Was passiert bei einer Reanimation im Körper

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  • Nature Public Health Emergency Collection
  • PMC7531326

Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege. 2016 Jun 14 : 627–644.

Collaborators: Tobias Fink2 and Tilmann Müller-Wolff3

2Klinik für Anästhesiologie, Intensivmed. und Schmerztherapie, Homburg, Germany

3Kliniken der Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH, RKH Akademie , Markgröningen, Germany

Abstract

Ein plötzlicher Herzstillstand ist ein Zustand, bei dem keine mechanisch wirksame Herzaktion mehr vorhanden ist und somit auch kein Blut mehr ausgeworfen wird. Er führt sofort zum Kreislaufstillstand, innerhalb kürzester Zeit auch zum Atemstillstand. Zwei Arten von Herz-Kreislauf-Stillstand werden unterschieden: Der primäre, kardial bedingte und der sekundäre, nicht kardial bedingte Herzstillstand, meist ausgelöst durch eine Störungen der Atemfunktion. Am häufigsten besteht bei der Erstableitung eines EKGs ein Kammerflimmern, das mit elektrischer Defibrillation beseitigt werden muss. Ein Kreislaufstillstand – gleich welcher Ursache - muss sofort behandelt werden, um schwerste hypoxische Hirnschäden zu verhindern.

Ein plötzlicher Herzstillstand ist ein Zustand, bei dem keine mechanisch wirksame Herzaktion mehr vorhanden ist und somit auch kein Blut mehr ausgeworfen wird. Er führt sofort zum Kreislaufstillstand, innerhalb kürzester Zeit auch zum Atemstillstand. Zwei Arten von Herz-Kreislauf-Stillstand werden unterschieden: Der primäre, kardial bedingte und der sekundäre, nicht kardial bedingte Herzstillstand, meist ausgelöst durch eine Störungen der Atemfunktion. Am häufigsten besteht bei der Erstableitung eines EKGs ein Kammerflimmern, das mit elektrischer Defibrillation beseitigt werden muss. Ein Kreislaufstillstand – gleich welcher Ursache - muss sofort behandelt werden, um schwerste hypoxische Hirnschäden zu verhindern.

Herz-Kreislauf-Stillstand

Formen des Herzstillstands

Folgende Formen des Herzstillstands werden unterschieden:

  • Kammerflimmern: pulsloser ungeordneter elektrischer Erregungsablauf in den Kammern mit ungeordneter Kontraktion ohne Auswurf von Blut.

  • Pulslose elektrische Aktivität (PEA) oder elektromechanische Entkopplung: elektrische Aktivität vorhanden, jedoch kein tastbarer Puls (nicht zu verwechseln mit ventrikulärer Tachykardie).

  • Asystolie: schlaffer Herzstillstand ohne jede elektrische Aktivität.

Wiederbelebungszeit

Die Zeitspanne zwischen Herz-Kreislauf-Stillstand und irreversibler Schädigung der Organe wird als Wiederbelebungszeit bezeichnet.

Innerhalb der Wiederbelebungszeit kann die Herz-Kreislauf-Funktion wiederbelebt werden, ohne dass bleibende Schäden der Organe eintreten. Die Wiederbelebungszeit der einzelnen Organe ist unterschiedlich lang. Besonders empfindlich reagieren Gehirn und Herz auf den O2-Mangel; entsprechend kurz ist ihre Wiederbelebungszeit.

Die Wiederbelebungszeit beträgt für das Gehirn unter Normothermie etwa 3–5 min und für das Herz etwa 15–30 min.

Die Wiederbelebungszeit kann jedoch durch zahlreiche Faktoren verkürzt oder verlängert werden. Hierzu gehören Körpertemperatur, Stoffwechselintensität, Alter und Vorschädigung des Organs.

Ursachen

Am Notfallort muss die kardiopulmonale Wiederbelebung (CPR = cardiopulmonary resuscitation) innerhalb von Sekunden eingeleitet werden, bevor die zugrunde liegenden Ursachen vollständig erkannt worden sind. Das gilt meist auch unter den kontrollierten Bedingungen von Operationssaal und Intensivstation. Allerdings sollte hier – parallel zu den Reanimationsmaßnahmen – umgehend nach den Ursachen gesucht werden, damit eine spezifische Therapie eingeleitet werden kann.

Ateminsuffizienz, Atemstillstand

Eine ungenügende Atmung (Ateminsuffizienz) führt zu Hypoxie und Hyperkapnie. Bei entsprechender Ausprägung können hierdurch bereits nach kurzer Zeit irreversible Hirnschäden hervorgerufen werden. Ein Atemstillstand führt innerhalb weniger Minuten immer zum Herz-Kreislauf-Stillstand.

Wichtige Ursachen der Ateminsuffizienz
  • Verlegung der Atemwege (Obstruktion) durch die zurückgesunkene Zunge, Erbrochenes, Fremdkörper, Blutkoagel, Schleim, Zahnprothesen, Laryngospasmus, Bronchospasmus, Tubusballonhernie

  • Diskonnektion oder Funktionsstörung des Narkose- oder Beatmungsgerätes

  • Zentrale Atemdepression durch Anästhetika, Opiate, Sedativa, Hypnotika, Schädel-Hirn-Trauma

  • Periphere Ateminsuffizienz durch Muskelrelaxanzien, Thoraxtrauma

Herzstillstand

Ein Patient, der nicht reagiert und nicht normal atmet, hat einen Kreislaufstillstand und benötigt eine Herz-Lungen-Wiederbelebung (ERC-Leitlinie 2015). Ein Herzstillstand kann bei der Narkoseeinleitung, während der Operation, in der postoperativen Phase und im Verlauf der Intensivbehandlung auftreten. Besonders gefährdet sind alte Patienten und Säuglinge sowie Patienten mit Herzerkrankungen, Elektrolytstörungen oder schwerem Volumenmangel. Von herausragender Bedeutung sind die 4 „H`s“ und die 4 HITS (► Übersicht).

Ursachen eines Herzstillstandes
  • Vier H`s

    • Hypoxie

    • Hypovolämie

    • Hypo-/Hyperkaliämie

    • Hypothermie

  • Vier HITS

    • Herzbeuteltamponade

    • Intoxikation

    • Thromboembolie

    • Spannungspneumothorax

  • Wirkungen von Medikamenten, wie Lokalanästhetika, Allgemeinanästhetika, Katecholamine

  • Vagale Reflexreaktion durch Zug an den Eingeweiden oder äußeren Augenmuskeln

  • Irritation des Herzens durch Venen-, Pulmonalis- und andere Herzkatheter sowie Schrittmachersonden

  • Außerhalb des Krankenhauses liegt dem Herzstillstand meist eine koronare (ischämische) Herzkrankheit zugrunde

Erkennen

Atemstörungen, Atemstillstand

Atemstörungen und Atemstillstand werden durch Sehen, Hören und Fühlen erkannt. Die Hauptzeichen sind:

  • Keine normale Atmung, Schnappatmung,

  • keine sichtbaren Atembewegungen,

  • keine hör- oder fühlbare Luftströmung an Mund oder Nase.

Das Feststellen von Atemstörungen/Atemstillstand durch Sehen, Hören und Fühlen darf nicht länger als 10 Sekunden dauern!

Bei kompletter Verlegung der Atemwege und noch erhaltenen Atembewegungen bestehen folgende Zeichen:

  • sichtbare Einziehungen supraklavikulär und interkostal,

  • keine hör- oder fühlbare Luftströmung an Mund und Nase.

Bei kompletter Verlegung der Atemwege kann der Patient nicht beatmet werden.

Eine teilweise ( partielle) Verlegung der Atemwege erkennt man an geräuschvoller Luftströmung, häufig verbunden mit Einziehungen:

  • Schnarchen: Obstruktion des Hypopharynx durch die Zunge, Epiglottitis (karchelnde Atmung),

  • Krächzen oder Stridor: Laryngospasmus, Glottisödem,

  • Gurgeln: Fremdkörper,

  • Giemen: Bronchusobstruktion bzw. Bronchospasmus.

