Warum Vitamin D nicht abends einnehmen?

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Kann Vitamin D einer Infektion mit SARS-CoV-2 bzw. einer Erkrankung an COVID-19 vorbeugen?

Zu dieser Frage hat sich das Bundesinstitut für Risikobewertung in seinen FAQs vom 9. April 2021 geäußert:

"Es sind dem BfR derzeit jedoch keine Studien bekannt, die belegen, dass die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten vor einer Infektion mit diesem Virus bzw. vor der Auslösung der Erkrankung schützt. Es ist wissenschaftlich unstrittig, dass Vitamin D zur normalen Funktion des Immunsystems beiträgt und dass eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung wichtig für die Gesundheit ist. Das heißt aber nicht, dass man deshalb vorbeugend und ohne ärztliche Kontrolle hoch dosierte Vitamin-D-Präparate zu sich nehmen sollte. Fallberichte weisen darauf hin, dass die eigenständige Einnahme von Vitamin-D-Präparaten in sehr hohen Dosen gesundheitliche Risiken bergen kann."

Am 4. Februar 2021 hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) dazu einen Überblick über die Studienlage gegeben. Sie stellt fest:

„Tatsächlich lässt die aktuelle Studienlage einen potenziellen Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Serumspiegel und einem erhöhten Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion bzw. für einen schweren COVID-19-Verlauf vermuten. Die Ergebnisse reichen jedoch nicht aus, um eine eindeutige Ursache-Wirkungs-Beziehung nachzuweisen. Pauschal kann daher keine Empfehlung für eine Vitamin D-Supplementation gegeben werden, um einer SARS-CoV-2-Infektion vorzubeugen oder den Schweregrad einer COVID-19-Erkrankung zu verringern. Dies stützen auch die Aussagen anderer Fachinstitutionen wie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) oder des Robert Koch-Instituts (RKI).“ [...] „Bei Personen mit adäquatem Vitamin-D-Status von ≥ 50 nmol 25(OH)D/l im Serum ist bisher nicht nachgewiesen, dass die Einnahme eines Vitamin-D-Präparates einen diesbezüglichen Zusatznutzen hat.“

Prof. Dr. Jakob Linseisen, Präsident der DGE, sagt dazu: „Eine Supplementation von Vitamin D in Höhe des Referenzwerts von täglich etwa 20 µg (800 IE) kann [...] zur Sicherstellung eines adäquaten Vitamin-D-Status erforderlich sein. Unter der Voraussetzung, dass ein kausaler Zusammenhang besteht, hätte ein adäquater Vitamin-D-Status einen präventiven Effekt auf das Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion bzw. eines schweren COVID-19-Verlaufs“.

Weitere Details finden sich in einer Fachinformation mit Stand vom 11.01.2021.

Die in einer noch nicht veröffentlichten, wissenschaftlich umstrittenen spanischen Studie festgestellten Behandlungserfolge bei Covid-19-Intensivpatienten wurden mit einer speziellen Vitamin-D-Verbindung (Calcifediol) erzielt, die in Nahrungsergänzungsmitteln nicht zulässig ist. Der Preprint der Studie wurde inzwischen zurückgezogen. Auch eine amerikanische RCT-Studie unterstützt die Verwendung von hohen Dosen von Vitamin D3 zur Behandlung von COVID-19 bei Krankenhauspatienten nicht. Einen guten Überblick gibt ein systematisches Cochrane-Review aus dem Mai 2021.

Einer weiteren kürzlich veröffentlichten US-Studie (Mai 2021) zufolge ist auch ein niedriger Vitamin-D-Status kein Risikofaktor für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2.

Wegen eines unzulässigen Corona-Bezugs in der Werbung für Vitamin D-Produkte hat die Verbraucherzentrale NRW im Juli 2021 zwei Anbieter erfolgreich abgemahnt.

Worauf sollte ich bei der Verwendung von Vitamin D achten?

Grundsätzlich empfiehlt die DGE eine adäquate Versorgung mit Vitamin D am besten durch die körpereigene Bildung durch Sonnenbestrahlung und über die Ernährung zu erreichen. Nur wenn das nicht ausreicht, sollten täglich Vitamin-D-Präparate in Höhe des Referenzwertes (20 µg/Tag) eingenommen werden. Für Menschen, die in Pflegeheimen leben, empfiehlt das BfR eine generelle Supplementierung mit Vitamin D mit 20 µg/Tag.

Wenn Sie nicht zu einer der Risikogruppen (s.u.) gehören – sollten Sie zunächst durch eine Blutuntersuchung (meistens eine kostenpflichtige IGe-Leistung) prüfen lassen, ob bei Ihnen tatsächlich eine unzureichende Versorgung vorliegt und ob eine Verbesserung der Versorgung weder durch eine günstigere Lebensmittelauswahl noch durch die körpereigene Vitamin D-Bildung mittels vermehrter Sonnenbestrahlung zu erreichen ist.

Die Einnahme eines Vitamin-D-Produktes sollten Sie jedoch im Arztgespräch klären. Liegt ein echter Mangel vor, kann man Ihnen gegebenenfalls geeignete Fertigarzneimittel auf Grundlage des Ergebnisses der Blutuntersuchung verschreiben.

Welche Kosten von der Krankenkasse übernommen werden, erfahren Sie hier.

Grundsätzlich sind Nahrungsergänzungsmittel günstiger als angereicherte Lebensmitteln (z.B. Saft mit Vitamin D), da die Dosierung exakter ist und ein Zuviel leichter zu vermeiden ist. Hinzu kommt, dass eine Anreicherung von Lebensmitteln mit Vitamin D (außer Streichfette) in Deutschland nur mit einer Ausnahmegenehmigung erlaubt ist. Ein Marktcheck der Verbraucherzentralen in 2021 hat aber festgestellt, dass zahlreichen Produkten eine solche Genehmigung fehlt.

Bei Personen, die zur Risikogruppe gehören, ist laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung zur Sicherstellung der Vitamin-D-Versorgung die Einnahme eines Vitamin-D-Präparats (bis 20 µg bzw. 800 I.E. pro Tag) sinnvoll. Trotzdem sollten Sie sicherheitshalber und möglichst vorher mit Ihrem Arzt darüber sprechen.

Sie gehören zu einer der Risikogruppen, wenn Sie:

  • älter sind als 65 Jahre, denn mit dem Alter lässt die Eigenproduktion von Vitamin D nach. Warum vor allem ältere Frauen eher unterversorgt sind als ältere Männer ist bisher nicht geklärt. Ursachen könnten der natürlicherweise höhere Körperfettanteil von Frauen, die Vermeidung von Sonnenlicht durch das Aufsuchen von Schattenplätzen, die stärkere Bedeckung des Körpers im Freien, die häufigere Verwendung von Sonnenschutzmitteln und Hautcremes mit Lichtschutzfaktor oder auch der unzureichende Verzehr Vitamin-D-reicher Lebensmittel sein.
  • zu den hochbetagten Senioren gehören: Zu Schwierigkeiten in der Versorgung kann es vor allem dann kommen, wenn Sie in Ihrer Mobilität eingeschränkt sind und sich nicht mehr in der Sonne aufhalten können (z. B. bei Bettlägerigkeit).
  • überhaupt nicht mit unbedeckter Haut an die Sonne gehen, zum Beispiel, weil Sie eine starke Sonnenallergie haben oder aus religiösen Gründen nur verhüllt ins Freie gehen.
  • eine dunkle Hautfarbe haben, da die UVB-Strahlen der Sonne durch den erhöhten Melaningehalt in der Haut stärker abgehalten werden.


Vitamin-D-Vergiftungen sind nicht durch exzessive Sonnenbäder möglich, sondern nur durch eine orale Zufuhr. Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt eine Tageshöchstmenge von 20 µg Vitamin D (= 800 i.E.) in Nahrungsergänzungsmitteln. Vor der Verwendung ist es sinnvoll den Blutserumspiegel vom Arzt untersuchen zu lassen, um einen eventuellen Bedarf zu klären.

Eine tägliche Einnahme von Vitamin D-Präparaten mit Dosierungen von 50 µg oder 100 µg ist aus ernährungswissenschaftlicher Sicht nicht erforderlich. Allerdings sieht das BfR bei nur gelegentlichem Verzehr solcher hochdosierten Präparate gesundheitliche Beeinträchtigungen derzeit als unwahrscheinlich an. Würden Sie jedoch langfristig und täglich hochdosierte Vitamin D-Präparate zu sich nehmen, deutet die aktuelle Studienlage auf ein erhöhtes gesundheitliches Risiko hin.

Auf keinen Fall sollten pro Tag mehr als 100 Mikrogramm (=4000 i.E.) insgesamt (einschließlich Lebensmittel) aufgenommen werden: Kopfschmerzen, Übelkeit und Appetitlosigkeit, Erbrechen, Verstopfung, reduzierter Muskeltonus im schlimmsten Fall sogar Nierenverkalkung und Nierensteine bis hin zur Abnahme der Nierenfunktion. könnten die Folge sein. Vor allem bei deutlich höher dosierten Produkten aus dem Internet kommt es immer wieder zu schweren Gesundheitsschäden. Bedenken Sie, dass diese Überdosierung auch schleichend erfolgen kann, da Vitamin D lange im Körper gespeichert werden kann und sich nach und nach addiert. Hier finden Sie einen Bericht dazu aus dem Alltag eines Hausarztes.

Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich: Vorsicht ist unter anderem bei der Einnahme von Herzglykosiden geboten. Durch einen von Vitamin D hervorgerufenen erhöhten Kalziumspiegel kann die Wirkung dieser Medikamente verstärkt werden und zu Herzrhythmusstörungen führen. Wenn Sie Medikamente einnehmen müssen, sollten Sie vor dem Kauf eines Nahrungsergänzungsmittels mit Ihrem Arzt oder Apotheker darüber sprechen. Er kann Ihnen sagen, ob die Gefahr von Wechselwirkungen besteht und wie Sie diese ggf. durch zeitliche Abstände umgehen können.


Hinweis:
Diese Vitamin-D-Verbindungen sind in Deutschland und anderen EU-Ländern in Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen (gemäß EU-Richtlinie 2002/46/EG, Anhang II (Fassung vom 20.03.2021)):

  • Cholecalciferol (D3)
  • Ergocalciferol (D2)
     
  • Vitamin D2-Hefe (neuartig)
  • Vitamin D2-Pilzpulver, max. 15 µg/Tag (neuartig)
     

Nach Ansicht einer Expertenkommission (BVL/BfArM) sind Produkte nur bis zu einer Tagesdosis von 20 Mikrogramm Vitamin D (= 800 i.E.) als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen. Höher dosierte Präparate sind als Arzneimittel anzusehen.


 
Nahrungsergänzungsmittel werden mit Vitamin D3 (meist tierisch) und Vitamin D2 (pflanzlich) angeboten. Vitamin D2 wird durch die UV-Bestrahlung von Ergosterol (Vitaminvorstufe) aus Hefe gewonnen. Es ist daher vegan, wird vom Körper aber nicht ganz so gut aufgenommen. Vitamin D3 für Nahrungsergänzungsmittel wird in der Regel aus Wollfett (Lanolin) gewonnen. In veganen Produkten, die mit Vitamin D3 angeboten werden, stammt das Vitamin aus bestimmten Flechten. Gentechnisch produzierte Trägerstoffe für dieses Vitamin sind möglich.
 

Tipp:

  • Gehen Sie täglich für einige Zeit in die Sonne (z.B. Spaziergang in der Mittagszeit) und kurbeln Sie so die Vitamin D-Produktion Ihres Körpers an.
  • Achten Sie jedoch bei längerem Sonnenbaden auf ausreichenden Sonnenschutz.
  • Fetthaltiger Seefisch wie Lachs, Makrele, Sardinen sowie Eier, Pilze und Margarine, die mit Vitamin-D angereichert ist, liefern ebenfalls wertvolles Vitamin D.
  • Eine angemessene Calciumzufuhr, körperliche Bewegung und Sport stärken Muskeln und Knochen zusätzlich.

Wie ist die Versorgungslage in Deutschland?

Laut DGE ist die Häufigkeit einer unzureichenden Versorgung mit Vitamin D in Deutschland hoch. Gerade in den Wintermonaten reicht in unseren Breitengraden die UVB-Strahlung für die Vitamin-D-Synthese in der Haut nicht aus (findet aber immer noch statt). In dieser Zeit greift der Körper auf die durch Frühjahrs- und Sommersonne hoffentlich gut gefüllten Vitamin-D-Speicher im Fett- und Muskelgewebe sowie in der Leber zurück. Dieser Vorrat reicht normalerweise, um ohne Mangelerscheinungen durch den Winter zu kommen.

Trotzdem erreicht ein Großteil der Deutschen vor allem im Winter nicht den optimalen Vitamin D-Blutspiegel von 50 nmol/l, der mittels des Markers "25-Hydroxyvitamin D" gemessen wird, was verschiedene Ursachen haben kann, wie seltener Aufenthalt draußen, Verwendung von Sonnenschutz etc. (siehe unten: Tagesbedarf decken). Dieser Wert wird von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die sich auf die Klassifizierung des US-amerikanischen Institut of Medicine (IOM) (siehe Tabelle) bezieht, als wünschenswert in Bezug auf die Knochengesundheit angesehen.

Von einem klinischen Vitamin D-Mangel, der auch gesundheitlichen Auswirkungen hat, sind die meisten Deutschen weit entfernt. Das Robert-Koch-Institut ging 2019 aufgrund von Studien aus den Jahren 2008 bis 2011 (Erwachsene, DEGS1) bzw. aus 2003-2006 (Kinder und Jugendliche, KiGGS) davon aus, dass 15,2 % der Erwachsenen (18-79 Jahre) und 12,5 % der Kinder und Jugendlichen von einer solchen mangelhaften Versorgung betroffen sind. Ein Vitamin-D-Mangel liegt laut IMO-Klassifizierung bei einer 25-Hydroxyvitamin-D-Konzentration von unter 30 nmol/l vor.

Die Bestimmung des Vitamin-D-Status erfolgt durch die Messung von 25-Hydroxyvitamin-D (kurz 25(OH)D) im Blutserum. Es kann in den Einheiten nmol/l oder ng/ml angegeben werden (für die Umrechnung von nmol/l in ng/ml teilt man den Wert durch 2,5). Die Labormethoden sind allerdings noch immer nicht standardisiert.

25(OH)D
in nmol/l

25(OH)D
in ng/ml

Interpretation nach IMO-Klassifizierung (Quelle: RKI)

<30

<12

Mangelhafte Versorgung mit einem erhöhten Risiko für Krankheiten wie Rachitis, Osteomalazie und Osteoporose.

30-<50

12-<20

Suboptimale Versorgung mit möglichen Folgen für die Knochengesundheit.

50 -<75

20-<30

Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit.

75-<125

30-<50

Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit ohne weiteren Zusatznutzen für die Gesundheit.

≥125

≥50

Mögliche Überversorgung, die für den Körper negative gesundheitliche Folgen haben kann, zum Beispiel Hyperkalzämien, die zu Herzrhythmusstörungen oder Nierensteinen führen können.

Der Vitamin-D-Serumspiegel unterliegt jedoch starken saisonalen Schwankungen. So hatten in der DEGS-Studie (Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“ (2008-2011)) mehr als 60 % der Frauen im Sommer einen Spiegel über 50 nmol/l, im Winter dagegen nur etwa 20 % – aber: Die verwendete Messmethode führte zu einer Unterschätzung der Werte, die Versorgungslage ist eigentlich besser. Der 13. Ernährungsbericht von 2016 geht daher nach einer Standardisierung der Werte von einem Vitamin-D-Mangel bei etwa 15 % der Bevölkerung aus. Betroffen sind vor allem über 65-Jährige und darunter vor allem Frauen.

Wird bei einer einmaligen Untersuchung des Vitamin-D-Status ein niedriger Wert gemessen, muss dies also nicht zwingend bedeuten, dass bereits ein langfristiger Vitamin-D-Mangel und damit klinische Symptome vorliegen oder auftreten werden.

Wofür braucht der Körper Vitamin D?

Damit Knochen und Zähne stabil bleiben, wird Calcium benötigt, das als Calciumphosphat eingelagert wird. Vitamin D spielt eine wichtige Rolle in diesem Prozess. Es reguliert den Calcium- und Phosphatstoffwechsel und unterstützt die Aufnahme von Calcium aus dem Darm ins Blut sowie die Einlagerung in die Knochen. Damit ist es unentbehrlich für die Gesundheit von Knochen und Zähnen. Vitamin D spielt darüber hinaus auch in anderen Stoffwechselvorgängen eine Rolle, unter anderem beeinflusst es die Muskelkraft.

Ein Mangel an Vitamin D kann die Ausbildung einer Knochenerweichung sowie einer Osteoporose zur Folge haben. Bei Osteoporose verringert sich die Knochendichte und damit die Stabilität des Knochengewebes. Die Knochen werden anfälliger für Brüche, insbesondere das Frakturrisiko für Hüfte, Wirbelsäule und Handgelenke nimmt zu. Mit steigendem Alter erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, an Osteoporose zu erkranken. Für eine optimale Mineralisierung der Knochen ist natürlich auch eine adäquate Calciumzufuhr notwendig.

Besonders im Kindesalter ist fehlendes Vitamin D gefährlich. Werden Knochen und Zähne bei Heranwachsenden unzureichend mineralisiert, droht eine Verformung der Knochen (Rachitis). Rachitis kommt in Deutschland allerdings sehr selten vor. Säuglinge bekommen im Rahmen der allgemeinen Vorsorge spezielle Vitamin D-Präparate vom Kinderarzt verschrieben, da der Vitamin D-Gehalt in der Muttermilch gering ist und die Haut des Säuglings aufgrund des noch fehlenden Schutzmechanismus nicht der Sonne ausgesetzt werden sollte. Dabei handelt es sich um Arzneimittel, die speziell auf den Bedarf der Säuglinge ausgerichtet sind. Eine Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln ist daher nicht angebracht. Kein zusätzliches Vitamin D ohne Rücksprache mit dem Kinderarzt!

Stellungnahme von zwei Kinderarzt-Verbänden:

Aufgrund der vorliegenden Studienlage kann auch bei Vitamin-D-Serum-Konzentrationen unterhalb der Referenzwerte eine generelle Vitamin-D-Supplementierung für Kinder im Alter von 2 Jahren und älter nicht empfohlen werden.
Ausgenommen davon sind Kinder mit Risikofaktoren und chronischen Erkrankungen, die potenziell mit Störungen der Kalzium- oder Vitamin-D-Resorption einhergehen.

Quelle: Gemeinsame Stellungnahme der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ e. V.) und der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und Diabetologie (DGKED e. V.) vom 19.04.2018

Vitamin D zur Prävention?

Über die reine Bedarfsdeckung mit Vitamin D hinaus, wird immer wieder die Frage gestellt, ob man denn mit diesem Vitamin auch Krankheiten vorbeugen kann – auch wenn das nicht Aufgabe von Nahrungsergänzungsmitteln ist.

Wissenschaftler/-innen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) haben in einer umfassenden Übersichtsarbeit nach Auswertung vieler Studien festgestellt, dass ein niedriger Vitamin-D-Status mit einem höheren Risiko für Atemwegsinfektionen einhergeht. Demnach könnte insbesondere bei einer schlechten Vitamin-D-Versorgung (Serumkonzentration < 25 nmol/l bzw. 10 ng/ml) eine Supplementation akuten Atemwegsinfekten vorbeugen. In der Behandlung akuter Atemwegsinfekte gab es keinen Einfluss durch die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten.

Unklar ist bisher, ob ein guter Vitamin-D-Status einen vorbeugenden Einfluss auf Asthma, Multiple Sklerose und Diabetes mellitus Typ 1 hat. Hier ist die Studienlage bei Beobachtungsstudien sehr heterogen, kontrollierte Studien dazu gibt es bisher keine.

Bei einer mangelhaften Versorgung, z.B. aufgrund fehlender oder zu geringer körpereigener Bildung, rät die DGE zu kontinuierlichen täglichen Dosen von 20 µg Vitamin D (400-800 I.E.). Höhere Mengen bringen keine Vorteile hinsichtlich der Prävention, können ganz im Gegenteil unter Umständen gefährlich sein.
 

Warum Vitamin D nicht abends einnehmen?

Quelle: (DGE, 2021) https://www.dge.de/uploads/media/14-DGE-EB-Vit-D_01.pdf

Vitamin D in der Therapie?

Zur Behandlung von Erkrankungen sind Nahrungsergänzungsmittel nicht die richtige Wahl, hierfür gibt es Arzneimittel mit hoch dosiertem Vitamin D (Einnahme unter ärztlicher Kontrolle). Aber auch diese dienen vor allem dazu, einen Mangel schnell zu beheben, wodurch sich dann gewisse therapeutische Effekte ergeben können, so die DGE.

Nach neuester wissenschaftlicher Datenlage kann eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung bei Kindern das Risiko für die Verschlechterung eines bestehenden Asthmas verringern. Für Erwachsene kann das mangels Studiendaten bisher nicht bestätigt werden. Auch bei Menschen, die an COPD leiden, zeigten sich günstige therapeutische Effekte von Vitamin D nur, wenn vorher ein Vitamin-D-Mangel bestanden hat. Für eine therapeutische Wirkung bei schweren Depressionen und Diabetes mellitus Typ 1 gibt es noch nicht genügend Untersuchungen. Keinen Einfluss scheint Vitamin D in der Behandlung von Atemwegsinfektionen oder Multipler Sklerose zu haben.

Kann ich meinen Tagesbedarf an Vitamin D über die Nahrung decken?

Es gibt zwei Wege, über die der Körper mit Vitamin D versorgt wird: Zum einen durch die Aufnahme von Vitamin D-haltigen Lebensmitteln, zum anderen über die körpereigene Bildung in der Haut bei Sonnenbestrahlung. Letzteres macht den deutlich größeren Teil aus: Etwa 80-90 % der Vitamin D-Versorgung erfolgt durch regelmäßige Aufenthalte im Freien. Die Bildung von Vitamin D in der Haut hängt dabei von sehr verschiedenen Faktoren ab. Der Breitengrad, die Jahres- und Tageszeit (UVB-Intensität), Bewölkung, Kleidung, Freizeitverhalten sowie der jeweilige Hauttyp sind nur einige Aspekte.

Für eine ausreichende Versorgung empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), zwischen März und Oktober zwei- bis dreimal pro Woche Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz der Sonne auszusetzen (10-25 Minuten). Sonnenbrand sollten Sie dabei jedoch unbedingt vermeiden. In den Wintermonaten greift der Körper auf im Fett- und Muskelgewebe gespeichertes Vitamin D zurück. Zusätzlich sind in dieser Zeit Spaziergänge zur Mittagszeit empfehlenswert, wenn die Sonne am höchsten steht.

Hautcremes und Makeup mit Lichtschutzfaktor können verhindern, dass sich Vitamin D bildet bzw. die Bildungsrate herabsetzen. Dennoch sind Sonnenschutzmittel bei längerem Aufenthalt in der Sonne unerlässlich, um einem Sonnenbrand und Hautkrebs vorzubeugen.

Laut der DGE beträgt der Schätzwert für eine angemessene Vitamin D-Zufuhr 20 µg/ Tag. Dies gilt aber nur bei fehlender endogener Synthese, das heißt, wenn der Organismus überhaupt kein Vitamin D selbst bilden könnte z.B. bei Bettlägerigkeit. Neben der körpereigenen Produktion kann Vitamin D in geringen Mengen - etwa 10-20 % des Schätzwertes - durch die Nahrung aufgenommen werden. Da es zu den fettlöslichen Vitaminen gehört, ist es überwiegend in fettreichen Lebensmitteln tierischer Herkunft zu finden. Dazu zählen vor allem fetthaltige Seefische wie Hering, Lachs oder Makrele sowie Eigelb, Leber und einige Speisepilze.

Lebensmittel mit Vitamin D anzureichern ist in Deutschland seit vielen Jahren aufgrund der Gefahr einer Überdosierung verboten. Für eine Reihe von Produkten (z. B. Margarine, Kinderquark, Orangensaft) gibt es jedoch Ausnahmegenehmigungen. Allerdings haben die Verbraucherzentralen durch einen Marktcheck in 2021 festgestellt, dass zahlreiche Produkte ohne eine solche Ausnahmegenehmigung auf dem Markt sind - auch solche, bei den das Bundesinstitut für Risikobewertung sich ausdrücklich gegen eine Anreicherung ausgesprochen hat. Damit steigt die Gefahr einer zu hohen Aufnahme

Außerdem wurden in den letzten Jahren von der Europäischen Kommission mehrere neuartige Lebensmittel zugelassen, die aufgrund einer Bestrahlung mit UV-Licht einen höheren Gehalt an Vitamin D2 aufweisen, z.B. Champignons, Milch oder Brot. Mit UV-Strahlung behandelte Lebensmittel müssen mit einem vorgeschriebenen Hinweis gekennzeichnet werden. Sollten Sie UV-behandelte Lebensmittel konsumieren, seien Sie vorsichtig mit der zusätzlichen Einnahme Vitamin D-haltiger Nahrungsergänzungsmittel, um eine mögliche Vitamin-D-Überdosierung durch Aufsummierung zu vermeiden!

Zum Anschauen:

Bundesinstitut für Risikobewertung (Juli 2022): Ob Nährstoffpillen wirklich helfen: Vitamin D, YouTube
 

Quellen:

BfR (2021): Aktualisierte Höchstmengenvorschläge für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln. Stellungnahme Nr. 009/2021 vom 15.03.2021

BfR (2021): Höchstmengenvorschläge für Vitamin D in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln

Ausgewählte Fragen und Antworten zu Vitamin D. Aktualisierte Gemeinsame FAQ des BfR, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) und des Max-Rubner-Instituts (MRI), Stand: 03.12.2014 (abgerufen am 04.02.2021)

Robert-Koch-Intitut (2019): Antworten des Robert Koch-Instituts auf häufig gestellte Fragen zu Vitamin D, Stand 25.01.2019

Rabenberg M et al. (2015): Vitamin D status among adults in Germany – results from the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1). BMC Public Health 15: 641ff

Manson JE et al. (2016): Vitamin D Deficiency — Is There Really a Pandemic? N Engl J Med 375 (19): 1817-20

EFSA (2016): Vitamin D: EFSA legt Referenzwerte für Aufnahme fest.

DGE: Guter Vitamin-D-Status kann vor akuten Atemwegsinfektionen schützen. Neue Daten zu Vitamin D im 14. DGE-Ernährungsbericht, Pressemitteilung vom 24.11.2020, aktualisiert am 03.12.2020

Bundesinstitut für Risikobewertung: Vitamin D – aus Sicht der Risikobewertung, Stand 26.01.2017 (abgerufen am 04.02.2021)

Stellungnahme der Gemeinsamen Expertenkommission BVL / BfArM zur Bewertung von Vitamin-D-haltigen Produkten (Revision 1.1), Stand 16.02.2017 (abgerufen am 04.02.2021)

Kassenärztliche Vereinigung Bayern: Vitamin-D-Präparate zwischen Verordnungsfähigkeit und Patientenwunsch. Stand: 27.09.2018 (abgerufen am 04.02.2021

Deutsches Krebsforschungszentrum: Senkt Vitamin D das Krebsrisiko? Studie zu Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D in der Krebsprävention veröffentlicht. Stand 30.11.2018 (abgerufen am 04.02.2021)

Antworten des Robert Koch-Instituts auf häufig gestellte Fragen zu Vitamin D, Stand 25.01.2019 (abgerufen am 04.02.2021)

Stiftung Warentest: FAQ Vitamin D: Schützt Sonne genug vor Vitamin-D-Mangel? Stand: 15.12.2020 (abgerufen am 04.02.2021)

Kann das neuartige Coronavirus über Lebensmittel und Gegenstände übertragen werden? Aktualisierte Fragen und Antworten des BfR vom 17.11.2020

Vitamin D: Einnahme hochdosierter Nahrungsergänzungsmittel unnötig. Stellungnahme Nr. 035/2020 des BfR vom 31.07.2020 (abgerufen am 04.02.2021)

Vitamin-D-Vergiftung. GPSP (6), Dezember 2020, S. 24

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Hyperkalzämie durch Überdosierung mit Vitamin D. Drug Safety Mail 2017-42 vom 30.11.2017

DGE (2021): Vitamin D und COVID-19. DGE gibt Überblick zur aktuellen Studienlage – keine pauschale Empfehlung für eine Vitamin-D-Supplementation möglich. DGE aktuell 02/2021 vom 04.02.2021

DGE (2021): Fachinformation: Zum Zusammenhang zwischen der Vitamin-D-Zufuhr bzw. dem Vitamin-D-Status und dem Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion sowie der Schwere des Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung – ein Überblick über die aktuelle Studienlage. Stand 11. Januar 2021

Nogues X et al. (2021): Calcifediol Treatment and COVID-19-Related Outcomes. Preprint für Lancet, Stand: 22.01.2021 (Im Februar 2021 zurückgezogen)

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie zur Rolle von Vitamin D in der Corona-Pandemie, Stand: 11.02.2021

Leaf DE; Ginde A (2021): Vitamin D3 to Treat COVID-19. Different Disease, Same Answer. JAMA. Published online 17.02.21. doi:10.1001/jama.2020.26850

Murai IH, Fernandes AL, Sales LP, et al. (2021): Effect of a single high dose of vitamin D3 on hospital length of stay in patients with moderate to severe COVID-19: A randomized clinical trial. JAMA. Epub ahead of print 17.02.2021. doi: 10.1001/jama.2020.26848

Hombach ST (2021): Vitamin D: Das Sonnenscheinpräparat im Schatten des Geldes. medwatch 11.05.2021

Vitamin D, das Immunsystem und COVID-19. Mitteilung Nr. 015/2021 des BfR vom 14. Mai 2021

Yonghong Li (2021): Assessment of the Association of Vitamin D Level With SARS-CoV-2 Seropositivity Among Working-Age Adults. JAMA Netw Open 4(5):e2111634. doi:10.1001/jamanetworkopen.2021.11634

Stroehlein JK et al. (2021): Vitamin D supplementation for the treatment of COVID‐19: a living systematic review. Cochrane Database of Systematic Reviews 2021, Issue 5. Art. No.: CD015043. DOI: 10.1002/14651858.CD015043 (abgerufen am 08.07.2021)

National Institutes of Health (2021): Vitamin D. Fact Sheet for Health Professionals. Stand: 17.08.2021

Bislev LS et al. (2021): Vitamin D and Muscle Health: A Systematic Review and Meta-analysis of Randomized Placebo-Controlled Trials. JBMR 36 (9): 1651-1660

Verbraucherzentrale Bayern, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt (2021): Mit Vitamin D angereicherte Lebensmittel. Marktcheck der Verbraucherzentralen im stationären Handel. Stand: Oktober 2021

DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2022/202 DER KOMMISSION vom 14. Februar 2022 zur Berichtigung der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 zur Erstellung der Unionsliste der neuartigen Lebensmittel

Welche Uhrzeit Vitamin D einnehmen?

Die Einnahme ist unabhängig von der Tageszeit. Allerdings sollten Vitamin D-Präparate zu einer Mahlzeit eingenommen werden, da es ein fettlösliches Vitamin ist und dadurch die Aufnahme verbessert wird.

Welche Vitamine sollte man nicht abends nehmen?

Abends oder generell vor dem Schlafen gehen ist die Einnahme von Vitamin-B-Komplex nicht zu empfehlen. Besonders der anregende Effekt des Supplements ist kontraproduktiv.

Wann kein Vitamin D einnehmen?

Bei regelmäßiger Einnahme nicht mehr als 20 µg/Tag (aus allen Quellen) nehmen. Eine Überdosierung kann zu ernsthaften Gesundheitsproblemen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, reduziertem Muskeltonus bis hin zur Niereninsuffizienz führen. Vorsicht, wenn Sie Medikamente wie Herzglykoside nehmen.

Ist Vitamin D Schlaffördernd?

Die Ergebnisse zeigen, dass jene Teilnehmer, die Vitamin-D-Präparate zu sich genommen hatten, eine deutliche Verbessrung ihrer Schlafqualität feststellen konnten. Neben schnellerem Einschlafen, konnten sie auch ihre Schlafdauer verlängern und fühlten sich am Folgetag deutlich leistungsfähiger.