Wer war zuerst bei Jesus am Grab?

Die Frauen am leeren Grab

Das Markusevangelium endet mit der Geschichte vom leeren Grab (Mk 16,1-8): Am Morgen des ersten Tages der Woche, als gerade die Sonne aufgegangen ist, gehen Frauen zum Grab. Sie finden den Stein weggewälzt und im Grab einen Jüngling im weißen Gewand. Er tut ihnen kund, daß Jesus auferstanden ist. Verwundert nimmt der Leser beziehungsweise die Leserin wahr, daß die Frauen nicht in Jubel ausbrechen, sondern erschüttert und voll Angst und Furcht weglaufen. Das ist kein Versehen, sondern gewollt: Die Geschichte will uns daran erinnern, daß Ostern nichts Selbstverständliches ist. Es bringt uns mit dem Handeln des heiligen Gottes in Verbindung, das den Menschen in seinem Innersten erschüttert. Deshalb darf man die ratlosen Frauen ebensowenig aus den Ostergeschichten ausblenden wie die unverständigen Jünger (Joh 20,1-7). Sie können uns daran erinnern, daß an Ostern nicht nur die Freude und der Jubel, sondern auch das Erschrecken und die Erschütterung angesichts des Handelns Gottes ihrem Platz haben.

Matthäus hat diese Geschichte aus dem Markusevangelium übernommen und weiter ausgestaltet (Mt 28,1-10): Die Frauen konstatieren nicht nur wie bei Markus, daß der Stein vom Grab weggewälzt ist, sie werden vielmehr unmittelbar Zeuginnen des Geschehens: Ein Erdbeben erschüttert das Land und der Engel Gottes fährt wie ein Blitz vom Himmel herab, wälzt den Stein hinweg und setzt sich darauf. Die Wachen am Grab sind wie tot. Sieghaft richtet der Engel die Botschaft von der Auferstehung aus. Wie in der Markusgeschichte eilen die Frauen auch hier erschüttert weg, doch in die Betroffenheit mischt sich bereits die Freude.

Wer die beiden Geschichten - die bei Markus und die bei Matthäus - nacheinander liest, kann sich der Tatsache nicht entziehen, daß es sich im Kern um ein und dieselbe Geschichte handelt. Er wird auch aufnehmen, daß sie bei Matthäus tatsächlich neu erzählt und eigentlich eine andere Geschichte geworden ist: Für Matthäus ist wichtig, daß in der Auferstehung Jesu etwas geschehen ist, daß die ganze Erde erfaßt und erschüttert. Sie hat die Welt aus ihrem Lot gebracht. Mehr noch: Vom Himmel her ist das Grab geöffnet und der Stein weggewälzt worden, damit die Auferstehung Jesu auch vor aller Augen offenkundig wird.

Daß die "alte" Erde erschüttert werden wird und die Gräber aufgetan werden - das erwartet der fromme Jude für das Ende der Zeiten. Für Matthäus hat mit Jesu Auferstehung dieses Ende der Zeiten bereits begonnen. Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie zuvor. Auch wenn die Menschen immer noch sterben, so hat doch in Jesus die endzeitliche Auferstehung der Toten bereits begonnen. Er ist der "Erstling der Entschlafenen". In seiner Auferstehung wird uns unser aller Auferstehung sinnfällig vor Augen geführt.

So gelesen dürfte die alte Grabesgeschichte des Matthäus auch den heutigen Leser noch berühren - begegnet er in ihr doch einem Text, der nicht Vergangenes erzählt, sondern davon handelt, daß auch wir leben werden.

Auf ein Detail sei noch besonders hingewiesen: Nachdem die Frauen - Maria Magdalena und die "andere Maria" - den Jüngern die Botschaft des Engels überbracht haben, begegnen sie Jesus. Sie fallen vor ihm nieder, und er bekräftigt die Botschaft des Engels und den Auftrag an die Jünger. Das ist ungewöhnlich: Während sonst meist Petrus als der genannt wird, dem der Herr als erster erschienen ist (1Kor 15), sind es hier zwei Frauen. Die Szene erinnert an das Johannesevangelium, wo Jesus zuerst der Maria von Magdala begegnet (Joh 20,11-18). Wie die geschichtlichen Abläufe gewesen sind, ist schwer zu sagen. Bemerkenswert aber ist, daß in der frühen Tradition die Frauen neben den Aposteln zu den ersten Osterzeugen gezählt werden. Eigentlich war dies auch naheliegend. Schließlich waren es die Frauen, die - nachdem die Jünger geflohen waren - beim Kreuz Jesu ausgeharrt hatten. Es erscheint deshalb nur konsequent, daß sie in besonderer Weise auch in die Ostergeschehnisse einbezogen sind. Und noch etwas: Es sind Frauen, die heute die Bibel auch danach befragen, was sie speziell ihnen als Frauen zu sagen habe, die uns diesen Aspekt der Ostergeschichten wieder in Erinnerung gebracht haben. Sie haben uns gezeigt, daß es sich lohnt, Ostergeschichte mit all den Fragen, Hoffnungen und Ängsten, die uns bewegen, zu lesen - und vor allem immer wieder die Frage zu stellen: Wo ist da von "meinem Ostern" die Rede?

Prof. Dr. Claus-Peter März, Theologische Fakultät Erfurt

Das leere Grab: Jesus ist auferstanden

20 Am ersten Tag der neuen Woche[a], frühmorgens, als es noch dunkel war, ging Maria aus Magdala zum Grab. Sie sah, dass der Stein, mit dem man das Grab verschlossen hatte, nicht mehr vor dem Eingang war[b]. 2 Da lief sie zu Simon Petrus und zu dem Jünger, den Jesus besonders lieb gehabt hatte, und berichtete ihnen: »Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wohin sie ihn gebracht haben.«

3 Sofort machten sich Petrus und der andere Jünger auf den Weg und gingen zum Grab hinaus. 4 Die beiden liefen zusammen los, aber der andere Jünger war schneller als Petrus und erreichte das Grab als Erster. 5 Er beugte sich vor, um hineinzuschauen, und sah die Leinenbinden daliegen; aber er ging nicht hinein. 6 Simon Petrus jedoch, der inzwischen auch angekommen war, ging in die Grabkammer hinein. Er sah die Leinenbinden daliegen 7 und sah auch das Tuch, das man dem Toten um den Kopf gewickelt hatte. Es lag zusammengerollt[c] an einer anderen Stelle, nicht bei den Binden. 8 Jetzt ging auch der Jünger, der zuerst angekommen war, ins Grab hinein und sah alles. Und er glaubte. 9 Nach der Schrift stand es ja fest, dass Jesus von den Toten auferstehen würde; aber das verstanden sie damals noch nicht.[d]

Der Auferstandene erscheint Maria aus Magdala

10 Die beiden Jünger gingen nun wieder nach Hause. 11 Maria aber blieb draußen vor dem Grab stehen; sie weinte. Und während sie weinte, beugte sie sich vor, um ins Grab hineinzuschauen. 12 Da sah sie an der Stelle, wo der Leib Jesu gelegen hatte, zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen am Kopfende und den anderen am Fußende. 13 »Warum weinst du, liebe Frau?«, fragten die Engel. Maria antwortete: »Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wohin sie ihn gebracht haben.«

14 Auf einmal stand Jesus hinter ihr. Sie drehte sich nach ihm um und sah ihn[e], erkannte ihn jedoch nicht. 15 »Warum weinst du, liebe Frau?«, fragte er sie. »Wen suchst du?« Maria dachte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: »Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir bitte, wo du ihn hingelegt hast, dann hole ich ihn wieder.« – 16 »Maria!«, sagte Jesus. Da wandte sie sich um und rief: »Rabbuni!« (Das bedeutet »Meister«; Maria gebrauchte den hebräischen Ausdruck.) 17 Jesus sagte zu ihr: »Halte mich nicht fest![f] Ich bin noch nicht zum Vater in den Himmel zurückgekehrt[g]. Geh zu meinen Brüdern und sag ihnen, dass ich zu ihm zurückkehre – zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.« 18 Da ging Maria aus Magdala zu den Jüngern zurück. »Ich habe den Herrn gesehen!«, verkündete sie und erzählte ihnen, was er zu ihr gesagt hatte.

