Bilinguale Erziehung – der Weg zur ZweisprachigkeitEine wirkliche Zweisprachigkeit des Kindes ist möglich, kommt aber nicht von allein. Bilinguale Erziehung ist ein langer Weg, der Anstrengungen, Ausdauer und Konsequenz erfordert. Wer sein Kind zweisprachig erziehen will, wird sehr bald feststellen, dass dies gar nicht so einfach ist. Show
Wir wollen in diesem Artikel Wege aufzeigen, wie man die Zweisprachigkeit seiner Kinder erreichen kann. Die Tipps zur bilingualen Erziehung basieren auf unseren Erfahrungen als Sprachlehrer und Eltern zweisprachiger Kinder. Jedes Kind ist einzigartig, jedes Kind lernt andersDas Wichtigste vorweg: Jedes Kind ist einzigartig und der Spracherwerb verläuft bei jedem Kind anders. Das ist nicht nur bei Kindern der Fall, die nur eine Sprache lernen. Auch bei Kindern, deren Eltern zwei verschiedene Sprachen sprechen, kann dieser Prozess völlig unterschiedlich ablaufen. Zeitpunkt und Ablauf des SpracherwerbsNicht nur der Zeitpunkt, wann das Kind zu sprechen anfängt, ist von Kind zu Kind unterschiedlich, auch der Lernprozess kann bei jedem Kind anders verlaufen. Unter Kindern, die zweisprachig aufwachsen, gibt es immer welche, die beide Sprachen von Anfang an trennen und sich sehr früh darüber bewusst sind, dass es sich um zwei verschiedene Sprachen handelt, während andere Kinder beide Sprachen zunächst mischen oder aber eine der beiden Sprachen (meist ist es die Sprache, die am Lebensmittelpunkt gesprochen wird) deutlich bevorzugen. Sogar bei Geschwistern kann dieser Spracherwerbsprozess völlig unterschiedlich ablaufen. Kinder, die bilingual aufwachsen, beginnen auch nicht unbedingt später mit dem Sprechen. Bilinguale Erziehung – Chance und PflichtDie Zweisprachigkeit des Kindes ist eine einmalige Gelegenheit, eine Chance, die man nur einmal im Leben bekommt. Nimmt man diese Chance nicht im richtigen Augenblick wahr, wird das Kind nie wirklich zweisprachig sein. Aber wie kann das Kind perfekt Deutsch lernen, wenn es nicht in einem deutschsprachigen Land aufwächst? Der richtige Zeitpunkt für zweisprachige ErziehungDie bilinguale Erziehung beginnt spätestens mit der
Geburt des Kindes. Spätestens, denn auch während der Schwangerschaft ist es wichtig, dass das Baby bereits seinen Vater oder seine Mutter Deutsch sprechen hört. Wir empfehlen euch:Ideal für Kinder, die zweisprachig aufwachsen: Deutsch ohne AusnahmeDas Kind wächst in einem nicht-deutschsprachigen Umfeld auf. Die Kommunikation außerhalb der Familie und auch mit den Verwandten des nicht-deutschsprachigen Elternteils erfolgt in der jeweiligen
Landessprache. Viele Dinge und Erfahrungen, auf die sich das Kind in seinen Gesprächen mit dem deutschsprachigen Elternteil bezieht, sind in der jeweiligen Landessprache erfolgt. Da fällt es oft schwer, konsequent bei einer Kommunikation auf Deutsch zu bleiben. Insbesondere dem Kind würde es viel leichter fallen, über Erlebnisse in der Kita oder auf dem Spielplatz in der Sprache zu sprechen, in der es diese Erfahrungen gemacht hat. Hier ist es ganz wichtig, keine Ausnahmen zu machen und das Kind
daran zu erinnern: „Mit mir immer nur auf Deutsch!“ Besondere SituationenEs wird auch Situationen geben, in denen man will, dass Umstehende wissen, was man seinem Kind sagt, z.B. auf dem Spielplatz, wenn unser Kind einem anderen etwas weggenommen oder ihm wehgetan hat. Dann wollen wir ja, dass auch die Eltern des anderen Kindes verstehen, dass wir unser Kind auf sein Fehlverhalten hinweisen. Sprechen, sprechen, sprechenEs klingt logisch, aber davon hängt der Erfolg ab. Sprecht von Anfang an viel mit dem Kind, mehr als mit einem einsprachigen Kind. Auch wenn es noch ein Säugling ist, solltet ihr so viel wie möglich mit ihm sprechen. Es ist egal, ob es