Herzstillstand

Die klinischen Zeichen des Kreislaufstillstands sind in der Übersicht zusammengestellt.

Kardinalzeichen des Kreislaufstillstandes
  • Pulslosigkeit: A. carotis, A. femoralis

  • Bewusstlosigkeit: nach 6–12 s

  • Nicht normale Atmung, agonale Atmung bzw. Schnappatmung (= langsames, mühsames und lautes Atmen) oder Atemstillstand

  • Generalisierte Krämpfe

  • Weite, lichtstarre Pupillen: nach 60 s

  • Totenähnliches Aussehen: Zyanose oder Blässe

Fehlende Reaktion und nicht normale Atmung sind die Schlüsselsymptome für die Diagnose „Kreislaufstillstand“ am Notfallort. Beim Intensivpatienten und bei anästhesierten Patienten wird die Diagnose in der Regel mit Hilfe des EKG-Monitors gestellt.

Weitere, jedoch unsichere Zeichen sind: Herztöne nicht zu hören, Blutdruck nicht messbar.

Einschätzung der Zeichen

Pulslosigkeit der A. carotis

Pulslosigkeit der A. carotis ist zwar das wichtigste Zeichen des Herzstillstandes, kann aber selbst vom Geübten nicht immer sofort und zuverlässig festgestellt werden. Daher sollte die Pulsdiagnostik an der A. carotis höchstens 10 s dauern. Bestehen Zweifel am Vorhandensein eines Karotispulses, sollte die CPR sofort begonnen werden.

Periphere Pulsdiagnostik, wie z. B. an der A. radialis, ist noch unzuverlässiger als die Karotispulsdiagnostik. Diese Pulse können fehlen, obwohl der Karotispuls gut tastbar ist.

Bewusstlosigkeit

Das Bewusstsein wird durch vorsichtiges Schütteln der Schulter und laute Ansprache geprüft. Bewusstlosigkeit ist allerdings als Zeichen des Herzstillstandes nicht verwertbar bei Narkose, Analgosedierung, Vergiftungen, schwerem Schädel-Hirn-Trauma und Koma anderer Ursachen.

Atemstillstand und Schnappatmung

Ein Atemstillstand ist nicht erkennbar bei primär beatmeten Patienten. Schnappatmung – eine langsame, tiefe, oft schnarchende Atmung – ist dagegen auch unter maschineller Beatmung möglich, sofern der Patient nicht relaxiert ist. Schnappatmung tritt häufig nach einem Kreislaufstillstand auf und kann, trotz stehendem Herzen, einige Minuten anhalten. Schnappatmung sollte als Zeichen des Kreislaufstillstandes angesehen werden und zu sofortigen Reanimationsmaßnahmen veranlassen.

Generalisierte Krämpfe

Durch den akuten O2-Mangel des Gehirns können unmittelbar nach Eintritt des Kreislaufstillstands Krämpfe auftreten, die nicht mit einem epileptischen Anfall verwechselt werden dürfen. Daher muss bei krampfenden Patienten immer untersucht werden, ob ein Kreislaufstillstand vorliegt.

Pupillenerweiterung

Dies ist ein Hilfszeichen, auf dessen Eintreten nicht gewartet werden darf, da hierdurch kostbare Zeit verloren wird. Bei einigen Patienten tritt keine Pupillendilatation auf (z. B. E 605-Vergiftung), bei anderen sind die Pupillen weit und lichtstarr, weil ein Schädel-Hirn-Trauma oder eine Vergiftung vorliegt. Bei der Pupillendiagnostik müssen immer beide Augen überprüft werden (Glasauge!). Wichtig ist die Beobachtung der Pupillenreaktion im Verlauf der Reanimation: Werden die Pupillen hierunter wieder eng, so ist dies ein Beweis dafür, dass Blut und damit Sauerstoff in das Gehirn gelangt.

Veränderungen der Hautfarbe

Veränderungen der Hautfarbe sind ein unsicheres Zeichen, v. a. bei Anämie, Ikterus, schwarzer Hautfarbe, schwerer Verbrennung und bestimmten Vergiftungen (z. B. CO, Arsen).

Herztöne nicht hörbar

Dies ist ebenfalls ein unsicheres Zeichen, besonders bei schwerem Lungenemphysem, das Übung und Erfahrung voraussetzt.

Blutdruck nicht messbar

Das Verfahren ist zeitrauben und unsicher. Bei Zentralisation kann der Blutdruck evtl. nicht messbar sein, obwohl eine normale Herzaktion vorhanden ist.

Blutdruckmessen darf nicht zur Sofortdiagnostik des Herzstillstandes eingesetzt werden.

Ekg

Zuverlässig, aber zeitraubend, wenn der Monitor noch nicht angeschlossen ist. Der Anschluss des Gerätes darf die Basismaßnahmen nicht verzögern.

Praxis der kardiopulmonalen Reanimation

Die Reanimation lässt sich in drei Phasen unterteilen:

  1. Soforttherapie: Basismaßnahmen (BLS, „basic life support“),

  2. erweiterte Reanimationsmaßnahmen (ACLS, „advanced cardiac life support“): Wiederherstellung des Spontankreislaufs,

  3. Intensivtherapie nach Reanimation (Postreanimationsphase).

In der Klinik überlappen sich BLS und ACLS in der Regel.

Basismaßnahmen

Die kardiopulmonale Reanimation beginnt mit den Basismaßnahmen (ABC der Wiederbelebung oder BLS = basic life support ). Durch die Basismaßnahmen soll v. a. das Gehirn sofort mit Sauerstoff versorgt werden, um irreversible Hirnschäden zu verhindern.

Erst nachdem die Basismaßnahmen der Reanimation in Sekundenschnelle eingeleitet worden sind, wird mit den erweiterten Maßnahmen (EKG, Venenzugang, Medikamente Intubation, Defibrillation) begonnen. Anders hingegen im Operationssaal und auf der Intensivstation: Steht das Notfallinstrumentarium funktionsbereit, werden die erweiterten Maßnahmen so rasch wie möglich bzw. sofort eingeleitet. In Abb. 46.1 sind die innerklinischen Reanimationsmaßnahmen zusammengefasst.

Was passiert bei einer Reanimation im Körper

A = Atemwege frei machen

Vor Beginn der Beatmung müssen die Atemwege frei gemacht werden; es sei denn, der Patient ist bereits intubiert.

Reinigen der Mundhöhle und des Rachens

Erbrochenes, Blut, Fremdkörper usw. werden durch Auswischen der Mundhöhle mit dem Finger entfernt (nur professionelle Helfer). Wenn vorhanden, können zusätzlich Absauggerät und Extraktionszange verwendet werden (Abb. 46.2).

Was passiert bei einer Reanimation im Körper

Öffnen der Atemwege

Zunächst wird überprüft, ob der Patient atmet: Kopf überstrecken, Kinn hochziehen und innerhalb von 10 s. die Diagnose „Atemstillstand“ stellen. Überstrecken des Kopfes mit Vorziehen des Unterkiefers werden als Esmarch-Handgriff (Abb. 46.3) bezeichnet. Dieses nur vom professionellen Helfer anzuwendende Manöver wird immer in Rückenlage des Patienten durchgeführt. Häufig genügt der Handgriff schon, um die Atemwegsobstruktion beim Bewusstlosen zu beheben. Bei Verdacht auf Halswirbelverletzung darf der Kopf nicht überstreckt, sondern muss in Mittelposition ruhiggestellt werden.

Was passiert bei einer Reanimation im Körper

B = Beatmung

Mit der Beatmung wird sofort begonnen, wenn durch Freimachen der Atemwege keine Spontanatmung auftritt. Hierzu wird der Patient auf den Rücken gelegt.

Zwei Techniken der Beatmung ohne Hilfsmittel können angewandt werden:

  1. Mund-zu-Mund-Beatmung,

  2. Mund-zu-Nase-Beatmung.

Die inspiratorische O2-Konzentration beträgt hierbei 16 Vol.-%. Bei zusätzlicher O2-Zufuhr (>40%) kann mit etwa 6 ml/kgKG beatmet werden.

