Wie viele Kälber bekommt eine Kuh

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Realität im Stall: Mit der Geburt ihres ersten Kalbs beginnt für die Kuh die Milchproduktion. Erst wenn eine Kuh ein Kalb geboren hat, erzeugt sie Milch.

Wie lange gibt eine Kuh Milch nach dem Kalben?

Eine durchschnittliche Bio-Milchkuh 20 bis 30 Liter Milch am Tag oder rund 7000 Liter pro Jahr. Die tägliche Menge nimmt im Laufe der Monate ab. Damit der Milchfluss nicht versiegt, muss die Kuh nach einem Jahr wieder kalben. Deshalb werden die Tiere bereits zwei, drei Monate nach der Geburt wieder besamt und sind dann neun Monate schwanger. In den letzten zwei Monaten der Schwangerschaft hört der Bauer mit dem Melken auf, er stellt die Kuh trocken.

Wie lange bleibt das Kalb bei der Kuh?

Bio-Standards schreiben vor, dass die Kälber drei Monate lang mit Kuhmilch ernährt werden. Doch die muss nicht von der Mutter stammen. Zwar heißt es in der EU-Öko-Verordnung, dass „die Muttermilch der Fütterung mit natürlicher Milch vorgezogen“ werde. Doch in der Praxis werden Kalb und Mutter wie in der konventionellen Milchwirtschaft nach wenigen Tagen getrennt. In diesen ersten Tagen ist die Milch reich an Abwehrstoffen und besonders wichtig für das Kalb. Gleichzeitig darf sie bis fünf Tage nach Geburt nicht vermarktet werden. Deshalb darf das Kalb saugen – oder bekommt die Muttermilch aus dem Eimer.

Danach muss die Mutterkuh wieder „in die Produktion“, weil sie jetzt maximale Milchmengen liefert. Das Kalb bräuchte zwar nur einen geringen Teil dieser Milch. Doch Mutterkühe mit säugenden Kälbern lassen sich nur schwer in die Routine eines Milchkuhstalles integrieren. Einfacher ist es, die Kälber in Gruppen (Einzelhaltung ist bei Bios verboten) zu halten und mit Milch zu tränken. In großen konventionellen Betrieben bekommen die Kälber oft sogenannte Milchaustauscher auf der Basis billiger Fette und Eiweiße. Kleinere Höfe verfüttern meist die eigene Milch.

Veröffentlicht am 01.12.2010

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2020 wurden in Deutschland rund 2.3 Millionen Kälber bis zum Alter von einschließlich acht Monaten gehalten. 

Kälber kommen zum einen auf Milchviehbetrieben und zum anderen in Mutterkuhherden zur Welt. Entweder verbleiben sie auf den Milchviehbetrieben oder sie werden der Zucht oder Mast zugeführt. In Abhängigkeit dieses Ursprunges und der weiteren Zweckbestimmung unterscheiden sich die Lebensbedingungen der Kälber sehr. 

Die meisten Kälber werden auf Milchviehbetrieben geboren, denn nur wenn eine Kuh regelmäßig ein Kalb bekommt, gibt sie Milch. Üblicherweise bekommt eine Milchkuh jährlich ein Kalb, sodass aus den rund vier Millionen Milchkühen auch an die vier Millionen Kälber entspringen. Jedoch verbleiben nur 30 bis maximal 40 Prozent der weiblichen Kälber auf den Milchviehbetrieben, um ausgemusterte Milchrinder in den Betrieben zu ersetzen (Remontierung). Der Rest der weiblichen Kälber und alle männlichen Kälber werden üblicherweise nicht auf den Milchviehbetrieben gemästet, sondern im Alter von zwei Wochen an Kälber- oder Rindermastanlagen verkauft. 

Die Kälber der Mutterkuhherden sind für die Rindermast bestimmt. Ihnen ist eine gemeinsame Aufzucht mit den Mutterkühen vergönnt und sie werden erst nach sechs bis elf Lebensmonaten an die Rindermastbetriebe verkauft. 

