Kann man einen Flug einfach nicht antreten?

Die Fluggesellschaften KLM und Air France dürfen keine Ticketzuschläge von 125 bis 3.000 Euro von Kunden verlangen, die ihre Flüge nicht vollständig oder nicht in der gebuchten Reihenfolge antreten. Das hat das Landgericht Frankfurt entschieden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte gegen die Strafgebühren geklagt.

Laut den Verbraucherschützern waren sind Zuschläge viel zu pauschal und noch völlig überhöht. Oft entstehe den Fluggesellschaften gar kein Schaden, wenn ein Kunde einen Flug verfallen lässt. Teilweise können sie die frei gewordenen Plätze sogar noch kurzfristig an andere Passagiere verkaufen.

Bis zu 3.000 Euro Ticketzuschläge

Nach den Geschäftsbedingungen der beiden Airlines für Onlinebuchungen galt der Ticketpreis nur für Flüge, die vollständig und in der gebuchten Reihenfolge angetreten werden. Kunden, die einen der Flüge nicht antreten oder die Coupons in falscher Reihenfolge nutzen, sollten einen Zuschlag zahlen. Bei Flügen innerhalb Europas kassierten die Fluggesellschaften je nach gebuchter Serviceklasse 250 Euro bis 500 Euro extra. Für Langstreckenflüge betrug der Zuschlag sogar 500 bis 3.000 Euro. Für den Fall, dass ein Passagier die Reise vorzeitig abbricht, wollte KLM außerdem 275 Euro für die Herausgabe des Aufgabegepäcks in Rechnung stellen.

Hin- und Rückflugtickets oft günstiger als One-Way

Mit solchen Zuschlägen als Strafgebühr wollen die Unternehmen verhindern, dass Kunden ihre Preispolitik umgehen. Hin- und Rückflüge kosten oft weniger als One-Way-Tickets für die gleiche Strecke. Ein zusammengesetzter Flug ist mitunter günstiger als eine Teilstrecke separat zu buchen. Für Kunden liegt es daher nahe: Anstelle des teuren Einfach-Tickets buchen sie den günstigeren Hin- und Rückflug und lassen einen Flug einfach verfallen. Die hohen Zuschläge für den Nichtantritt eines Fluges sollen diese Schnäppchenjagd unattraktiv machen.

Pauschale Ticketzuschläge sind unzulässig

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dürfen Fluggesellschaften in ihren Geschäftsbedingungen zwar Zuschläge vorsehen, um ihre Tarifgestaltung zu schützen. Sie dürfen aber höchstens die Differenz zu dem höheren Flugpreis verlangen, den der Kunde am Buchungstag für die tatsächlich geflogene Strecke hätte zahlen müssen.

Damit sind die Zuschläge von KLM und Air France nicht vereinbar, entschied das LG Frankfurt am Main. Denn die Zusatzgebühren fielen auch an, wenn der Preis für die gebuchten Flüge gar nicht günstiger war als für die geflogene Teilstrecke. Die Richter kritisierten außerdem, dass die Zuschläge auch dann fällig werden sollten, wenn Kunden einen Zubringerflug verpasst haben oder ihren Urlaub verlängern wollen und deshalb den Rückflug nicht antreten. Diese Gründe hätten nichts mit der Tarifstruktur zu tun. Außerdem seien Passagiere nicht verpflichtet, alle gebuchten Flüge in Anspruch zu nehmen.

Urteile des LG Frankfurt am Main vom 3.03.2020, Az. 2 – 24 O 47/19 (KLM) und Az. 2 – 24 O 48/19 (Air France), nicht rechtskräftig

Kann man einen Flug einfach nicht antreten?

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Dass man nur einen Teil seines Tickets nutzen möchte, kann viele Gründe haben. Zum Beispiel sind Tickets für einen Hin- und Rückflug manchmal günstiger als ein Oneway-Ticket oder der Abflug mit Zubringerflug im Ausland ist günstiger als direkt ab Deutschland zu starten.

