Hat der Arbeitgeber ein Recht die Krankheit zu erfahren?

Bei einer Krankmeldung des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber die Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebs weiterhin sicherstellen. Hierfür muss er betriebliche Abläufe anpassen, umorganisieren oder personellen Ersatz besorgen. Deshalb ist es unerlässlich, dass er verlässlich die hierfür nötigen Informationen bekommt. Gleichzeitig ist aber natürlich auch der Schutz des erkrankten Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Deshalb stellt sich für den Arbeitgeber im Zweifel die Frage, welche Rechte und Pflichten er bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit seiner Mitarbeiter hat.

Krankmeldung und krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit:

Gemäß § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dies ist in der Regel bereits am selben Tag persönlich, telefonisch, per E-Mail, SMS oder Fax möglich. Kommt der Arbeitnehmer dieser Pflicht nicht nach, droht eine Abmahnung und ggf. im Wiederholungsfall auch eine Kündigung. Dies ist umgangssprachlich die Krankmeldung.

Von der Krankmeldung ist die Krankschreibung im Sinne der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (umgangssprachlich auch AU, Gelber-Schein bzw. ärztliches Attest genannt) zu unterscheiden.

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestätigt nur die Krankmeldung und ist etwas anderes, als die bloße Information des Arbeitnehmers an seinen Arbeitgeber, dass er krankheitsbedingt nicht zur Arbeit erscheinen kann (Krankmeldung).

Der Arzt wird dann auch die genaue Dauer für die Arbeitsunfähigkeit vermerken.

Wenn der Arbeitnehmer infolge von Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig ist, so ist er von der vertraglichen Pflicht zur Erbringung seiner Arbeitsleistung befreit.

Direktions- und Weisungsrecht des Arbeitgebers während der Arbeitsunfähigkeit:

Zunächst ist fraglich, ob der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts weiterhin berechtigt ist, ein bestimmtes Verhalten von seinem Arbeitnehmer zu verlangen. Dies ist grundsätzlich zu verneinen, weil das Direktionsrecht während der Arbeitsunfähigkeit ruht. Andererseits bestehen auch bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vertragliche Nebenpflichten, wie beispielsweise die Rücksichtnahmepflicht auf die Interessen des Arbeitgebers.

In dringenden Ausnahmefällen kann vom Grundsatz des ausgesetzten Direktionsrecht also abgewichen werden, wenn dies nach billigem Ermessen und Rücksicht auf die wechselseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Ob solch eine Sachverhaltslage vorliegt, ist im Einzelfall arbeitsgerichtlich voll prüfbar.

Ein Beispiel wäre beispielsweise die Aufforderung, wichtige Schlüssel, die für den Geschäftsbetrieb nötig sind, herauszugeben, wenn dies der Genesung nicht entgegensteht, beispielsweise, weil der Arbeitnehmer nur wegen einer Zahn-OP krankgeschrieben ist.

Der Arbeitgeber ist bei berechtigtem Interesse auch befugt, in angemessenem Umfang Kontakt zu seinem Arbeitnehmer aufzunehmen, beispielsweise um kurze Informationen einzuholen – dies wird häufiger bei Mitarbeitern der Fall sein, die in Führungs- oder Schlüsselpositionen tätig sein. Wenn das Krankheitsbild des Mitarbeiters dies zulässt, kann eine kurze Kontaktaufnahme über das Telefon oder per E-Mail gerechtfertigt sein. Der Arbeitgeber darf dann grundsätzlich eine Antwort erwarten, wenn dies im jeweiligen Einzelfall unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zumutbar ist und wichtige betriebliche Erfordernisse hierfür sprechen.

Dass der Arbeitnehmer zu einem Personalgespräch in das Unternehmen erscheinen soll, wird nur als ultima ratio gerechtfertigt sein, wenn eine Anwesenheit im Betrieb nachweislich erforderlich ist und der Genesungsverlauf hierdurch nicht gefährdet wird.

Informationsrecht des Arbeitgebers:

Der Arbeitgeber hat nach § 5 I EntgFG als Nachweis der Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf ein ärztliches Attest, das die Krankmeldung bestätigt. Das Attest gibt an, wie lange der Arbeitnehmer zunächst arbeitsunfähig ist. Allerdings berechtigt der Anspruch keine Offenlegung der ärztlichen Diagnose – also der genauen Krankheit.

Nach einer 6-wöchigen Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit muss der Arbeitgeber grundsätzlich keine Entgeltfortzahlung mehr leisten. Hierbei werden im Rahmen des § 3 I EntgFG im Zweifel auch nicht zusammenhängende Zeiten zusammengerechnet. Deshalb hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf die Information über das Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung, wenn der Arbeitnehmer länger als sechs Wochen innerhalb der Zeiträume des § 3 I EntgFG arbeitsunfähig krankgeschrieben ist. Dieses Informationsrecht kann der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer geltend machen und die Information ggf. auch über die Krankenkasse erlangen.

