ARD Mediathek Polizeiruf 110: Seine Familie kann man sich nicht aussuchen

In einem Einfamilienhaus werden eine alleinerziehende Mutter und ihr Sohn tot aufgefunden. Sie wurde mit mehreren Stichen ermordet. Ihr vom Hals abwärts gelähmter Sohn starb an einem Schlaganfall, weil niemand mehr seine Infusion wechseln konnte. Ein Tod in kompletter Einsamkeit. Katrin König ermittelt bei Jens Sommer, dem Ex-Mann und Vater, sowie bei der Familie Genth, die gut mit den Sommers befreundet war.

Haben Jule und Holger Genth etwas mit dem Tod der Sommers zu tun – oder ihre Pflegekinder Emma und Max? Als Max plötzlich verschwindet und sich der Verdacht gegen ihn erhärtet, beteiligt sich auch Katrin König an der Suche. Dabei handelt sie gegen die explizite Anweisung ihres Vorgesetzten, der selbst klare Anweisung von „oben“ erhalten hatte: Das Rostocker Team soll sich von Pflegekind Max fern halten, da der Junge mit verdeckter Identität lebt. Um das sicherzustellen, reist Kommissarin Melly Böwe aus Bochum an – die eine enge Verbindung zu Max hat, wie sich zeigt. Und dann wird Katrin König auch noch die Stelle der Teamleiterin angeboten, die seit Kommissar Bukows Weggang vakant ist. 

Diese Sendung ist nach der Ausstrahlung sechs Monate lang in der ARD Mediathek verfügbar.

Foto: NDR/Christine Schroeder



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Die Neue ist da! Wobei – so ganz „neu“ ist Melly Böwe (Lina Beckmann) nicht, schließlich hatte sie bereits einen Auftritt im Rostocker Polizeiruf 110: In der Folge „Sabine“ war sie als Sascha Bukows Halbschwester zu erleben, nun tritt sie seine Nachfolge als Ermittlerin in der beliebten Krimireihe an. Zusammen mit der LKA-Analystin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) wird sie zukünftig in Rostock und Umgebung knifflige Kriminalfälle aufklären, nachdem Bukow den Polizeidienst quittiert hat und nach Sibirien ausgewandert ist.

In dem ersten gemeinsamen Fall mit dem Titel „Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“ will Melly Böwe eigentlich gar nicht zusammen mit König ermitteln, sondern ist auf der Suche nach dem verschwundenen Max, der als Pflegekind bei Familie Genth lebt. Doch da Max’ Verschwinden unmittelbar mit einem Mordfall in der Nachbarschaft zusammenhängt, in dem Katrin König ermittelt, treffen die beiden sehr verschiedenen Kriminalistinnen plötzlich aufeinander. Wie das unerwartete Wiedersehen verläuft und ob sie sich schließlich zusammenraufen, ist am Sonntag, den 24. April 2022 um 20:15 Uhr im Ersten und anschließend in der ARD Mediathek zu sehen.

Gedreht wurde der Kriminalfilm, eine Produktion der Filmpool fiction GmbH im Auftrag des Norddeutschen Rundfunks, vom 18.05. bis zum 17.06.2021 in Goldberg, Seevetal und Hamburg.

Inhalt der Polizeiruf-110-Folge „Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“

Melly Böwe backt Muffins. Aus dem Küchenradio tönt „Dancing Queen“ von Abba. Die Bochumer Kommissarin ist voll in ihrem Element, bis ihre Teenagertochter sie aus ihren Gedanken reißt. Ein Anruf aus Rostock: Mellys alte Freundin Jule Genth braucht ihre Hilfe. Ihr Pflegesohn Max ist verschwunden, seit ein paar Tagen schon. Melly zögert keinen Augenblick, schließlich hat sie eine persönliche Beziehung zu Max. „Ich muss für ein paar Tage weg. Nach Rostock. Kann ich dich hier allein lassen?“ – Die Frage der besorgten Mutter pariert die Tochter sofort: „Die Frage ist doch wohl eher, ob ich dich allein lassen kann.“ Alles klar, alles geklärt, auf geht’s nach Rostock.