Der Auferstandene erscheint den Jüngern

19 Es war am Abend jenes ersten Tages der neuen Woche. Die Jünger hatten solche Angst vor den Juden, dass sie die Türen des Raumes, in dem sie beisammen waren, verschlossen hielten. Mit einem Mal kam Jesus, trat in ihre Mitte und grüßte sie mit den Worten: »Friede sei mit euch!« 20 Dann zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Als die Jünger den Herrn sahen, wurden sie froh.

21 »Friede sei mit euch!«, sagte Jesus noch einmal zu ihnen. »Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich jetzt euch.« 22 Und er hauchte sie an und sagte: »Empfangt ´den` Heiligen Geist! 23 Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr sie nicht vergebt, dem sind sie nicht vergeben[h].«

Jesus und Thomas: Vom Unglauben zur Anbetung

24 Thomas, auch Didymus genannt[i], einer der Zwölf, war nicht dabei gewesen, als Jesus zu den Jüngern gekommen war. 25 Die anderen erzählten ihm: »Wir haben den Herrn gesehen!« Thomas erwiderte: »Erst muss ich seine von den Nägeln durchbohrten Hände sehen; ich muss meinen Finger auf die durchbohrten Stellen und meine Hand in seine durchbohrte Seite legen. Vorher glaube ich es nicht.«

26 Acht Tage später waren die Jünger wieder beisammen[j]; diesmal war auch Thomas dabei. Mit einem Mal kam Jesus, obwohl die Türen verschlossen waren, zu ihnen herein. Er trat in ihre Mitte und grüßte sie mit den Worten: »Friede sei mit euch!« 27 Dann wandte er sich Thomas zu. »Leg deinen Finger auf diese Stelle hier und sieh dir meine Hände an!«, forderte er ihn auf. »Reich deine Hand her und leg sie in meine Seite! Und sei nicht mehr ungläubig, sondern glaube!« 28 Thomas sagte zu ihm: »Mein Herr und mein Gott!« 29 Jesus erwiderte: »Jetzt, wo du mich gesehen hast, glaubst du.[k] Glücklich zu nennen sind die, die nicht sehen und trotzdem glauben.«

Warum dieses Buch geschrieben wurde

30 Jesus tat in der Gegenwart seiner Jünger noch viele andere Wunder, durch die er seine Macht bewies[l], die aber nicht in diesem Buch aufgezeichnet sind. 31 Was hier berichtet ist[m], wurde aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias[n] ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben an ihn in seinem Namen das Leben habt.

Wer kommt als erster zum Grab Jesu?

Joh 20,1–10: Nur Maria Magdalena geht zum Grab, findet es offen, teilt dies Petrus und dem Lieblingsjünger mit. Diese laufen um die Wette zum Grab und finden es leer, darin die Schweißtücher Jesu.

Wer war bei der Auferstehung Jesus dabei?

Im Markusevangelium steht: "Das Grab war leer." Wohin Jesus gegangen ist, darüber verliert die Bibel nur wenige Worte: Im Matthäusevangelium ist die Rede davon, dass Maria und Maria Magdalena Jesus treffen. Davon ist auch im Johannesevangelium die Rede.

Welche Personen bewachen das Grab Jesu?

Zu ihnen gehörten Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus und des Josef, und die Mutter der Söhne des Zebedäus. Gegen Abend kam ein reicher Mann aus Arimathäa namens Josef; auch er war ein Jünger Jesu. Er ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Da befahl Pilatus, ihm den Leichnam zu überlassen.

Welche Maria war am Grab Jesu?

Nur Maria Magdalena, die noch am Grab verweilte, sah wenig später den lebendigen Jesus. Die beiden Grundlagen des Osterglaubens sind also das leere Grab und die Begegnung mit dem Auferstandenen.