Wie überstehe ich die ersten rauchfreien Tage?

Nichtraucher-Tagebuch Ein Tag auf der Achterbahn

Bisher hatte ich mich nur mit der Theorie des Nichtrauchens auseinandergesetzt. Nun galt es, die ersten 24 Stunden ohne Zigarette zu überstehen. Irgendwie.

Von Björn Erichsen

"Mensch, das ist ja wirklich kinderleicht." Auf einer Welle der Selbstzufriedenheit bin ich durch meinen ersten rauchfreien Vormittag geritten. Auf die ansonsten obligatorischen Zigaretten vor und nach dem Frühstück zu verzichten, stellte kein Problem dar. Und auch sonst: Kein Schmachter, keine nennenswerten Entzugserscheinungen, allerbeste Laune. Zeit also, sich mal selbst ordentlich auf die Schulter zu klopfen.

Rauchfreie Zone

Björn Erichsen, Jahrgang 74, lebt und arbeitet als Journalist in Hamburg. Schwerpunkte sind Politik, Kultur, Medien und Sport. Seit neuestem treibt ihn die Frage um, ob man sich nach 120.000 Zigaretten noch einmal Nichtraucher nennen darf.

Doch Eigenlob stinkt und Hochmut wird bestraft: Das erste richtige Tief kam pünktlich zur Mittagspause. Kaum hatte ich einen Fuß vor die Bürotür gesetzt, gab es schlagartig nur noch ein Verlangen: Zigaretten. Trotz Nikotinpflaster am Arm, trotz allerbester Vorsätze. Der Gedanke, dass eine Zigarette jetzt das Einzige ist, was meinem Leben jemals wieder einen Sinn geben könnte, war geboren. Und ließ mich nicht mehr los.

Dem Schmachter davongeschwommen

Der Nachmittag war kein Spaß. Meine Laune wechselte im Minutentakt. Mal freute ich mich, dass ich bisher standhaft war, dann wieder große Unruhe, Nervosität, und Konzentrationsschwierigkeiten. In mir brodelte es mächtig, ich schwitzte und wippte ständig mit beiden Beinen. Während einer Besprechung klickte ich so lange mit dem Kugelschreiber, bis mich eine Kollegin mit einem sanften Tritt gegen das Schienbein aus diesem Film befreite.

Am Abend flüchtete ich so schnell wie möglich zum Schwimmen. Seit Anfang des Jahres trainiere ich regelmäßig zwei bis drei Mal in der Woche, schaffe inzwischen 2000 Meter entspannt in einer Dreiviertelstunde. An entspanntes Schwimmen war jedoch nicht zu denken: Ich pflügte durchs Wasser wie Kapitän Ahab auf der Jagd nach dem Weißen Wal. Die ganze aufgestaute Energie musste raus, außerdem war ich im Becken sicher vor den Schmachtattacken.

Die waren sofort nach Verlassen des Schwimmbads aber wieder da. Zum Glück konnte ich schnell einschlafen.

Manchmal wie Geburtstag haben

Insgesamt also ein recht wechselvoller erster Tag ohne Zigaretten. Trotz der Fahrt auf der Gefühlsachterbahn war es zeitweilig wie Geburtstag haben. Ich habe viele liebe Mails von Freunden bekommen, von Kollegen ein paar Schokoriegel und ein nicht weniger nützliches Kartenspiel. Motto: "Alles, was die Nerven sonst noch beruhigt."

Danke für die Kommentare in meinem Blog und unter dem Artikel. Es war viel Zuspruch dabei, der es mir leichter macht durchzuhalten. Außerdem einige interessante Erfahrungen und berührende Geschichten. Selbstverständlich auch vielen Dank denen, die mein baldiges Scheitern prophezeien. Auch Ihr seid mir ein Quell der Motivation. Mal schauen, wie es weitergeht.

