Öffnen wenn briefe tumblr

3. Klasse. Ich bin das erste Mal verliebt. Er kriegt sogar einen Brief von mir und obwohl ich mit großen Buchstaben seinen Namen draufschreibe, damit absolut klar ist wer diesen Brief zu öffnen hat, öffnet ihn seine Mutter. Die Dumme. Heute habe ich mehr Verständnis. Hätte ja auch eine Bombe sein können. Dann hätte sie jetzt keine Hände mehr. Tough shit. Wäre ihr vielleicht eine Lehre gewesen nicht in anderer Leute Sachen rumzuschnüffeln. Nun gut. Es bombt trotzdem. Die schmalzigen Zeilen und mein 9-jähriger Verstand, der es für eine gute Idee hält, nicht nur die selbigen zu verfassen, sondern den Brief auch einzuwerfen. Meine Freundin kommt mit und wir schlendern mehrmals vor seinem Haus die Straße rauf und runter, um zu schauen, ob die Lage rein ist. Keiner zu sehen. Eine Treppe führt hoch zur Haustüre und zum Briefkasten. Man kann sich schlecht verstecken. Außer in einem großen Busch, der bis zum oberen Treppenabsatz reicht. Da könnte ich zur Not auch reinspringen, wenn jemand plötzlich die Tür öffnet. Der Ausblick mich von einer nicht gerade niedrigen Plattform in einem stacheligen Strauch zu schmeißen, verleiht dem ganzen Vorgehen noch mehr Action und Nervenkitzel und macht das Projekt Liebesbrief zu einer Mission für sehr, sehr erfahrene Liebesbriefboten. Weder meine Freundin noch ich können diese Erfahrung auf unserem Lebenslauf vorweisen. Leider haben wir uns im Übermut trotzdem für die Stelle beworben. Es hilft nichts. Während die feige Sau hinter einer Hecke auf mich wartet, laufe ich schnell die Treppen hoch. Das Scharnier kreischt laut auf. Der Brief rutscht durch den Schlitz und mein Herz in meine Hose. Vielleicht habe ich auch meine Tage bekommen. Who knows. Die Zeit wird knapp und da ich nicht zum Buschmenschen werden möchte, verweigere ich mich des Stammesrituals und springe doch lieber die Treppe runter. Wir rennen hysterisch kichernd nach Hause. Leider habe ich nie eine richtige Antwort bekommen.

Show

Vielleicht meldet er sich ja noch.

Huhu!

Drama Queen

Ich komme in den Kindergarten. Mein Aufkleber über meinem Garderobenhaken zeigt einen Gugelhupf. Es ist meine früheste Kindheitserinnerung. Ich mag nicht fotografiert werden. Die Erzieherin probiert ihr Bestes mich auf das Gruppenfoto zu bekommen. Alle warten. Ich weine. Ich muss aufs Bild. Wo ist das Problem? Es ist doch nur ein Foto. Warum weinst du?

Ich weiß es nicht.

Ich habe meine Hausaufgaben nicht gemacht. Das kleine Einmaleins. Die Lehrerin kontrolliert die Hefte. Ich will nicht wieder weinen. Ich hebe die Hand. Ich darf kurz zur Toilette. Die Zellwände sind orange. Es ist ganz ruhig. Draußen scheint die Sonne. Ich weine. Ich muss zurück ins Klassenzimmer. Warum kommst du nicht wieder? Du machst es doch nur noch schlimmer. Warum weinst du?

Ich weiß es nicht.

Ich sitze auf einem schwarzen Plastikstuhl. Ich habe gut geübt. Das Stück ist nicht schwer. Ich kriege das Signal. Bald bin ich an der Reihe. Der Bogen ist schon gespannt. Es sind nicht viele Leute da. Ich will keine Aufmerksamkeit. Meine Nervosität steigt. Ich weine. Ich muss vorspielen. Schau mal, hat doch super geklappt. Wo war das Problem? Warum weinst du?

Ich weiß es nicht.

Ich weiß nur eine Sache: Ich fühle mich wie ein Idiot.

Old Flame

Nein, es ist mir nicht unangenehm. Man macht Sachen für die Story. Man ist 20, gerade mit seiner ersten richtigen Beziehung durch und will alles ausprobieren. Und oh boy, es geht so einfach. Du siehst es, du willst es, du nimmst es! Alice in Wonderland! Sieh zu das dein Kleid nicht verschmutzt. Grasflecken gehen schwer wieder raus. Ist es wirklich gut für mich? Egal. Denk an die Story!

Ist es dir unangenehm? Ich glaube nicht. Die Jahre zwischen uns zeugen nicht von deiner Weisheit. Die Sprüche auf deinem Profil lassen dich alt aussehen. Du respektierst mich nicht. Ich bin wohl immer noch die 20-Jährige in deiner Vorstellung. Die Realität geht an dir vorbei. Chance gehabt, nicht genutzt?! Das ist kein Spiel. Und doch gibt es Regeln. Ich schreibe sie dir jedes Mal auf. In Großbuchstaben und mit einem pinken Marker unterstrichen. Ich bin sogar noch so lieb und male Blümchen drum herum. Ich will ja nicht gemein zu dir sein.

