Ist das Leben des Brian antisemitisch?

Ist das Leben des Brian antisemitisch?
Nächstes Jahr fällt Chanukka endlich wieder auf Weihnachten! Foto: Getty Images/iStock

Wir Juden haben es zum Ende dieses Jahres nicht leicht. Weil Chanukka einige Wochen vor Weihnachten lag, sind wir mit dem Feiern bereits fertig, wenn die anderen gerade erst richtig loslegen.

Für mich ist das ein echtes Problem. Denn klar, Chanukka ist eigentlich das coolere Fest: so besinnlich, wie Weihnachten in kapitalistischen Zeiten gerne mal wieder wäre. Aber die Christen vermarkten es einfach besser, und ich falle auf so etwas immer wieder herein.

Um mich nicht im Konsumspektakel zu verlieren, das direkt vor mit glitzert, leuchtet und nach gebratenem Fett riecht, brauche ich Dreidel-Ablenkung. Und die war dieses Jahr viel zu schnell vorbei.

weihnachtsmarkt Also schlenderte ich über den Weihnachtsmarkt, und urplötzlich überkam mich – hypnotisiert vom Zimtgeruch im Bann der Menschenmassen – das dringende Bedürfnis, Christbaumkugeln zu kaufen, obwohl ich noch nie in meinem Leben einen Weihnachtsbaum besaß. Ich versuchte, mich mit Glühwein vom Festtagsneid abzulenken, und kaufte mir schließlich leicht beschwipst eine Igel-Plätzchenform. Wieder nüchtern zu Hause angekommen, packte mich der Jahreswechselblues. Ich blickte auf die vergangenen zwölf Monate zurück. In persönlicher Hinsicht war dieses Jahr ein klares Unentschieden.

In persönlicher Hinsicht war dieses Jahr ein klares Unentschieden.

Zum einen ist es toll, dass mein Großvater jetzt auch WhatsApp benutzt. So muss ich seine Anliegen nicht mehr aus E-Mail-Betreffzeilen filtern. Aber dafür schreibt mir Opa mitten in der Nacht. Warum er zu solchen Zeiten wach sei, fragte ich ihn. Die Antwort kam prompt: »BEI ALTEN KNAKKERS IST DAS OFT MEIN KIND.«

Der Rest der Familie scheint glücklich, dass ich endlich wieder einen Freund habe und doch keine Nonne werde. Ich erwäge diese Option allerdings wieder, seit er sich neulich über Chanukka und mich lustig gemacht hat. Er war erstaunt darüber, dass man wirklich jeden Tag nur eine Kerze mehr anzündet und ich dafür tatsächlich geduldig genug bin.

jahresrückblick Derart ernüchtert, beschloss ich, bei meinem gesellschaftspolitischen Jahresrückblick nur die guten Dinge zu betrachten. Wie im Film Das Leben des Brian: »Always look on the bright side of life«. Auch wenn du am Kreuz hängst, die AfD in allen deutschen Landtagen vertreten ist und der Antisemitismus in ganz Europa zu wachsen scheint. Immerhin haben wir dieses Jahr doch noch eine Bundesregierung bekommen, und das sogar ohne Lindner und Kubicki. Es sitzt wieder eine Frau an der Spitze der Partei alter weißer Männer. Und ignorante, grau melierte Herren fühlen sich inzwischen so diskriminiert wie andere Minderheiten – Frauen zum Beispiel.

Und wo wir schon bei alten weißhaarigen Männern sind: Donald Trump hat nur noch zwei Jahre, und Netanjahu bleibt vielleicht sogar noch weniger als ein Jahr im Amt!

Falls Sie das alles nicht optimistisch stimmen kann, gibt es noch einen echten Lichtblick: Nächstes Jahr fällt Chanukka endlich wieder auf Weihnachten!

Alle Jahre wieder!

Traditionell präsentiert der ROTE BAUM e.V. am Heiligmorgen die dezent unorthodoxe Jesus-Geschichte - ein Wechselbad von kecken Gags, Kalauern und degoutanten Ideen.

Ein zur Zeit Christi in Palästina als Nachbar Jesu geborener junger Mann wird von einer wilden Anhängerschar zum Märtyrer gemacht...

Die mit drastischen Anspielungen gespickte Satire des britischen Komiker-Sextetts Monty Python parodiert einschlägige Monumentalverfilmungen des Lebens Jesu und nimmt Auswüchse des religiösen Fanatismus aufs Korn.

Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, völkische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

Der beste Witz aus "Das Leben des Brian"? Kann man nicht sagen, es sind zu viele. Bei seiner Premiere allerdings liefen Kritiker Sturm gegen den Film. Dabei war eine besonders umstrittene Szene mit einem jüdischen Hitler gar nicht zu sehen.

Der Film sei ein "abscheulicher und widerlicher Angriff auf religiöse Gefühle", hieß es. Er sei ein "Akt der Blasphemie" und wer ihn ansehe, begehe eine Sünde. Als vor genau 35 Jahren "Das Leben des Brian" in New York seine Uraufführung feierte, kochten die Emotionen einiger christlicher und jüdischer Gruppen über.

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Blasphemie? Brian (Chapman) trägt sein Kreuz.

(Foto: imago stock&people)

Sie fanden es skandalös, dass da ein Film das Leben Jesu persiflierte, dass die Bergpredigt veralbert wurde und ein Ex-Leprakranker sich über die Wundertaten des Messias beschwerte, weil sie ihm den Job als Bettler gekostet hatten. Jüdische Kritiker bemängelten dagegen die Verwendung eines Gebetsschals. All das und viel mehr wurde den britischen Komikern von Monty Python vorgeworfen, als sie den Streifen in die Kinos brachten.

Der Produzent war abgesprungen

Überraschend waren die Proteste, die den Erfolg des Streifens an den Kinokassen noch anheizten, nicht. Schließlich hatte der Film bereits im Vorfeld für Aufsehen gesorgt - der Produzent war sogar abgesprungen, weil ihm das Thema zu brisant erschien und konnte erst im letzten Moment durch Ex-Beatle George Harrison ersetzt werden. Und die Pythons hatten den Ort der Premiere bewusst in die USA verlegt, im Vertrauen auf die hier verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit.

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Brian hat Probleme, seine Anhänger wieder loszuwerden.

(Foto: imago/United Archives)

Irritierend für die Filmemacher war wohl eher, dass viele Kritiker den Film absichtlich missverstanden. So sie den Film denn überhaupt gesehen hatten, weigerten sie sich, den Unterschied zwischen Jesus und Brian zu erkennen, auf den die Komiker immer wieder hinwiesen. Im Mittelpunkt des Streifens steht eben nicht Gottes Sohn. Vielmehr wird die Geschichte des Juden Brian erzählt, dessen Leben parallel zu dem von Jesus verläuft.

Auch wenn dies viele fundamentalistische Kritiker anders sahen: Den Briten ging es nie darum, sich über Jesus oder den Glauben an Gott lustig zu machen. Vielmehr nehmen sie anhand von Brian blinden Eifer und Dogmatismus aufs Korn.

Denn Brian will gar kein Messias sein. Doch so sehr er sich auch bemüht, er wird seine Anhänger nicht mehr los. "Ihr sollt niemandem folgen, ihr sollt selbstständig denken", ruft Brian ihnen vom Fenster aus zu - doch sie antworten im Chor. Zuvor war die Menge in blindem Glauben bereits seiner Sandale gefolgt und hatte über die richtige Interpretation des Schuhwerks gestritten - Terry Jones sagte über jene Szene, dass sie die Geschichte der Kirche in drei Minuten wiedergebe.

Gepriesen sind die Skifahrer

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"Sollte das an dem liegen, was ich sagte?": Pontius Pilatus (Palin, M.), Schwanzus Longus (Chapman, l.) und der Centurio (Cleese).

(Foto: imago/United Archives)

Auch die Darstellung der Bergpredigt zeigt, wie falsch die Kritiker vor 35 lagen. Man sieht Jesus, wie er zu einer großen Menge von der gegenseitigen Liebe spricht. Der Film jedoch konzentriert sich auf die Menschen, die weit entfernt zuhören - und seine Worte missverstehen. Gepriesen sind die Skifahrer? Gepriesen sind die Siechen? Nicht Gottes Sohn und seine Worte werden hier verulkt, sondern wie die Menschen Gottes Botschaft verdrehen. Der Film sei keine Blasphemie, sondern Ketzerei, also gegen die Kirche gerichtet, sagte Terry Jones ganz treffend.