Grundbedürfnisse 

Wie viele Kälber bekommt eine Kuh
Kuh und Kalb zusammen © Foto: mirkomedia/stock-adobe.com

Die Bedürfnisse eines Kalbes unterscheiden sich in Abhängigkeit der Lebensphase sehr. Unmittelbar nach der Geburt ist das Kalb in einer besonders sensiblen Phase und bedarf einer sehr guten Versorgung. 

Nach einer Trächtigkeit von in etwa neun Monaten kommen zwei Drittel aller Kälber nachts zur Welt, wenn die Kühe ihre Ruhe haben. Unmittelbar nach der Geburt leckt die Kuh ihr Neugeborenes intensiv ab. Das Lecken reinigt das Fell, kurbelt den Kreislauf an und dient der Bindung zwischen Kuh und Kalb. Manche Kälber sind schon nach einigen Minuten auf den Beinen, andere brauchen deutlich länger. Üblicherweise stehen und trinken die Kälber innerhalb der ersten Stunde. In den ersten Tagen gibt die Kuh die besonders wertvolle Kolostralmilch. Diese enthält die sogenannten Immunoglobuline, mit denen das Kalb in den ersten Lebenswochen ein eigenständig funktionales Immunsystem aufbaut. Schon wenige Stunden nach der Geburt erkennt die Kuh ihr eigenes Kalb am Geruch, nach etwa einer Woche an den Lautäußerungen und nach einer weiteren Woche am Aussehen. Im natürlichen Herdenverband von Rindern säugen Muttertiere ihr Kalb acht bis zehn Monate lang und in den ersten Lebensmonaten bis zu zwölf Mal am Tag. Es entwickelt sich eine starke soziale Bindung zur Mutter, die auch über die Geburt des nächsten Kalbes hinaus, oft lebenslang, fortbesteht. Zudem lernen die Kälber viel vom erwachsenen Tier, indem sie sich soziale Verhaltensweisen, Nahrungs- und Wasseraufnahme und Rangkämpfe abschauen.  

Die muttergebundene Kälberaufzucht ist allerdings nicht die Regel. Die Kälber der rund vier Millionen Milchrinder in Deutschland werden üblicherweise unmittelbar nach der Geburt von der Mutterkuh getrennt und werden anstelle von ihr durch den Tierhalter getränkt. 

Das vollständige Sehvermögen entwickelt sich innerhalb der ersten Tage. In den ersten zwei Lebenswochen schläft das Kalb sehr viel. Später finden sich die Kälber tagsüber in Gruppen – sogenannten Kindergärten – zusammen und üben ihren starken Spiel- und Bewegungstrieb aus. Nach rund zehn Tagen beginnen Kälber damit, Rau- beziehungsweise Grünfutter aufzunehmen, können dies aber noch nicht verdauen und nehmen ausschließlich Nährstoffe über die Milch auf. In den ersten vier bis sechs Lebenswochen arbeitet nur der Labmagen über den Schlundrinnenreflex. Die anderen sogenannten Vormägen, also Pansen (Rumen), Netzmagen (Reticulum) und Blättermagen (Psalter) entwickeln sich erst allmählich (bis zum vollendeten ersten Lebensjahr) vollständig.

Wie viele Kälber bekommt eine Kuh
Kälber haben einen starken Bewegungsdrang © Foto: Dozey/stock-adobe.com

Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) schreibt lediglich ein zweimaliges Füttern am Tag vor. Dies ist im Vergleich zu der natürlichen Trinkhäufigkeit am Euter sehr wenig. Viele Landwirte praktizieren aus arbeitswirtschaftlichen Gründen und um Futterkosten zu sparen diese Form der Versorgung mit zwei bis drei Litern Vollmilch oder Milchaustauscher pro Mahlzeit aus Nuckel- oder Tränkeeimern. Da die Kälber sehr hungrig sind, trinken sie relativ hastig. Dieses Verhalten sowie die hohe Menge pro Gabe verursachen Verdauungsprobleme und Durchfälle. Da mit den oft üblichen sechs Litern am Tag insgesamt zu wenig gefüttert wird, nehmen die Tiere schlechter zu und zeigen insgesamt eine geringere Widerstandsfähigkeit. Untersuchungen mit Tränkeautomaten oder anderen Formen der Ad Libitum oder Abruffütterung sichern hingegen eine gute Versorgung bei einer optimalen Milchmenge von bis zu zwölf Litern und beliebig oder bis zu neun Trinkperioden (bei Abruffütterung) sehr viel zufriedenere und gesündere Tiere als bei geringeren Mengen und Perioden.   