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Jetzt könnte man auf die Idee kommen, einen Teil der Flüge, z.B. das erste Segment vom Ausland zum eigentlich gewünschten Startflughafen, verfallen zu lassen oder nur den Rückflug zu nutzen. Allerdings verbieten es viele Airlines, nur einen Teil des Tickets abzufliegen. Sonst kann es zu einer Neukalkulation des Ticketpreises kommen. Der Preis wird dann sicher sehr viel höher als zum Zeitpunkt der Buchung sein.

Dazu ein Auszug aus den Beförderungsbedingungen der Lufthansa:

3.3.3. Sofern Sie sich für einen Tarif entschieden haben, der die Einhaltung einer festen Flugscheinreihenfolge vorsieht, beachten Sie bitte: wird die Beförderung nicht auf allen oder nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge der einzelnen Teilstrecken bei ansonsten unveränderten Reisedaten angetreten, werden wir den Flugpreis entsprechend Ihrer geänderten Streckenführung nachkalkulieren. […]

Dass Oneway-Flüge oftmals teurer sind als Return-Flüge sind, hat den Grund, dass Airlines sich der Tatsache bewusst sind, dass Geschäftsreisende, die nur eine Strecke benötigen, viel eher bereit sind einen hohen Preis zu zahlen, als Urlauber, die immer Hin- und Rückflüge benötigen. Auch die Nacht von Samstag auf Sonntag-Regel lässt sich so erklären.

Vor allem auf Langstrecke versuchen die Fluggesellschaften sich gegenseitig Passagiere mit günstigen Preisen abzuwerben. So sind Tickets mit Zubringerflug, z.B. mit Lufthansa ab London oder Amsterdam, deutlich günstiger als der selbe Langstreckenflug direkt mit Start von Frankfurt/Main oder München. Das Gleiche versucht British Airways oder KLM ab den deutschen Flughäfen.

Kann man einen Flug einfach nicht antreten?
Von Barcelona mit Lufthansa über Frankfurt/Main nach Vancouver für 320€ statt 700€ direkt ab Frankfurt/Main

Um zu verhindern, dass Passagiere, die ein Ticket mit Start in z.B. Amsterdam buchen und einfach erst in Frankfurt/Main einsteigen, weist Lufthansa ausdrücklich auf die Neukalkulation des Flugpreises während der Buchung hin, falls die Flüge nicht in der gebuchten Reihenfolge absolviert werden sollten:

Dieser Flugpreis ist nur gültig, wenn die Flüge in gebuchter Reihenfolge absolviert werden. Andernfalls erfolgt eine Neukalkulation des Flugpreises auf Basis des tatsächlichen Reisewegs.

In der Praxis

Doch wie sieht es in der Praxis aus? Bekommt man wirklich von der Fluggesellschaft eine Rechnung zugeschickt, wenn man z.B. den letzten Flug auf einem Ticket verfallen lässt?

Hinflug / Zubringerflug verfallen lassen

Würde man den Hinflug verfallen lassen und nur den Rückflug nutzen oder auch nur das erste Segment verpassen, wird einem die Airline vermutlich das Boarding verweigern. Ein Ticket verfällt automatisch, wenn ein Teilsegment nicht angetreten wird!

In einigen Urteilen wurde zwar schon geklärt, dass es erlaubt ist nur ein Teil der zustehenden Gesamtleistung in Anspruch zu nehmen, aber es trotzdem zu einer Neukalkulation des Reisepreises kommen kann. (Quelle)

Rückflug / letzten Flug verfallen lassen

Den Rückflug oder letzten Flug auf einem Ticket kann man in der Praxis meistens problemlos verfallen lassen. In der Theorie könnten die Fluggesellschaften aber den Preis anhand der genutzten Flüge neu kalkulieren.

Deswegen sollte man trotzdem vorsichtig sein. Bucht man z.B. einen Hin- und Rückflug von Amsterdam über Frankfurt/Main in die USA und möchte auf dem Rückflug in Frankfurt/Main aussteigen, sollte man sich kein Ticket am selben Tag von Frankfurt/Main aus mit der selbe Airline buchen. Sonst kann diese davon ausgehen, dass ihr nie vor hattet das Ticket komplett abzufliegen.

Das Amtsgericht Berlin hat zwar eine Klage der Lufthansa gegen einen Passagier abgewiesen, eine Signalwirkung hat das Urteil aber leider nicht. Eine höchstrichterliche Klärung wäre wünschenswert, ist aber aktuell nicht abzusehen.

