Wie heißt das Gedicht vom Birnbaum?

Einmal in Ribbeck angekommen, muss man zunächst über die wundersame Vermehrung der Birnbäume sprechen. In Theodor Fontanes Gedicht „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ geht es ja nur um einen Birnbaum, den der Herr des Dorfes in seinem Garten stehen hat.

Gäbe es überall Birnen, müssten die Kinder in ihren Pantinen ja nicht zum Ribbeckschen gehen, der sie bereitwillig herschenkt. Später lässt Hans-Georg von Ribbeck sich - den Quellen zufolge 1759 - eine Birne in sein Grab legen. Der daraus gewachsene Baum kommt dann wieder den Kindern zugute.

Heute ist Ribbeck natürlich mit Birnen gesegnet. Überall stehen die Bäume, die Ribbecker waren fleißig. Hinter der alten Schnapsbrennerei hat der Pfarrer einen neuen Hain gepflanzt, und im Schlossgarten wächst sogar ein politisch-föderaler Birnen-Garten. Das Land Thüringen hat einen Baum der Sorte „Nordhäuser Winterforelle“ gesandt, Schleswig-Holstein die „Bunte Julibirne“, Sachsen-Anhalt „Alexander Lucas“, Berlin „Boscs Flaschenbirne“. Brandenburg als Meistbegünstigter stiftete „Clapps Liebling“, elf Bundesländer fehlen noch. So viele Birnen in Ribbeck. Man stelle sich vor, Heinrich Heines Gedicht über die Loreley hätte eine ähnlich Vermehrung der Rheinfelsen nach sich gezogen.

Der berühmte Birnbaum ist die falsche Sorte

Die eigentlich literaturhistorisch bedeutsame Pflanze auf dem Kirchhof von Ribbeck stand bis 1911, als ein Sturm über das Dorf fegte und den echten Birnbaum fällte. Im Jahr 2000 wurde ein neuer Baum gesetzt, ein Schild vermeldet in Frakturschrift stolz die Tradition. Hunderte von Früchten sind zu sehen, sie haben die Größe der modischen Kirschtomaten und sehen ein bisschen aus wie die gleichfalls hippen Kapernäpfel. Die angepflanzte Sorte sei die falsche, sagen die Pomologen, jedenfalls kein Original.

Aber egal. Schön wäre es nun, ein Wispern zu hören. Etwa „Junge, wiste ‚ne Beer?“ Doch an diesem zauberhaften Nachmittag ist nur ein leises Zirpen zu hören und zwischendurch Regenrauschen.

Links vom Birnbaum erhebt sich das stolze Haus der Ribbecks, ihr Schloss. An diesem ersten Juli-Wochenende wurde es mit einem Fest wieder eröffnet, idyllisch auf dem Dorfanger gelegen, vorn liegt der Feuerwehrteich und die alte Schule, hinten ein bisschen Garten, die Nebengelasse, Landwirtschaftsgebäude und dann viel Weite. Für 5,6 Millionen Euro hat der Landkreis das Gebäude herrichten lassen, ein Außen-Aufzug aus DDR-Zeit wurde entfernt. Die neobarocke Fassade ist, beinahe so als wäre es Absicht, kaiserbirnengelb gestrichen.

Schloss Ribbeck wirkt wie die logische, etwas protzige Mitte eines bescheidenen Ensembles. Der Straßenname? Natürlich Theodor-Fontane-Straße. Hinter dem Zaun hängt die Wäsche der Nachbarin auf der Leine, ordentlich nach Größe geordnet, erst die Handtücher, dann die weißen Unterhemden, eine cremefarbene Unterhose, weiße Socken.

Kinder lernen das Gedicht auswendig

Im Innern ist ein kleines Museum zu finden, das viel über Theodor Fontane und die Geschichte des Schlosses erzählt. Es gibt verschiedene Räume, die für Veranstaltungen geeignet sind, dazu ein Restaurant. Als Mitbringsel werden Birnen-Pralinés angeboten. Das Standesamt Nauen hat hier seine nicht ganz geschmackssicher eingerichtete Außenstelle, verliebte Paare werden es trotzdem lieben. Kutschen dürfen über das Kopfsteinpflaster bis zum erhöhten Eingang fahren.

Solche Herrensitze gibt es in Brandenburg etliche; die Könige Preußens waren fleißige Schlösserbauer, doch ist Ribbeck wegen des Fontane-Gedichts eine Klasse für sich. Die Ballade kennt buchstäblich jedes Kind; zumindest in Berlin lernen die Viertklässler den Klassiker auswendig. „Nichts ist hier besonders, aber wir haben Fontane“, sagt Frau Hermann, die Schlossherrin im Auftrag des Landkreises.

Man müsse das Gedicht als Kind kennenlernen, sonst vermittle sich der Zauber der Geschichte nicht, meint sie (Zum Nachlesen: hier) . Die sentimentale Beschwörung der Kindheit, der seltsame, lange ausgestorbene Dialekt. Die List des alten Ribbeck mit der Birne im Grab. Bei Führungen sieht Frau Hermann zuweilen in ratlose Gesichter, besonders bei ausländischen Touristen. Erst neulich hätte eine Gruppe Amerikaner „Herrn von Ribbeck“ in Übersetzung gelauscht. Umsonst. Es sprang kein Funke über. Vielleicht wäre ihnen mit Fontanes „John Maynard“ und dem Eriesee mehr geholfen gewesen.

