Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen Der eine ist unverwundbar und der andere ist unsichtbar. Einer kann fantastische Technik und einer trägt ein Monster in sich. Einer ist ein jugendlicher Draufgänger mit zwei Revolvern und einer… nun ja, der ist Sean Connery. Lauter außergewöhnliche Gentlemen, und dazu eine Dame, deren Tätigkeitsprofil Chemikerin/ Vampirjägerin nicht minder außergewöhnlich ist. Alle sind sie Superhelden des klassischen Abenteuerschmökers und sie kommen zusammen, um als Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen die Menschheit vor einem maskierten Superschurken zu retten, der mithilfe seiner revolutionären technischen Erfindungen einen Weltkrieg entfesseln will. Das muss schon als Graphic Novel viel Spaß gemacht haben. Anfang der 2000er Jahre, als CGI immer ansehnlicher wurde, war der Stoff gefundenes Fressen für eine Verfilmung. Freie Fahrt zur Fortsetzung – aber ein zweiter Teil von Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen wurde bisher leider nicht produziert. Europa, 1899. Durch die Straßen Londons rollt eine nie gesehene, stählerne Höllenmaschine, die nur spätere Generationen als Frühform des Panzers erkennen können. Sie durchbricht mühelos die Mauern der Bank of England und ein maskierter Schurke, umringt von Gehilfen in deutschen Uniformen stiehlt Baupläne der Fundamente Venedigs. Während das die internationalen Beziehungen zwischen England und Deutschland arg belastet, lässt der maskierte Schuft kurz darauf eine deutsche Zeppelinfabrik in die Luft gehen, diesmal umringt von Gehilfen in britischen Uniformen. Die internationalen Beziehungen verschlechtern sich drastisch, Krieg liegt in der Luft. Es ist ein Mann, der sich das Phantom nennt. Wie opernhaft! OriginaltitelThe League of Extraordinary GentlemenJahr2003LandUSAGenreAbenteuer, SteampunkRegisseurStephen NorringtonCastAllan Quatermain: Sean ConneryMina Harker: Peta Wilson Dorian Gray: Stuart Townsend Rodney Skinner/ Der Unsichtbare: Tony Curran Kapitän Nemo: Naseeruddin Shah Dr. Henry Jekyll/ Edward Hyde: Jason Flemyng M: Richard RoxburghLaufzeit106 MinutenFSK Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen ist einer von den Filmen, bei denen man nicht aus dem wissenden Grinsen herauskommt, weil man so viele literarische Anspielungen auf dem Silbertablett serviert bekommt. Jules Verne, Bram Stoker, Oscar Wilde, Henry Rider Haggard, Robert Louis Stevenson, Arthur Conan Doyle… der Film baut eine Welt auf, in der nicht nur die Hauptfiguren aus verschiedenen Büchern stammen, sondern die gesamte Abenteuerliteratur immer präsent ist. Da beklagt sich Quatermain, dass sie beim Reisen nicht so schnell sind wie Phileas Fogg, der es in 80 Tagen um die Welt schaffte. Da steht der Chauffeur von Kapitän Nemos wunderbarer weißsilberner Limousine und stellt sich vor mit den Worten “Nennen Sie mich Ishmael”. Was bekanntermaßen der erste Satz von Moby Dick ist und in der Tat haben Nemos Auto und Nemos U-Boot beide etwas von einem weißen Wal. Da ist die Analogie auch schon zu Ende, denn Nemo hat keine so obsessive Beziehung zu seinen Fahrzeugen wie Kapitän Ahab zu Moby Dick. Auch das maskierte Phantom ist ein ironisches Echo auf Das Phantom der Oper, obwohl es gar nicht um einen entstellten Opernliebhaber geht. Und woher kennt Quatermain eigentlich Das Phantom der Oper, ist er Musical-Fan? Unwichtig, es sind viele hübsche, geistreiche Schnörkel am Rande des literarischen Kalauers, aber immer gut für einen Schmunzler. Was in Gottes Namen ist das? Ich nenne es ein Automobil. Virtuoses Jonglieren mit literarischen Versatzstücken, ja. Aber was ist an diesem Film nun Steampunk? Von all den Figuren mit besonderen Fähigkeiten haben nur zwei einen Draht zu utopischer Technik. Mina und Dorian haben eher magische Fähigkeiten, Skinner und Dr. Jekyll verdanken ihre Besonderheit medizinischen Experimenten. Quatermain und Tom können einfach nur gut schießen. Und mit Dampf betrieben wird eigentlich gar nichts. Der Film beginnt zwar mit einer Kamerafahrt an den Fassaden eines frühindustriellen Londons herab, vorbei an Schornsteinen, Gerüsten, Rohrleitungen und Dampfschwaden. Aber die Höllenmaschinen der Zukunft, mit denen Moriarty einen Weltkrieg heraufbeschwören will, sind alles solche, die um 1899 bereits in der Entwicklung waren oder wenige Jahre darauf entstanden. Der Panzer, das Maschinengewehr und der Flammenwerfer wurden alle bereits im ersten Weltkrieg, der 1899 nur 15 Jahre in der Zukunft liegt, eingesetzt. Selbst die kugelsicheren Westen aus Metallplatten, die die Schergen des Phantoms tragen und die sehr nach Phantasiegebilden aussehen, hatten ein Gegenstück im ersten Weltkrieg. Folgerichtig sehen all die Geheimwaffen wenig steampunkmäßig verschnörkelt und verziert aus, sondern eher kantig und funktionell und ihren Gegenstücken in der Realität recht ähnlich. ©Twentieth Century Fox |