Mund-zu-Mund-Beatmung

Zunächst wird der Kopf des Patienten überstreckt. Dann verschließt der Helfer die Nase des Patienten mit Daumen und Zeigefinger oder seiner Wange, atmet tief ein, zieht die Unterlippe des Patienten herunter, umschließt mit seinen Lippen fest den Mund des Patienten und bläst seine Luft in die Lungen des Patienten; Inspirationsdauer 1 s. Dann nimmt er seinen Mund zurück und lässt den Patienten ausatmen (Abb. 46.4).

Was passiert bei einer Reanimation im Körper

Die Atemfrequenz soll 10–12/min betragen, die Dauer der Inspiration 1 s. Mit jedem Beatmungszug überprüft der Helfer die Wirksamkeit der Beatmung:

  • der Brustkorb hebt und senkt sich,

  • bei der Exspiration entweicht die Luft fühl- und hörbar.

Mund-zu-Nase-Beatmung

Zunächst wird der Kopf überstreckt und der Mund durch die unter das Kinn gelegte Hand verschlossen (Abb. 46.5). Dann atmet der Helfer tief ein und bläst seine Exspirationsluft in die Nase des Patienten. Manchmal muss der Mund des Patienten für die Exspiration geöffnet werden, damit die Luft entweichen kann.

Was passiert bei einer Reanimation im Körper

Beatmung mit Hilfsmitteln

Hilfsmittel sind für die Soforttherapie des Atemstillstandes nicht essenziell (aber sehr hilfreich). Darum darf auch niemals mit dem Beginn der Reanimation gewartet werden, bis Hilfsmittel herangeschafft worden sind:

  • oropharyngeale Tuben (Abb. 46.6),

    Was passiert bei einer Reanimation im Körper

  • Beatmungsbeutel mit Maske (Abb. 46.7),

    Was passiert bei einer Reanimation im Körper

  • Larynxmaske,

  • Larynxtubus,

  • Kombitubus,

  • endotracheale Intubation.

Bei der Reanimation ist die Beatmung mit dem Beatmungsbeutel Standard! Die Mund-zu-Mund oder Mund-zu-Nase Beatmung wird nur durchgeführt, wenn kein Beatmungsbeutel zur Verfügung steht.

Praktisches Vorgehen
  • Maskenbeatmung: 2 Atemhübe in maximal 5 s, Insufflationsdauer 1 s, Tidalvolumen 6–7 ml/kgKG bzw. 500–600 ml beim Erwachsenen.

  • Verhältnis von Thoraxkompression zu Beatmung 30 : 2, d. h. 30-mal komprimieren, dann 2-mal beatmen usw.

C = Circulation (Kreislauf), Kompression

Bei Verdacht auf einen Herzstillstand wird innerhalb von höchstens 10 s der Karotispuls überprüft. Ist kein Puls tastbar, wird sofort mit der externen („extrathorakalen“) Thoraxkompression (30 initiale Kompressionen, dann erst 2 Beatmungshübe) begonnen, um das Gehirn und das Herz mit O2-reichem Blut zu versorgen, bis ein ausreichender Spontankreislauf (sog. ROSC) wieder in Gang gekommen ist. Hierzu wird das Herz rhythmisch zwischen dem Brustbein und der Wirbelsäule komprimiert.

Praktisches Vorgehen
  • Für die Herzkompression muss der Patient auf den Rücken gelagert werden. Die Unterlage muss flach und hart sein, sonst weicht die Wirbelsäule während der Kompression zurück. Befindet sich der Patient im Bett, wurde ein Brett unter den Rücken gelegt; wenn nicht vorhanden: Den Patienten aus dem Bett ziehen und auf den Fußboden legen.

  • Druckpunkt für die Herzkompression ist die untere Brustbeinhälfte (Abb. 46.8). Hierauf werden die Handballen der übereinander gelegten Hände gesetzt.

    Was passiert bei einer Reanimation im Körper

  • Für eine wirksame Kompressionstiefe muss das Brustbein beim Erwachsenen um mindestens 5 bis maximal 6 cm eingedrückt werden (Grundsatz: Drücke schnell und hart!). Die Kompressionstiefe ist aber schwierig einzuschätzen!

  • Den erforderlichen Kompressionsdruck erreicht der Helfer, wenn er sein ganzes Körpergewicht bei gestreckten Armen auf seine Hände überträgt wird. Nach jeder Kompression wird der Brustkorb entlastet, ohne dabei die Hände vom Druckpunkt zu nehmen.

  • Die Kompressionfrequenz beträgt 100–120 pro Minute, das Verhältnis von Kompressionen zu Beatmung 30 : 2.

  • Die Thoraxkompressionen sollten so selten und nur so kurz (<10 s) wie möglich unterbrochen werden.

  • Die Thoraxkompressionen sind anstrengend. Daher sollte der Helfer, wenn möglich, alle 2 Minuten – bei minimaler Unterbrechung – ausgewechselt werden.

  • Nur Thoraxkompressionen – ohne Beatmung des Patienten – werden für professionelle Helfer nicht empfohlen.

Alte Patienten

Ist der Thorax starr, lässt er sich nur im Ganzen bewegen; entsprechend hoch muss der Kompressionsdruck sein. Wird bei der normalen Technik kein Puls tastbar, üben die nebeneinander gelegten Hände des Helfers Druck auf die gesamte vordere Thoraxwand aus (Gefahr: Rippenbrüche).

Präkordialer Faustschlag

Ist der Herzstillstand vom erfahrenen Helfer beobachtet worden kann bei Kammerflimmern oder PEA die Reanimation innerhalb der ersten Minute durch einen präkordialen Faustschlag eingeleitet werden. Manchmal beginnt hierdurch wieder eine spontane Herzaktion. Der Schlag wird mit der Unterkante der Hand aus 20–30 cm Höhe auf die Mitte des Brustbeins ausgeführt und zwar nur einmal. Kommt die Herzaktion nicht in Gang, wird sofort mit der Defibrillation begonnen.

Kardiopulmonale Reanimation : ein Helfer

Die kardiopulmonale Reanimation durch einen Helfer ist besonders anstrengend und schwierig.

Praktisches Vorgehen
  • Wenn keine Reaktion: Um Hilfe rufen, Atemwege freimachen,

  • wenn kein Puls: 30 Herzkompressionen (Frequenz 100–120/min), danach 2 Beatmungen, jeweils 1 s, mit ca. 500 ml bzw. „normalem“ Heben des Thorax,

  • nach 4 Herzkompressions- und Beatmungszyklen (4-mal 30 : 2): Karotispuls fühlen in max. 5 s (alle Altersgruppen außer Säuglingen),

  • wenn weiterhin kein Puls: Sequenz fortsetzen: 4-mal 30 : 2 für 2 min, Karotispuls fühlen,

  • wenn Puls vorhanden: prüfen, ob Spontanatmung zurückgekehrt ist,

  • wenn Puls vorhanden, aber keine Spontanatmung: Beatmung fortsetzen, Frequenz 12/min.

Kardiopulmonale Reanimation: zwei Helfer

Diese Methode ist wesentlich effektiver als die 1-Helfer-Reanimation, besonders wenn beide Helfer gut aufeinander eingespielt sind.

Praktisches Vorgehen
  • Beide Helfer platzieren sich an den gegenüberliegenden Seiten des Patienten,

  • der beatmende Helfer überstreckt den Kopf, der andere Helfer legt seine Handballen auf den Kompressionspunkt,

  • wenn kein Puls: 30 Herzkompressionen (Frequenz 100–120/min), danach 2-mal beatmen, jeweils 1 s; nach 4 Zyklen (4-mal 30 : 2) Pulskontrolle,

  • wenn Patient intubiert: kontinuierliche Herzkompression ohne Pause (Frequenz mindestens 100/min) und 8–12 Beatmungshübe/min ohne Synchronisierung, Hyperventilation vermeiden.