Es gibt eine Lesart des Gedichts, die wunderbar ins heutige Ribbeck passt. Fontane entwirft in seinem milden Rückblick auf den Gutsherrn des 18. Jahrhunderts ein Bild des alten, großzügigen, im Prinzip liberalen Preußens, und die Nachfahren ruinieren dies in Gestalt des mit Birnen geizenden Sohnes. Die wahren Tugenden sind Generosität und Weitsicht. Das führt vom Schloss ein paar Meter weiter zum alten Kutschpferdehaus, wo heute Friedrich Carl von Ribbeck wohnt, der Nachfahre. 1947 war der Knabe acht Jahre alt, als die Russen ihn und die Familie vertrieben, seit Mitte der 90er-Jahre ist er wieder da.

Es gab einen Restitutionsanspruch und einen Vergleich, die Ribbecks haben seitdem viel getan für das Dorf. Verantwortung ist dem Mann wichtig, schließlich reicht die Ahnenreihe bis 1237 zurück. Wenn in 150 Jahren jemand eine Familienchronik aufschlage, solle es nicht heißen, der Friedrich Carl hätte es in der Hand gehabt und verpasst, sagt er. 50 Jahre hat er in der Bundesrepublik gelebt und gearbeitet, ist viel herumgekommen. Die Verwandten sind in der Welt verstreut.

Schnaps und Essig brenn ich gerne

Ribbeck, der Friedrich II. von Preußen bewundert, sagt lapidar: „Ich neige dazu, ein arbeitsames, furchtloses und anständiges Leben zu führen.“ Anfangs gab es Vorbehalte im Dorf, die Junker kehrten zurück, hieß es. Bald erkannte man: „Die können aber schaffen.“ Ribbeck habe „ein paar nützliche Geräusche gemacht“, um Ribbeck wieder bekannt zu machen; er unterhält sich gern mit Besuchern, die den Herrn von Ribbeck sehen wollen wie ein Ausstellungsstück.

Heute ist die alte Schnapsbrennerei hergerichtet, hier vertreiben die Ribbecks ihren Birnenbrand, und sie stellen verschiedene Sorten Birnen-Essig her. Auf dem 30 Meter hohen Schornstein klappert ein Storch, als habe er es von seinem höflichen Vermieter gelernt. Man will nach vorne sehen, in die Zukunft. Klappern gehört dazu.

Ribbeck hat sich mit dem Schloss arrangiert. Er lobt die Renovierung so gut er kann. Es sollte mal verkauft werden, es scheiterte. Der Landkreis beschloss 2005, die Sache selbst zu übernehmen, was wohl die beste Entscheidung war. Friedrich Carl von Ribbeck hat sehr schöne Erinnerungen an das Haus, davon ist wenig übrig.

Die DDR baute ein Altenstift ein, im Treppenhaus ist ein Wandrelief mit einer streng sozialistischen Fontane-Interpretation zu sehen. Der alte Ribbeck steht links, mit Seidenstrümpfen und Dreispitz, er hält mit spitzen Fingern und hochmütigem Blick eine Birne, nach der sich hungernde Kinder strecken. Rechts ist das Ribbeck-Haus eingerüstet zu sehen, glückliche Kinder geben die Birne an ein altes Mütterchen weiter. Das Werk gefällt Herrn von Ribbeck natürlich kaum.

Ribbeck lernte Fontane im Bett mit Keuchhusten

1893 ist das Schloss entstanden, die Ribbecks waren zu Geld gekommen, indem sie Holz und Ziegel für die rasant wachsende Hauptstadt lieferten. Als Fontane das Gedicht 1889 schrieb, erwähnte er das alte Herrenhaus mit dem Doppeldach, das damals noch stand. 1943 musste die Familie das erste Mal weichen, für die Wehrmacht. Der konservative Nazi-Gegner Hans Georg Karl Anton von Ribbeck wurde 1945 im KZ Sachsenhausen umgebracht.

Ribbeck, das Dorf, ist herausgeputzt wie nicht viele der winzigen Dörfer Brandenburgs. Und das alles wegen ein paar Zeilen Literatur. Der jetzige Herr von Ribbeck hat das Gedicht gelernt, als er mit Keuchhusten im Bett lag. Im Schloss zieht sich der Text der Ballade durch die Räume, Bücher sollen noch aufgestellt werden, auch solche, in denen es nicht um Birnen oder das Havelland geht.

Und dann, am frühen Abend, als die Frösche alle in den Feuerwehrteich gehüpft sind und die Ribbecker Männer auf der Bank davor träge bei einer Flasche Bier tratschen, dann steht zum Abschied plötzlich ein kleines Mädchen vor dem Besucher. Sie trägt Sandalen und schiebt einen Roller. Ihr Vater hat im Schloss zu tun. Ob sie Birnen mag, frage ich. Das Mädchen nickt zart. „Lütt Dirn, Kumm man röwer, ick hebb ‚ne Birn.“ Bei diesen Worten rollert sie schüchtern davon.

So schön ist das in Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

Das Museum ist Dienstag bis Sonntag geöffnet. Kontakt: 033237-85448.

Im Internet: www.ribbeck-havelland.de

Wie heißt das Gedicht mit dem Birnbaum?

Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn. « Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.

Was bedeutet Lütt Dirn Kumm man Röwer?

„…und kommt ein Mädel, so flüstert's ,Lütt Dirn! Kumm man röwer, I gew' di ne Birn! ' Was heißt das überhaupt? “ – „Das ist Plattdeutsch für: Ich gebe dir eine Birne.

Wie heißt das Gedicht von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland?

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland. Und die Birnen leuchteten weit und breit, Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl, Der von Ribbeck sich beide Taschen voll.

Wer ist der Autor von Herr von Ribbeck?

Theodor Fontane