Schweres Asthma, Diabetes, Depressionen – Krankheiten können das Arbeitsleben stark beeinträchtigen. Damit kranke Menschen nicht ausfallen und schon früh eine Erwerbsminderungsrente beziehen, gibt es medizinische Rehabilitationen. Das sind mehrwöchige ambulante oder stationäre Aufenthalte in spezialisierten Kliniken, etwa kardiologischen, orthopädischen oder psychosomatischen. Seit der Gesundheitsreform von 2000
gibt es offiziell nur noch Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen. Umgangssprachlich findet der Begriff „Kur“ aber immer noch Verwendung. Eine medizinische Rehabilitation, kurz
Reha, wirkt kurativ, also heilend. Ob ambulant oder stationär, sie kommt infrage für Patienten, die eine chronische Erkrankung haben oder anderweitig gesundheitlich stark eingeschränkt sind, etwa nach einem Herzinfarkt oder einer Operation. Kurz gesagt: die Vorsorge soll gesund halten, die Reha gesund machen.Reha vor Rente
Kur oder Reha?
Antrag mit Hindernissen
Rund eine Million Menschen machen jedes Jahr eine medizinische Reha. Aber Leser und Bekannte aus dem Umfeld der Finanztest-Redaktion berichten immer wieder, dass das mit dem Reha-Antrag gar nicht so einfach sei. Wir haben mit Kostenträgern, Ärzten und Betroffenen gesprochen und ihre Hinweise in sechs Tipps zusammengefasst.
Unser Rat
Anlaufstellen. Sie haben das Gefühl, es ist Zeit für eine Reha? Wenden Sie sich zuerst an die gesetzliche Rentenversicherung und finden Sie heraus, ob Sie Anspruch auf eine Reha haben und welche infrage käme. Die Servicenummer lautet 0 800/10 00 48 00 (kostenlos). Auf den Internetseiten der Behörde finden Sie Auskunfts- und Beratungsstellen in Ihrer Nähe. In diesen beraten Mitarbeiter Sie persönlich und helfen Ihnen auch, die Reha zu beantragen.1. Keine Zeit verlieren und an die richtige Behörde wenden
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Rehas werden aus unterschiedlichen Töpfen finanziert wie Renten-, Kranken-, Unfallkasse. Sich gleich an den richtigen Kostenträger zu wenden, spart Zeit. Sind Sie berufstätig und soll die Reha helfen, dass das so bleibt, ist meist die gesetzliche Rentenversicherung für Sie zuständig. Sie zahlt ärztliche und therapeutische Leistungen, medizinische Anwendungen, Reise, Unterkunft, Verpflegung. Je nach Einkommen wird aber eine Zuzahlung von bis zu 10 Euro pro Tag fällig – für längstens 42 Tage. Ihr Gehalt bekommen Sie weiter vom Arbeitgeber. Ist Ihr Anspruch auf Entgeltfortzahlung schon ausgeschöpft, springt die Rentenkasse mit Übergangsgeld ein.
2. Gleich zu Beginn klären: Haben Sie überhaupt einen Anspruch auf Reha?
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Dass die Rentenkasse Ihnen eine medizinische Reha finanziert, ist an Voraussetzungen gekoppelt. Bevor Sie sich ans Ausfüllen der Antragsformulare machen, klären Sie, ob Sie diese erfüllen.
Gesundheitliche Voraussetzungen:
- Ihre Erwerbsfähigkeit ist durch Krankheit oder körperliche, geistige oder seelische Behinderung gefährdet oder gemindert.
- Eine Reha könnte Ihre Lage verbessern oder eine Verschlechterung aufhalten.
- Sie haben bereits auf andere Weise versucht, sich zu helfen – sind etwa wegen Ihrer Arthrose bereits bei einem Physiotherapeuten.
Beim Nachweis dieser Punkte spielt Ihr Arzt eine zentrale Rolle (siehe Tipp 3).
Versicherungsrechtliche Bedingungen:
Sie müssen eine der Vorgaben erfüllen.
- Sie kommen als Pflicht- oder freiwillig Versicherter auf eine 15-jährige Mindestversicherungszeit – von der Rentenkasse auch Wartezeit genannt.
- Sie haben in den letzten zwei Jahren vor dem Reha-Antrag mindestens sechs Kalendermonate lang Rentenpflichtbeiträge gezahlt, etwa als Arbeitnehmer.
- Sie haben nach Ihrer Ausbildung innerhalb von zwei Jahren eine versicherte oder selbstständige Beschäftigung aufgenommen und üben diese zum Zeitpunkt des Antrags noch aus, sind arbeitsunfähig oder arbeitslos.
- Sie beziehen eine Erwerbsminderungsrente.
- Sie sind erwerbsgemindert oder Erwerbsminderung ist absehbar und Sie kommen auf eine Versicherungszeit von fünf Jahren.
- Sie sind vermindert erwerbsfähig und beziehen eine große Witwenrente.
3. Ganz wichtig: Mit Ihrem Arzt an einem Strang ziehen
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Die Erfolgschancen Ihres Antrags sind höher, wenn Sie sich eng mit Haus- oder Facharzt abstimmen. Er schreibt für die Rentenkasse einen ärztlichen Befundbericht (ÄBB), der wichtig für die Beurteilung Ihres Antrags ist.