  • Kompressions-/Beatmungsverhältnis 30 : 2 für Erwachsene, 15 : 2 kleine Kinder. Alle 2 min Pulskontrolle.

  • Gelingt die interponierte Beatmung nicht, wird die Herzkompression nach jeder 5. Kompression für die Beatmung unterbrochen. Ist der Patient intubiert, bereitet die interponierte Beatmung in der Regel keine Schwierigkeiten.

Unterkühlte

Praktisches Vorgehen
  • Atmung einschätzen, Puls kontrollieren über 30–45 s wegen möglicher schwerer Bradykardie,

  • wenn ohne Atmung: sofort beatmen,

  • wenn Herzstillstand oder extreme Bradykardie: 5 Kompressionszyklen für 2 min,

  • dann ACLS, CPR-Medikamente aber erst, wenn Körpertemperatur >30°C; bis 35°C die Abstände zwischen den Injektionen verdoppeln,

  • bei Kammerflimmern: 1-mal Standarddefibrillation, dann sofort 5 Zyklen CPR für 2 min usw.,

  • Infusion erwärmen,

  • wenn Körperkerntemperatur <30°C: Kompressionen fortsetzen, bei Flimmern maximal 3-mal defibrillieren, kein Adrenalin injizieren. Wenn kein Spontankreislauf: aktive Erwärmung,

  • wenn Kerntemperatur >30°C: Kompressionen fortsetzen, bei Bedarf zusätzlich 1 mg Adrenalin alle 10 min injizieren. Wenn Spontankreislauf vorhanden: externe Erwärmung; wenn kein Spontankreislauf herstellbar: aktiv erwärmen,

  • wenn Kerntemperatur von 33°C erreicht: aktive Erwärmung unterbrechen; milde Hypothermie nutzen (Abschn. 46.3.2).

Hochschwangere

Hierbei sind folgende Besonderheiten zu beachten:

  • Möglichst sofort intubierten (Aspirationsgefahr),

  • Uterus nach links verschieben (Kavakompressionssyndrom!) oder Kissen unter die rechte Beckenhälfte,

  • sofortige Sectio caesarea anstreben, um das Ungeborene zu retten,

  • bei Defibrillation: Elektroden in anterior-posteriorer Position anbringen, Standarddefibrillation,

  • Adrenalin nach Richtlinien (Gefahr der Mangeldurchblutung des Uterus und der Plazenta).

Kontrolle der Wirksamkeit

Die kardiopulmonale Wiederbelebung ist wirksam, wenn folgende Zeichen zu beobachten sind:

  • Der Thorax hebt und senkt sich mit der Beatmung,

  • Karotis- und Femoralispulse sind mit jeder Kompression tastbar,

  • Die Hautfarbe wird rosiger,

  • Die Pupillen werden wieder enger,

  • manchmal tritt Schnappatmung auf, bevor das Herz wieder spontan schlägt.

In seltenen Fällen erlangt der Patient unter der noch laufenden Reanimation das Bewusstsein zurück.

Fehler bei der Kompression

  • Die Wiederbelebungsmaßnahmen werden länger als 5 s unterbrochen, z. B. bei der Bergung vom Notfallort! Ausnahme: zur endotrachealen Intubation (innerhalb von 15 s durchführen).

  • Die Brustbeinspitze wird komprimiert.

  • Die Handballen werden links vom Sternum aufgesetzt; Folge: Rippenbrüche, unwirksame Massage.

  • Die Handballen werden nach der Kompression vom Thorax hochgenommen.

  • Die Finger des Helfers berühren bei der Kompression die Rippen. Folge: Rippenbrüche.

  • Die Wirksamkeit der Reanimation wird nicht überprüft.

Komplikationen durch die Thoraxkompression

Während der Reanimation können, v. a. bei grober Technik, zahlreiche Komplikationen auftreten. Die wichtigsten sind:

  • Rippenfrakturen, Sternumfraktur,

  • Pneumothorax, Hämatothorax,

  • Leber-, Milz- und Magenruptur,

  • Zwerchfellruptur,

  • Aspiration (beim Nichtintubierten).

Erweiterte Reanimationsmaßnahmen ( ACLS)

Die erweiterten Reanimationsmaßnahmen sollten so früh wie möglich eingeleitet werden, denn durch die Thoraxkompressionen werden nur 10–40% des normalen Blutflusses in den Karotiden erreicht. Ziel der erweiterten Maßnahmen ist die umgehende Wiederherstellung des Spontankreislaufs (sog. ROSC). Die wichtigsten erweiterten Maßnahmen sind:

  • EKG-Diagnose und -Überwachung,

  • Defibrillation,

  • Intubation,

  • venöser Zugang

  • Medikamente, Infusion.

Sie werden angewandt, wenn unmittelbar nach Beginn der externen Herzkompression und Beatmung die Herzaktion nicht sofort wieder spontan in Gang kommt.

EKG

Nach Einleitung der Basisreanimationsmaßnahmen sollte der Patient so rasch wie möglich an einen EKG-Monitor angeschlossen werden. Mit dem EKG wird die Art des Herzstillstandes erkannt, sodass eine gezielte Therapie eingeleitet werden kann.

Folgende Formen des Herzstillstandes lassen sich im EKG unterscheiden (Abschn. 46.1.1):

  • Kammerflimmern oder pulslose Kammertachykardie,

  • Asystolie,

  • pulslose elektrische Aktivität (elektromechanische Entkoppelung).

Kammerflimmern und pulslose Kammertachykardie werden identisch behandelt.

Kammerflimmern und pulslose elektrische Aktivität sind defibrillierbar, Asystolie und pulslose elektrische Aktivität sind nicht defibrillierbar!

Kammerflimmern

Im EKG-Monitor ist Kammerflimmern erkennbar als vollkommen unkoordinierte elektrische Aktivität (Abb. 46.9). P-Zacken und Kammerkomplexe sind nicht vorhanden. Die Grundlinie ist durch unregelmäßige Ausschläge verschiedener Höhe deformiert. Anfangs ist das Flimmern grobschlägig, später feinschlägig. Die Kammern kontrahieren sich nicht mehr synchron; hämodynamisch bzw. funktionell liegt ein Herz-Kreislauf-Stillstand vor; klinisch ist der Patient tot. Kammerflimmern ist die häufigste Form des Herzstillstandes. Therapie der Wahl ist die sofortige Defibrillation.

Was passiert bei einer Reanimation im Körper

Asystolie

Im EKG-Monitor ist die Asystolie erkennbar als leicht wellenförmig verlaufende Grundlinie (Abb. 46.10); eine elektrische Aktivität ist nicht vorhanden (eine vollkommen gerade Grundlinie wird durch lose Elektroden verursacht). Feinschlägiges Kammerflimmern kann eine Asystolie vortäuschen.

Was passiert bei einer Reanimation im Körper

Der Asystolie geht meist eine elektrische Blockierung (AV-Block) und/oder Bradykardie voraus. Medikament der Wahl ist Adrenalin. Die Erfolgsrate der Reanimation beträgt weniger als 5%, wenn der Asystolie eine Herzerkrankung zugrunde liegt.

Pulslose elektrische Aktivität , PEA, („elektromechanische Entkoppelung “)

Hierbei besteht eine elektrische Aktivität des Herzens, jedoch ohne mechanische Tätigkeit bzw. Kontraktion. Im EKG finden sich gerichtete Wellenformen; ein Puls ist wegen der fehlenden mechanischen Aktion naturgemäß nicht tastbar. Da auch keine Koronardurchblutung vorhanden ist, hält die geregelte Wellenform im EKG nur kurz an; entsprechend wird die PEA außerhalb des Krankenhauses auch nur selten diagnostiziert. Die Chance einer erfolgreichen Reanimation liegt unter 5%, wenn die Entkoppelung im Zusammenhang mit einer Herzerkrankung steht. Günstiger sind die Ergebnisse, wenn eine Hypothermie, eine Intoxikation oder ein Beinahe-Ertrinken zugrunde liegen.