Ihr solltet dann aber nicht auf die Idee kommen, für nicht genutzte Strecken die Steuern und Gebühren zu­rück­zuver­lan­gen. Sonst könnte die Airline wiederum auf die Idee kommen, den Flugpreis wirklich neu zu berechnen. Das wird ganz sicher nicht zu euren Gunsten ausgehen.

Ausnahmen: Billigfluggesellschaften

Low Cost Airlines (Eurowings, Ryanair, Easyjet…) bieten überwiegend Oneway-Flüge an. Diese lassen sich zwar auf einem Ticket zu einem Hin- und Rückflug kombinieren, sollte man aber eines der Segmente verfallen lassen, hat dies aber keinen Einfluss auf die Gültigkeit der restlichen Flüge.

Ticket ausstellen lassen & ungestraft Hinflug verfallen lassen

Italien hat ein sehr strenges Verbraucherschutzgesetz und zwingt Airlines dazu für Tickets die in Italien ausgestellt werden einen Sondernfall aufzunehmen. Lässt ihr den Hinflug verfallen und informiert die Airline spätestens 24 Stunden nach Abflug, muss die Airline dafür sorgen, dass ihr euren Rückflug trotzdem antreten könnt. Mehr dazu hier:

Ticket in Italien ausstellen lassen & Hinflug ungestraft verfallen lassen

Was passiert mit meinem Gepäck?

Wenn ihr auf dem Rückflug das letzte Segment verfallen lassen möchtet und z.B. in Frankfurt/Main aussteigen wollt, müsst ihr beim Check-in dafür sorgen, dass euer Gepäck nur bis Frankfurt/Main und nicht bis an das eigentliche Ziel durchgechecked wird.

Vor allem im Ausland kann das manchmal eine Herausforderung sein. Entweder der Check-in-Agent stellt blöde Fragen, dann solltet ihr eine passende Ausrede parat haben (z.B.: „Der Zwischenstopp ist so lange, ich muss an mein Gepäck“) oder er stellt sich dumm und tut so, als könne er das nicht. Sollte sich der Agent dumm stellen, solltet ihr nach seinem Vorgesetzten (Supervisor) verlangen. Das wirkt meistens Wunder, ist aber keine Garantie, dass es klappt.

Die sicherste Variante ist, den Weiterflug auf den nächsten Tag zu legen. So könnt ihr sichergehen, dass eurer Gepäck nicht durchgecheckt wird. Meistens ist ein Stopover unter 24 Stunden zwischen Ankunft und Abflug ohne großen Aufpreis realisierbar.

Kann man einen Flug einfach nicht antreten?
Flug von Frankfurt nach Barcelona auf den nächsten Tag gelegt

Dafür müsst ihr die Flüge als Gabelflug oder mit mehreren Stopps buchen. Das geht z.B. bei Expedia, eBookers oder auch bei der Suchmaschine Momondo:

Was passiert wenn man einen Flug nicht antritt?

Die Airline ist verpflichtet, für jeden nicht angetretenen Flug zumindest Steuern und Flughafengebühren in voller Höhe zu erstatten. Der Kauf eines nicht stornierbaren Tickets bedeutet nicht, dass Du keinen Anspruch auf die Erstattung von den Steuern, Gebühren und Zuschlägen hast.

Kann man einen Flug einfach verfallen lassen?

Klar ist: Das Ticket darf nicht schlicht „verfallen“. Diese bei Airlines teils bis heute übliche Praxis, die sich in AGB noch immer einiger Luftfahrtunternehmen findet, ist gegenüber Verbrauchern auf Basis deutschen Rechts unzulässig, wie der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2010 feststellte (BGH Urt.

Kann man von einem gebuchten Flug zurücktreten?

Fakt ist: Gebuchte Flüge kann man jederzeit stornieren oder umbuchen. Auch bei nicht aktiv stornierten Flügen hat man das Recht auf eine Erstattung sämtlicher Steuern, Gebühren und Zuschläge bis zu drei Jahre rückwirkend– sogar, wenn in den AGB der jeweiligen Airline Gegenteiliges steht.