Wie weit schaut der duden in die zukunft

Silvia Engels: Wir kommen zu einem Thema, das Sie mit einiger Sicherheit mittlerweile ziemlich unerträglich finden werden: Die Rechtschreibreform. Jawohl, nach Jahren des Streits kommt dieser Konflikt nun wohl zu einem Ende. Denn heute endet die einjährige Übergangsfrist für die Änderungen am staatlichen Regelwerk Rechtschreibreform. Sie ist also nun verbindlich für die Orthografie an den Schulen. Der Konflikt hatte viele Etappen und er ist nicht ganz vorbei. Sie erinnern sich vielleicht, zahlreiche Zeitungen waren in den letzten Jahren aus Protest zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt. Zuerst die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", dann auch später "Spiegel", "Welt", "Süddeutsche Zeitung". Dann nahm der Rat für deutsche Rechtschreibung einige Reformen zurück, die Zeitungen entwickelten eine Art Mischform von alter und neuer Rechtschreibung und am Telefon ist nun einer, der sich auskennt. Fritz Elster, er ist der Leiter der Schlussredaktion der "Süddeutschen Zeitung". Guten Morgen.

Fritz Elster: Guten Morgen, Frau Engels.

Engels: Nach welchen Regeln schreiben Sie denn nun in Ihrem Blatt?

Elster: Wir haben im Prinzip eine einfache Regel. Wir wenden den neuen "Duden" an. Allerdings in einer konservativen Auslegung. Das heißt, wann immer der "Duden" die alte Rechtschreibung zulässt, dann ist es im "Duden" schwarz geschrieben, dann wenden wir die alte Schreibung an. Wenn der "Duden" sie nicht mehr zulässt, wie beim Wort "Ass" zum Beispiel, die Spielkarte Ass, die wird mit zwei "s" geschrieben, die hat man früher mit nur einem "s" geschrieben, da schreiben wir jetzt auch mit zwei "s".

Engels: Das heißt, in Ihrer Zeitung gilt jetzt eine andere Schreibweise, als das, was in den Schulen gelehrt wird, oder passt das noch zusammen?

Elster: Das passt insofern zusammen, dass, wenn jemand so schreibt, wie es in der "Süddeutschen Zeitung" gedruckt ist, er in der Schule keinen Fehler macht. Denn es ist ja alles zugelassen, was im "Duden" drinnen steht. Und der "Duden" hat drei Schreibungen. Nämlich die rote, die reformierte Schreibung, die schwarze, die alte, sofern sie noch zugelassen ist, und dann hat er eine dritte Farbe, die gelbe Farbe, das ist das, was "Duden"-Redaktion selbst empfiehlt und das ist keineswegs immer die neue Schreibung, sondern ich möchte fast sagen in der mehrheitlichen Zahl der Fälle die alte Schreibung.

Engels: Und da haben Sie auch jetzt zumindest eine Einheitlichkeit mit den anderen großen Zeitungen erzielt?

Elster: Wir haben eine weitgehende Einheitlichkeit mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und mit dem "Spiegel" entwickelt. Nicht jetzt in jedem Einzelfall vielleicht. Wir haben eine Liste ausgetauscht, die umfasste über 1600 Wörter, wo die Schreibung strittig war, wo "Duden" und "Wahrig" voneinander abwichen, und wo wir versucht haben, eine Einheitlichkeit herzustellen. Das betrifft Fälle wie zum Beispiel die Wörter "Delfin", die wir weiterhin mit "ph" schreiben oder "potenziell" und "Potenzial" lassen wir mit "t" wieder schreiben. Also die alte Schreibung.

Engels: Das heißt, da versucht man, einen Standard zu finden. Aber die wirkliche Einheitlichkeit der deutschen Schriftsprache, die ist auf immer verloren?