Endotracheale Intubation

Für die kardiopulmonale Wiederbelebung sollte der Patient so früh wie möglich und ohne wesentlichen Zeitverlust intubiert werden. Die korrekte Tubuslage sollte routinemäßig mit Kapnographie bzw. CO2-Messung überprüft werden.

Vorteile: Die Intubation erleichtert die Beatmung und ermöglicht die Zufuhr hoher O2-Konzentrationen und die kontinuierliche Herzkompression.

Nachteile der endotrachealen Intubation sind:

  • Unerkannte Tubusfehllage,

  • (zu) lange Unterbrechung der Thoraxkompressionen für die Intubationsversuche,

  • relativ häufiges Misslingen der Intubation am Notfallort,

  • setzt entsprechende Erfahrung voraus,

  • unbeabsichtigte Dislokation oder Diskonnektion des Tubus,

Während der Reanimation sollte so früh wie möglich mit 100% Sauerstoff beatmet werden!

Venöser Zugang

Spätestens während des 2. Reanimationszyklus sollte eine periphere Venenkanüle eingeführt werden, vorzugsweise in die V. jugularis externa, alternativ in eine andere periphere Vene. Ein zentraler Venenkatheter ist wegen des Zeitaufwandes und der Komplikationsmöglichkeiten in dieser Phase nicht indiziert, sondern nur in Ausnahmefällen. Über den Venenzugang werden so rasch wie möglich die Reanimationsmedikamente zugeführt.

Kardiovaskuläre Medikamente dürfen während der Reanimation auf keinen Fall i.m. oder s.c. injiziert werden!

Zufuhr von Medikamenten über den Tubus oder intraossär?

In den ERC-Leitlinien wird die endotracheale Zufuhr von Reanimationsmedikamenten ausdrücklich nicht mehr empfohlen, weil die Plasmakonzentration hierbei absolut unzuverlässig ist. Steht kein i.v.-Zugang zur Verfügung, sollten stattdessen die Medikamente über eine intraossäre Kanüle zugeführt werden.

Arterielle Punktion oder Kanülierung

Die Kanülierung einer Arterie wird meist erst nach Wiederherstellung einer ausreichenden spontanen Herzaktion durchgeführt. Zur Bestimmung der Blutgase und der Säure-Basen-Parameter unter der Reanimation reicht die Punktion der Arterie durch einen 3. Helfer aus.

Medikamente (D = Drogen)

Zur medikamentösen Behandlung des Herzkreislaufstillstandes werden unterschiedliche Pharmaka eingesetzt. Die wichtigsten sind

  • Adrenalin,

  • Amiodaron,

  • Lidocain,

  • Magnesium,

  • Natriumbikarbonat.

Noradrenalin (Arterenol), Vasopressin und Orciprenalin (Alupent) sind bei der kardiopulmonalen Wiederbelebung nicht indiziert. Atropin wird bei der Asystolie nicht mehr empfohlen, sondern nur bei instabilen Patienten mit Sinus-, Vorhof- oder Knotenbradykardie.

Adrenalin (Suprarenin)

Adrenalin ist das Katecholamin der Wahl bei der Reanimation; es kann bei jeder Form von Herzstillstand gegeben werden. Adrenalin stimuliert den Sinusknoten und erhöht den peripheren Widerstand und den diastolischen Druck (wichtig für Koronardurchblutung!). Allerdings gibt es keinerlei Belege, dass der routinemäßige Gebrauch irgendeines Vasopressors in irgendeinem Stadium des menschlichen Kreislaufstillstandes die Überlebensrate mit guter neurologischer Erholung bei der Klinikentlassung steigert (ERC-Leitlinie).

Dosierung von Adrenalin beim Herzstillstand (ERC-Leitlinien)
  • Initial 1 mg: 10 ml der 1:10.000 verdünnten Lösung (1 ml Adrenalin + 9 ml NaCl 0,9%) i.v. oder intraossär, mit 20 ml Flüssigkeit nachspülen

  • Wiederholungsdosen: 1 mg alle 3–5 min

Adrenalin ist nicht indiziert, wenn Kammerflimmern festgestellt (EKG-Monitor) wurde und durch umgehende Defibrillation beseitigt werden konnte. Bei wiederholtem Flimmern kann aber die Defibrillation mit der Zufuhr von Adrenalin kombiniert werden.

Magnesium

Die Routineinjektion von Magnesium bei der CPR erhöht nicht die Überlebenschance und wird nicht empfohlen, es sei denn, dass eine „Torsades de pointes“ als Ursache vermutet wird.

Amiodaron

Dieser Kaliumkanalblocker senkt die Defibrillationsschwelle und wirkt außerdem stark antiarrhythmisch; bei rascher i.v.-Injektion wird die Kontraktionskraft des Herzens leicht vermindert und außerdem der periphere Gefäßwiderstand gesenkt.

Indikationen sind:

  • therapierefraktäres Kammerflimmern/pulslose Kammertachykardie,

  • hämodynamisch instabile Kammertachykardie oder andere anhaltende Tachyarrhythmien.

Dosierung von Amiodaron währen der Reanimation
  • Bei Kammerflimmern/pulsloser ventrikulärer Tachykardie: 300 mg gelöst in 5% Glukose mit einem Volumen von 20 ml i.v., nach 3 erfolglosen Defibrillationsversuchen

  • Weitere 150 mg nach 5 erfolglosen Defibrillationsversuchen, gefolgt von 900 mg/24 h über Perfusor

Lidocain

Ist Amiodaron nicht verfügbar, kann beim Kammerflimmern alternativ Lidocain eingesetzt werden. Lidocain darf aber nicht gegeben werden, wenn bereits Amiodaron verabreicht worden ist.

Dosierung von Lidocain
  • Initialer Bolus von 1,5 mg/kgKG i.v.

  • Anschließend Nachinjektionen von 1,5 mg/kgKG, bei Bedarf nach jeweils 3–5 min

Atropin

Die Substanz vermindert den Vagotonus, verbessert die atrioventrikuläre Überleitung und beschleunigt die Herzfrequenz bei einer durch vagale Stimulation bedingten Sinusbradykardie.

Indikationen sind:

  • Bradykardie durch hohen Vagotonus oder Hypoxie: 3 mg als Bolus (1-mal),

  • hämodynamisch wirksame Sinusbradykardie,

  • AV-Block auf Knotenebene.

Dosierung von Atropin
  • Initial 1 mg i.v.

  • Bei Bedarf wiederholen, bis zu einer Gesamtdosis von 3 mg oder 0,04 mg/kgKG

Natriumbikarbonat

Nach dem Herzstillstand tritt innerhalb weniger Minuten eine metabolische Azidose auf. Eine schwere Azidose steigert die Erregbarkeit des Herzens und erniedrigt die Flimmerschwelle; sie vermindert die Kontraktilität des Herzens und die Ansprechbarkeit auf die elektrische Defibrillation und auf Katecholamine.

In den ERC-Leitlinien wird Natriumbikarbonat im Zusammenhang mit Reanimationsmaßnahmen wie folgt bewertet:

  • Nicht empfohlen als Routinemedikament für die kardiopulmonale Reanimation – trotz der Laktatazidose.

  • Bei länger bestehendem Herzstillstand und/oder Reanimationsmaßnahmen wird Bikarbonat nur als möglicherweise hilfreich angesehen.

  • Bei vorbestehender metabolischer Azidose oder Vergiftung mit trizyklischen Antidepressiva oder Phenobarbital gilt Natriumbikarbonat als vorteilhaft.

  • Bei hyperkaliämischem Herzstillstand ist Natriumbikarbonat indiziert und wirksam.

Für die Standardreanimation gilt Folgendes:

Effektive Kompression des Herzens, ausreichende Ventilation der Lungen und v. a. die rasche Wiederherstellung des Spontankreislaufs (ROSC) sind die besten Maßnahmen der Azidosebehandlung.

Dosierung von Natriumbikarbonat nach den ersten 10 min
  • ERC-Empfehlung: 50 mmol per Infusion (50 ml 8,4%)

Bei Erfolglosigkeit der Reanimationsmaßnahmen können nach Ablauf von jeweils 10 min erneut 0,5 mmol/kgKG infundiert werden, in der Klinik jedoch möglichst unter Kontrolle des Säure-Basen-Status und der Blutgase.