Katrin König knetet Sauerteig. Aus dem Smartphone tönt die künstliche Stimme eines Online-Tutorials, die ihr erklärt, welch entspannende, ja geradezu meditative Wirkung das Zubereiten von Sauerteig für die Psyche habe. Doch Katrin König ist nicht entspannt. Und wahrscheinlich kann kein Sauerteig der Welt sie aus ihrem Seelenzustand befreien, der zwischen Gereiztheit und Depression schwankt. Zwei Monate ist es nun her, seit ihr beruflicher und zuletzt auch privater Partner Alexander „Sascha“ Bukow sich aus Rostock in die Weiten Sibiriens verabschiedet hat. Und Katrin König will eigentlich nur eins: Bukow vergessen. Doch es will ihr einfach nicht gelingen. Noch nicht. Da reißt ein Türklingeln sie aus ihrem Sauerteig-Trauma. Es gibt einen Mordfall, und Henning Röder, der Chef der Rostocker Kripo, holt König persönlich von zuhause ab, um sie zum Tatort zu bringen. Die gemeinsame Fahrt nutzt Röder, um König davon zu überzeugen, sich auf die Stelle der Teamleitung zu bewerben – Bukows alten Posten. So will er die erfahrene und äußerst talentierte Profilerin, die formal dem Landeskriminalamt zugeordnet ist, langfristig an die Rostocker Polizeibehörde binden. Doch König wehrt ab. Zunächst sei Oberkommissar Pöschel mit einer Beförderung an der Reihe, nicht sie. Das solle sie mal unter vier Augen mit Pöschel klären, meint Röder nur.

Am Fundort der Leiche in einer ruhigen Wohngegend am Rostocker Stadtrand bietet sich den Ermittlern eine grauenhafte Szenerie: Die alleinerziehende Mutter Rike Sommer wurde in der Küche ihres Einfamilienhauses mit mehreren Messerstichen getötet, Abwehrverletzungen deuten auf einen kurzen, heftigen Kampf hin. Ihr Sohn David ist ebenfalls tot, allerdings ist der 16-Jährige nicht durch Fremdeinwirkung gestorben: Seit einem Unfall war David schwerbehindert, vom Hals abwärts gelähmt, ans Bett gefesselt. Regelmäßig brauchte er frische Infusionen. Nachdem seine Mutter ermordet worden war, gab es niemanden mehr, der seinen Katheder hätte wechseln können – die Folge: ein Schlaganfall, an dem David schließlich gestorben ist. Ein schrecklicher, einsamer Tod.
Ihr aktueller Fall im Polizeiruf 110 „Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“ ist also nicht gerade dazu geeignet, Katrin Königs arg mitgenommene Psyche aufzuhellen. Aber immerhin, die Ermittlungsarbeit bietet wenigstens etwas Ablenkung. Zunächst befragt die LKA-Analystin Jens Sommer, den Ex-Mann der Verstorbenen. Er hatte sich nach Davids Unfall von Rike getrennt, offenbar hielt er die psychische Belastung, die mit der Behinderung des Sohns einherging, nicht mehr aus. Jens Sommer macht König auf Jule und Holger Genth aufmerksam, ein Ehepaar aus der Nachbarschaft, mit denen die Sommers früher enger befreundet waren. Jule sei bis zuletzt eine gute Freundin von Rike gewesen, doch dann sei da noch Max, der Pflegesohn der Genths, der sich auch öfter mit David getroffen habe – der sei Jens Sommer nie ganz geheuer gewesen.

Die beiden ermittelnden Oberkommissare Anton Pöschel und Volker Thiesler haben derweil herausgefunden, dass Rike Sommer offenbar zahlreiche Affären hatte. Regelmäßig war sie auf Onlinedating-Portalen aktiv, die Liste ihrer Männerbekanntschaften ist lang – damit auch die Liste potenzieller Tatverdächtiger? Mag sein, doch Katrin König konzentriert sich zunächst auf die Genths, diese Spur erscheint ihr ergiebiger.

