Welche bedeutung hat eine weisse federboa

Dem Trio war die Lust anzumerken, konventionelle Grenzen zu überschreiten und Regeln aufzubrechen (oben, von links: Hans Peter Gampl, Michaela Strobel und Matthias Bergert. Das Trio weitete sich kurzzeitig zu einem Quintett aus, weil Franz Wenzel zur Gitarre griff und Edgar Mayer sich ans Klavier setzte. - Fotos: baj

Dollnstein (baj) Man muss den deutschen Schlager der 1950er bis 70er Jahre nicht mögen. Zu seicht, zu inhaltsleer, zu billig gemacht. Die naheliegende Reaktion wäre, diese Musik zu meiden. Der Musiker, Komponist und – inzwischen pensionierte – Musikdozent an der Augsburger Universität, Hans Peter Gampl, mag sie auch nicht, die „Weißen Rosen aus Athen“, das „Alte Haus von Rocky Docky“ oder die „Mimi“ mit ihrem Krimispleen, doch wählt er einen anderen Weg: Er spielt sie, die Hits ausvergangenen Tagen, rauf und runter, und mit Begeisterung.

Aber erst, nachdem er sie ihres Gewandes beraubt, das nackte Gerüst übrig gelassen und ihnen eine neue Bedeutung verliehen hat: Er parodiert sie – und zeigt damit, was wirklich in ihnen steckt oder jedenfalls stecken könnte. So erlebten etwa 200 Dollnsteiner am Samstag ein Konzert, das ganz das Zeug hat, in die Kategorie „legendär“ eingeordnet zu werden.

Gampl, ein gebürtiger Dollnsteiner, hat sich bereits 2007, zur 1000-Jahr-Feier, um seinen Heimatort verdient gemacht und die „Dollnstein Kantate“ komponiert. Da war es fast naheliegend, dass er wieder einmal hier auftrat. Edgar Mayer hat die Einladung ausgesprochen. Auch die Burgfreunde waren mit im Boot: Das Konzert galt als „Prolog“ für das Burgfest, das am Sonntag über die Bühne gehen sollte.

Gampl kam nicht allein. Er hatte zwei ehemalige Schüler dabei: die Realschullehrerin Michaela Strobel mit ihrer hohen Sopranstimme und bemerkenswerten schauspielerischen Fähigkeiten sowie den Musiker und Musikjournalisten Matthias Bergert. Die Kulisse war ebenso traumhaft wie einmalig. Im Schatten der Burgmauer saßen die Zuschauer und direkt an der Altmühl war die Bühne aufgebaut. Getrennt waren beide durch den gut frequentierten Geh- und Radweg. Was sich normalerweise als stark störend hätte auswirken müssen – war hier nicht der Fall: Radler und Fußgänger wurden in den parodistischen Abend eingebaut und wussten oft nicht recht, was ihnen geschah.

Das Programm lautete „Gampl auf Abwegen“, weil sich niemand hätte vorstellen können, dass der Musiker einmal freiwillig Schlager spielen würde, und es war breit gefächert, ebenso die Palette der Instrumente. Auf den ersten Blick schienen manche so gar nicht zu den Stücken zu passen. Wer würde schon „Ich will ’nen Cowboy als Mann“ mit einer durch einen Mundschlauch betriebenen Melodica begleiten? „Das ist ein billiges Instrument für zwölf Euro, das passt zu dieser Musik.“ Auch ein uraltes tschechisches Akkordeon (50 Euro) hatte Gampl im Gepäck. Mit im Spiel war eine bonbonblaue Ukulele (15 Euro). Dazu kamen Vogelpfeifen, Donner- und Regenmaschinen, Kontrabass, Gitarre, Xylofon, Metronom, Psalterium, Spieldose oder Klavier.

Schlichtweg grandios waren die Arrangements: „17 Jahr, blondes Haar“ balladenhaft-jazzig gesungen, „Die Liebe ist ein seltsames Spiel“ im Stil einer spanischen Romanze, ein flacher Schlager kam als Gospel daher oder die „Weiße Rosen aus Athen“ bekamen einen rauchigen Blues. Dafür sorgte die großartige Michaela Strobel mit ihrer eigentlich klassisch ausgebildeten Stimme. Sie setzte sparsam, doch wirkungsvoll ihre Requisiten ein, hier eine Sonnenbrille, da eine knallrote Federboa, auch eine Melone als Kopfbedeckung hatte ihren Einsatz. Dazu kam ihr komödiantisches Talent. Vor allem überzeugte ihre wunderbare, variable Stimme, die jedem Genre gerecht wird, die auch mal kleinmädchenhaft überspitzt klingen kann, ohne dabei lächerlich zu wirken.

Unterstützt wurde sie dabei vom kongenialen Matthias Bergert, der meist am Klavier zu finden war, stimmungsmäßig stets den richtigen Ton traf und einiges zur Unterhaltung beitrug. Gampl selbst ist natürlich eine Klasse für sich. Wie er Roy Blacks „Ganz ein Weiß“ mit einer Beethoven-Sonate unterlegte und das Ganze am Klavier kommentierte, macht ihm so rasch keiner nach. Nach Erklärung wie „Jetzt dunkeln wir das Ganze noch mal ab“ und dem Schwenk auf Moll lag das Publikum unter den Tischen. „Ohne Krimi geht die Mimi nicht ins Bett“ nutzte er für derart übertreibende Glisandi und Cluster am Klavier, dass sogar die Sängerin ins Kichern kam.

Ein Running Gag war der Kontrabass: „Ich habe schon Blasen am Finger, bei Mozart wäre das nicht passiert.“ Vergeblich forderte er den im Publikum sitzenden Musiker Franz Wenzel auf, den Bass zu übernehmen. Doch ließ Wenzel sich breit schlagen, ein Stück auf der Gitarre zu begleiten. Edgar Mayer setzte sich zu Bergert ans Klavier und mit einem imposanten männlichen Background-Gesang im Rücken intonierte Michaela Strobel sehr flott „Rote Lippen soll man küssen“, die dieses Mal sogar ohne Parodie wirkten. Das Publikum machte begeistert mit und so gibt es nur ein Fazit: Solche Abende wünscht man sich öfter.

Wie trägt man eine Federboa?

Die Federboa ist leicht und geht auf der Feier nicht verloren, da sie bequem um den Hals getragen wird. Sie kann nicht nur zu 20er Jahre Kostüme getragen werden, sondern auch zum Beispiel als Saloon Girl oder Schönheitskönigin sowie zum Thema Moulin Rouge und Showtanz.

Wie werden federboas hergestellt?

Meist stammen die Federn von völlig verängstigten Vögeln, die ihres Fleisches oder ihrer Haut wegen getötet wurden.