Lysetherapie

Besteht der dringende Verdacht, dass der Herz-Kreislaufstillstand durch eine fulminante Lungenembolie ausgelöst worden ist, kann unter der Reanimation, bei Würdigung der Gesamtumstände, eine Thrombolyse eingeleitet und die Reanimation für 60–90 min fortgesetzt werden.

Dosierung einer Lysetherapie bei Herzstillstand durch Lungenembolie
  • Altepase 0,6 mg/kgKG (bis 50 mg) oder

  • Reteplase 10 IE oder

  • Tenecteplase 0,5 mg/kgKG i.v.

Die Ultima-ratio-Lyse bei Herzstillstand durch vermuteten akuten Myokardinfarkt wird nicht empfohlen.

Kalziumglukonat

Die Substanz erhöht die Kontraktionskraft des Herzens und steigert die ventrikuläre Erregbarkeit. Keine routinemäßige Zufuhr, essenzielle Substanz nur beim hyperkaliämischen Herzstillstand, bei Hypokalzämie und bei Intoxikation mit Kalziumantagonisten. Vorsicht bei Digitalisierten und bei Azidose!

Dosierung von Kalzium
  • 10 ml Kalziumglukonat 10% (1 g), Nachinjektion nach Bedarf

Bei pulsloser elektrischer Aktivität sollte Adrenalin vorgezogen werden.

Vorgehen bei Kammerflimmern : Defibrillation

Bei der Defibrillation wird das Myokard durch Gleichstrom depolarisiert und so eine geordnete elektrische Erregung mit einer nachfolgenden effektiven Kontraktion des Herzens wieder hergestellt. Der angewandte Strom kann biphasisch oder (zunehmend seltener) monophasisch sein.

  • Biphasische Defibrillation: der Strom verläuft in einem definierten Zeitraum erst in positiver, dann in negativer Richtung.

  • Monophasische Defibrillation: der Strom verläuft mit einer höheren Spitzenenergie sinusförmig oder exponentiell nur in eine Richtung.

Wird das Kammerflimmern oder eine pulslose Kammertachykardie unmittelbar beobachtet, z. B. bei Patienten unter EKG-Überwachung im OP oder auf der Intensivstation, und steht ein Defibrillator zur Verfügung, so wird sofort – v. a. anderen Maßnahmen – 1- bis 3-mal defibrilliert und danach – wenn erfolglos – sofort 1 Herzkompressionssequenz angewandt. Sind hingegen bereits mehrere Minuten vergangen, bevor der Patient pulslos gefunden wurde, müssen zunächst die Basismaßnahmen der Reanimation (BLS) eingeleitet werden, also erst Herzkompressionszyklus, dann Defibrillation (Abb. 46.11).

Was passiert bei einer Reanimation im Körper

Für die Defibrillation werden folgende Energiemengen empfohlen (in Joule, J):

  • Erwachsene

    • Biphasisch: 1. Defibrillation 150–200 J, alle weiteren 150–360 J

    • Monophasisch: immer 360 J,

  • Kinder 100–200 J,

  • Säuglinge 50–100 J.

Praktisches Vorgehen

  • Schalter „synchron“ des Defibrillators ausschalten; Hauptschalter einschalten und die gewünschte Energiemenge einstellen: Beim ersten Schock 150–200 J biphasisch oder 360 J monophasisch.

  • Die angeschlossenen Elektroden mit Elektrodengel bzw. -paste bestreichen.

  • Eine Elektrode unterhalb der seitlichen Hälfte des rechten Schlüsselbeins aufsetzen, die andere über der Herzspitze (Abb. 46.12). Die Polarität der Elektroden ist bedeutungslos.

    Was passiert bei einer Reanimation im Körper

  • Beide Elektroden fest andrücken; ansonsten den Patienten nicht direkt berühren. Elektroden durch Knopfdruck laden. Ist der Ladungszustand erreicht, durch erneuten Knopfdruck defibrillieren, und zwar während der Exspiration, da dann das Thoraxvolumen am geringsten ist.

  • Danach sofort – ohne Puls- oder EKG-Kontrolle (wenn vorhanden) – Thoraxkompression und Beatmung fortführen, auch beim erneuten Aufladen des Defibrillators; dabei Respirator nicht dekonnektieren.

  • Sofort nach dem ersten Elektroschock: 2 min ca. 5 Zyklen (ca. 2 min) Thoraxkompression (Frequenz 100–120/min) + Beatmung 30 : 2 (15 : 2) anwenden, erst danach EKG- und Pulskontrolle.

  • Zweiter Kompressions-Beatmung-Zyklus durch führen, dabei peripheren i.v.-Zugang legen, bevorzugt in die V. jugularis externa.

  • Wenn i.v.-Zugang vorhanden:

    • Vasopressoren vor oder nach Elektroschock zuführen:

    • Ab 3. erfolgloser Defibrillation: 1 mg Adrenalin alle 3–5 min + 300 mg Amiodaron Cordarex).

  • Herzrhythmus kontrollieren. Wenn Elektroschock indiziert: Vorgehen wie zuvor.

  • Weitere 2-minütige Zyklen anwenden, bei Bedarf erneut Amiodaron (150 mg), z. B. bei der 5 Defibrillation, Magnesium erwägen.

Die Dauer der Reanimationsmaßnahmen richtet sich jeweils nach den individuellen Umständen. Wurde sofort nach Eintritt des Herzstillstandes mit der Reanimation begonnen, sollte sie nicht abgebrochen werden, solange Kammerflimmern bestehen bleibt. Tritt eine Asystolie auf, sind die Erfolgsaussichten nur noch sehr gering.

Vorgehen bei Asystolie

Die Erfolgsaussichten bei Asystolie sind schlecht. Ausnahmen sind: extreme Bradykardie, trifaszikulärer Block mit P-Welle, Asystolie durch Defibrillation bei Kammerflimmern.

Praktisches Vorgehen

  • Sofort Basisreanimationsmaßnahmen beginnen:

    • Thoraxkompression (100–120/min) und Beatmung 30 : 2.

    • Bei gesicherter Asystolie: kein Defibrillationsversuch!.

  • Nach 2 Minuten CPR: Herzrhythmus erneut überprüfen:

    • Wenn weiterhin Asystolie: 1 mg Adrenalin (1 Amp. + 9 ml NaCl 0,9%) i.v. injizieren sobald ein periphervenöser Zugang geschaffen wurde,

    • CPR fortsetzen;

    • alle 3–5 min erneut 1 mg Adrenalin, wenn kein Puls zu tasten ist (insgesamt 3-mal).

  • Innerhalb von maximal 10 s sicheren Atemweg schaffen:

    • Trachealtubus (Kontrolle mit Kapnometrie empfohlen), Larynxmaske, Larynxtubus, Kombitubus, I-Gel;

  • 100% O2 in der Inspirationsluft zuführen.

  • Wenn auf dem EKG-Monitor P-Wellen vorhanden: transkutanen Herzschrittmacher erwägen (jedoch nicht bei reiner Asystolie),

  • wenn keine elektrische Aktivität vorhanden: Zyklus erneut beginnen,

  • erneute Injektion von 1 mg Adrenalin i.v. (jeweils alle 3–5 min),

  • wenn Kammerflimmern erkennbar: Abschn. 46.2.3.

Vorgehen bei pulsloser elektrischer Aktivität

Bei der PEA wird wie bei der Asystolie vorgegangen; eine Defibrillation ist nicht indiziert. Die Erfolgsaussichten der Reanimation sind schlecht, es sei denn, eine direkte und zu behebende Ursache ist vorhanden, z. B. Spannungspneumothorax, Lungenembolie, Hypovolämie, Vergiftung mit Medikamenten, Unterkühlung, Elektrolytverschiebungen, Herzbeuteltamponade.

Offene (innere) Herzkompression

Die Herzkompression bei eröffnetem Thorax ist wegen des Zeitaufwands und der großen Verletzungsgefahr Ausnahmen vorbehalten, d. h. wenn nur mit dieser Methode ein ausreichender Spontankreislauf wiederhergestellt werden kann, z. B. bei:

  • Verdacht auf massive intrathorakale Blutung mit Herzstillstand,

  • intraoperativen Herzstillstand bei Oberbauch- oder Thoraxeingriffen mit unmittelbarem manuellem Zugang zum Herzen,

  • Patienten mit Brustkorb- und Wirbelsäulendeformitäten oder starrem Emphysemthorax, bei denen durch externe Kompressionen keine tastbaren Karotis- oder Femoralispulse erreicht werden können,

  • Herzstillstand durch massive Lungenembolie oder Unterkühlung,

  • bestimmten herzchirurgischen Patienten.

Praktisches Vorgehen

  • Voraussetzungen: endotracheale Intubation und kontrollierte Beatmung; Eröffnung des Thorax nur durch einen mit der Technik vertrauten Arzt.

  • Eröffnen des Thorax im 4. oder 5. Interkostalraum links und Einsetzen eines Thoraxsperrers.

  • Sofortige Kompression des Herzens, zunächst ohne Eröffnung des Perikards.

  • Bei Kammerflimmern: interne Defibrillation mit speziellen Elektroden, 20–50 J.

Geräte zur Herz-Lungen-Wiederbelebung

Hierbei handelt es sich um Automaten, mit denen der Patient beatmet und sein Thorax rhythmisch komprimiert wird. Der komprimierende Stempel wird über eine O2-Flasche angetrieben, Anschluss an eine zentrale Gasversorgung ist jedoch ebenfalls möglich.

Indikationen sind:

  • lange dauernde Reanimation,

  • zwingend erforderlicher Transport, wenn vorher kein ausreichender Spontankreislauf hergestellt werden konnte.

Der routinemäßige Einsatz von HLW-Geräten wird in den Leitlinien ausdrücklich nicht empfohlen.

Beendigung der Reanimation

Grundsätzlich wird die kardiopulmonale Wiederbelebung solange durchgeführt, bis der Spontankreislauf zurückkehrt oder aber die Zeichen des irreversiblen Herzstillstandes bzw. Herztodes eintreten.

Mit Eintritt des irreversiblen Hirn- oder Herztodes werden alle weiteren Wiederbelebungsmaßnahmen sinnlos.

Hirntod

Die Zeichen des Hirntodes sind:

  • tiefe Bewusstlosigkeit,

  • fehlende Spontanatmung,

  • weite und lichtstarre Pupillen.

Diese Zeichen (10.1007/978-3-662-50444-4_36) können während und unmittelbar nach erfolgreicher Reanimation nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden. Darum sollte die Reanimation nicht allein aufgrund neurologischer Zeichen eingestellt werden. Dies gilt insbesondere für den anästhesierten und relaxierten Patienten wie auch bei Unterkühlen.

Herztod

Ein irreversibler Herzstillstand liegt vor, wenn trotz optimaler Reanimationsmaßnahmen und medikamentöser Therapie auf dem EKG-Monitor für mehr als 30 min eine elektrische Asystolie (flache Grundlinie) nachweisbar ist. Solange jedoch im EKG Zeichen der elektrischen Aktivität vorhanden sind, muss davon ausgegangen werden, dass eine Wiederbelebung des Herzens evtl. noch möglich ist; dies gilt insbesondere für das Kammerflimmern. Mit zunehmender Reanimationsdauer nimmt aber das Risiko irreversibler Hirnschäden drastisch zu.

Postreanimationsbehandlung

Mit der Rückkehr des Spontankreislaufs (= ROSC ) beginnt die Postreanimationsbehandlung. Hierfür

wird jeder reanimierte Patient – nach Stabilisierung seines Zustands – auf eine geeignete Intensivstation verlegt. Eine Intensivüberwachung unmittelbar nach der Reanimation ist v. a. wegen eines drohenden Postreanimationssyndroms erforderlich.

Post-Herzstillstand-Syndrom (Postreanimationssyndrom)

Die durch einen Herzstillstand hervorgerufenen Folgeschäden werden als Post-Herzstillstand-Syndrom bezeichnet. Hierzu gehören:

  • Hirnschäden mit neurologischen Funktionsstörungen (= zerebrale Postreanimationschädigung),

  • Funktionsstörungen des Myokards (= kardiale Postreanimationsdysfunktion),

  • systemische Schäden durch die Ischämie (Mangeldurchblutung) und Reperfusion (Rückkehr der Durchblutung),

  • Fortbestehen der Erkrankung/Störung, die den Herzstillstand ausgelöst hat.

Ob ein Postreanimationssyndrom auftritt, hängt v. a. von der Dauer und der Qualität der Reanimationsmaßnahmen ab.

Hirnschäden

Hirnschäden sind eine häufige und gefürchtete Folge eines Kreislaufstillstands: mehr als 50% aller außerhalb eines Krankenhauses wiederbelebten Patienten erleiden bleibende neurologische Funktionsstörungen. Der Schweregrad der Hirnschädigung hängt v. a. von der Dauer des Herzstillstandes, der Qualität der Reanimationsmaßnahmen und Postreanimationsbehandlung ab. Die wichtigsten Manifestationen hypoxischer Hirnschäden sind:

  • Koma,

  • Krämpfe,

  • anhaltende Myokloni, Lance-Adams-Syndrom,

  • neurokognitive Funktionsstörungen verschiedener Grade von Erinnerungsdefiziten bis hin zum apallischen Syndrom,

  • Hirntod.

Hirnschützende Maßnahmen ( “Hirnprotektion“) nach Reanimation

Mit den üblichen Reanimationsmaßnahmen kann der Eintritt irreversibler Hirnschädigungen nur hinausgezögert werden. Gelingt es nicht, die Reanimationsmaßnahmen innerhalb von etwa 15 min durch Wiederherstellung eines ausreichenden Spontankreislaufs abzuschließen, ist die zerebrale Prognose meist schlecht. Die weitere Behandlung nach Reanimation kann die durch den Herzstillstand und die Reanimationsmaßnahmen hervorgerufenen Hirnschäden nicht beseitigen, sondern muss sich im Wesentlichen darauf beschränken, neurologische Folgeschäden zu verhindern bzw. zu lindern. Dies geschieht durch folgende Maßnahmen:

  • Komatöse Patienten endotracheal intubieren und kontrolliert beatmen (Normoventilation, keine kontrollierte Hyperventilation, keine Hyperoxie, sondern saO2 94–96%) möglichst keine Muskelrelaxierung; bei erhöhtem Hirndruck: Oberkörper hochlagern, therapeutische Hypothermie (► unten), Krampfanfälle medikamentös behandeln, Blutzucker auf ≤180 mg/dl einstellen, Hypoglykämien vermeiden.

  • Patienten mit nur kurz dauerndem Kreislaufstillstand, die unmittelbar nach der Reanimation wieder erwacht sind, benötigen keine Intubation und Beatmung, sondern erhalten nur Sauerstoff über eine Gesichtsmaske, wenn ihre saO2 weniger als 94% beträgt.

  • Magensonde legen und Magen entlasten,

  • Thoraxröntgenbild zum Ausschluss von Verletzungen durch die Reanimationsmaßnahmen,

  • mittlerer arterieller Blutdruck 90 mmHg oder leicht darüber, jedoch keine hypertonen Werte.

  • Behandlung von Hyperthermie und Fieber, Körpertemperatur ≤37,6°C,

  • Blutvolumen normalisieren,

  • Sedierung nur, wenn erforderlich. Kurz wirkende Substanzen bevorzugen, z. B. Propofol, Remifentanil,

  • bei kardialer Dysfunktion mit hämodynamischer Instabilität: Vasopressoren, inotrope Substanzen, Vasodilatatoren je nach Indikation.