Jule und Holger Genth wohnen in direkter Nachbarschaft von Rike Sommer und haben zwei Pflegekinder: Emma Pettke und Max Wagner. Und nun erwarten Jule und Holger auch noch den ersten eigenen Nachwuchs. Auf Rikes Tod reagieren sie sehr betroffen, doch König spürt bei der Befragung sofort, dass die Genths noch eine andere Sorge umtreibt. Tatsächlich ist Max seit ein paar Tagen spurlos verschwunden. Er hat David Sommer regelmäßig besucht, war eng mit ihm befreundet. Hat er etwas von der schrecklichen Tat mitbekommen? Emma Pettke ist dagegen eine mustergültige Pflegetochter, hilft im Haushalt mit und engagiert sich sozial in ihrer Schule.

Als Katrin König Jule Genth gerade zum Verschwinden ihres Pflegesohns befragen will, klingelt es an der Tür. Die Kriminalbeamtin traut ihren Augen nicht, als sie sieht, wer plötzlich vor ihr steht: Melly Böwe, Sascha Bukows Halbschwester und ebenfalls Kommissarin, mit der König schon im Polizeiruf 110 „Sabine“ Bekanntschaft gemacht hat. „Doppelt hält besser“, meint Böwe lakonisch angesichts der unerwarteten Begegnung. Allerdings hat sie nicht den weiten Weg von Bochum nach Rostock auf sich genommen, um König bei den Ermittlungen zu unterstützen. Sie ist in eigener Sache auf der Suche nach Max Wagner, den sie vor einigen Jahren als Pflegekind an die Genths vermittelt hat. Als König sie nach genaueren Informationen über Max fragt, schaltet Böwe auf stur: Sie könne niemandem Auskünfte über Max geben, alles sei streng vertraulich. Katrin König kann es nicht fassen: Sie ermittelt in einem Mordfall und will einen wichtigen Zeugen und womöglich auch Tatverdächtigen befragen, und dann funkt ihr ausgerechnet Bukows Halbschwester dazwischen und verweigert jegliche Kooperation, um mehr über diesen wichtigen Zeugen in Erfahrung zu bringen! Was ist hier los?

König beschwert sich erstmal bei Röder, aber auch hier rennt sie gegen Wände: Bei der Rostocker Kripo weiß man nur, dass Max Wagner 16 Jahre alt ist, ansonsten besteht seine Akte aus einem einzigen großen Sperrvermerk. Nichts genaues weiß man nicht. Und mehr sollen die Ermittler im NDR-Polizeiruf 110 „Seine Familie kann man sich nicht aussuchen“ wohl auch nicht wissen, denn es gibt eine Weisung aus dem Innenministerium, keine Fragen nach Max zu stellen, nicht nach ihm zu suchen, also so zu tun, als gäbe es ihn gar nicht. In ihrer Wut erteilt König Röder endgültig einen Korb, was ihre Bewerbung auf Bukows freigewordene Stelle angeht, doch bei einem Feierabenddrink mit Pöschel merkt sie, dass auch er nicht gerade heiß auf den Posten ist. So richtig scheint das Kommissariat noch nicht realisiert zu haben, dass da nun ein freier Stuhl ist, der dauerhaft frei bleiben wird. Dass Bukow nicht zurückkehren wird.

Offiziell darf Katrin König also nicht mehr nach Max fahnden, aber natürlich lässt sie sich dadurch nicht vom Ermitteln abhalten. Mitten in der Nacht untersucht sie nochmal den Tatort genauer und trifft dort auf – natürlich – Melly Böwe. Die kann wohl auch nicht schlafen und scheint außerdem hungrig zu sein, denn sie hat eine riesige Schüssel mit selbstgebackenen Muffins dabei. Katrin König steht der Sinn nicht nach Süßgebäck, sie will einfach nur in Ruhe ermitteln, doch diesmal kann die Kommissarin aus Bochum ihr tatsächlich weiterhelfen, denn sie vertraut ihr Max’ ganze Geschichte an: Vor fünf Jahren hat Max seine Familie verlassen, die Teil eines Mafiaclans ist und bei der er seines Lebens nicht mehr sicher war. Melly hat ihn an die Genths vermittelt, dort lebt er quasi inkognito, so gut wie niemand weiß von seiner Herkunft aus Mafiakreisen – und niemand darf etwas davon erfahren. Doch bei Familie Genth war Max wohl auch nicht glücklich: In seinem Zimmer hat Melly Tagebücher gefunden, in denen Max eindrücklich seinen Drogenkonsum schildert, seine Rauschzustände: Koks, Hanf, Chrystal Meth – das volle Programm, finanziert durch Prostitution. Nun ist Max verschwunden. Offenbar wollte er am Morgen des Tattags noch David besuchen. Was hat er mit dem Mord an Rike Sommer zu tun? Weiß er etwas? Hat er jemanden beobachtet? Oder war er selbst so mit Drogen vollgepumpt, dass er unbewusst, vielleicht ungewollt Dinge getan hat, die er nicht hätte tun dürfen?

Endlich erkennen die beiden ungleichen Kommissarinnen, dass sie nicht gegen-, sondern miteinander arbeiten müssen, um ihre jeweiligen Ziele zu erreichen. Melly Böwe konzentriert sich auf die Suche nach Max. Katrin König nimmt sich die Genths nochmal genauer vor und entdeckt einige Risse in der harmonischen Fassade der Familie. Die Kommissare Pöschel und Thiesler befragen mit stoischer Gelassenheit die zahlreichen Männerbekanntschaften Rike Sommers – und allmählich fügt sich das Bild einer tieftraurigen Geschichte mit tragischem Ende zusammen.

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Polizeiruf-Kritik

Die Redaktion von Tatort-Fans meint:
Melly Böwe ist da – und setzt zu Beginn gleich mehrere Ausrufezeichen: Unangekündigt platzt sie in die Ermittlungen, Muffins mampfend inspiziert sie Kinderzimmer und Opferwohnungen, zielstrebig stapft sie durch die mecklenburgische Wildnis auf der Suche nach dem verschwundenen Zögling – das alles mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte sie nie etwas anderes getan. Mit der desorientierten und psychisch labilen Katrin König als Kontrastfigur funktioniert das gut. Klar ist aber auch: Der Rostocker Polizeiruf wird mit Melly Böwe harmonischer, gefälliger, humorvoller, versöhnlicher werden. Mehr Muffins, weniger Schwarzbrot. Das muss nicht verkehrt sein, solange das Kunststück gelingt, dabei den melancholisch-rauen Grundton der NDR-Krimis aus dem Nordosten zu erhalten und solange sich die Beteiligten nicht allzu gemütlich in ihrer neuen Idylle einrichten. Zu viel Süßes verdirbt den Magen.
Eine Bemerkung noch zum Fall selbst: Die behauptete „Vorstadthölle“, die sich hinter der Heile-Welt-Fassade der Familie Genth verbirgt, hätte – mit welchen filmästhetischen Mitteln auch immer – über die gesamte Filmlänge sehr viel deutlicher herausgearbeitet werden müssen, nicht nur in der letzten Viertelstunde. Der hr hat letzten Sonntag gerade gezeigt, wie’s besser geht.

Polizeiruf-Besetzung

LKA-Analystin Katrin König – Anneke Kim Sarnau
Kommissarin Melly Böwe – Lina Beckmann
Leiter der Mordkommission Henning Röder – Uwe Preuss
Kriminaloberkommissar Anton Pöschel – Andreas Guenther
Kriminaloberkommissar Volker Thiesler – Josef Heynert
Max Wagner – Alessandro Schuster
Jule Genth – Susanne Bormann
Holger Genth – Jörn Knebel
Emma Pettke – Paraschiva Dragus
David Sommer – Paul Ahrens
Ursula – Anika Mauer
u. v. a.

Polizeiruf-Stab

Drehbuch – Florian Oeller
Regie – Stefan Krohmer
Bildgestaltung – Carol Burandt von Kameke
Schnitt – Jan von Rimscha
Kostümbild – Katja E. Waffenschmied
Maskenbild – Jeannette Kellermann, Karsten Drews
Casting – Mai Seck
Szenenbild – Sonja Strömer
Musik – Christopher Colaco, Philipp Schaeper
Ton – Thorsten Schröder
Herstellungsleitung – Jeffrey Budd
Produktionsleitung – Mathias Mann, Daniel Buresch (NDR)
Produzentin – Iris Kiefer
Ausführende Produzentin – Nikola Bock
Redaktion – Daniela Mussgiller


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