versteht, was ihr sagt. Bedenkt, dass ihr vielleicht das einzige deutschsprachige Vorbild für das Kind seid! Mit Bildkarten Deutsch lernenMit unseren Bildkarten könnt ihr auch zu Hause mit euren Kindern Deutsch lernen. Die Bilder gibt es in unserem Shop als PDF zum Herunterladen, Ausdrucken und Ausschneiden. TIPP: Bastelt euch mit diesen Karten ein Memory-Spiel und spielt es mit euren Kindern! Was machen wir bei Fehlern?Das führt uns zu der Frage: Was machen wir bei Fehlern? Natürlich macht das Kind Fehler, wie jedes einsprachig aufwachsende Kind auch. Es erfindet neue Wörter, drückt unregelmäßige Formen regelmäßig aus, verwechselt Artikel, spricht bestimmte Buchstaben grundsätzlich falsch aus usw. Natürlich sollte man nicht anfangen, jeden einzelnen Fehler zu korrigieren, dass würde uns selbst und das Kind verrückt machen. Bei einem einsprachigen Kind tun wir das ja auch nicht. Aber auch hier muss man bedenken, dass ein Kind, das einsprachig aufwächst, einen so großen, konstanten und kontinuierlichen sprachlichen Input bekommt, dass es Fehler mit der Zeit automatisch eliminieren und irgendwann perfekt sprechen wird. Sprachliche VorbildfunktionSind wir jedoch die einzige deutschsprachige Quelle für
das Kind, sollten wir versuchen, mit den sprachlichen Vorgaben, die wir dem Kind geben, auf dessen Fehler einzugehen, denn wenn nicht von uns, dann wird das Kind wohl nie die richtige Version dessen, was es gesagt hat, hören. Ab einem Alter von 5 oder 6 Jahren dürfen wir ruhig auch mal etwas explizierter erklären, z.B. wenn das Kind die Possessivartikel der dritten Person Singular (sein/ihr) verwechselt. „Mama, ihr, Papa, sein”. Natürlich verwenden wir dabei nie die Fachbegriffe der Grammatik und korrigieren auch nicht jedes Mal. Generell gilt aber, dass wir bei Fehlern versuchen, implizit mit dem, was wir sagen, sprachlich richtige Vorbilder zu geben. Zum Beispiel, wenn das Kind mit den Präpositionen und Dativ bzw. Akkusativ durcheinanderkommt (Was normal ist). Das Kind sagt z.B. „Ich bin in die Küche.“ Wir sagen: „Du bist in der Küche. Wenn du in der Küche bist, komme ich jetzt auch in die Küche. Siehst du, schon bin ich bei dir in der Küche.“ Das Kind wird den Fehler dann wahrscheinlich weiterhin machen, aber irgendwann eben nicht mehr. Fernsehen, Serien, Internet, Bücher, Spiele, Radio auf DeutschDeutsch lernen mit Medien | Illustration von Delia TelloDas Angebot an deutschsprachigen Filmen, Videos, Büchern und Spielen ist hervorragend und muss genutzt werden! Es bereichert und schafft neue Anreize, die deutsche Sprache zu beherrschen. Gleichzeitig ist es auch eine Belohnung für das Kind, wenn es sich neue, schöne Inhalte ausschließlich dank der deutschen Sprache erschließen kann.
Schon früh sollten wir dem Kind deshalb Geschichten auf Deutsch erzählen oder vorlesen. Immersion schaffenEs ist wichtig, jede Gelegenheit zu nutzen, das Kind in ein deutschsprachiges Umfeld eintauchen zu lassen. Ferien bei Opa und Oma in Deutschland, Ausflüge mit Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen. Vielleicht kann das Kind während des Urlaubs in Deutschland beim dortigen Sportverein mittrainieren, eine Kita oder den Kindergarten besuchen. Wird das Kind älter, kann es an Ferienfreizeiten, so wie sie zum Beispiel von vielen Jugendherbergen angeboten werden, teilnehmen. Kindergarten und EinschulungWenn das Kind keinen deutschen Kindergarten und keine deutsche Auslandsschule besucht, beginnt mit der Einschulung bzw. mit dem ersten Tag im Kindergarten eine neue Herausforderung. Spätestens jetzt wird im Leben des Kindes die Landessprache dominieren, denn das Kind wird nun einen großen Teil des Tages in einem Umfeld verbringen, in dem niemand Deutsch spricht. Seine Erlebnisse und Erfahrungen werden jetzt alle in der Landessprache erfolgen. Der Einfluss des schulischen Umfelds und besonders der gleichaltrigen Mitschüler darf nicht unterschätzt werden. Noch eine Empfehlung für euch:Deutsch schreibenMit der Einschulung werden wir vor eine weitere große Herausforderung gestellt: auf Deutsch schreiben. Viele Jugendliche mit einem deutschsprachigen Elternteil sprechen zwar gut Deutsch, doch ihre Rechtschreibung ist katastrophal. Und dieses Manko ist im Nachhinein nur noch ganz schwer zu korrigieren! Das Lesen und Schreiben sollte parallel in beiden Sprachen erlernt werden. Einige Hausaufgaben sollten die Kinder nicht nur in der Landessprache, sondern auch auf Deutsch machen. Das ist anstrengend, auch für die Eltern, denn das Kind wird keine große Lust auf diese Doppelbelastung verspüren. Es ist besonders hilfreich, in Deutschland Bücher und Lernhefte zur Rechtschreibung zu kaufen. Diese gibt es für jedes Schuljahr in vielen Buchhandlung. Wir sollten jetzt auch das Lesen auf Deutsch