Zielgerichtetes Temperaturmanagement (TTM)

Eine milde induzierte Hypothermie („therapeutische Hypothermie“) von 33°C nach globaler zerebraler Hypoxie bzw. Unterbrechung der Hirndurchblutung wirkt neuroprotektiv und soll die Reanimationsergebnisse verbessern. Die ERC-Leitlinien (2015) empfehlen folgendes Vorgehen:

  • Einhaltung einer konstanten Zieltemperatur zwischen 32–36°C für Patienten, bei denen eine Temperaturkontrolle (TTM) angewandt wird (starke Empfehlung, mäßige Beweislage).

  • TTM bei Erwachsenen nach präklinischem Kreislaufstillstand mit defibrillierbarem Rhythmus, wenn der Patient nach Rückkehr des Spontankreislaufs weiterhin „nicht reagiert“ (starke Empfehlung, geringe Beweise).

  • TTM bei Erwachsenen nach innerklinischer Reanimation (unabhängig vom initialen Rhythmus), wenn der Patient nach Rückkehr des Spontankreislaufs weiterhin „nicht reagiert“ (schwache Empfehlung, sehr geringe Beweise).

  • Die optimale Dauer der TTM nach Reanimation ist nicht bekannt; die Leitlinien empfehlen 24 h (schwache Empfehlung – sehr geringe Beweise).

  • Die Kühlung des Patienten kann mit Kühldecken und Kühlkissen, Wasser- oder Luftzirkulationsdecken, Wasserzirkulationsgelkissen, Infusion von 4°C kalter Lösung (bis zu 30 ml/kg innerhalb von 60–180 min); intravaskuläre Wärmeaustauscher (Kühlkatheter in der V. femoralis oder subclavia) oder mit extrakorporaler Zirkulation erfolgen. Hierbei wird die Temperatur über einen Thermistor in der Blase und/oder im Ösophagus gemessen.

Mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen der induzierten Hypothermie sind:

  • Arrhythmien (meist Bradykardien),

  • gesteigerte Diurese,

  • Elektrolytstörungen (Abfall der Serumkonzentration),

  • Abnahme der Insulinempfindlichkeit mit Hyperglykämie,

  • Beeinträchtigung der Blutgerinnung; Verstärkung von Blutungen,

  • Störungen des Immunsystems, Anstieg der Infektionsrate,

  • Wirkungsverlängerung von Sedativa und Muskelrelaxanzien und anderer Medikamente.

Kontraindikationen sind:

  • Schwere systemische Infektionen und

  • Störungen der Blutgerinnung (aber: fibrinolytische Therapie ist keine Kontraindikation des TTM).

Prognose und Einstufung von Hirnschäden

Je rascher der Patient nach der Reanimation das Bewusstsein zurückerlangt, desto günstiger ist der zerebrale Verlauf. Bei komatösen Patienten (ohne Hypothermie, Sedativa oder Muskelrelaxanzien), die ≥72 h nach dem Kreislaufstillstand immer noch keine Kornealreflexe aufweisen, ist dagegen zuverlässig von einer schlechten neurologischen Prognose auszugehen.

Für die Einstufung der zerebralen Schädigung nach Reanimation eignet sich die Glasgow-Pittsburgh-Skala:

  • Gute Hirnfunktion (I): wach, rege, kann arbeiten; evtl. leichte neurologische oder psychische Störungen.

  • Mäßige zerebrale Beeinträchtigung (II): wach, Hirnfunktion ausreichend, um die Verrichtungen des Alltagslebens unabhängig durchführen zu können. Arbeiten in beschützender Umgebung möglich.

  • Schwere zerebrale Beeinträchtigung (III): wach, benötigt die Hilfe anderer für die Verrichtung des Alltagslebens. Der Zustand reicht von gewisser Beweglichkeit bis zu schwerer Demenz oder Paralyse.

  • Koma oder vegetativer Zustand (IV):Koma jeden Grades ohne die vollständigen Zeichen des Hirntodes; apallisches Syndrom ohne Beziehung zur Umwelt. Spontanes Augenöffnen ohne Schlaf-Wach-Zyklen möglich; nicht ansprechbar.

  • Hirntod (V): Apnoe, Areflexie, Nulllinien-EEG (10.1007/978-3-662-50444-4_36).

Organisation der Wiederbelebung im Krankenhaus

Ein Herzstillstand kann praktisch auf jeder Station des Krankenhauses auftreten. Darum sollten alle dort tätigen Pflegekräfte in den Basismaßnahmen der Reanimation unterwiesen werden und diese Techniken auch sicher beherrschen. Weiterhin sollten sie im Erkennen kritischer Situationen geschult werden, um Herzstillstände zu verhindern. Risikopatienten für einen Herzstillstand sollten von ihnen mit Hilfe eines Frühwarnsystems identifiziert werden; das Frühwarnsystem sollte auch eindeutige Anweisungen für das Vorgehen in kritischen Situationen und beim Herzstillstand enthalten. Außerdem müssen an allen bekannten und rasch zugänglichen Stellen Notfallmedikamente und Geräte zur Wiederbelebung einschließlich Defibrillator (möglichst automatischer Defibrillator) bereit- und instand gehalten werden. Diese Orte müssen allen bekannt sein!

Weiterführende Reanimationsmaßnahmen sollten möglichst durch professionelle Notärzte unter Assistenz von Fachpflegepersonal (Reanimationsteam) durchgeführt werden, z. B. auf Intensivstationen tätige Anästhesisten. Die interne Alarmierung kann über ein spezielles Notfalltelefon („rotes Telefon“), das nur für diesen Zweck benutzt werden darf, erfolgen.

Praxistipp

Die Basisreanimationsmaßnahmen sollten für die Angehörigen der allgemeinen Stationen in regelmäßigen Abständen erneut trainiert werden.

Nachschlagen und Weiterlesen

[1] Gräsner JT, Wnent J, Jantzen T, et al. Das Reanimationsregister der DGAI. Anästh Intensivmed. 2011;52:S9. [Google Scholar]

[2] European Resuscitation Council Kardiopulmonale Reanimation – aktuelle Leitlinien. Notfall- und Rettungsmedizin. 2015;18:748–1015. doi: 10.1007/s10049-015-0081-1. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

[3] Madler C, Jauch KW, Werdan K, Siegrist J, Pajonk FG. Akutmedizin - die ersten 24 Stunden. 4. Elsevier: München; 2009. [Google Scholar]

[4] Monsieurs KG, et al. der Leitlinien zur Reanimation 2015 des European Resuscitation Council. Notfall Rettungsmed. 2015;18:655–747. doi: 10.1007/s10049-015-0097-6. [CrossRef] [Google Scholar]

Internet

Was passiert mit dem Körper beim Herzstillstand?

Ein Herzstillstand bedeutet, dass das Herz nicht mehr schlägt. Somit pumpt es auch kein Blut mehr durch den Körper. Dann ist die Sauerstoffversorgung sämtlicher Organe, Gewebe und des Gehirns nicht mehr gewährleistet - sie stellen nach und nach ihren Dienst ein.

Wie lange leben nach Reanimation?

Gut 30% Prozent der Patientinnen und Patienten, die reanimiert werden, sind im erwerbsfähigen Alter[4]. Drei von vier Personen, die die ersten 30 Tage nach einer Reanimation überlebt haben, können wieder arbeiten. Im Durchschnitt ist dies fünf Monate nach einer Wiederbelebung möglich [12].

Wie geht es einem nach Reanimation?

Behandlung nach einer Reanimation Neben Stabilisierung der Herz-Kreislauf-Funktion und Beatmung wird eine Hypothermie eingeleitet. Die Abkühlung des Organismus unter 36 Grad Celsius zählt derzeit zur besten Therapie nach einer Wiederbelebung, um Gehirnschäden zu reduzieren.

Wie anstrengend ist eine Reanimation?

Nicht zu vergessen ist, dass die Herzdruckmassage sehr anstrengend ist und der Helfer sich auch dabei verletzen kann. Lassen Sie sich jedoch nicht von den möglichen Risiken verunsichern. Während einer Reanimation kommt es oft vor, dass z.B. Rippen brechen, was absolut nicht schlimm ist.