Welchen Sport darf ich in der Frühschwangerschaft machen?

Früher zog man einfach so die Turnschuhe an und ging eine Runde joggen, stemmte im Fitnessstudio Gewichte oder spielte Volleyball. Mit dem positiven Schwangerschaftstest setzen bei Frauen oft Bedenken ein. Viele hören mit dem Training lieber ganz auf. Auch Frauenärzte und Hebammen sind häufig noch vorsichtig, was Sportempfehlungen in der Schwangerschaft anbelangt. Doch es gibt immer mehr Untersuchungen, die zeigen, dass Training in der Schwangerschaft nicht schadet.

"Natürlicherweise kommt es zwar aus den verschiedensten Gründen im ersten Schwangerschaftsdrittel bei 10 bis 15 von 100 Schwangeren zu einer Fehlgeburt. Diese Fehlgeburten sind aber nicht durch sportliche Aktivität verursacht", sagt Professor Uwe Hasbargen, Leiter des Perinatalzentrums Großhadern der Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe des Klinikums der Universität München. Sobald der Herzschlag des Kindes im Ultraschall nachweisbar und bei Mutter und Kind alles in Ordnung ist, spricht laut Hasbargen nichts gegen körperliche Aktivität.

Sportliche Schwangere haben leichtere Geburt

Im Gegenteil: Sie hat Vorteile. Aktive werdende Mütter leiden seltener an Rückenschmerzen, Krampf­adern und Bluthochdruck, nehmen weniger zu und erkranken seltener an Schwangerschaftsdiabetes. Das bestätigt eine Metaanalyse, bei der 2059 normalgewichtige Schwangere berücksichtigt wurden, die zufällig einer Aerobic-Gruppe (1022) oder Nicht-Sport-Gruppe (1037) zugeteilt wurden. Erstere machten drei- bis viermal pro Woche für 35 bis 90 Minuten Aerobic und hatten ein deutlich geringeres Risiko für Schwangerschaftsdiabetes sowie für erhöhten Blutdruck.

Ein weiterer Vorteil: "Sportliche Schwangere haben eine bessere Kondition als nichtsportliche. Das erleichtert ihnen die Geburt", sagt die Professorin Dr. med. Christine Graf, Sportmedizinerin an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Das sieht auch Uwe Hasbargen so: "Schwangere, die Sport machen, haben ein besseres Körpergefühl und arbeiten bei der Geburt aktiv mit." Auch die Babys profitieren von fitten neun Monaten. So haben Kinder von trainierten Schwangeren eine bessere Stoffwechselproduktion und seltener Übergewicht. Nur eines sollten sportbegeisterte Schwangere nicht machen: Bei heißem Wetter joggen. "Der Fetus darf sich nicht überhitzen", warnt Hasbargen.

Studien: Sport löst keine Frühgeburten aus

Das Gerücht, werdende Mütter sollten sich lieber ausruhen, hält sich trotzdem hartnäckig. "Viele glauben, dass durch mechanische Reize wie Schaukeln beim Joggen oder Springen eine Frühgeburt ausgelöst werden kann", erklärt Professor Dr. med. Frank Nawroth, Frauenarzt aus Hamburg. "Die Natur funktioniert aber nicht so. Frühgeburten werden vermutlich nicht oder nur selten durch mechanische Reize ausgelöst." Untersuchungen zeigen sogar, dass Neugeborene eine höhere Stresstoleranz haben, wenn sie im Mutterleib Erschütterungen ausgesetzt waren. "Bislang gibt es keine Studie, die einen schädigenden Effekt von Sport in der Schwangerschaft gezeigt hat. Im Gegenteil zeigt sich sogar, dass sportliche Aktivität positive Effekte hat, für die Geburt fit macht und zum Beispiel das Risiko für eine Kaiserschnitt-Entbindung senkt", sagt Nawroth.