In den ersten Lebensmonaten können Kälber ihre Körpertemperatur nur eingeschränkt selbst regulieren. Aus diesem Grund ist unbedingt eine trockene, gut isolierende Liegefläche anzubieten. Ideal ist eine Stroheinstreu, die den Kälbern ermöglicht bequem auszuruhen. Zudem sind die Klauen der Kälber anfangs sehr weich, so dass ein planer, weicher Untergrund essenziell ist. Die optimale Umgebungstemperatur liegt zwischen fünf und 20 Grad. Bei der Geburt ist die Lunge des Kalbes noch nicht voll entwickelt. Eine Unterbringung frei von Zugluft bei gleichzeitig guter Luftqualität ist deshalb sehr wichtig. Darüber hinaus ist eine einwandfreie Stallhygiene von großer Bedeutung, weil Kälber sensibel mit Durchfallerkrankungen auf Keime und Schadstoffe reagieren.  

Die Bedürfnisse von Kälbern sind sehr anspruchsvoll und die erfolgreiche Aufzucht erfordert Arbeitszeit, Erfahrung, Gespür und gute Arbeitsabläufe. Leider ist die Kälbersterblichkeit auf deutschen Höfen zum Teil erschreckend hoch. Je nach Betrieb liegt die Sterblichkeit bei insgesamt 2 bis 25 Prozent. 90 Prozent der Todesfälle in der Kälberhaltung geschehen während der ersten vier Lebenswochen. Zur Vermeidung von Totgeburten sollten bereits die Muttertiere bestmöglich versorgt, beobachtet und untergebracht werden. 

Die Hauptodesursache in der Kälberaufzucht sind Durchfallerkrankungen. Über die Hälfte aller Todesfälle gehen darauf zurück. Lungenerkrankungen sind mit 25 Prozent die zweitgrößte Todesursache. Hinzu kommen die Folgeschäden, wenn diese überstanden sind. Weitere Ursachen für den Tod der Kälber sind Nabelentzündungen, Lebensschwäche, Sauerstoffmangel, Beugesehnenverkürzungen, Nabelbrüche und Missbildungen.  

Zucht 

Wie viele Kälber bekommt eine Kuh
Holstein-Friesian Kalb im Kälberiglu
© Foto: Mulderphoto/stock-adobe.com

Durch die einseitige Zucht auf Milchleistung weisen die Kälber der Milchrassen genetisch bedingt einen eher zierlichen Körperbau mit einem geringen Muskelanteil auf. Die Masterfolge sind deutlich kleiner als bei Zweinutzungs- und Fleischrassen. Daraus ergibt sich ein erheblich geringerer Marktwert dieser Kälber. Regelmäßig werden in der Presse Vermutungen geäußert, dass Landwirte männliche und lebensschwache weibliche Kälber vernachlässigen, da sich deren Pflege und tierärztliche Behandlung nicht rechnet. Tatsächlich zeigen stichprobenweise erhobene Daten einiger tierärztlicher Universitäten, dass die „Sterblichkeitsrate“ der männlichen Kälber von Milchviehrassen deutlich höher ist als bei den weiblichen Tieren. 

Haltungsbedingungen 

In Deutschland gibt es rund 130 Mäster, die jährlich an die 280.000 Kälber aufziehen. Bei der “Mast ab Kalb” werden vor allem Kälber aus Milchviehherden ab dem 14. Lebenstag gemästet. Die “Mast ab Starter” beginnt mit etwa zwei Monaten. In beiden Verfahren erhalten die Kälber zunächst noch Milch oder Milchaustauscher und werden später mit Silage und Rindermastfutter (in der Regel Getreide, Soja, sowie einer Vitamin-Mineralstoff-Spurenelementemischung) gemästet. In der “Kälbermast” werden Kälber im Schnellmastverfahren 16 Monate lang und in der “verlängerten Mast” 20 bis 28 Monate gemästet. Das Fleisch der Tiere darf allerdings nur als “Kalbsfleisch” bezeichnet werden, wenn das Tier zum Zeitpunkt der Schlachtung nicht älter als acht Monate gewesen ist. 2019 wurden in Deutschland 300.000 Kälber geschlachtet.   

Ein Großteil der zu mästenden Kälber aus Deutschland wird in die Niederlande und Spanien sowie nach Italien transportiert und dort ausgemästet.  

Im Gegensatz zu Milchrindern und Mastrindern bestehen für Kälber detaillierte Haltungsvorgaben. So müssen Kälber entsprechend der europäischen Gesetzgebung und seit 1992 gemäß der Tierschutz- Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) untergebracht und versorgt werden. Diese Verordnung enthält jedoch lediglich Mindestanforderungen zum Platzangebot und zur Versorgung, die den Kälbern und ihren Bedürfnissen nur rudimentär entsprechen.   

Die ersten zwei Lebenswochen werden die Milchvieh-Kälber aus arbeitswirtschaftlichen und hygienischen Gründen meist einzeln in Boxen in sogenannten Iglus aufgestallt. Spätestens im Alter von acht Wochen (gesetzliche Vorgabe) werden die jungen Kälber in Gruppen untergebracht. Großzügige Haltungsformen wie moderne Zweiraum-Stallsysteme mit eingestreuten Liegeflächen sind selten und hauptsächlich für die weibliche Nachzucht vorgesehen.  

Krankheiten/Probleme 

Laut Tierschutzgesetz darf das Enthornen beziehungsweise Veröden der Hornanlage nur bei unter sechs Wochen alten Kälbern durchgeführt werden. Sind die Tiere 42 Tage alt oder älter, ist das Enthornen nur noch nach tierärztlicher Indikation (zum Beispiel bei einer Verletzung am Horn oder ähnlichem) erlaubt. Mittlerweile ist auch die Gabe von einem für diesen Zweck zugelassenen Schmerzmittel Pflicht, wenn ein Landwirt Kälber bis zum Alter von sechs Wochen (§ 5, 6 TierSchG) selbst enthornt. Bei den Kälbern werden die Hornanlagen mit einem Brennstab ausgebrannt und dabei zudem die Nerven- und Blutbahnen verödet. Je nach Bundesland kann überdies eine Sedierung durch ein Beruhigungsmittel Pflicht sein. Die Kälber zeigen sich nach diesem Eingriff mitunter traumatisiert und in der Regel deutlich verängstigt. Viele Kälber weisen weit über den Eingriff hinaus chronische Schmerzempfindungen auf.

Jene Kälber, die nicht auf den Milchvieh-, Mutterkuh- oder Zuchtbetrieben verbleiben, werden bereits mit zwei bis sechs Wochen von Sammelstellen mittels Sammeltransporten in die Mastanlagen transportiert. Durch die unterschiedlichen Herkunftsbetriebe bringen sie ein vielfältiges Keimspektrum mit. In dieser Zeit sind die Kälber durch das nicht ausgereifte Immunsystem ohnehin sehr krankheits- und infektanfällig. Auf dieser Grundlage setzen ihnen die multiplen Stressoren des Standortwechsels, des Transportes ohne Futterversorgung und des Fütterungs- und Haltungswechsels sowie die neue Gruppenzusammensetzung stark zu. Die Folge ist ein sehr hoher Antibiotikaeinsatz in der Kälbermast. Die Antibiotika werden häufig bereits bei den Sammelstellen oder den Viehhandelsunternehmen verabreicht. Da diese nicht der Mitteilungspflicht unterliegen, können diese Gaben nicht vom Antibiotikaminimierungskonzept erfasst werden. 

