Wann kam das Lied je t aime raus?

Verbote sind gut fürs Musikgeschäft. Wer auf dem Index landet, kann sich großer Aufmerksamkeit sicher sein. Das ist nicht erst seit „Layla“ so.

BLZ

14.07.2022 | 19:37 Uhr

Wann kam das Lied je t aime raus?
Wann kam das Lied je t aime raus?

Ein Standbild aus dem Video zu dem umstrittenen Ballermann-Hit „Layla“ von DJ Robin & SchürzeScreenshot/YouTube/DJ Robin x Schürze

Die Stadt Würzburg will nicht, dass der sexistische Ballermann-Hit „Layla“ von DJ Robin & Schürze auf einem Volksfest gespielt wird. Der kulturelle Schaden ist überschaubar, doch der Vorwurf der Cancel Culture erhitzt die Gemüter. Die Macher können sich freuen – und befinden sich in respektabler Gesellschaft.

Wie Verbote die Fantasie anregen: „Jeanny“ von Falco

„Jeanny, komm. Steh auf, bitte, du wirst ganz nass. Schon spät, komm! Wo ist dein Schuh? Du hast ihn verloren, als ich dir den Weg zeigen musste. Wer hat verloren? Du dich? Ich mich? Oder, oder wir uns?“ Viel eindeutiger wird der Text des 1985 in den Niederlanden aufgenommenen Nummer-eins-Hits (22 Wochen in Deutschland) nicht, und auch das Video lässt viel Interpretationsspielraum, auch wenn die Anspielungen auf die sexuelle Gewalttat eines psychotischen Mörders unübersehbar sind. Das geht so weit, dass Falco so tut, als wäre er Peter Lorre, der die Titelrolle in „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ spielt. Von Femizid-Verherrlichung zu sprechen, läge nah, auch wenn man damals das Wort noch nicht verwendete.

Dennoch riefen Fraueninitiativen zum Boykott auf, dem viele Radiosender folgten, nachdem sich im „heute-journal“ der Nachrichtensprecher empört über den Erfolg dieses Titels äußerte. Seine beiden Töchter waren einige Jahre zuvor Opfer einer Entführung gewesen. Ich war 13, als ich das Lied hörte und Gänsehaut bei dem Refrain bekam, wenn Falco den Namen Jeanny rief und mich mit seinem Pathos voll in die Magengrube traf. Und mein innerer Film war eindeutiger als das Video, wobei die Boykottdiskussion die finsteren Angst- und Lustfantasien erst richtig anregte. Ulrich Seidler

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Nichts für Kinder? „Vincent“ von Sarah Connor

Wer hätte gedacht, dass diese Zeile im Jahr 2019 noch für Empörung sorgen würde: „Vincent kriegt keinen hoch, wenn er an Mädchen denkt, er hat es oft versucht und sich echt angestrengt“. Verschiedene Radiosender wollten Sarah Connors Song „Vincent“ so nicht spielen, darunter Antenne Bayern. Er passe nicht in das familienfreundliche Programm, hieß es aus der Programmdirektion. Die Filmemacherin Anika Decker tweetete damals: „Liebe homophobe Radiostationen, ihr spielt ernsthaft ‚Vincent‘ von Sarah Connor nicht, aus Angst um die Jugend? Ich krieg’ keinen mehr hoch, wenn ich an Euch denke.“ Auch der deutsche Lesben-und-Schwulenverband reagierte enttäuscht und kritisierte, dass es bei dem Besingen von expliziten heterosexuellen Inhalten solche Reaktionen nicht gebe.