Doch langsam gehen mir die Seiten aus. Da ist kein Platz mehr für ausführliche Erklärungen. Aber du kannst natürlich gerne zurückblättern. Es steht noch alles da. Na? Gerade etwas Zeit für eine Analyse und Selbstreflexion? Es ist gar nicht so schwer.

Du musst es nur wollen.

Heimweg

Der Atem geht schwer. Die Brücke ist ein Berg. Der Wind weht am stärksten auf der Spitze. Ein Gipfelkreuz am höchsten Punkt. Der Gang kann hochgeschaltet werden. Kannst du uns helfen? Dunkle Gestalten rufen in der Nacht. Das Fahrrad beschleunigt. Der Puls rast den Berg hinunter. Ich will nach Hause. Es ist schon spät. Der Kopf paranoid. Die Ohren drehen sich im Kreis. Ein Auto biegt in die Straße ein. Ich will nach Hause. Nur Geister lauern im Dunkeln. Warum bin ich hier? Ein Flehen ein Hoffen. Es wird gut gehen. Wie im Märchen. Der Drache wird besiegt und man kann schlafen gehen.

Ein zweites Auto. Sie halten parallel. Dazwischen ein schwarzer Hohlweg. Es ist immer Platz für dich. Komm mit uns und hab ein bisschen Spaß. Ein Wendekreis. Schön gezogen mit dem Zirkel. Die Mine fest auf das Papier gedrückt. Ich will eine Eins für diese Hausaufgabe. Die Linie führt um den Block herum bis ins Treppenhaus. Das Neonlicht flackert. Der Türsteher bin ich. Tut uns Leid, heute nur geladene Gäste. Ich schiebe den Riegel vor. Die Hüllen fallen. Es darf gefeiert werden. Freut euch des Lebens, weil noch das Lämpchen glüht. Nicht erstickt, und nicht erdrückt.

Hausparty

Ich bin 20 Jahre alt. Der stumpfe Bass der Musik dringt bis ins Stiegenhaus. Meine Knie drücken auf die harten Fliesen. Meine Hände stützen sich an seinen Beinen ab. Das Klo war besetzt. Ich habe zu viel Bier getrunken und alles dreht sich. Eine Hand am Hinterkopf. Mit einem Ruck wird er nach vorne gedrückt. Ich habe einen unglaublichen Orgasmus. Raketen werden gezündet. Ein großes Feuerwerk. Es malt meinen Namen in den Nachthimmel: Linda Lovelace.

Als ich wieder zu Besinnung komme ist er weg. Die Party geht weiter. Der Suff auch. Schwechater – Recht hat er! Eine Badewanne voller Bier. Es lebe der Exzess. Vater Rausch trägt mich wohl im Arm, er fasst mich sicher, er hält mich warm. Ein Wikinger kommt auf mich zu. Blonde Haare, blonder Bart, blauer Fischgrätenpullover. Skandinavistik – die Liebe zum Norden. Das ist mein Fach, das ist mein Studium, das ist mein Mann für heute Nacht.

So schnell kann es gehen. Ich sitze im Taxi. Er zahlt. Ein richtiger Gentleman. Es wird sich ausreichend bedankt. Die Wände sind dünn. Die Beweislage auch. Ein guter Fake lässt sich schwer nachweisen. Kopf aufs Kissen. Augen zu. Der Strudel dreht sich langsamer. Die Maschine wird abgestellt und der Teig in die gefettete Form gegossen. Ein Ofen hilft beim Schlafen.

gorgeous rejections

Ich bin nach Rotterdam gezogen. In ein Hostel, da ich noch kein Zimmer habe. Ich teile mir mit weiteren sieben Leuten ein Zimmer, sowie Dusche und Toilette. Ich verstaue meine Wertsachen in einer Box mit einem weißen Vorhängeschloss. Mein ganzes Bett wackelt, wenn sich die Person über mir bewegt oder über die schmale Leiter in ihr Bett klettert. Ich bin mit am längsten in dem Zimmer. Die meisten Leute bleiben nur ein bis zwei Nächte. Nachts hört man sie schnarchen. Ich habe Ohrstöpsel. Türen knallen trotzdem.

Hey Judith, I’m sorry to bring you bad news, but we have decided to give the room to someone else. I hope you will find a place soon!

Meine letzte Besichtigung ist zwei Tage her. Dutch only! Ich verstehe die Anzeigen, doch kann nicht mitreden. Das Motto in Rotterdam: Weltoffen und tolerant. Alkohol auf der Straße zu trinken ist verboten. Die Bars und Cafés sind sehr schön. Die Universität hat einen Campus. Es gibt viele Fahrräder. Ich mag das.