Das Kälbermastverfahren kann zwischen der Weiß- und der Rosa- Kalbfleischerzeugung unterschieden werden. Ein Großteil der Kälber wird gezielt auf weißes Fleisch gemästet, indem sie zu großen Teilen mit Milchaustauscher und nur zu einem minimalen Teil mit faserreichem Raufutter gefüttert wird. Als Folge der falschen Fütterung mit zu wenig Raufutter und der absichtlich unzureichenden Eisenversorgung in Kombination mit multifaktoriellem Stress des intensiven Mastverfahrens haben durchschnittlich 80 Prozent der Kälber in der EU-Weißmast Labmagengeschwüre, die zum Teil erhebliche Schmerzen verursachen.  

In der Rosa-Kalbfleischerzeugung werden die Kälber zunächst mit Milchaustauscher gefüttert, erhalten aber ca. ab der siebten Mastwoche zusätzlich konzentrierte Futtermittel sowie als Raufutter Maissilage und Stroh. Das Fleisch ist dunkler als das der Weiß-Kalbfleischerzeugung. 

Wie viele Kälber bekommt eine Kuh
Mastkälber auf Spaltenboden © PROVIEH

In beiden Verfahren ist bis jetzt noch die Haltung auf Beton- oder Bongossiholzspalten üblich. Diese Böden sind kalt und hart und werden durch Kot und Urin schnell rutschig. Kälber lieben es zu galoppieren, zu buckeln und mit Artgenossen zu spielen. Auf den beschriebenen Böden kann aber weder das erhöhte Wärmebedürfnis gedeckt noch das ausgeprägte Erkundungs- und Spielverhalten ausgeübt werden. Durch die Änderung der TierSchNutztV im Februar 2021 ist eine Verbesserung für die Haltung von Kälbern zu erwarten. Bislang mussten die Liegeflächen der Kälber lediglich trocken sein. Nun wurden in der Neuerung die Eigenschaften „weich oder elastisch verformbar“ zugefügt (Übergangsfrist beträgt drei Jahre ab Verkündung der Verordnung im Februar 2021). 

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Ein Kalb besaugt ein anderes Kalb © Foto: vetorass/stock-adobe.com

Neben gesundheitlichen Problemen durch falsche Ernährung und einem schlechten Haltungsumfeld und -management kommt es in der Kälberhaltung häufig zu Verhaltensproblemen. Die erste eindeutige Verhaltensauffälligkeit ist das gegenseitige Besaugen. In der natürlichen Aufzucht säugt die Mutterkuh ihr Kalb in regelmäßigen Abständen mit bis zu 15 Mahlzeiten am Tag. Bei der konventionellen Kälberaufzucht ist es üblich, dass die Kälber aus arbeitswirtschaftlichen Gründen nur zwei- bis dreimal am Tag getränkt werden. Diese Zeit ist zu kurz, um das Saugbedürfnis der hastig trinkenden Kälber zu befriedigen. Daher besaugen sich die Kälber in der mutterlosen Aufzucht innerhalb der Kälbergruppen gegenseitig an der Euterregion, dem Hodensack, dem Nabel, dem Maul, an den Ohren sowie am Schwanz oder trinken den Urin anderer Kälber. Zudem belecken und beknabbern sie die dafür ungeeignete Stalleinrichtung. Die Aufnahme von Haaren, Urin sowie Holz- oder Kunststoffpartikeln beim Saugen und Beknabbern wirken sich negativ auf Verdauung und Wachstum aus. Die besäugten Kälber tragen zudem Verletzungen und Infektionen davon, die teilweise zu bleibenden Leiden und Schäden führen.

Weitere Verhaltensstörungen sind das Zungenrollen und Zungenschlagen, was anstelle der in der intensiven Stallhaltung unterdrückten Verhaltensweise des Grasens auftritt. Dieses Verhalten ist insbesondere bei mutterlos aufgezogenen Kälbern mit geringem Rohfaseranteil in der Futterration zu beobachten. Auch ein zu schnelles Absetzen der Kälber bei schlechtem Energieaustausch durch andere Futtermittel spielt bei den Verhaltensauffälligkeiten eine Rolle. 

PROVIEH fordert

Kälber sind keine Wegwerfware!  