Die Sängerin ließ sich von den Bedenken der Sender nicht beirren, sie stand hinter ihrem Song, mit dem sie nach eigenen Aussagen die Ängste von Jugendlichen abbauen wollte, über Homosexualität zu sprechen. Manche Radiostationen spielten den Song letztendlich gekürzt, ohne die umstrittene Anfangszeile. Trotz, oder gerade wegen der Debatte, erreichte „Vincent“ Platin-Status. Claudia Reinhard


Serge Gainsbourg, der Vater der Verbotskunst

Man kann ohne Übertreibung den französischen Autor Serge Gainsbourg als eine Art Urahn anrüchiger Liedkunst mit starkem Verbotsappeal bezeichnen. Eines seiner frühen Opfer war die junge France Gall, die im zarten Alter von 17 mit dem von ihm komponierten Lied „Poupée de cire, poupée de son“ 1965 den Grand Prix Eurovision de la Chanson in Neapel gewann. Es war ein schwungvolles, orchestral unterstütztes Zwei-Minuten-Stück, in dem die jugendliche Stimme der France Gall naiv und frech zugleich wirkte.

„Poupée de cire, poupée de son“ handelte von einer Spielzeugpuppe, aber welche moralischen Abgründe ein Lied aus der Feder des diabolisch-verführerischen Serge Gainsbourg aufzureißen vermochte, wurde erst etwas später bemerkt. Mit dem Schlager „Les sucettes“ hatte Gainsbourg der jungen France Gall ein weiteres anspielungsreiches Stück untergejubelt, das von einem Dauerlutscher handelte, was wiederum eindeutig als Metapher für Oralverkehr gedeutet wurde. France Gall beteuerte, sie habe von der verborgenen Bedeutung des Stücks nichts gewusst, andernfalls hätte sie es niemals gesungen. Das durchtriebene Genie Gainsbourg dürfte seine Freude an dem skandalösen Coup gehabt haben, lange bevor er mit dem Flüsterlied „Je t’aime … moi non plus“, das er zunächst für Brigitte Bardot geschrieben hatte, in der Version mit Jane Birkin 1967 einen lasziven Welt-Hit landete. Der umgehende Boykott des Stücks durch zahlreiche Radiostationen steigerte die Popularität des Liedes noch, weiteren Auftrieb erhielt „Je t’aime … moi non plus“, nachdem der Vatikan intervenierte und die vorübergehende Verhaftung eines verantwortlichen Mitarbeiters der Plattenfirma erwirkte. Und? Heute ist „Je t’aime … moi non plus“ ein ultimativer Klassiker der erotischen Unterhaltungskunst. Harry Nutt


„Skandal im Sperrbezirk“ der Spider Murphy Gang: Dem Laster keine Chance

Auch bei „Skandal im Sperrbezirk“ ging es schon um ein Bordell und eine Puffmutter. Und vor 40 Jahren reagierte Bayern auf diesen Hit der Spider Murphy Gang ähnlich schockiert wie heute auf „Layla“. Der Song wurde trotzdem zur Hymne, er landete auf Platz eins der offiziellen Charts und verhalf der Band zum Durchbruch: „In München steht ein Hofbräuhaus, doch Freudenhäuser müssen raus, damit in dieser schönen Stadt, das Laster keine Chance hat.“ Gibt es einen Song der Neuen Deutschen Welle, der bekannter ist? 750.000-mal verkaufte sich die Single. Die Musik fährt einem noch immer in die Glieder und die Mitgrölstellen funktionieren.

Bei bayerischen Radiosendern wurde das Stück nicht gespielt, beim Bayerischen Rundfunk stand es gar auf dem Index, und angeblich war es auch dem ZDF-„Hitparade“-Chef Dieter-Thomas Heck zu heiß. Im Rest des Landes aber machte es Furore. Im Grunde ist „Skandal im Sperrbezirk“ ein Protestsong: Der damalige CSU-Kreisverwaltungsreferent Peter Gauweiler tat alles dafür, die offene Prostitution in München an den Stadtrand zu drängen: „Und draußen vor der großen Stadt stehn die Nutten sich die Füße platt.“ Susanne Lenz


