Kann eine Pflegeperson früher in Rente gehen?

A. Welche 7. Schritte zur Erlangung der Anwartschaft von Rentenpunkten müssen bedacht und erfüllt werden?

41.500 20,241. Es muss mindestens der Pflegegrad 2 beim Versicherten vorliegen.

Wenn Sie einen Verwandten oder Freund umsorgen und begleiten, der bei der Pflegebegutachtung durch den MDK in den 6 Bewertungsmodulen in der Einschätzung der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit und Fähigkeiten „nur“ 26 Punkte bekommen hat, dann können Ihre Leistungen nicht durch die Anerkennung von Rentenpunkte gewürdigt werden.

Erst mit einem Punkt mehr können sie aufgrund des dann gültigen Pflegegrades 2 (ab 27 Punkte) die Unterstützung bei der Altersversorgung anmelden.

2. Besteht Versicherungsfreiheit?

Kommen wir gleich zum Entscheidungspunkt, bei denen früher die meisten älteren Pflegenden sich verabschiedet hatten.

Der Grundsatz lautet: Besteht Versicherungsfreiheit, so besteht seitens der Pflegeversicherung keine Versicherungspflicht. Stellt sich die Frage, ab wann und/oder für wen besteht Versicherungsfreiheit?

Die Antwort steht im sechsten Gesetzbuch zur Regelung der Rentenversicherung. Dort wird im § 5 ausführlich erläutert, welche Personengruppen „versicherungsfrei“ sind (z.B. Beamte, Richter, Berufssoldaten etc.). Rechts kann der gesamte Text nachgelesen werden.

Für die meisten ist die Regelaltersgrenze wichtig. Diese liegt derzeit (11/2021 bis 10/2022) bei 65 Jahren und 10 Monaten. Dies sind also diejenigen im Geburtsjahr 1956.

Bezieht man vor dieser Regelaltersgrenze eine Voll- oder Teilrente, so ist man nicht „Versicherungsfrei“ und kann zusätzliche Rentenpunkte mit der Pflege von Angehörigen oder Freunden „verdienen“. Dies betrifft z.B. alle Bezieher einer Altersrente für Schwerbehinderte oder das vorzeitiges Altersruhegeld als Vollrente.

Die gleiche Situation ist gegeben, wenn man nach dem Überschreiten der Regelaltersgrenze eine Teilrente bezieht.

Nur wenn man nach der Regelaltersgrenze eine Vollrente bezieht, ist eine Aufstockung durch die Honorierung einer Pflegeleistung nicht mehr möglich.

3. Flexirente

Mit der flexiblen Gestaltung der Teilrente will der Gesetzgeber den Eintritt in die vollständige Erwerbslosigkeit (Vollrente) flexibler gestalten.

Für Pflegende Angehörige oberhalb der Regelaltersgrenze war dies aber aufgrund der einschränkenden Rahmenbedingungen bisher nicht attraktiv.

Seit 1. Juli 2017 ist die Flexirente aber sehr viel interessanter geworden.

Mit den neuen Regelungen muss eine zu beantragende Teilrente nur noch mindestens 10 % ausmachen. Der Antragsteller kann selber festlegen, welchen vollen Prozentsatz er als Teilrente haben möchte.

In der Regel beantragen Pflegende Angehörige, die die Regelaltersgrenze überschritten haben, neu eine 99,99%-Teilrente. Aktuelle Informationen zum neuen Gerichtsurteil finden Sie hier: 99,99 % Teilrente

Warum auf 0,01%-Rente verzichten?

Je nach persönlicher Situation (Höhe der Rente, Pflegegrad des Angehörigen, Leistungsform (Pflegegeld, Kombileistung oder Sachleistung) kann die zukünftige Rente deutlich aufgebessert werden.

Nehmen wir Frau Meier aus Bremen als Beispiel.

Als typische Hausfrau und Mutter von drei Kindern hat sie nur phasenweise sozialversicherungspflichtig gearbeitet und daher nur eine bescheidene Rentenanwartschaft „verdient“.

Angenommen ihr monatlicher Rentenanspruch beträgt 1.000 €. Sie ist jetzt 66 Jahre alt und pflegt ihren an Demenz erkrankten Ehemann schon seit vier Jahren.