Die Aufzucht von Kälbern in Menschenhand ist sehr arbeitsintensiv und erfordert ein hohes Maß an Erfahrung, Gespür sowie genaue Abläufe. Ein bestmögliches Geburtsmanagement sowie eine engmaschige Einzeltierkontrolle sind unerlässlich für die Gesundheit der Kälber. So können viele unnötige Todesfälle und gesundheitliche Beeinträchtigungen verhindert werden. Unerlässlich ist eine gute Versorgung mit Kolostralmilch, dem Bedarf angepassten Milchmengen sowie Fütterungshäufigkeiten. Ebenso sorgen eine optimale Stallhygiene und eine gute Klimatisierung für gesündere Kälber. So könnten jährlich mehrere hunderttausend Kälber vor einem unnötigen nicht selten qualvollen Tod bewahrt werden. 

Durch breitere Zuchtziele und die Rückkehr zum Zweinutzungsrind bekämen auch die männlichen Kälber der Milchkühe mehr Wert. Transporte sollten durch Aufzucht auf dem Herkunftshof selbst oder zumindest auf Höfen in der Region auf ein Minimum beschränkt werden. Eine Steuerung durch die Erhöhung der Zwischenkalbezeit werden insgesamt weniger Kälber geboren und so kurzfristig Abhilfe geschaffen. 

Keine Amputationen! Keine Amputationen – Horn und Stert gehören zum Rind! 

Das Enthornen und die Schwanzspitzenentfernung sind tiefgreifende, äußerst schmerzvolle und stressige Eingriffe an dem Tier und widersprechen dem Tierschutzgesetz, weil sie allein durch Verbesserungen der Haltungsbedingungen vermieden werden könnten. Sollte das Enthornen in Ausnahmefällen zwingend erforderlich sein, muss jedes Tier ausnahmelos und kontrollierbar betäubt werden. Dies muss von einer mit Sachkunde betreuten Person durchgeführt werden und unter Schmerzausschaltung sowie anschließender Schmerzlinderung. Viele europäische Mitgliedsstaaten fordern bereits eine ausnahmslose Betäubung, doch Deutschland lässt bis auf wenige Ausnahmen in einigen Bundesländern (wie auch viele andere Amputationen in der Nutztierhaltung) in den ersten Lebenswochen dieses schmerzhafte Verfahren unbetäubt zu.   

Kuhgebundene Kälberaufzucht!  

Zum artgemäßen Verhalten von Rindern gehört die gemeinsame Aufzucht von Kühen mit ihren Kälbern. Sowohl die Mutterkuhhaltung in der Fleischrinderaufzucht als auch die kuhgebundene Kälberaufzucht in der Milchkälberaufzucht sollten die natürliche und übliche Aufzuchtform sein. Kuh und Kalb genießen die Zweisamkeit und den sozialen Kontakt ungemein, Kuh- und Kälbergesundheit sind verbessert, außerdem bekommt das Kalb so mehr und regelmäßiger Milch, wodurch sich sein Magen-Darm-Trakt besser entwickelt und das Kalb außerdem durch eine großzügige Tränke durch die sogenannte metabolische Programmierung langfristig gesundheitlich profitiert. 
Genaueres zur wertvollen Kälberaufzucht ist unter PROVIEHs Kampagne „Kuh und Kalb – mehr Zeit zu zweit zu finden“. Mehr…

Keine Isolationshaltung!   

Kälber lernen von ihren Müttern und der Herde wichtige Verhaltensweisen und finden sich leichter in das Sozialgefüge ein, wenn sie muttergebunden aufwachsen. Wo keine mutter- oder zumindest ammengebundene Aufzucht möglich ist, muss eine Isolationshaltung der Kälber durch zum Beispiel paarweise Haltung in Iglus vermieden und eine schnellstmögliche Gruppenhaltung angestrebt werden.

Mehr frische Luft und Bewegungsfreiheit!   

