Seit dem 1. September steht Barbara Steiner als Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau vor. Für dieses Amt gab die promovierte Kunsthistorikerin einen wohldotierten Posten auf, am Kunsthaus Graz hätte man sie gern noch länger als Leiterin behalten. Aber aus ihren Jahren in Leipzig (2001–2011), in denen sie sich als Direktorin der dortigen „Galerie für Zeitgenössische Kunst“ (GfZK) einen Namen machte, ist wohl eine Anhänglichkeit an den mitteldeutschen Kulturraum geblieben. Im vergangenen Frühjahr erfuhr sie während eines Leipzig-Besuchs von der Dessauer Ausschreibung. Dass sie nach kurzer Kandidatenkür unter 32 internationalen Bewerbern am Ende den Zuschlag erhielt, habe sie selbst „mehr als überrascht“.Text: Kil, Wolfgang, Berlin Show
Das Bauhaus ist kein neutraler OrtSeit dem 1. September steht Barbara Steiner als Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau vor. Für dieses Amt gab die promovierte Kunsthistorikerin einen wohldotierten Posten auf, am Kunsthaus Graz hätte man sie gern noch länger als Leiterin behalten. Aber aus ihren Jahren in Leipzig (2001–2011), in denen sie sich als Direktorin der dortigen „Galerie für Zeitgenössische Kunst“ (GfZK) einen Namen machte, ist wohl eine Anhänglichkeit an den mitteldeutschen Kulturraum geblieben. Im vergangenen Frühjahr erfuhr sie während eines Leipzig-Besuchs von der Dessauer Ausschreibung. Dass sie nach kurzer Kandidatenkür unter 32 internationalen Bewerbern am Ende den Zuschlag erhielt, habe sie selbst „mehr als überrascht“.Text: Kil, Wolfgang, Berlin Frau Steiner, Ihre Dissertation handelt von der „Ideologie des White Cube“. Sie können auf eine Karriere als vielseitige Ausstellungsmacherin und Kulturmanagerin verweisen, haben an der Hochschule für Grafik und Buchkunst sogar
für zwei Jahre den Master-Studiengang „Kulturen des Kuratorischen“ geleitet. Beim Stichwort „Kuratieren“ fallen vielen erst mal Bilder an Galeriewänden ein. Jetzt sind Sie an einem Haus, in dem seit Jahrzehnten, ja eigentlich von Anfang an Architekten, Planer und Designer das Sagen hatten. Fühlen Sie sich da fremd? Das klingt sehr funktional. Reden wir über Inhaltliches: Wie finden Sie das Bauhaus vor – jetzt, nach dem überbordenden Jubiläumsjahr? Wo drängt es Sie, eigene Akzente zu setzen? Und die Bezüge zum Heute? „Bauhaus“
bedeutete doch auch immer, sich mit den Verhältnissen der jeweiligen Zeit auseinanderzusetzen… Da müsste Ihnen die neue Dessauer Konstellation ja entgegenkommen – in der Innenstadt das Museum mit
der populären Sammlungsausstellung, hier an der Gropius-Allee die auratischen Orte für die Kenner. Aber jetzt lassen sich Politiker und Politikerinnen von den schicken Designobjekten dazu verleiten, ihre vagen Ideen von einer klimafreundlicheren Gesellschaft mit dem Image der berühmten Schule zu garnieren. Bei ihrem Europäischen Bauhaus macht die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen
aus der notwendigen Trendwende, dem „Green Deal“, geradezu ein Kulturprojekt. „Nachhaltigkeit und Design in Einklang bringen“, wie es bei ihr heißt – um dem politischen Projekt mehr Attraktivität zu sichern? Wird also auch das Bauhaus Dessau als Institution ein Bestandteil des Europäischen Bauhauses sein? Das klingt wie eine Neuauflage des „Industriellen Gartenreichs“. Könnte es sein, dass sich der Begriff „Nachhaltigkeit“ gerade mit neuen Zumutungen auflädt? Es ist absehbar, dass wir uns auf eine Gesellschaft zunehmend eingeschränkter Möglichkeiten zubewegen. Müsste nicht längst an neuen Leitbildern gearbeitet werden? Ursula von der Leyen spricht von „weniger Verschwendung“ und von Qualitäten „kreativen Unterlassens“. Sind das die neuen Leitbegriffe? Jeder Kulturwandel braucht intellektuelle Vorarbeit, früher hieß das Avantgarde. Wäre also nicht hier –
mehr noch als in Weimar oder Berlin – vom Phänomen „Bauhaus“ gerade der Werkstattgedanke zu propagieren? Den Mythos auch mal positiv besetzen: Dessau als Ort, der bedeutende Koryphäen anzieht, um an den Überlebensfragen der Menschheit zu arbeiten… Im Juni dieses Jahres hat hier im Haus eine Diskussionsrunde gefragt: „Kann uns das Bauhaus helfen, den Planeten zu retten?“ Mit Verlaub – allein die Frage klingt schon sehr selbstbewusst. Zum Schluss eine praktische Frage: Die Bauwelt hatte in der Ausgabe 21.2019 am Museumsneubau das rundum geschlossene Erdgeschoss beklagt. Sehen Sie eine Chance, der Stadt zwischen Park und Shoppingmall doch noch einen „Dritten Ort“ zu
eröffnen? Warum ist das Bauhaus heute noch von Bedeutung?Das Bauhaus stand in seinem Bemühen um neue Formen und eine neue, auf ihre Funktion reduzierte Architektur ohne Ornament keineswegs allein. Es gab den Deutschen Werkbund, und es gab andere Versuche, künstlerische Individualität und den Geist der industriellen Moderne zu verbinden.
Was ist das Bauhaus Dessau heute?Seit dem Jahr 1996 zählen die Bauhausstätten in Weimar und Dessau gemeinsam zum UNESCO-Welterbe.
Was ist das Bauhaus heute?Das Bauhaus bestand zeitlich parallel mit und in der Weimarer Republik von 1919 bis 1933 und gilt heute weltweit als Heimstätte der Avantgarde der Klassischen Moderne auf allen Gebieten der freien und angewandten Kunst und Architektur.
Warum ist das Bauhaus so wichtig?Sie schuf die Plakate, die wir sehen, das Spielzeug unserer Kinder in Grundfarben und Formen. Sie änderte für immer die Kunst- und Architekturausbildung. Kurz gesagt: Bauhaus ist die einflussreichste Designschule, die je existiert hat.
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