Wer spürte Über allen Wipfeln kaum einen Hauch?

The conjugation of spüren (feel, sense) in the present tense is: ich spüre, du spürst, er spürt, wir spüren, ihr spürt, sie spüren. For this purpose, the endings -e, -st, -t, -en, -t, -en are appended to the stem spür. The formation of the forms corresponds to the grammatical rules for the conjugation of the verbs in the present tense. Comments ☆

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Translation of German spüren


Wer spürte Über allen Wipfeln kaum einen Hauch?
spüren feel, sense, track, perceive sentir, ressentir, éprouver sentir, experimentar sentire, avvertire, percepire, risentire känna, märka почувствовать, чувствовать, почу́вствовать, чу́вствовать, ула́вливать, замеча́ть, заме́тить, ощуща́ть czuć, wyczuwać, poczuć, wyczuć sentir, perceber, notar gewaarworden, snuffelen, speuren, merken, voelen pocítit, ucítit, cítit sentir hissetmek, duymak, sezmek érzékel, megérez, érez осетити aistia, vaistota, havaita, tuntea αντιλαμβάνομαι, αισθάνομαι, νιώθω mærke, spore, vejre, føle 感じる merkeشعرَ، أحسَّ، أحس

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Wer spürte Über allen Wipfeln kaum einen Hauch?
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Johann Wolfgang Goethe

Wandrers Nachtlied

Über allen Gip­feln Ist Ruh,

In allen Wip­feln Spü­rest du

Kaum einen Hauch;

Die Vöge­lein schwei­gen im Walde. Warte nur, balde

Ruhest du auch.

aus: Goe­thes Werke, Bd. 1, Stutt­gart 1815.

Paul-Josef Raue

Das Gedicht, das Goethe zu Tränen rührte

Jeder Mensch hat seine Land­schaft. Es ist das Meer oder ein Gip­fel, ein Tal im Nebel oder die Wüste in der Nacht: Schaut er dort­hin, dann schwingt seine Seele in einem Gleich­klang, den er sonst sel­ten ver­nimmt. Goe­thes Land­schaft waren die Hügel des Thü­rin­ger Walds. Des »Wand­rers Nacht­lied« ist sein Gedicht, sein eigentliches.

Wer Goe­thes Leben, das wohl reichste Leben, das wir ken­nen, wer die Land schaft die­ses Lebens besich­ti­gen will, wan­dert von Ilmenau hoch in den Wald, schaut vom fast 900 Meter hohen Kickel­hahn über die Gip­fel und fühlt diese Ruhe in sich.

Als Goe­the das Nacht­lied schrieb, war er ein gut bezahl­ter Mana­ger, der für den Her­zog den Sil­ber­Berg­bau wie­der pro fita­bel machen sollte. Heute fah­ren Mana­ger zum Golf­platz, um Ruhe zu fin den; Goe­the fuhr mit der Kut­sche in den Wald – »um der unver­bes­ser­li­chen Ver­wor­ren­heit der Men­schen auszuweichen«.

Der Wan­de­rer kann heute noch Goe­thes Route fol­gen: 31 Jahre jung war des Her­zogs Minis­ter, als er in einer Jagd­hütte über­nach­tete und mit einem Blei­stift 24 Wör­ter auf die Bret­ter­wand krit­zelte, die zum Erbe der Welt wur­den. Heute fin­det der Wan­de­rer das Gedicht in einem Nach­bau der zwei­stö­cki­gen Hütte, in 16 Spra­chen übersetzt.

Die acht kur­zen Zei­len haben Goe­thes Leben beglei­tet. Den Tod vor Augen hat er sie noch ein­mal besucht – buch­stäb­lich. Zwei Tage vor sei­nem 82. Geburts­tag, der sein letz­ter sein sollte, stieg er in Ilmen­aus »Gast­haus zum Löwen« ab und ließ sich auf den Kickel­hahn fah­ren, »ergötzte sich an der kost­ba­ren Aus­sicht auf dem Ron­dell« und ging zu Fuß durch hoch ste­hende Hei­del­beer­sträu­cher noch ein­mal zu der Jagdhütte.

Der Berg­be­amte Johann Chris­tian Mahr beglei­tete ihn und notierte: »Goe­the über­las diese weni­gen Verse und Trä­nen flos­sen über seine Wan­gen. Ganz lang­sam zog er sein schnee­wei­ßes Taschen­tuch aus sei­nem dun­kel­brau nen Tuch­rock, trock­nete sich die Trä­nen und sprach in sanf­tem, weh­mü­ti­gem Ton: ‚Ja, warte nur balde ruhest du auch!‘, schwieg eine halbe Minute und sah noch­mals durch das Fens­ter in den düs­tern Fichtenwald.«

Was ist nur alles in die­ses Gedicht hin­ein inter­pre­tiert  wor­den!  Wie viele Deutsch­leh­rer haben ihre Schü­ler gequält – und sich geär­gert über die Jugend von heute, die nicht das Gedicht unter Trä­nen gele­sen haben! Sie haben die Vokale gezählt und gedeu­tet, den Rhyth­mus notiert, jede Zeile geheim­nis­voll umnach­tet. Der Jour­na­list Wulf Sege­brecht nannte diese Deu­tun­gen »bedrü­ckende Zeug­nisse ger­ma­nis­ti­schen Schwät­zens und Versagens«.

Das Nacht­lied ist ein schlich­tes Gedicht, das selbst Goe­the beim Lesen zu Her­zen ging. »Die Natur tut nichts umsonst«, schreibt Goe­the an Zel­ter in einem sei­ner letz­ten Briefe.

So ist das Nacht­lied zuerst ein Natur Gedicht über eine schöne Land­schaft, über Goe­thes See­len­land­schaft. Aber auch, wie immer wenn wir über unsere Seele spre­chen, ist es ein Gespräch über unser Leben, die Suche nach dem Frie­den in uns und über den Tod, der zum Leben gehört.

Doch wer einen Hauch spürt in allen Wip­feln, der lebt – erst recht in jun­gen 31 Jah­ren. Wenn er am Abend die fried­li­che Land­schaft des Thü­rin­ger Wal­des betrach­tet, dann denkt er an den Schlaf und weit ent­fernt nur an ihn als den Bru­der des Todes.

Erst 51 Jahre spä­ter, wie­der fas­zi­niert vom Frie­den der Land­schaft, ist der Blick ein ande­rer: »Warte nur, balde ruhest du auch.«

Goe­thes Nacht­lied ist nicht nur das Gedicht sei­ner Seele, es ist auch das Gedicht Thü­rin­gens – und wenn ein Land eine Seele hat, dann fin­det hier die thü­rin­gi­sche Seele   ihren Gleich­klang: »Über allen Gip­feln ist Ruh«.