Doch nicht nur die Kirche bekommt im Film ihr Fett ab. Selten wurden Zersplitterung, Dogmatismus und Debatteneifer linker Gruppen besser persifliert als mit der Konkurrenz zwischen Volkfront von Judäa und Judäischer Volksfront. Permanent wird diskutiert, protokolliert und abgestimmt - etwa darüber, ob Stan nun Loretta genannt werden soll. Man bekämpft sich gegenseitig, anstatt gegen den gemeinsamen Feind vorzugehen. Selbst als Brian schon längst am Kreuz hängt, spricht man lieber darüber, als etwas zu unternehmen.

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Eric Idle als Otto, der jüdische Hitler-Verschnitt. Die Szene wurde in der Nachbearbeitung herausgeschnitten.

(Foto: Screenshot n-tv.de)

Aber natürlich ist es nicht nur diese Gesellschaftssatire, die "Das Leben des Brian" so legendär gemacht hat. Es gibt auch Witze unter der Gürtellinie: Die Szene im Palast von Pontius Pilatus ("Werft den Purschen zu Poden!") oder jene mit dem lispelnden Schwanzus Longus sind alles andere als subtil. Es gibt unzählige weitere Szenen, die Fans auswendig nachsprechen können, sei es die Steinigung ("Ist hier etwa Weibsvolk anwesend?") oder die Kreuzigung ("Jeder nur ein Kreuz!"). Und es gibt den Abschlusssong "Always Look on the Bright Side of Life", der längst ein Eigenleben entwickelt hat.

Der letzte Höhepunkt ihres Schaffens

Ist es da ein Wunder, dass "Das Leben des Brian" als bester Film von Monty Python und ein letzter Höhepunkt ihres Schaffens gilt, bevor sie sich endgültig zerstritten? Das mag auch daran liegen, dass keiner ihrer anderen Filme dessen erzählerische Stringenz erreicht. Eine besonders umstrittene Szene (siehe Video rechts) allerdings wurde aus vermeintlich dramaturgischen Gründen herausgeschnitten. Oder war es doch die Angst vor weiteren Protesten?

Es geht um Otto, den Anführer des Selbstmordkommandos der Judäischen Volksfront. Er spricht Brian in jener geschnittenen Szene mit Hitlergruß und "Heil Führer" an. Dazu trägt er ein Hitlerbärtchen und einen Helm, auf dem ein Davidstern prangt, dessen Enden einem Hakenkreuz nachempfunden sind.

Dann erzählt Otto, dass er auf der Suche nach dem seit Jahrhunderten versprochenen Führer sei, der das Land vom "nichtjüdischen Abschaum" befreien und ein tausendjähriges jüdisches Reich errichten soll. Zum Beweis der eigenen Schlagkraft stellt er Brian das Selbstmordkommando vor, das sich auf Befehl vermeintlich selbst richtet.

Ein jüdischer Hitler-Verschnitt? Man mag sich kaum ausmalen, welchen Furor diese Szene ausgelöst hätte, wenn sie im Film verblieben wäre. Dabei passt sie eigentlich ganz gut zum Tenor, den die Pythons in dem Film anschlagen. Es geht nicht gegen eine Religion oder den Glauben. Es geht gegen Hass und Extremismus. Egal, woher er kommt.

Ist das Leben des Brian Gotteslästerung?

Der Film sei keine Blasphemie, sondern Ketzerei, also gegen die Kirche gerichtet, sagte Terry Jones ganz treffend. Doch nicht nur die Kirche bekommt im Film ihr Fett ab.

Wo ist das Leben des Brian verboten?

„Das Leben des Brian“ wurde in mindestens sieben Ländern verboten! Wurde verboten in: Singapur, Irland, Norwegen, Südafrika, Oman, Malaysia, Bhutan Wir lieben den speziellen Monty-Python-Humor, aber so locker sahen es einige Zensoren nicht.

Was kritisiert das Leben des Brian?

Blasphemie lautete der Vorwurf. Christliche Gruppierungen demonstrierten vor den Kinos und verteilten Flugblätter an potenzielle Filmzuschauer.

In welcher Beziehung stehen Jesus und Brian?

Als junger Mann trifft Brian erneut auf Jesus, als dieser von einem Berg zu den Menschen spricht. Allerdings steht Brian mit seiner Mutter Mandy ganz hinten und alle Umstehenden verstehen Jesus Botschaften grundlegend falsch. Folglich brechen die Zuhörer in Streitigkeiten aus, wie Jesus Worte genau zu deuten seien.