Bei berechtigten Zweifeln kann auch der medizinische Dienst der Krankenkasse in Anspruch genommen werden.

Kündigung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach Krankmeldung:

Eine Kündigung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ist im Rahmen des Kündigungsschutzgesetzes in der Regel nur als personenbedingte Kündigung möglich. Allerdings sind die Voraussetzungen hier sehr hoch. Insbesondere muss eine negative Gesundheitsprognose zu einer erheblichen Interessenbeeinträchtigung des Arbeitgebers führen und die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausfallen. Weiterhin ist in der Regel eine betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, bevor die personenbedingte Kündigung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gerechtfertigt ist.

Bei einer außerordentlichen Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber unbedingt darauf achte, dass die Kündigungserklärungsfrist (zwei Wochen) des § 626 II BGB eingehalten wird. Innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist muss also auch eine Sachverhaltsaufklärung erfolgen, die in der Regel auch die Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers umfasst.

Zusammenfassung:

  • Wer infolge von Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig ist, muss dies unverzüglich beim Arbeitgeber anzeigen (Krankmeldung).
  • Anschließend hat der Arbeitgeber nach § 5 EntgFG einen Anspruch auf ein ärztliches Attest.
  • Nach der Krankmeldung und der anschließenden Arbeitsunfähigkeit ist der Arbeitnehmer von seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht zur Erbringung seiner Arbeitskraft befreit. Auch das Direktionsrecht des Arbeitgebers tritt zurück. Trotzdem ist der Arbeitgeber nicht völlig handlungsunfähig.
  • Bei begründeten Erfordernissen kann eine Abwägung im Einzelfall hinsichtlich des Direktions- und Weisungsrecht zugunsten der Ausnahmerechte des Arbeitgebers ausfallen.
  • Als Grundsatz für die Abwägung im Einzelfall sind stets die gegenseitigen Rücksichtnahmepflichten und betriebliche und wirtschaftliche Interessen des Arbeitgebers gegeneinander abzuwägen. Das Bundesarbeitsgericht stellt hierbei aber auch klar, dass der Schutz des erkrankten Arbeitnehmers sowie der Ausnahmecharakter von Weisungen während der Krankheit im Vordergrund stehen.
  • Der genaue Krankheitsgrund wird im ärztlichen Attest nicht genannt. Allerdings besteht bei einer länger als 6-wöchigen Erkrankung der Informationsanspruch auf Vorliegen einer Folgeerkrankung, damit der Arbeitgeber erkennen kann, ob er weiter zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist.
  • Eine personenbedingte Kündigung wegen krankheitsbedingter Kündigung ist an enge Voraussetzungen geknüpft.

Hilfe bei arbeitsrechtlichen Fragen:

Im Zusammenhang mit krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit kann es in Einzelfällen zu arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen kommen. Aufgrund des hohen Schutzniveaus, das die Arbeitsgerichte in diesem Zusammenhang dem Arbeitnehmer zur Verfügung stellen, kann es im Zweifel nötig sein, arbeitsrechtlich fundierten Rat und ggf. eine gerichtliche Vertretung in Anspruch zu nehmen.

Wir beraten Sie gerne über Ihre Rechte und Pflichten und vertreten Sie auch vor dem Arbeitsgericht. Aber auch bei Informationsbedarf hinsichtlich des betrieblichen Eingliederungsmanagements oder der einschlägigen Rechtsprechung informieren wir Sie gerne. Kompetent, verlässlich und verständlich.

Bin ich verpflichtet meinem Arbeitgeber zu sagen was ich für eine Krankheit habe?

Der Arbeitnehmer muss nur die Tatsache mitteilen, dass er arbeitsunfähig erkrankt ist; über Art und Ursache der Erkrankung muss er keine Mitteilung machen. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn besondere Maßnahmen erforderlich sind.

Was sagen wenn der Arbeitgeber nach Krankheit fragt?

Generell gilt: ist man als Arbeitnehmer erkrankt, so hat der Arbeitgeber keinen Zugriff auf Daten, die Rückschlüsse über die Art der Erkrankung zulassen. Gerade bei einem guten Verhältnis zum Arbeitgeber fragt der Arbeitgeber jedoch häufig höflich nach. Eine Antwort muss man darauf allerdings nicht geben.

Kann mein Arbeitgeber auf der Krankmeldung sehen was ich habe?

Erfährt der Arbeitgeber durch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, woran ich erkrankt bin? Nein. Eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit besteht normalerweise aus vier Zetteln: Einen behalten Sie für Ihre Unterlagen, einen bekommt die Krankenkasse, einer bleibt beim Arzt und einen erhält der Chef.

Was darf Chef bei Krankheit?

Bei einer Krankmeldung des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber die Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebs weiterhin sicherstellen. Hierfür muss er betriebliche Abläufe anpassen, umorganisieren oder personellen Ersatz besorgen.