Das bestätigt auch die oben genannte Metaanalyse. Die Studienergebnisse geben zudem Entwarnung was ein etwaiges Frühgeburtenrisiko anbelangt. "Frauen müssen nicht aufhören Sport zu treiben, wenn sie schwanger werden. Wer gesund ist, darf sich belasten. Körperliche Aktivität während der Schwangerschaft erhöht nicht das Frühgeburtenrisiko", beruhigt Hasbargen. Er erinnert an die Sportlerin Alysia Montaño, eine US-amerikanische Mittelstreckenläuferin. Sie sorgte im Juni 2014 für weltweites Aufsehen, als sie hochschwanger im achten Monat einen 800-Meter-Lauf bei der US Track and Field Championship in Sacramento lief – in zwei Minuten und 32 Sekunden, ohne negative Folgen für Mutter und Kind. "Sie lief zwar als letzte im Ziel ein, ist aber als Schwangere im achten Monat immer noch eine vergleichsweise tolle Zeit gelaufen", sagt der Münchner Mediziner.

Weniger einschränken, den Frauen mehr Freiheiten lassen – zu diesem Schluss kommen Mediziner, die sich mit dem Thema Sport in der Schwangerschaft auseinandergesetzt haben. "Man kann nahezu jeden Sport machen, bei dem es einem gut geht", sagt Graf. Und auch gegen sportliche Neuanfänge spricht nichts. Nur bei Risiken wie Blutungen, vorzeitigen Wehen sowie verletzungsträchtigen Sportarten sollten Frauen vorsichtig sein und im Zweifel ihren Arzt fragen.

Im Check: Sportarten für Schwangere

Schwimmen & Aquafitness

Bewegung im Wasser gilt als idealer Sport für Schwangere, sowohl für Trainierte als auch für Einsteigerinnen. Im Wasser drückt der Babybauch nicht so nach unten, das entlastet­ die Gelenke. Gleichzeitig werden alle Muskelgruppen trainiert. Schwimmen und Wassergymnastik beugen Ödemen­ sehr gut vor und lindern Rückenschmerzen. Vor allem in den letzten Wochen ist Sport im Wasser sehr angenehm.

Kraftsport

Gewichte dürfen auch werdende Mütter noch ­stemmen. Sie sollten jedoch geringere Widerstände, dafür mehr Wiederholungen wählen. ­Gezielte Übungen kräftigen Arme und Beine, stabilisieren den Rücken und beugen einem schwangerschaftsbedingten Hohlkreuz vor. Wichtig ist die richtige Atemtechnik, lassen Sie sich diese im Studio zeigen.

Reiten

Werdenden Müttern wird häufig vom Reiten abgeraten, weil es angeblich den Beckenboden zu sehr festigt und die Geburt erschwert. Mittlerweile gibt es allerdings Hinweise, dass es keinen nachteiligen Einfluss auf Komplikationen wie die Frühgeburtsrate hat. Vom sportlichen Aspekt spricht also zunächst eigentlich nichts dagegen. Trotzdem wird wegen des hohen Unfallrisikos zur Zurückhaltung geraten. In einer Studie erlebte jede elfte Reiterin in der Schwangerschaft einen oder mehrere Unfälle beim Reiten oder beim Umgang mit dem Pferd. Das ­Sturzrisiko lässt sich nie völlig ausschalten.

Yoga & Pilates

Mit Gymnastik können auch bislang unsportliche Frauen gut beginnen. Wer schon länger übt, kann meist weitermachen und sich so bis zur Geburt fit halten. Yoga und Pilates werden häufig empfohlen, weil sie den Beckenboden trainieren. Das lindert Rückenschmerzen, erleichtert die Geburt und unterstützt die Rückbildung. Ab dem zweiten Drittel empfinden viele Schwangere Positionen in Rücken­lage oder Umkehrhaltungen als unangenehm. Dann darauf verzichten. Von Hot Yoga werde laut Graf auch eher abgeraten. Wichtig: Die geraden Bauchmuskeln nicht trainieren!