Elster: Die, ich weiß nicht, ob sie auf immer verloren ist, aber "Duden" selber hat sie zerstört mit seinen drei Schreibmöglichkeiten, die er anbietet. Und es ist so, dass wir jetzt hergehen müssen und leider von außen die Einheitlichkeit wieder herstellen wollen zumindest. Der "Duden" sieht sich ja selber als ein Organ, das die Gemeinschaft der Schreibenden beobachtet und dann entsprechend seine Schreibungen immer anpasst. Und da können wir nur drauf hoffen, dass die Entwicklung in Zukunft wieder zu einer Einheitlichkeit führt.

Engels: Blicken wir etwas zurück: Im Jahr 2004 hatten ja "Süddeutsche Zeitung", "Springer-Presse" und "Spiegel" spektakulär beschlossen, der "FAZ" zu folgen und zur alten Rechtschreibung zurückzukehren. Danach wurde die Reform wieder etwas nachreformiert. Denken Sie, Sie haben da entscheidend zu beigetragen?

Elster: Dass wir ganz zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt wären, dem kann ich leider nicht zustimmen. Die Doppelschreibung von "s" bei Wörtern wie "Fluss" und "Pass" und "Kuss", die haben wir von Anfang an mitgemacht und auch mitgetragen. Und das ist auch heute, würde ich sagen, allgemeiner Konsens zwischen allen großen Zeitungen, dass diese Doppelschreibung, also Lautbuchstabenzuordnung, eingehalten wird. Wo wir uns strikt dagegen wehren, das ist dieser Mischmasch, der im "Duden" drinnen steht. Wenn Sie Wörter anschauen wie "federführend", die klein und zusammen geschrieben werden, aber "Furcht erregend" soll "Furcht" groß geschrieben werden und "erregend" auseinander. Das können wir nicht mitmachen. Das sind grammatikalische Purzelbäume, die da der "Duden" schlägt, die einfach mit grammatikalischem Sachverstand nicht nachvollzogen werden können.

Engels: Herr Elster, gibt es irgendwo ein Wort, was Sie jetzt in der Schreibung geändert haben, um eben diesen einheitlichen Standard zu erhalten, was Ihnen künftig auch in der "Süddeutschen Zeitung", wenn Sie es gedruckt sehen, Schmerzen bereiten wird?

Elster: Nein, diese Wörter gibt es nicht. Wir haben also Änderungen mitgemacht, "Ass", "im Wesentlichen", "Einbläuende", "Einzelne" wird jetzt auch bei uns großgeschrieben und "der Erste" auch und "der Nächste". Und sogar den "Rauhaardackel" haben wir mitgemacht, der wird nur noch mit einem "h" geschrieben. Das heißt, wir folgen dem "Duden" so weit es geht und soweit es nachvollziehbar ist in irgendeiner Weise machen wir das. Aber wo es einfach barer Unsinn ist, da folgen wir nicht.

Engels: Besten Dank. Das war Fritz Elster. Er ist der Leiter der Schlussredaktion der "Süddeutschen Zeitung". Wir sprachen über die Rechtschreibform, die zum heutigen Stichtag verbindlich in Kraft tritt. Herzlichen Dank für das Gespräch.

Elster: Bitte.

Wann kommt der nächste Duden?

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Was hat der Duden im Februar abgeschafft?

Es geht um 12'000 Wörterbucheinträge, die geändert werden müssen – und um das Ergebnis von über 40 Jahren gesellschaftlicher Diskussionen. Konkret wird das sogenannte generische Maskulinum abgeschafft, dass Frauen mitmeinte: Der «Mieter» zum Beispiel war bisher definiert als «jemand, der etwas gemietet hat».

Welche der folgenden Wörter verbinden Sie mit dem Begriff Zukunft?

Sinnverwandte Wörter: [1] Futur, Utopie.

Wie entsteht der Duden?

Der Duden entstand als ein Rechtschreibwörterbuch der deutschen Sprache. Das Werk war erstmals am 7. Juli 1880 von Konrad Duden als Vollständiges Orthographisches Wörterbuch der deutschen Sprache veröffentlicht worden und wurde in den folgenden Jahrzehnten Grundlage einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung.