Wer alt ist unser erzbischof stepfan burger

Für Herzenswärme und Zuwendung als "Kapital unserer Gesellschaft" und gegen ein Reduzieren des Alters auf Abschied und Verlust haben sich Erzbischof Stephan Burger und Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh in einem ökumenischen Gottesdienst in der Christuskirche in Karlsruhe ausgesprochen. Zum badischen Aktionstag im Rahmen der Woche für das Leben 2016 dankten die Bischöfe der katholischen und der evangelischen Kirche in Baden vor allem denjenigen, die sich - ehrenamtlich oder beruflich - dafür einsetzen, Menschen ein Altern in Würde zu ermöglichen.

Nach Überzeugung des Freiburger Erzbischof Stephan Burger lebt die Gesellschaft von Zuwendung und Herzenswärme. "Diese Werte können nicht mit Geldscheinen bezahlt werden. Sie sind aber das Kapital, das eine Gesellschaft wachsen lässt, zusammenhält und unersetzlich ist", sagte er am Freitagabend. Die Pflege von Menschen in hohem Alter und die Gesundheitsversorgung von Hilfsbedürftigen sei nicht nur unter dem Aspekt der Kosten zu betrachten: "Pflege im abzurechnenden Minutentakt, Versorgung mit der Stoppuhr ist die Folge und das Ganze hochprofessionell protokolliert." Dass auch im Gesundheitswesen finanzielle Gewinne immer mehr in den Vordergrund gestellt würden, mache Menschen Angst. Im Gottesdienst verwies er darauf, dass auch "viele Pflegekräfte darunter leiden, unter Zeitdruck zu stehen." Sich Menschen persönlich in ihrer mitunter auch aussichtslosen Situation zuzuwenden und ihnen Zeit zu schenken, sei das Entscheidende.

Erzbischof: Christen setzen Dienst vor den Verdienst

"Wir neigen dazu, den Lebensabschnitt Alter auf Einschränkungen, Abschiede und Verluste zu reduzieren", hatte Landesbischof Cornelius-Bundschuh zuvor gesagt. Viele fürchteten sich davor. Doch es geben auch Entwicklungsperspektiven für das hohe Alter. "Im Angesicht ihrer Endlichkeit finden manche Menschen einen vertieften Zugang zu sich selbst und zur Welt; sie entwickeln neue spirituelle Einblicke und eine lebendige Hoffnung", sagte der Landesbischof. Es gehe nicht um eine Gewinn- oder Verlustrechnung, sondern um einen realistischen, ganzheitlichen, individuellen Blick auf Menschen in ihrer besonderen Lebenslage: "Als Kirchen ist uns wichtig: In jeder Lebensphase sind wir auf Gott bezogen, wie bruchstückhaft wir unser Leben auch immer erleben." Zudem, so Erzbischof Burger, gebe es "die falsche Vorstellung, dass das Angewiesen-Sein auf Andere das Gegenteil wäre von Autonomie und Selbstbestimmung und eine Konsequenz allein des Alters." Wer so denke, blende aus, "dass jeder Mensch grundsätzlich auf andere angewiesen ist" - in der Familie, am Arbeitsplatz, beim Einkauf.

Wer alt ist unser erzbischof stepfan burger

Beide Bischöfe dankten und segneten ehrenamtlich Engagierte in der Altenarbeit, die mit ihrem Einsatz Teilhabe ermöglichten. "Sie stehen dafür ein, dass andere Menschen in Würde altern können", betonte Landesbischof Cornelius-Bundschuh. ‚Du bist mir wertvoll‘ sei "das unverwechselbare Markenzeichen und Gütesiegel eines christlichen Umgangs mit den älteren und hilfsbedürftigen Menschen." Erzbischof Burger betonte: "Pflege heißt eben nicht nur "satt und sauber"!" Es gelte "auch und vor allem, menschliche Beziehungen und freundschaftliche Kontakte zu pflegen." Christliche Zuwendung - nicht nur in Pflegeeinrichtungen, sondern mit Freunden, Bekannten, Verwandten und mit Menschen aus der Gemeinde" setze "den Dienst vor den Verdienst" und wisse "um den unbezahlbaren Wert eines freundlichen Lächelns, einer Geste der Menschlichkeit, eines kleinen, aufmunternden Wortes."

"Altern und Sterben: Wie der Herbst und der Winter zur Jahreszeit"

Das sei es, so die beiden Bischöfe, was ein "Alter in Würde" ausmacht - so das Leitwort der "Woche für das Leben 2016". Dieses Leitwort wolle über diese Woche hinauswirken und helfen, sensibel zu sein im Umgang mit dem Alter und mit älteren Menschen: Zweifellos tue sich der moderne Mensch schwer, an seine Vergänglichkeit erinnert zu werden. Er wolle alt werden, aber nicht alt sein. Zweifellos sei es auch nicht einfach, die Herausforderungen des Alters anzunehmen und mit den zunehmenden körperlichen Schwächen umgehen zu lernen. Im Fokus der Kameras, in Werbung und Öffentlichkeit, in Business und Lifestyle stehe meist der gut aussehende, leistungsfähige, jugendliche Mensch im Mittelpunkt. Inzwischen habe die Werbung zwar auch die ältere Generation im Blick, die ihre leichteren Beschwerden mit ein paar Medikamenten in den Griff bekommen könne. Ein großer Teil der eigentlichen Realität wird dabei aber im wahrsten Sinne des Wortes "ausgeblendet". Das Altern und Sterben gehöre zum Menschsein "wie der Herbst und der Winter zu den Jahreszeiten". (pef)

Das Erzbistum Freiburg ist eine Nachbardiözese der Schweiz. Erzbischof Stephan Burger (60) war letzte Woche zum Ad-limina-Besuch in Rom. Das Basler Modell, wonach auch Nicht-Geweihte taufen und trauen dürfen, werde zwar im Erzbistum Freiburg diskutiert. Aber: «Eine Umsetzung ist derzeit nicht vorgesehen.»