Radfahren

Ein gutes Ausdauertraining für Schwangere, auch in den letzten Wochen, wenn Laufen und Gehen schwerfallen. Das Fahrrad trägt das Gewicht und entlas­tet die Wirbelsäule. Durch den wachsenden Bauch ändert sich auch der Körperschwerpunkt, und es fällt schwerer, die Balance zu halten. Deshalb sollte man nicht mit dem Mountainbike fahren. Zum Ende der Schwangerschaft ist ein Fahrrad mit niedrigem Einstieg angenehmer. Eine unfallfreie Alternative bietet das Rad-Ergometer zu Hause oder im Fitnessstudio.

Joggen

Laufen mit Bauch? Das ist kein Problem für Trainierte. In den ersten drei Monaten dürfen sie laufen wie immer. Danach sollten sie ihr Tempo drosseln. Wichtig sind jetzt gute Schuhe, die einen festen Halt geben. Denn durch die Schwangerschaftshormone lockern sich die Bänder, und man kann leichter umknicken. Das zunehmende Körpergewicht belastet die Gelenke. Deshalb wechseln viele Läuferinnen spätestens im dritten Drittel zum Schwimmen oder Radfahren. Eine sanfte ­Alternative ist auch Walking.

Ballsport

Am Anfang der Schwangerschaft ­können Trainierte problemlos weiter Tennis, Volleyball oder Badminton spielen. Wenn der Bauch wächst, wird es häufig beschwerlich. Außerdem werden die Bänder durch die Schwangerschaft stark gelockert, die ­Verletzungsgefahr steigt. Sportarten, die mit einem hohen Körperkontakt einhergehen wie Handball oder Fußball ­bergen ein besonders hohes Verletzungsrisiko.

Auf den Körper hören

Wie intensiv Frauen trainieren dürfen, hängt davon ab, wie sportlich der Alltag vor der Schwangerschaft war. Im ersten Drittel können Geübte ihr Pensum in der Regel beibehalten. Je weiter die Schwangerschaft fortschreitet, des­to sanfter sollten sie das Training gestalten. Der beste Taktgeber dafür ist das eigene Körpergefühl. Gynäkologe Nawroth rät seinen Patientinnen, auf ihren Körper zu hören. Denn gerade Sportlerinnen können die Belastung sehr gut einschätzen. Für Neulinge gilt: "Am besten wählt man sichere Sportarten wie Walken, Schwimmen oder Gymnastik", so Sportmedizinerin Graf. Allen Frauen raten die Experten zu Bewegung – an mindestens vier bis fünf Tagen beziehungsweise etwa 150 Minuten pro Woche.

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Was für Sport darf man in der Frühschwangerschaft machen?

Besonders geeignet für Schwangere sind Sportarten, bei denen große Muskelgruppen beansprucht werden, wie Walking, Nordic Walking oder Radfahren in mäßigem Tempo. Auch Schwimmen, Aquafitness, Skilanglauf, Low-Impact-Aerobic, Gymnastik, Pilates oder Schwangerschaftsyoga werden empfohlen.

Kann Sport in Frühschwangerschaft schaden?

Ist Sport in der Schwangerschaft gefährlich? Nein, in der Regel nicht. Wer sich bewegt und sich fit hält, tut in aller Regel sich und dem Kind gut, denn Sport regt den Kreislauf und die Sauerstoffversorgung an. Man sollte keine Angst davor haben, dadurch eine Fehlgeburt auszulösen.

Welche Bewegung in der Frühschwangerschaft vermeiden?

Keine ungewohnten oder ruckartigen Bewegungen Schnelle und ruckartige Bewegungen sollen vermieden werden, da die hormonell gelockerten Bänder und Sehen sonst Schaden nehmen können. Ungeeignet sind auch Sportarten mit hohem Sturz- und Verletzungsrisiko wie Mannschafts-, Kontakt- und Kampfsportarten.

Welchen Sport darf man nicht in der Schwangerschaft machen?

Sie sollten in der Schwangerschaft keine Sportarten mit hoher Sturzgefahr ( z.B. Reiten, Skifahren, Klettern), intensivem Körperkontakt oder großem Verletzungsrisiko ( z.B. Mannschafts-, Kontakt- bzw. Kampfsportarten) betreiben.