Die Krankheit ist schon stark fortgeschritten und der MDK hat ihm den Pflegegrad 4 zuerkannt. Dreimal die Woche unterstützt die Familie ein Ambulanter Pflegedienst, der über die Kombinationspflege abgerechnet wird.

Aufgrund der aktuellen Erhöhung der Rentenpunkte würde Frau Meier ab Juli 2022 einen Entgeltpunktwert von 20,34 €als Anwartschaft nach weiteren 12 Monaten Pflege erhalten und ab August 2023 einen um diesen Betrag erhöhte Rente ausbezahlt bekommen.

Hierfür verzichtet sie für die kommenden 12 Monate auf 1,20 € (12* 0,10 € (0,01% von 1.000 € Rente)). 

In den fünf Folgejahren verdoppeln sich ihre zusätzlichen monatlichen Rentenansprüche wie folgt (gleichbleibender Entgeltpunktwert angenommen):

2023 = Monat 40,48 € / Jahr 485,76  
2024 = Monat 60,72 € / Jahr 728,64
2025 = Monat 80,96 € / Jahr 971,52
2026 = Monat 101,20 € / Jahr 1.214,40
2027 = Monat 121,44 € / Jahr 1.457,28

In 2027 kann die Pflege nicht mehr Zuhause bewerkstelligt werden.

Herr Meier kommt in eine Demenz-WG und seine Frau beantragt bei der Rentenanstalt wieder die Vollrente.

Sie bekommt nun wieder die 100 % und hat durch die Nutzung der Flexirente ab dann monatlich mit 1.121,44 € statt nur 1.000 € gut ein Drittel mehr Rente – und dies bis zu ihrem Lebensende – zur Verfügung.

Angenommen Frau Meier wird 95 Jahre, so hat der Wechsel zur Flexirente ihr für die Zeit von ihrem 67 bis 95 Lebensjahr eine zusätzliche Rente von über 41.500 € eingebracht. Unter Berücksichtigung von Rentensteigerungen und möglicher Höhestufung vermutlich deutlich über 45.000 €.

4. Mehr als 10 Std. Pflege pro Woche.

Bis zur Reform 2017 war noch der Nachweis von über 14 Stunden Pflegezeit pro Woche nötig, um in den Genuss von Rentenzahlungen zu kommen. Aktuell sind nur noch 10 Stunden hierfür notwendig.

Pflegen mehrere Personen den Pflegeempfänger (Mehrfachpflege), so muss für jede Person der individuelle Pflegeaufwand im Gutachten dokumentiert werden. Anhand des gesamten Pflegeaufwandes wird dann der prozentuale Anteil für die Pfleger ermittelt und der zustehende Rentenbeitrag entsprechend bei der Meldung auf die Beteiligten verteilt

5. Pflege an mindestens 2 Tagen die Woche.

Bei der Begutachtung zum Pflegegrad wird der oder die MDK Mitarbeiter/in klären „ob der Pflegeaufwand der einzelnen Pflegeperson nachvollziehbar bei wenigstens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage pro Woche, liegt“. Die Klärung basiert auf den Angaben, die Sie und der Pflegebedürftige ausgesprochen haben.

6. 30 Stunden-Regelung.

Die nächste „Brücke“ ist genommen, wenn Sie weniger als 30 Stunden regelmäßig beruflich tätig sind. Bei Vollzeitbeschäftigten geht der Gesetzgeber davon aus, dass ausreichend Rentenansprüche über ihren Arbeitgeber gezahlt werden.

7. Keine Profis am Werke.

Wird die Pflege im Rahmen einer gewerblichen Berufsausübung vorgenommen, kann kein Rentenantrag für die Pflegeperson eingereicht werden.

Die allerletzte Hürde ist genommen?

Fast. Eine „Brücke“ haben wir noch 😉

Wer bei der Pflegeversicherung für seinen Pflegenden Angehörigen die Zahlung der Rentenbeiträge beantragen will, der muss noch folgendes Formular gemeinsam mit dem Betroffenen ausfüllen (Achtung, hier eine nicht ganz aktuelle Version):

Formular zum Vergrößern bitte anklicken: