Ist paracetamol das gleiche wie ibuprofen

Die hier vorgestellte Studie von Doherty et al. würde allenfalls durch den Aspekt einer unklaren Hämoglobin-Abnahme Aufmerksamkeit erzielen, wenn nicht das begleitende Editorial von Brune und Hinz (2011) sie als Argument für die Verschärfung der OTC-Abgabe von Analgetika und gegen Kombinationspräparate instrumentalisieren würde. Dies fordert eine kritische Analyse der Studienergebnisse wie ihrer Interpretation heraus.

Die Teilnehmer litten unter nicht näher definierten chronischen Knieschmerzen inklusive einer Polyarthritis, die sich zwischen 30 und 80 Punkten einer 100-teiligen visuellen Analogskala zur Schmerzerfassung (WOMAC) bewegten. Im Vergleich zu anderen Studien waren die Teilnehmer älter, Begleiterkrankungen und – medikationen häufig. Rauchen und Alkohol waren ebenso erlaubt wie die Einnahme von bis zu 325 mg/d Acetylsalicylsäure (ASS). Nähere Angaben dazu fehlen. Zudem wurden gastrointestinale Vorerkran-kungen nicht erfasst. Die Ergebnisse, die auszugsweise in der Tabelle wiedergegeben sind, sind wie folgt zu bewerten:

  • Wirksamkeit. Wir wissen aus den LONTS-Leitlinien, dass Opioide und NSA (nicht-steroidale Analgetika) bei chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen den Schmerz um 8 bis 12 Punkte auf einer 100-teiligen Skala senken. Die Paracetamol-Monotherapie mit einer Abnahme von 10 Punkten (WOMAC) ist daher bemerkenswert, ebenso die gute/maximale Zufriedenheit bei 38% der Patienten nach zehn Tagen bzw. 46% nach 13 Wochen. Die Hochdosiskombination steigert diese Werte auf 15 bzw. auf 61% (10 d) und 60% (13 Wochen). Ibuprofen-Monotherapie und Niedrigdosis-Kombination liegen in diesem Wirkungskontinuum dazwischen. Diese relevanten Verbesserungen für chronische Schmerzen bestätigen die Effizienz der geprüften Behandlungen.

      Der Therapieeffekt wurde allerdings nicht mit dem Ausgangswert korreliert. Deshalb bleibt offen, ob Patienten mit 80 Schmerzpunkten unterschiedlich von der Mono- und/oder Kombinationstherapie profitieren wie Patienten mit einem 30 Punkte-Ausgangswert.


  • Nebenwirkungen. 44% bis 50% der Patienten berichten bereits innerhalb der ersten zehn Tage über unerwünschte Ereignisse, davon wurde die Hälfte als behandlungsabhängig bewertet. Der entsprechend hohe Prozentsatz von unerwünschten Wirkungen deutet auf eine niederschwellige Sensitivität bei der Erfassung, wahrscheinlich aber auch auf die Besonderheiten des Patientenkollektivs (s. o.). Am Ende der Studie lagen die erfassten Nebenwirkungen in einem Bereich von 77,9% bis 84,4%. Der hohe Prozentsatz an Nebenwirkungen kontrastiert mit einer guten/maximalen Zufriedenheit von bis zu 67%.

      Auch gastrointestinale Ereignisse (Dyspepsien, Diarrhö, Übelkeit) wurden in allen Behandlungsgruppen häufig beschrieben. Die Inzidenz war erhöht im Vergleich zu anderen Studien mit vergleichbarer Paracetamol- bzw. Ibuprofen-Anwendung [Boureau et al., 2004; Pincus et al., 2004; u. a. m.]. Damit darf die Diskussion zur Diarrhö nicht einfach auf Dünndarm-Irritationen und eventuelle Blutungen beschränkt werden.

Hämoglobin (Hb). Der Verlust von Hb > 2 g/dl trat nach 10 Tagen, das heißt innerhalb der Selbstmedikationszeit, bei einem Patienten (Niedrigkombination) auf, am Studienende bei lediglich 0,9% in der Monotherapie bzw. 1,8% bei niedriger Kombinationstherapie. Bei Behandlung mit der Hochdosis-Kombination betrug der Anteil nach 13 Wochen 6,9%. Was ist die Ursache und klinische Bedeutung? Darf eine Hb-Abnahme als wahrscheinliche Ursache für eine Blutung gelten? Pharmakodynamisch erklärt sich die Abnahme durch eine Ibuprofen- sowie Paracetamol-induzierte COX-1-Hemmung. In einer Post-hoc-Analyse der CLASS- und CONDOR-Studien (Goldstein et al. 2011) wurde nach Einnahme von Diclofenac (keine ASS-Verwender!) nach sechs Monaten eine Abnahme des Hb-Wertes > 2 g/dl bei 3,3% (CLASS) bzw. 5,7% (CONDOR) der Patienten festgestellt. In 16% bzw. 51% der Fälle lag der Hämoglobin-Wert unter dem klinisch relevanten Wert von <11,5 g/dl. In der CLASS-Studie stieg der Anteil unter den ASS-Verwendern von 3,3% auf 5,9%. Umso weniger verständlich ist, dass ASS, das bis zu 325 mg/d eingenommen werden durfte, hier laut Regressionsanalyse keinen Einfluss auf den Hb-Wert hatte. Dies widerspricht allen klinisch-pharmakologischen Erfahrungen.

In diesen großen kontrollierten Studien wie auch in der MEDAL-Studie gab es über viele Monate hinweg nur wenige Blutungsereignisse, obwohl sogar gastroendoskopisch nach Läsionen gesucht wurde. Auch Blut im Stuhl war unter 75 mg Diclofenac nur bei wenigen Patienten nachweisbar. Ein Blutverlust jedenfalls wurde von Doherty et al. nicht berichtet.

Gewagte Interpretation

"Eine Studie ist immer nur so gut, wie die Interpretation es zulässt" (DAZ 2011, 29 (151): 3367). Ordnet man die Ergebnisse mit den bekannten Leitlinien zur Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen (LONTS-Leitlinien) und zahlreichen anderen Studien ein, überrascht die Euphorie, mit der Brune und Hinz im Editorial diese Studie bewerten. Noch mehr verwundert die Übertragung der Studienergebnisse auf die OTC-Abgabe und die aus der Studie gezogenen Schlüsse zu einer weiteren Restriktion. Diese Schlüsse beinhalten eine gewagte Interpretation und eine offensichtliche Missachtung der Gegebenheiten:

  • Chronischer Knieschmerz ist keine Indikation für die Selbstmedikation. In Deutschland sind chronische Schmerzen wie chronic knee pain oder Osteoarthritis explizit von der Selbstmedikation ausgeschlossen.

  • Es wird darüber hinaus empfohlen, Paracetamol, Ibuprofen und andere Analgetika und Kombinationen, die rezeptfrei erhältlich sind, ohne ärztlichen Rat nicht länger als vier Tage hintereinander einzunehmen. Es entzieht sich dem Verständnis des Verfassers, warum eine bis zu 13 Wochen dauernde Behandlung, die nicht von physikalischen Maßnahmen oder der Gabe von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) begleitet wird, als Modell für die Selbstmedikation durchgeführt wird und dann noch als Argument für einen zu begrenzenden OTC-Gebrauch herangezogen wird.

  • Einer der großen Vorteile der OTC-Abgabe von Analgetika ist die Zulassung zur Therapie zahlreicher Schmerzformen wie Kopf-, Zahn- und Regelschmerzen. Es ist müßig, von einer Rx-Indikation ausgehend (chronische Knieschmerzen) das ganze Anwendungsspektrum (inkl. Fieber) limitieren zu wollen.

  • Dass COX-Hemmer die gastrointestinale Mukosa angreifen, ist ein offenes Geheimnis. Daher gehört zu einer monatelangen Therapie, zumal im Hochdosisbereich und bei Risikopatienten, die prophylaktische Gabe von Protonenpumpeninhibitoren.

  • Die Kommentatoren dramatisieren das Ausmaß der Nebenwirkungen, wenn von "Blutverlust" oder "Hemmung der Leberfunktion" gesprochen wird, obwohl die Autoren der Studie selbst die Möglichkeit eines Blutverlustes nur vorsichtig andeuten und die für die Leberfunktion relevante ALAT nicht erhöht ist.

  • Zur Unterstützung der Hypothese eines erhöhten gastrointestinalen Blutungsrisikos unter einer Kombination von NSAIDs plus Paracetamol führen Brune und Hinz eine Arbeit von Rahme et al. aus dem Jahr 2008 an. Dabei übersehen sie die selbstkritischen Einschränkungen von Rahme et al., die unter anderem über ihre eigenen Daten sagen, dass Informationen über Risikofaktoren und gastrointestinale Blutungen in der Vorgeschichte unzureichend sein können (channeling bias). Zitat: "[results] … should be interpreted with caution because of a possible residual selection bias occuring if patients with greater pain and higher risk for GI bleeding were prescribed higher doses of acetaminophen rather than lower doses".

Fazit

  • Eine Paracetamol- oder Ibuprofen-Monotherapie ist effektiv und wird durch die Kombination sub-additiv erhöht.

  • Die bekannten Nebenwirkungen werden zeit- und dosisabhängig erhöht.

  • Generell gilt weiterhin, dass Paracetamol in einer Dosierung von 3000 mg pro Tag bei bestimmungsgemäßer Anwendung (nicht über zehn Tage) ein sicheres und effektives Analgetikum ist.

  • Aus der Klasse der unselektiven COX-Inhibitoren und der Opioide (siehe LONTS-Leitlinien und Solomon et al., 2010) gibt es keine signifikant effektiveren und nebenwirkungsärmeren Alternativen.

  • Die Selbstmedikation gegen Schmerzen jeglicher Art ist ein zu hohes Gut, als dass es durch unzulässige Vergleiche leichtfertig diskreditiert werden darf.

Prof. Dr. med. Thomas Herdegen, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie, Universitäts-Klinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Hospitalstraße 4, 24105 Kiel

Was ist besser gegen Schmerzen Paracetamol oder Ibuprofen?

Welches Schmerzmittel die richtige Wahl ist, ist immer abhängig von der Art des Schmerzes und der individuellen medizinischen Vorgeschichte. Hat eine Person Magenprobleme, ist Paracetamol womöglich die bessere Wahl, bei Leberproblemen Ibuprofen.

Für was hilft Paracetamol?

Paracetamol wird bei leichten bis mittelstarken Schmerzen eingesetzt, etwa bei Kopfschmerzen, Migräne, Zahnschmerzen oder Regelschmerzen. Auch bei schmerzenden Gelenken, wie sie bei Arthrose auftreten, kann es eingenommen werden.

Was ist Magenschonender Paracetamol oder Ibuprofen?

Dafür ist Paracetamol in der Regel magenfreundlicher und hat weniger Nebenwirkungen als NSAR. Die Höchstdosis von 4000 mg pro Tag darf jedoch nicht überschritten werden, sonst besteht die Gefahr schwerer Leberschäden.

Was ist besser als Ibuprofen?

Diclofenac ist vor allem bei Beschwerden des Bewegungsapparates wie Rücken-, Gelenkschmerz, rheumatischem Schmerz oder bei Sportverletzungen geeignet. Im Vergleich zu ASS und Ibuprofen setzt der schmerzstillende und antientzündliche Effekt am schnellsten ein.