Der ÄBB sollte vor allem eindeutig sein. Leiden Sie etwa seit Jahren an Rheuma, aber auch an Depressionen, müssen Sie zusammen mit Ihrem Arzt überlegen, welche Krankheit Sie vorrangig während der Reha angehen wollen. Davon hängt ab, welche Klinik geeignet ist: eine psychosomatische Klinik oder eine auf Rheumaerkrankungen spezialisierte Klinik. Hauptdiagnose, Funktionsstörungen und bisherige Behandlungen müssen aufeinander abgestimmt sein. Gerade bei Hausärzten, die über die Jahre oft mit vielen unterschiedlichen Problemen ihrer Patienten konfrontiert sind, ist es wichtig, darauf zu achten.
Kann der sozial-medizinische Dienst der Rentenkasse das Ziel der Reha nicht erkennen, lehnt er den Antrag im ungünstigen Fall ab. Oder er fordert ein ärztliches Gutachten an: Ein von der Rentenkasse ausgewählter Arzt nimmt Sie dann unter die Lupe.
Hinweis: Den Rentenkassen Rheinland und Westfalen reicht ein ÄBB nicht. Sie geben immer Gutachten in Auftrag.
4. Bürokratie in Kauf nehmen: Ohne Formulare geht es nicht
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1,6 Millionen Menschen haben im Jahr 2017 die Formulare der gesetzlichen Rentenversicherung ausgefüllt und einen Antrag auf medizinische Reha gestellt.
An die Formulare kommen Sie telefonisch oder in einer der Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherung. Die Mitarbeiter dort helfen beim Ausfüllen (siehe „Unser Rat“ oben). Auch im Internet gibt es das Formularpaket unter deutsche-rentenversicherung.de.
Kernstück des Pakets ist das eigentliche Antragsformular (G0100). Dazu gehört die Anlage G0110. In ihr geht es um Ihre berufliche Situation und Ihre bisherigen Behandlungen. Den „Selbsteinschätzungsbogen“ (G0115) müssen Sie nicht ausfüllen, es ist aber sinnvoll. Hier stellen Sie Ihre Sicht der Dinge dar: Erwartungen an die Reha, familiäre und berufliche Belastungen, Erfahrungen mit bisherigen Behandlungen. Seien Sie ausführlich, notfalls auf einem gesonderten Blatt. Ein weiteres Formular, den AUD-Beleg (G0120), lassen Sie von Ihrer Krankenkasse ausfüllen.
Teils überschneiden sich die Fragen der Formulare. Wichtig ist, dass sich Ihre Angaben nicht widersprechen und zum Befundbericht Ihres Arztes passen. Gehen Sie vor allem auf jene Aspekte von Krankheit, Risikofaktoren, beruflicher und sozialer Belastung ein, die die Notwendigkeit der gewünschten Reha-Maßnahme herausstellen. Leiden Sie an Rheuma, wollen aber nach mehreren depressiven Episoden in eine psychosomatische Klinik, legen Sie darauf den Schwerpunkt.
Zeigen Sie, was Sie bisher schon unternommen haben, etwa Psychotherapie oder Selbsthilfegruppe. Oder erklären Sie, warum das nicht möglich war, etwa wenn es keine freien Psychotherapieplätze in Ihrer Gegend gibt.
Alles ausgefüllt? Der Antrag geht an Ihren Rententräger. Welcher das ist – es gibt insgesamt 16 –, finden Sie auf Ihren Rentenmitteilungen oder im Internet (siehe „Unser Rat“ oben).
5. Anspruchsvoll ja, aber nicht zu wählerisch bei der Klinik sein
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Suchen Sie nach einer Klinik, die Ihnen gefällt. Die Rentenkasse versucht, Ihre Wünsche zu berücksichtigen, solange sie zu Ihrer Indikation passen. Geben Sie an, wann Sie die Reha machen wollen, ob ganztägig ambulant oder stationär. Auch religiöse, weltanschauliche, alters- und geschlechtsspezifische Vorlieben können Sie nennen. Aber: Je mehr Wünsche, desto länger kann es mit einem Platz dauern.
6. Reha-Antrag abgelehnt? Legen Sie Widerspruch ein
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Wird Ihr Reha-Antrag abgelehnt, nehmen Sie es nicht persönlich. Widersprechen Sie. Das geht innerhalb von einem Monat, nachdem Sie den Ablehnungsbescheid erhalten haben. Im Jahr 2017 war von rund 157 000 Widersprüchen immerhin fast jeder zweite zumindest teilweise erfolgreich. Sprechen Sie noch mal mit Ihrem Arzt. Finden Sie vielleicht aussagekräftigere Begründungen für die Notwendigkeit der Reha? Gibt es weitere Unterlagen, die Sie hinzufügen könnten? Auch Beratungsstellen helfen (siehe Unser Rat oben).
Bleibt der Widerspruch ohne Erfolg, klagen Sie besser nicht. Das kann jahrelang dauern. Stellen Sie einfach einen neuen Antrag.