsburg) und Schlehdorf (Bistum Freising). Der Bach, der neben der Burganlage fließt, heißt heute noch „Grantischbach“ (Grantisch bedeutet auf slawisch Grenze). In einer Grenzbeschreibung des Klosters Benediktbeuern wird die Grenze um 800 folgendermaßen beschrieben: von Zell nach Norden dem „Kniepass“ folgend. Mit „Kniepass“ könnte der tief eingeschnittene Weg entlang der Burg gemeint gewesen sein. Fachleute sind jedenfalls überzeugt, dass dieser Weg als Abkürzung oder Ausweichstrecke zum Kloster Schlehdorf diente.

Es ist unklar, wer diese Burg erbaute. Belegt ist, dass zwischen Otto von Hornstein, dessen Burg hoch über der Isar auf einem Höhenzug etwa 1 ½ km westlich von Deining (12 km isarabwärts von Wolfratshausen) lag und Abt Heinrich II. von Benediktbeuern um 1252 ein heftiger Streit um den Besitz des südlich von Sindelsdorf gelegenen Weilberges (damals „Wilchberg“ genannt) und das Recht, auf diesem Berg eine Burg zu bauen, entbrannte.

Pater Karl Meichelbeck vom Stift Benediktbeuern schreibt basierend auf Orginalunterlagen über diesen Streit um 1750 – also 500 Jahre nach dem Ereignis:

„Um das Jahr 1252 entstand unter der Regierung des Herzogs in Bayern, Otto von Hornstein und unserem Abt Heinrich eine starke „Contraversia“. Es wollte genannter Herr von Hornstein auf einem gewissen Teil dieses Weilberges eine befestigte Burg erbauen lassen. Doch unser Kloster behauptete, dass jener Teil dieses Berges mit allen Gehölz, Wismahden und Tälern zu unserem Gotteshaus gehöre.

Als der Herzog von diesem Streit vernahm, sandte er sogleich seinen Notar, Herrn Swiker, einen ganz bescheidenen Mann, hierher. Er sollte sich in dieser Sache ordentlich informieren und hernach gebührend dem Herzog Bericht erstatten. Der herzogliche Kommissar hat sich zugleich mit den Beauftragten des Klosters Benediktbeuern und vielen anderen Leuten auf jenen Berg begeben.

Wie nennt man eine verfallene Burg?
Am 12. Mai 1253 versammelten sich an der Burg, der Abt Heinrich, die Pfleger aus den Landgerichten Wolfratshausen und Pähl (später Weilheim) und dazu noch mehr als 300 Mannspersonen als geschworene Zeugen. Nachdem diese einheimischen Zeugen, die wohl aus Kleinweil, Zell, Sindelsdorf, Dürnhausen und Habach kamen, vernommen waren, kam klar zutage, dass jener Berg dem hiesigen Kloster eigentümlich zustehe.

Sieben Tage später also am 19. 5. 1253 erschienen vor dem Herzog in Landshut Abt Heinrich von Benediktbeuern und Otto von Hornstein. Der Herzog sagte per Handschlag dem Abt zu, dass weder Otto von Hornstein noch irgendjemand anderer künftig auf dem Weilberg ein Gebäude errichten dürfte.“

Von der eigentlichen Burg sieht man heute nur noch die Grundrisse und vereinzelt von der Natur überwucherte Grundmauern.

Der Hohlweg östlich der Burganlage, eventuell schon um 800 als „Kniepass“ erwähnt (JF)

Wie nennt man eine verfallene Burg?

Wie nennt man eine verfallene Burg?

Über Funde auf dieser Burg ist bisher nichts bekannt, aber es ist immer möglich auf Streufunde – so nennen Archäologen Zufallsfunde – zu stoßen.

Es ist unbekannt, wann genau die Burg verlassen oder aufgegeben wurde. Eine Urkunde, die im Hauptstaatsarchiv liegt, berichtet zwar:
„Am 29. April 1400 überlässt der Probst des Stiftes Dietramszell Heinrich dem Ranninger und seiner Hausfrau zu Erbrecht den Burgstall zu Habach, den Weiher dortselbst und ein Holz mit Zubehör.“
Es ist aber nicht sicher, ob es sich dabei um die Burg Dürnhausen handelt, es könnte auch die Burg Lichtenegg auf der Aidlinger Höhe gemeint sein.

6. Die anderen Burgen

Mühlegg

In Mühlegg, südöstlich von Sindelsdorf, wird von zwei Burgen berichtet. Sehr wahrscheinlich handelte es sich nur um Holzbauten mit Umzäunung, nicht um größere Anlagen aus Stein.

Es stellt sich die Frage, warum ausgerechnet hier zwei Burgen gewesen sein sollen. Eine mögliche Erklärung wäre, dass in Mühlegg das Bistum Augsburg an das Bistum Freising grenzt. Das Kloster Benediktbeuern gehört zum Bistum Augsburg und das Kloster Schlehdorf zum Bistum Freising. Auch in anderen Gegenden ist es vorgekommen, dass an markanten Bistumsgrenzen in unmittelbarer Nachbarschaft zwei Burgen bestanden. Eine andere Erklärung wäre, dass die zwei Burgen zu unterschiedlichen Zeiten existierten.

Raspenburg

Die Lage der Raspenburg, von der manche Burgenforscher wie General Popp oder Hauptmann Arnold im 19. Jahrhundert sprechen, konnte noch nicht sicher bestimmt werden. Es wird vermutet, dass sie sich südlich von Mühlegg Richtung Zell befand. Mit Sicherheit belegt werden können aber die Besitzer, die Raspen. Sie waren über Jahrhunderte eine vermögende und geachtete Familie in Zell und Kleinweil. Noch heute gibt es in dieser Gegend einen Raspenwald und einen Raspengraben.

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Fußstain

Am Herrensitz über Jaudenmühl kann man noch gut die Anlage einer frühen Burg aus dem 10. oder 11. Jahrhundert erkennen. Ein Burggraben mit zwei Metern Tiefe umgibt kreisförmig die Anlage und ist auch noch gut sichtbar. Es spricht viel dafür, dass diese Burg im 11. Jahrhundert gebaut wurde. Diese Burg ist nur aus einigen Hinweisen in der ortshistorischen Literatur bekannt. Die Anlage gehört zum Gemeindebereich Habach und dürfte im frühen Mittelalter – während der Ungarneinfälle von ca. 900 bis 955 – als Fluchtburg errichtet worden sein…

Burggraben um Fußstain, links im Hintergrund die runde Burganlage (hebu)

Lichtenegg

Die Grafen von Eschenlohe bauten neben ihrer Hausburg in Eschenlohe auf der Aidlinger Höhe eine zweite Burg, die Burg Lichtenegg. Sie nannten sich auch die Grafen von Lichtenegg. Diese Burg, überwiegend aus Stein gebaut, dürfte etwa um 1250 erbaut wurden sein. Von der Burg hatte man eine gute Sicht auf die Salzstraße von Habach nach Murnau.
1295 starben die Grafen von Eschenlohe aus. Danach wurden die Herren von Iffeldorf zu Grafen von Eschenlohe.
1458 wird Lichtenegg in Urkunden als Burgstall, also als verlassene Burg, bezeichnet.
Auf dem Gelände der Burg Lichtenegg sind schon häufig Streufunde wie Schleifenglas, Nuppenbecher, Teile von Kachelöfen, Eisen- oder Metallteile gefunden worden.

Wie nennt man eine verfallene Burg?

Wie nennt man eine verfallene Burg?

Ganz links: Blick von Westen auf die Burganlage Lichtenegg (hebu)
Links: Blick von Osten auf die im Wald verborgene Anlage von Burg Lichtenegg (hebu)

7. Das Ende der Burgenzeit

Die Burgenzeit dauerte in unserer Gegend nur ca. vier Jahrhunderte. Verschiedene Entwicklungen trugen zur Aufgabe der Burgen bei:

Zwischen 1315 und 1317 herrschte eine verheerende Witterung, wahrscheinlich verursacht durch einen Vulkanausbruch in Asien. Der Himmel blieb bedeckt. Von „Sommern ohne Sonne“ wird berichtet. Allgemein kündigten im 14. Jahrhundert lange Winter und kalte, nasse Sommer das Ende der günstigen Klimaperiode an, die ca. vier Jahrhunderte lang vorgeherrscht hatte. Eine Verschiebung im Vegetationsgefüge fand statt.

Zwischen 1340 und 1352 wurde Europa auch von einer großen Pestepidemie heimgesucht. Ein Drittel der Bevölkerung starb daran. Dies führte zur ersten großen Agrarkrise in Mitteleuropa. Die Verringerung der Bevölkerung hatte eine schwächere Nachfrage nach Getreide zur Folge. Es kam zu einem Preisverfall bei landwirtschaftlichen Produkten, gekoppelt mit erhöhten Arbeitskosten. Vermutlich konnten auch die Burgen wegen geringerer Einnahmen nicht mehr unterhalten werden.

Als weitere Folge der Agrarkrise trat nun auch nach der intensiven Erschließung von neuen Anbauflächen, der Errichtung von Weilern, Gehöften und Schwaigen wieder eine „Wüstung“ ein. Schwierige Anbauflächen wurden aufgegeben, Gehöfte, Weiler, ja ganze Dörfer wurden verlassen. Eine Flucht in die Städte setzte ein. Auch das Stift Habach war wahrscheinlich von dieser Entwicklung betroffen. In der Mitte des 14. Jahrhunderts war kein Chorherr mehr in Habach. Wie in Aufzeichnungen berichtet wird, war Habach so gut wie verlassen.

Was auch immer der Auslöser für die Aufgabe der Burgen gewesen sein mag, Veränderungen in der Waffentechnik (Einführung der Schußwaffen) trugen in unserer Gegend jedenfalls nicht dazu bei, da zu diesem Zeitpunkt die Burgen bereits aufgegeben worden waren.

Wie nennt man die Reste einer alten Burg?

Burgwall. Reste der Wehrmauer einer Burganlage, die nach totaler Zerstörung nur noch einer Erdaufschüttung ähnelt, öfters auch vollständige Burgmauer gemeint.

Was gibt es für Burgtypen?

Es gibt ganz unterschiedliche Burgtypen. Aufgrund der Lage unterscheidet man zwischen der Höhenburg auf einem schwer zugänglichen Berggipfel oder der Kammburg, der an einem Felsabfall gelegenen Hangburg, oder der nur von einer Seite erreichbaren Spornburg auf ei- nem auslaufenden Bergrücken.

Wie nennt man eine Burg noch?

Man kennt auch unterschiedliche Ausdrücke, wie Kastell oder Wehranlage. Viele Burgen wurden an höher gelegenen Stellen gebaut, also zum Beispiel auf Hügeln. So hatte man einen besseren Überblick über das Land.

Wie viele Burgtypen gibt es?

Im Wesentlichen gibt es drei Arten von Burgen: Zum einen gibt es die Wasserburgen. Sie stehen inmitten eines Gewässers oder sind umgeben von einem Wassergraben. Das erschwerte das Angreifen. Zum anderen sind da die Höhlenburgen.