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Expertin Dr. Vitzthum vom Institut für Tabakentwöhnung & Raucherprävention am Vivantes Klinikum Neukölln:

Nach dem Rauchstopp

Das Aufhören ist für viele das eine - das Durchhalten das andere. So ganz knapp nach dem Rauchstopp gibt es ja diesen Suchtdruck, der sich aus dem Inneren meldet. Da ist es wirklich wichtig, dass man auch eine Soforthilfe zur Hand hat. Z.B. in eine Zitrone zu beißen oder ganz heiß oder ganz kalt zu duschen. Oder vielleicht auch ganz laut oder leise Musik zu hören, so dass man einen starken körperlichen Gegenreiz schafft. Vielen hilft es auch, wenn man so 10 - 15 mal am Tag zum Zähneputzen geht. Da kann man auch nicht zunehmen und das Verlangen nach dem Rauchen ist nach dem Zähneputzen auch immer relativ gering. 

In der Regel ist es oft so, dass eben die Entzugssymptome Einem Angst machen. Und das ist natürlich jetzt auch ein körperlicher Vorgang, den manche ein bisschen unterschätzen. Das heißt, viele Menschen sind es ja gewohnt, durch das Rauchen ganz schnell so einen "Belohnungs-Kick" zu bekommen. Und dafür haben wir in der normalen Welt nichts Adäquates - was sofort so wirkt wie das Rauchen. Und da ist es auch noch einmal wichtig, sich dafür (Ersatz-)Belohnungen zurechtzulegen. Das ist individuell recht unterschiedlich: Für den einen ist es vielleicht eine Blume, an der man sich erfreut, für den anderen ist es etwas selbst Gekochtes und für den Dritten ist es vielleicht irgendein kleines Geschenk, das man sich sonst vielleicht nicht gegönnt hätte.

Ex-RaucherInnen kennen ja noch die Raucherpause. Die soll man bitte unbedingt auch beibehalten - nur man sollte den Inhalt ändern. Die Pausen bleiben, nur man geht beispielsweise jetzt eine Runde um den Block, man trinkt etwas Schönes, man macht vielleicht irgendeine angenehme Betätigung, z. B. ein angenehmes Telefonat oder hört ein bisschen Musik, um sich im Alltag auch diese Ruheinseln weiterhin zu gönnen.

Das eine beim Aufhören ist ja der körperliche Entzug und die Entgiftung, das andere sind natürlich Gewohnheiten und Rituale. Und da kann man in der Regel immer so vorgehen, dass man bestimmte Auslösereize versucht zu vermeiden, zu verändern oder das Kopfkino anzupassen. Also der klassische Kaffee - den könnte man beispielsweise durch Tee ersetzen, also komplett vermeiden. Man könnte aus einer anderen Tasse trinken oder an einer anderen Stelle in der Wohnung. Man kann sich auch sagen: Naja, es gibt doch auch Nichtraucher, die Kaffee trinken!? Das wären so die "klassischen Möglichkeiten", wie man mit jedem Reiz im Alltag umgehen kann.

Wissen ist gesund.

Was passiert in den ersten Tagen ohne Rauchen?

Und gerade die können es in sich haben: Vielen zittern die Hände, andere haben ein dumpfes Gefühl im Kopf oder sind schlecht gelaunt. Auch Hitzewallungen oder Lustlosigkeit können in den ersten Tagen der Nikotinabstinenz auftreten. Viele Klagen über Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen.

Wie lange dauert es bis man kein Verlangen nach Zigaretten aufhört?

Nach drei bis vier Tagen sei kein Nikotin mehr nachweisbar. Der rein körperliche Entzug ist nach etwa 14 Tagen überstanden.

Was passiert nach 3 Tagen rauchfrei?

3 Tage ohne Nikotin lassen dich wieder richtig durchatmen. Spannungen im Bronchialsystem lösen sich langsam und der Blutdruck pendelt sich auf einem niedrigeren Niveau ein. "Rezeptoren im Körper, die sich an die ständige Nikotin-Zufuhr bereits gewöhnt hatten, werden wieder empfindlicher", so Krüll.

Wann wird der Nikotinentzug am schlimmsten?

Beim Versuch mit dem Rauchen aufzuhören, können innerhalb weniger Stunden nach der letzten Zigarette Entzugssymptome auftreten. Während der ersten drei Tage erreichen sie meist ihren Höhepunkt. Die meisten Symptome können einige Wochen andauern, sind aber oft nach wenigen Tagen deutlich abgeschwächt.