fördern und möglichst interessante und dem Alter entsprechende Bücher auf Deutsch besorgen. Während unseres Jahres in Deutschland hat unser Sohn im vierten Schuljahr mit dem sogenannten “Blasenheft” die Rechtschreibung gelernt. Die Schüler haben das Selbstlernheft in Eigenregie zu Hause gemacht. Sie konnten damit arbeiten, wann sie wollten, und sollten nur am Ende des Schuljahres alles gemacht haben. Es gibt vom ersten bis zum vierten Schuljahr jeweils ein Heft. Wir können euch diese Selbstlernhefte Rechtschreiben 1 bis 4 vom Jandorf Verlag nur empfehlen. Damit lernen die Kinder wirklich, wie man richtig schreibt. Hier lest ihr ein paar wichtige Tipps, wie Kinder die Rechtschreibung lernen können. Deutsch unter GeschwisternFamilie | Illustration von Delia TelloKommt ein kleines Brüderchen oder Schwesterchen auf die Welt, beginnt ein neuer Spracherwerbsprozess. Doch es gibt einen Unterschied zum erstgeborenen Kind: Das neue Familienmitglied hat mit dem älteren Bruder oder der älteren Schwester einen Gesprächspartner mehr zur Verfügung. Oft ist der Einfluss des älteren Kindes auf den Erwerbsprozess der zweiten Sprache des Kleinen sogar größer als der der Eltern. Es zu schaffen, dass beide Geschwister untereinander Deutsch sprechen, ist jedoch sehr schwer. Wenn man Deutsch als Haussprache etabliert hat – was nur geht, wenn beide Elternteile die deutsche Sprache beherrschen – kann es gelingen. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich, wenn das ältere Kind mittlerweile auch in der Landessprache fernsieht. Das ist kaum zu verhindern und wird dazu führen, dass auch das jüngere Geschwisterchen schon sehr früh Videos nicht ausschließlich auf Deutsch sehen wird. Es wird also nicht einfacher, wenn die Familie Zuwachs bekommt. Das liegt auch daran, dass man jetzt zwar noch mehr Zeit mit seinen Kindern verbringt, die Momente, in denen man seine Aufmerksamkeit aber ausschließlich einem Kind widmet, aber sehr selten sind. Spätestens jetzt wird man auch feststellen, wie unterschiedlich jedes Kind eine Sprache erwirbt. Bilinguale Erziehung – eine schwere, aber lohnenswerte AufgabeLasst euch nicht entmutigen, wenn das kleine Kind doch in der Landessprache spricht, euch anfangs nur selten auf Deutsch antwortet oder beide Sprachen mischt. Macht weiter, immer weiter! Denn nur wenn ihr konsequent weitermacht, wird der Moment kommen, in dem euer Kind die Sprachen trennen und mit euch nur auf Deutsch sprechen wird. Wir hoffen, dass wir euch mit unseren Erfahrungen als Eltern und Sprachlehrer bei der zweisprachigen Erziehung eurer Kinder helfen konnten und hoffen, von euren Erfahrungen zu hören. Es gibt sicherlich noch mehr Tipps, die man anderen Eltern mit auf den Weg geben kann, damit ihre Kinder neben der jeweiligen Landessprache auch sehr gut Deutsch lernen. Wir freuen uns auf eure Kommentare. Hier findet ihr für eure Kinder viele interessante Filme und Programme auf Deutsch: Wie verläuft die Sprachentwicklung von simultan bilingualen Kindern?Wie verläuft die Sprachentwicklung von simultan bilingualen Kindern? Das Kind wird von Geburt an mit zwei Sprachen konfrontiert und erwirbt dementsprechend von Geburt an zwei Sprachen gleichzeitig. Empfohlen wird dabei die Strategie, dass eine Person eine Sprache nutzt.
Ist es sinnvoll Kinder zweisprachig zu erziehen?Die Vorteile zweisprachiger Erziehung sind:
Kinder lernen mehrere Sprachen akzentfrei. Sie können sich in mehreren Sprachen verständigen. Das Lernen von Sprachen fällt Kindern extrem leicht. Bilinguale Kinder scheinen sich besser in ihr Gegenüber hineinversetzen zu können.
Ist es gut wenn Kinder zweisprachig aufwachsen?Kinder, die bilingual aufwachsen, lernen weitere Sprachen leichter und schneller und haben kognitive Vorteile. Da sie daran gewöhnt sind, zwischen zwei Sprachen hin- und herzuspringen, ist ihr Gehirn flexibler und leistungsfähiger in der Wahrnehmung.
Wie früh sollten Kinder eine zweite Sprache lernen?Mit dem Erlernen von Fremdsprachen sollte spätestens im Alter von vier Jahren begonnen werden. Dies belegen Studien des Sonderforschungsbereichs Mehrsprachigkeit der Uni Hamburg. Man ahnte bereits, daß Kindern das Sprachenlernen leichter fällt als Erwachsenen.
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