N.W.A.: Fuck tha Police

Es ist Sommer im Jahr 1989, als N.W.A. die Bühne in Detroit betreten. 20.000 Menschen sind gekommen, um der HipHop-Gruppe um Dr. Dre, Ice Cube und Easy-E zuzusehen, die einen Erfolg erlebt, den sich die jungen Männer aus einer Vorstadt von Los Angeles nie hätten träumen lassen. Mit ihrem Album „Straight Outta Compton“ hatten sie 1988 neue Maßstäbe in Sachen Gangster-Rap gesetzt und auf die Polizeigewalt gegen schwarze Menschen in Compton, dem damals gefährlichsten Pflaster der gesamten USA, aufmerksam gemacht.

Praktisch alle Radiosender und auch der damals wichtigste Gatekeeper für Popmusik, MTV, weigerten sich, die Songs auf dem Album zu spielen – vor allem einen: „Fuck tha Police“. Aber das wirkte wie ein Brandbeschleuniger für die Platte, die plötzlich jeder hören wollte. Zwei Millionen Mal verkauft sie sich innerhalb eines Jahres. Auch auf dem Konzert in Detroit war der Song de facto verboten. Die Polizei hatte zuvor ausdrücklich davor gewarnt, ihn zu spielen. Als die Crowd aber anfängt, im Chor „Fuck the Police!“ zu skandieren, spielen N.W.A. den Song. Das Konzert wurde anschließend brutal geräumt. 2015 kamen die verbliebenen Mitglieder (Eazy-E verstarb 1995 an Aids) wieder in Detroit zusammen und spielten den Song erneut. Diesmal stellte die Polizei eine Eskorte für die Rapper bereit, die nur kurz nach dem aufgelösten Konzert zu Weltstars wurden. Friedrich Conradi


Prince: „Sexy MF“: Ist ein Motherfucker ein Mutterficker?

Es war Sommer. Zeit für Partys, Zeit zum Tanzen, öde Tage für die Politik. Doch Bundestagsabgeordnete der CDU, FDP und SPD erschufen einen Aufreger. Im August 1992 forderten sie einen Boykott des Prince-Titels „You sexy Motherfucker“. Die Springer-B.Z. gab ihnen ein Forum, prompt folgte eine Debatte. Die Berliner Zeitung platzierte die Berichterstattung dazu nicht im Kulturteil, sondern auf der Seite 2, die damals „Meinung und Hintergrund“ hieß. Nicht, weil es so wichtig war, sondern weil gerade wenig anderes passierte.

Der Song beginnt: „In a word or two, it’s you I want to do/ No not your body, your mind you fool / Come here baby, yeah / You sexy motherfucker.“ Er erregte besonders – stopp, falsche Wortwahl! – er ärgerte besonders die damalige jugendpolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Margret Funke-Schmitt-Rink. „Die neueste Single von Prince ist eine Verherrlichung von sexueller Gewalt. Ich halte zudem die in dem Lied enthaltenen Sätze für eine totale sprachliche Entgleisung“, sagte sie. Auch Maria Michalk, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, sah Kinder und Jugendliche durch den Text gefährdet: „Unterschwellig werden dadurch falsche Verhaltensmuster geprägt, die zur Nachahmung reizen.“

Nachahmung von was? Die Berliner Zeitung befragte die Übersetzerin und heutige Literaturagentin Karin Graf. Sie beruhigte: „Motherfucker lässt sich nicht wörtlich mit ,Mutterficker‘ übersetzen. Das hat nichts mit Inzest zu tun.“ Es ist einfach ein Schimpfwort, von Prince in diesem Song übrigens eher zärtlich gebraucht. Der MDR war alarmiert und legte einen Piepton über das bös gehörte Wort. Der Bayerische Rundfunk spielte eine Fassung mit der Abkürzung MF, die in den USA auch im Songtitel stand. In den Berliner Radiosendern machte man sich dagegen über die Provinzpolitiker lustig. Cornelia Geißler


Als Johnny Cash im Gefängnis sang: „Ein Junge namens Sue“

Ein markantes Beispiel dafür, wie ein Lied erst durch die Umgebung, in der es gesungen wird, sexualisiert wird, ist „A Boy Named Sue“ von Johnny Cash. Ursprünglich stammt der Country-Song aus dem Jahr 1969 von Shel Silverstein, der darin die Geschichte eines Jungen erzählt, der von seinem Vater den Vornamen eines Mädchen erhalten hat, auf dass ihn die zu erwartende Häme abhärte. Johnny Cash aber sang es das erste Mal live während seiner berühmten Konzerte im kalifornischen Staatsgefängnis San Quentin.

Das ausschließlich männliche Publikum nahm jede Zeile des Liedes begierig auf, pfiff und johlte und verlieh dem Stück so eine stattliche Bandbreite an homosexuellen Konnotationen. Für die Schallplattenversion des Konzerts wurde dann ausgerechnet eine Zeile, in der das Wort „son of a bitch“ (Hurensohn) vorkommt, mit einem Pfeifton versehen. Der wiederum steigerte die Attraktivität des Stücks, weil es die Fantasien zu etwas Verbotenem ins Unermessliche steigerte. Harry Nutt


Die Drogenseligkeit der Beatles: „Lucy in the Sky with Diamonds“

Ein klarer Fall von Drogenrausch. In ihrer psychedelisch-hippiesken Phase betrieben die Beatles ihr „Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band“ genanntes Projekt für erweiterte Bewusstseinsforschung. Das gleichnamige Album erschien 1967 und barg eine schöne Ansammlung „böser Lieder“, wie es damals hieß. Allen voran sollte der Song „Lucy in the Sky with Diamonds“ ein kaum verhüllte Seligsprechung der Droge LSD sein – Lucy, Sky, Diamonds – und damit auf den Index landen. Zumindest hielt sich das Gerücht hartnäckig, die BBC würde das Stück boykottieren. Hinzu kam, dass Komponist John Lennon „bei Gott oder Mao“ schwor, dass es hier keinen Drogenbezug gebe, und also das Gegenteil wahr sein musste.

Tatsächlich indizierte der britische Staatsrundfunk ein anderes Lied des Albums, nämlich „A Day in the Life“, weil es die Textzeile „I’d love to turn you on“ enthielt und das „turn you on“ angeblich die antörnende Wirkung von Drogen beschrieb – und nicht etwa einen Zustand sexueller Erregung. „Lucy in the Sky with Diamonds“ dagegen geriet gar nicht erst unters moralische Mikroskop der BBC und wurde tatsächlich mindestens einmal auch ausgestrahlt. Das Gerücht aber, verboten zu sein, adelte das Hörerlebnis zum riskanten Genuss. Christian Schlüter

Warum war je t aime in der DDR verboten?

Sein Lied "Je t'aime", dass er 1969 zusammen mit Jane Birkin sang, sorgte nicht nur in Rom für Aufregung. Das musikalische Sexgeflüster wurde in vielen Ländern verboten. Auch deutsche Rundfunkanstalten weigerten sich zeitweise, das Lied zu spielen. Kein Einzelfall, denn Songs über Sex wurden oft zensiert.

Wer singt das französische Lied je t aime?

moi non plus ist ein Duett von Serge Gainsbourg aus dem Jahr 1967, aufgenommen mit Brigitte Bardot (1967) und mit Jane Birkin (1969).

Welche Krankheit hat Jane Birkin?

Jane Birkin wird 75: So geht es ihr nach dem Schlaganfall. Aktualisiert am 14.12.2021Lesedauer: 4 Min. Ihr Gestöhne im gemeinsamen Lied "Je t'aime … moi non plus" mit Serge Gainsbourg machte sie Ende der Sechzigerjahre weltberühmt.

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