Raphael Rauch

Welcher Moment in Rom hat Sie besonders berührt?

Erzbischof Stephan Burger*: Einen besonderen Moment würde ich nicht unbedingt hervorheben. Insgesamt habe ich mich über die Atmosphäre gefreut, insbesondere bei den Gottesdiensten, und darüber, dass ich den Besuch im Rückblick als grundsätzlich positiv bewerten kann. Wir deutschen Bischöfe sind in den intensiven Austausch mit den Dikasterien und mit dem Heiligen Vater selbst getreten. Die Gespräche waren konstruktiv, aber auch kontrovers und bedeuten für die Zukunft intensive Arbeit und Bemühungen um den rechten Weg im Sinne der Synodalität. Denn es wurden auch weiterhin die unterschiedlichen Perspektiven und Anliegen deutlich, die es zu diskutieren oder auszuhalten gilt. 

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Stephan Burger ist Erzbischof von Freiburg.

Was haben Sie in Rom auf Ihre To-do-Liste geschrieben?

Burger: Ich sehe mich auf meinem Weg bestärkt: Was in meiner Möglichkeit als Ortsbischof steht, werde ich in Rücksprache mit den jeweiligen Gremien und Verantwortlichen umsetzen, etwa mit Blick auf das kirchliche Arbeitsrecht. Und ich werde auch weiterhin dafür einstehen, dass auf bestimmte Fragen und Probleme pastorale Antworten im jeweiligen Fall gesucht und gefunden werden. Denn das ist es, was Papst Franziskus immer wieder deutlich macht: Es geht immer um den Menschen in seiner jeweiligen Situation.

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Papst Franziskus lacht mit Kardinal Reinhard Marx (l.), Erzbischof von München und Freising, beim Ad-limina-Besuch.

Was hat Sie in der Begegnung mit Papst Franziskus überrascht?

Burger: Von einer Überraschung würde ich nicht sprechen, aber ich bin nach wie vor beeindruckt von seiner Persönlichkeit, seiner Bereitschaft hinzuhören und wahrzunehmen. Es war ein wichtiges Zeichen, dass die Bischöfe gemeinsam die Themen, Sorgen und Herausforderungen der katholischen Kirche in Deutschland und aller Gläubigen mit nach Rom gebracht haben. Damit ist deutlich geworden: Die Bischöfe nehmen die Probleme und Herausforderungen der Kirche in Deutschland ernst. Sie treten mit diesen Themen vor den Heiligen Vater. Und der Papst hört zu.

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Dorothee Becker leitet eine Kommunionfeier in der Kirche St. Franziskus, Riehen.

Das Erzbistum Freiburg arbeitet mit dem Nachbar-Bistum Basel zusammen. Können Sie sich vorstellen, Basler Errungenschaften wie Taufen und Trauungen durch Nicht-Geweihte ebenfalls einzuführen?

Burger: Taufen und Trauungen durch Laien werden zwar auch in unserem Erzbistum diskutiert. Eine Umsetzung ist derzeit aber nicht vorgesehen, zumal für die Trauassistenz von Laien eine eigene römische Genehmigung erforderlich wäre.

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Kardinäle unter sich: Rainer Maria Woelki (rechts) im Gespräch mit Kurt Koch im August 2022.

Wie haben Sie das Gespräch mit Kurienkardinal Kurt Koch empfunden?

Burger: Das Gespräch war nach meinem Empfinden ein offener und in der Sache ehrlicher Austausch.

Inwiefern war Kochs Kritik am Synodalen Weg und sein umstrittener NS-Vergleich Thema?

Burger: Ich bitte um Verständnis, dass ich auf Inhalte des Gesprächs im Detail nicht eingehen möchte. 

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Synodaler Prozess: In Einsiedeln war Isabelle Vernet (mit Rollkoffer) dabei, in Prag wird sie nicht vor Ort sein.

Was sind die wichtigsten Punkte, die die deutsche Delegation im Februar 2023 an der Europa-Synode in Prag einbringen sollte?

Burger: Es hat in Rom ein ehrlicher Austausch stattgefunden, Meinungen und Positionen wurden deutlich. Die Aufgabe, die nun besteht, ist, weiterhin um den gemeinsamen Weg in unserer weltweiten Kirche und in Einheit mit dem Papst zu ringen.

* Stephan Burger (60) ist Erzbischof von Freiburg und Metropolit der Oberrheinischen Kirchenprovinz. Das Bistum Basel ist eng mit der Freiburger Nachbardiözese verbunden, etwa über die Kinderhilfe Bethlehem oder die Priesterausbildung.

Das Interview wurde schriftlich geführt.


© Katholisches Medienzentrum, 22.11.2022

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Wo wohnt der Erzbischof von Freiburg?

Stephan Burger wird für einige Monate Freiburgs prominentester Berufspendler: Er bleibt in Burkheim am Kaiserstuhl wohnen, bis im Herbst seine künftige Wohnung fertig saniert ist.

Wer ist der Bischof von Freiburg?

Papst Franziskus hat Stephan Burger am 30. Mai 2014 zum neuen Erzbischof von Freiburg ernannt.