Wünschenswert sind Weidemastverfahren, Kälberausläufe oder zumindest Kombi-Stallsysteme aus mit Stroh eingestreuten Liegeflächen und einem planbefestigten, möglichst trockenen, rutschfesten Lauf- und Fressbereich. Die Haltung auf Vollspalten ist auch mit Gummiauflagen inakzeptabel. Kälber haben einen großen Bewegungsdrang: ausreichend Fläche und ein geeigneter trittsicherer Boden müssen es ihnen ermöglichen, zu rennen, zu springen und zu toben! Gleichzeitig müssen Aktivitäts- und Ruhebereiche funktional voneinander getrennt sein. Atemwegserkrankungen gehören zu den größten gesundheitlichen Problemen von Rindern und entstehen in erster Linie durch stickige Haltungen, in denen bereits die Kälber auf mistigen Strohmatten oder direkt über Jauchegruben leben und durch Schadgase erkranken. Kälber brauchen frische Luft und Haltungen mit gutem Luftaustausch. 

Artgemäßes Futter!  

Artgemäßes   Futter und qualitativ einwandfreies Wasser! Rinder als Wiederkäuer und Weidegänger sind von Natur aus auf eine Fütterung mit Gras ausgerichtet. Daher ist streng genommen nur eine Fütterung mit frischem Gras und Kräuter sowie Gräsern und Heu artgemäß. Zusätzlich muss die Fütterung jedoch leistungs- bzw. bedarfsgerecht sein: Aufgrund der hohen Leistungen der Milch- und Fleischrinder Allerdings kann eine verhältnismäßige Fütterung zusätzlich mit Mais und regionalen Eiweißkomponenten wie Raps oder Leguminosen als Kompromiss der modernen Milchviehhaltung notwendig sein. Darüber hinaus müssen Tränken in ausreichender Anzahl, Stellung und hygienischem Zustand vorhanden sein und mit einer offenen Trinkfläche und einer Durchflussgeschwindigkeit von 10-15 Litern pro Minute das artgemäße Trinken von Rindern gerecht werden.

Beschäftigungsmaterial!  

Scheuerbürsten, Raufutterstationen und beispielsweise sogenannte Heutoys tragen dem Erkundungsbedürfnis und dem Spiel- und Bewegungsdrang der Tiere Rechnung. Ausläufe und noch besser Weiden mit Witterungsschutz wie Hecken und Grüninseln bieten gesundheitsfördernde Außenreize und zusätzliche Bewegungs- und Erkundungsmöglichkeiten. 

Hier finden Sie unseren Text über Kälber auch noch einmal mit Quellenangaben als pdf-Datei zum Download:

Wie viele Kälber bekommt eine Kuh

Wie viele Kälber bekommt eine Kuh

Wie oft kann eine Kuh ein Kalb bekommen?

Damit sich die Milchwirtschaft rentiert, muss eine Kuh jedes Jahr ein Kalb zur Welt bringen. Dann schafft sie am Tag bis zu 60 Liter. Das ist aber so kräftezehrend, dass Kühe nicht alt werden. Grundsätzlich kann eine Kuh bis zu 20 Jahr alt werden.

Warum gibt eine Kuh Milch ohne Kalb?

Ohne ein Kalb wird eine Kuh keine Milch geben. Nach der Geburt des Kalbes steigt die Milchmenge der Kuh bis zur sechsten Woche stetig an, danach fällt sie langsam wieder ab. Das liegt daran, dass das Kälbchen nach einer gewissen Zeit auch schon anderes Futter aufnehmen kann und nicht mehr so viel Milch benötigt.

Wie viele Kälber?

2020 wurden in Deutschland rund 2.3 Millionen Kälber bis zum Alter von einschließlich acht Monaten gehalten. Kälber kommen zum einen auf Milchviehbetrieben und zum anderen in Mutterkuhherden zur Welt.

Wie viel Milch gibt 1 Kuh?

28 Liter Milch pro Tag. Während des Höhepunkts der Laktation kann eine auf Milchleistung gezüchtete Kuh bis zu 60 Liter pro Tag produzieren und bis zu 12.000 Liter während ihrer gesamten Laktation. Werden intensiven Zuchtsystemen ausgesetzt, um kontinuierlich hohe Milcherträge zu liefern.