Unter Arbeitsunfälle werden Unfälle gefasst, die versicherte Personen infolge einer versicherten Tätigkeit erleiden. Ein Unfall ist nach Paragraf 8 Sozialgesetzbuch VII „ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt“. Die Berufsgenossenschaften prüfen sehr sorgfältig, bevor sie zahlen. Zwei Punkte sind entscheidend: Handelt es sich tatsächlich um einen Unfall im gesetzlichen Sinne, und steht er in einem inneren Zusammenhang mit der Arbeit? Show
Streit kann Auslöser für Arbeitsunfall seinFührt ein Streitgespräch bei der Arbeit zu einem Herzstillstand, kann dies als Arbeitsunfall anerkannt werden. Das hat das Bundessozialgericht entschieden und damit festgelegt, dass auch ein alltäglicher Vorgang ein Unfall sein kann. In dem Fall ging es um eine Bankkauffrau, die eine Auseinandersetzung mit einem Vorgesetzten hatte. Zurück am Schreibtisch erlitt die Frau einen Herzstillstand und musste notärztlich reanimiert werden. Das Bundessozialgericht erkannte nun grundsätzlich an, dass ein Streit einen Arbeitsunfall auslösen könne. Im konkreten Fall müsse aber unter anderem noch festgestellt werden, ob wirklich die Reibereien oder doch Vorerkrankungen schuld waren (Az. B 2 U 15/19 R). Probleme bei VorerkrankungenWas genau unter Arbeitsunfällen zu verstehen ist, wird oft erst im Einzelfall klar. So hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden, dass die Unfallversicherung nicht die Kosten trägt, wenn die eigentliche Ursache der Verletzung eine Vorschädigung war (Az. L 8 U 5043/09). In dem Fall war eine Frau während ihrer beruflichen Tätigkeit umgeknickt und hatte sich verletzt. Grund für die Verletzung war aber ein Bänderriss, den sie 22 Jahre vorher erlitten hatte. Die Berufsgenossenschaft fragt deswegen häufig bei der Krankenkasse nach, ob Vorerkrankungen des betroffenen Körperteils mitverantwortlich für Unfallschäden sein könnten (zum Vergleich gesetzliche Krankenversicherung). Betrieblicher ZusammenhangAuch der betriebliche Zusammenhang ist ein häufiger Streitpunkt vor den Gerichten: Ein Sturz auf der Firmentoilette stellt etwa keinen Arbeitsunfall dar, so das Sozialgericht Heilbronn (Az. S 13 U 1826/17). Ein Mechaniker hatte geklagt, nachdem er im Toilettenraum seiner Arbeitsstelle auf dem seifigen Boden ausgerutscht und mit dem Kopf gegen das Waschbecken gefallen war. Er erlitt eine Gehirnerschütterung und lag vier Tage im Krankenhaus. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab – mit Recht, wie die Heilbronner Richter urteilten. Der Besuch der Toilette sei privater Natur. Auch in öffentlichen und privaten Toilettenräumen könnten die Fliesen nass und seifig sein. Bemerkenswert: Der Weg von oder zur Toilette ist wiederum geschützt. Sozialrechtsexperte Martin Schafhausen: „Ein ähnlich gelagerter Fall ist der Arbeitnehmer, der sich beim Essen verschluckt. Das ist auch dem privaten Bereich zuzurechnen.“ Man isst eben nicht nur, um die Arbeitskraft zu erhalten. Auch bei Raucherpausen außerhalb der üblichen Pausenzeiten sind Arbeitnehmer deswegen nicht unfallversichert (Sozialgericht Karlsruhe, Az. S 4 U 1189/15). Denn auch dabei liegt keine besondere betriebliche Gefahr vor. Anders sah es das Gericht, als es um die Wartung eines Jobrads ging: Stellt ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten im Rahmen eines „Jobrad-Modells“ ein Fahrrad zur Verfügung, greift unter bestimmten Voraussetzungen die gesetzliche Unfallversicherung auch außerhalb der Arbeitszeit. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden (Az. L 1 U 779/21). Eine Arbeitnehmerin verunglückte, als sie das Fahrrad von der vertraglich festgelegten jährlichen Wartung abholte. Sie verletzte sich am Knie. Da dies außerhalb der Arbeitszeit stattfand, wollte die Berufsgenossenschaft nicht zahlen. Die Frau klagte, das Sozialgericht Ulm gab der Berufsgenossenschaft zunächst recht. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hob die Entscheidung jedoch auf: Der Unfall der Klägerin sei ein Arbeitsunfall, da zumindest die besondere jährliche Wartung in der vom Arbeitgeber vorgegebenen Vertragswerkstatt hier ausnahmsweise eine betriebsbezogene Verrichtung darstelle – auch wenn die Nutzung eines Jobrads grundsätzlich privat sei. Der Betriebsbezug ergebe sich aus der E-Mail des Arbeitgebers mit der Aufforderung und den Vorgaben zur Wartung und der Vereinbarung, wer die Kosten übernimmt. Hinweis: Da der Senat mit dieser Entscheidung den „klassischen“ Bereich der Betriebsbezogenheit erweitert hat, hat er die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zugelassen. Infektion in der Betriebskantine nicht versichertEine Ehec-Infektion in einer Betriebskantine ist kein Arbeitsunfall. Das entschied das Hessische Landessozialgericht (Az. L 3 U 131/18). Die Klägerin erkrankte im Mai 2011 an Ehec und musste intensivmedizinisch behandelt werden. Der Erreger war wohl über ägyptische Bockshornkleesamen in einen deutschen Gartenbetrieb gelangt. Die Sprossen wurden auch an die Kantine der Firma geliefert, in welcher die Frau aus Frankfurt am Main als Wirtschaftsprüferin tätig ist. Die Arbeitnehmerin beantragte das Anerkennen als Arbeitsunfall. Sie habe sich in der Kantine oder bei einer Schmierinfektion im Betrieb infiziert. Zahlreiche weitere Mitarbeiter hätten sich ebenfalls infiziert. Die Richter hingegen urteilten, die Nahrungsaufnahme sei keine versicherte Tätigkeit, sondern eine private Verrichtung. Auch bei einer möglichen Schmierinfektion in den Büroräumen handele es sich um ein allgemeines Lebensrisiko und nicht um ein besonderes betriebliches Risiko. Schutz am ProbetagWenn sich Bewerber bei der Arbeit an einem Probetag verletzen, stehen sie unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wie das Bundessozialgericht in einem Fall entschieden hat. Ein Mann war vom Lkw eines Entsorgers für Lebensmittelabfälle gestürzt. Den Probearbeitstag ohne Vergütung hatte er im Vorstellungsgespräch vereinbart. Das Gericht entschied: Am Probetag gilt der Mann als „Wie-Beschäftigter“ und ist damit gesetzlich unfallversichert. Der Grund dafür: Er hat dem Unternehmen mit seiner Tätigkeit einen wirtschaftlichen Wert erbracht, die einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ähnlich ist (Az. B 2 U 1/18 R). Auf dem Weg zur ArbeitUnter Arbeitsunfälle werden nicht nur die Unfälle gefasst, die sich schon aus dem Wortsinn ergeben. Auch Wegeunfälle fallen darunter. Das sind Unfälle, die Beschäftigte auf dem unmittelbaren Weg zur oder von der Arbeit erleiden. Auch wenn jemand abends Cannabis raucht und am nächsten Morgen auf dem Arbeitsweg verunglückt, kann das ein Arbeitsunfall sein, sofern derjenige sich dabei auf direktem Weg zu seinem Job befand. In einem vor dem Sozialgericht Osnabrück verhandelten Fall hatte ein Radler einen Pkw übersehen und wurde schwer verletzt. Eine Blutprobe ergab 10 Nanogramm pro Milliliter Blutserum des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC). Die Berufsgenossenschaft wollte nicht zahlen. Schließlich drohe Autofahrern schon bei 1 ng/ml Führerscheinentzug. Doch das Gericht urteilte: Bei Cannabis gebe es keine festen Grenzwerte für Fahruntüchtigkeit. Diese lasse sich nicht allein aus dem THC-Wert folgern. Zwar sei Cannabis verboten. Aber gegen ein Verbot zu verstoßen, bedeute nicht automatisch den Verlust des Versicherungsschutzes. Das gelte ja auch bei anderen Verkehrsverstößen. Direkt nach dem Unfall war der Mann bei klarem Bewusstsein, so die Ärzte. Der Unfall sei aus Unachtsamkeit passiert (Az. S 19 U 40/18). Umwege gefährden VersicherungsschutzSchwierigkeiten macht die Berufsgenossenschaft regelmäßig, wenn ein Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit noch irgendetwas erledigt. Der Versicherungsschutz beginnt zwar, wenn der Arbeitnehmer durch die Außentür seine Wohnung verlässt und endet mit Betreten des Betriebsgeländes. „Unmittelbarer Weg“ heißt aber: Umwege sind grundsätzlich nicht versichert. Der kleine Umweg zum Einkaufen oder der Halt auf dem Supermarktparkplatz sind genauso wenig versichert wie der Extraweg zum Tanken (Hessisches Landessozialgericht, Az. L 3 U 195/07). Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer gezwungen war nachzutanken, weil die Tankreserveanzeige aufleuchtete. Das entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Az. L 3 U 268/11). Tanken ist nämlich mehr als eine geringfügige Unterbrechung des Arbeitswegs und damit grundsätzlich nicht versichert (Bundessozialgericht, Az. B2U9/18 R). Wenn der Fahrer nach dem Tanken allerdings wieder auf die übliche Route zum Betrieb oder vom Betrieb zum Wohnort zurückkehrt, greift der Versicherungsschutz wieder. Bestimmte Umwege sind generell erlaubt: Wer sein Kind regelmäßig zur Kita oder zur Schule bringt oder Kollegen auf dem Arbeitsweg abholt, ist auf der Strecke versichert. Auch bei Umleitungen oder weil der Arbeitsplatz über einen längeren Weg schneller erreicht werden kann, ist der Arbeitnehmer auf der Strecke versichert. Crash nach ArztbesuchKein Versicherungsschutz liegt vor, wenn der Arbeitnehmer nach einem knapp einstündigen Arztbesuch während der Arbeitszeit auf dem Rückweg zum Betrieb einen Verkehrsunfall erleidet. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Sozialgerichts Dortmund hervor (Az. S 36 U 131/17). In dem Fall hatte sich ein Arbeitnehmer aus Siegen nach einem Besuch eines Orthopäden auf dem Rückweg zu seiner Arbeitsstätte bei einem Verkehrsunfall erheblich verletzt. Die Richter urteilten, der Mann sei nicht auf einem mit seiner versicherten Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Betriebsweg verunglückt. „Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit“ – zum Beispiel ein Arztbesuch – seien dem persönlichen Lebensbereich des Versicherten zuzurechnen. Weg vom und zum dritten Ort versichertDer Ort, von dem aus der Beschäftigte den – versicherten – Weg zur Firma antritt oder wohin er nach der Arbeit fährt, muss nicht unbedingt die eigene Wohnung sein. Es kann sich auch um einen sogenannten dritten Ort handeln. Ein dritter Ort etwa ist der Wochenendaufenthalt, von dem aus ein Arzt in die Klinik zurückgerufen wird. Dazu zählt die Wohnung eines Bekannten, bei dem eine Arbeitnehmerin regelmäßig ihr freies Wochenende verlebt (Bundessozialgericht, Az. B 2 U 23/03 R). Versichert war auch der Beschäftigte, der die Mittagszeit bei einem Freund verbrachte und auf dem Weg zur Nachmittagsschicht verunglückte (Bundessozialgericht, Az. B 2 U 20/18 R). Wichtig ist: der Beschäftigte hat sich mindestens zwei Stunden dort aufgehalten. Es spielt keine Rolle, ob die Fahrtzeit länger ist, welches Verkehrsmittel genutzt wird oder ob die Strecke ein höheres Unfallrisiko birgt als der übliche Weg zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. Das stellte das Bundessozialgericht in aktuellen Urteilen klar. Es ist außerdem egal, zu welchem Zweck der Ort besucht wurde. Auch Arztpraxis, Autowerkstatt oder Fitnessstudio können zum dritten Ort werden, wenn der Beschäftigte auf dem Weg zur Firma dort Halt macht, weil er etwa einen Termin hat, und mindestens zwei Stunden vor Ort zubringt. Der direkte Weg zum Betrieb ist dann versichert. Selbst die Rückkehr aus dem Urlaub kann laut Bundessozialgericht als Arbeitsweg zählen. Eine Berlinerin und ihr Ehemann gerieten auf der Urlaubsrückreise aus Thüringen in einen schweren Verkehrsunfall – beide waren auf direktem Weg zur gemeinsamen Arbeitsstätte. Die Frau beanspruchte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, doch die wollte nicht zahlen: Der Weg des Ehepaares vom „dritten Ort“ zur Arbeit sei unverhältnismäßig länger gewesen als der übliche Arbeitsweg. Vor Gericht bekam die Geschädigte recht: Nicht die Strecke sei ausschlaggebend, sondern die Handlungstendenz, die Arbeitsstätte zu erreichen (Az. B 2 U 2/20 R). Besserer Schutz bei Unfällen im HomeofficeIm Homeoffice gab es bisher weniger Versicherungsschutz. Wer sich in seiner Wohnung während seiner Arbeitszeit auf dem Weg zur Toilette oder in die Küche verletzte, war im Gegensatz zur Arbeitsstätte nicht versichert. Durch das neue Betriebsrätemodernisierungsgesetz gibt es diese Ungleichbehandlung seit dem 18. Juni 2021 nicht mehr. Geschützt sind Eltern jetzt außerdem, wenn sie vom Homeoffice aus ihre Kinder zu Kita, Kindergarten oder zur Schule bringen und wieder abholen. Nicht versichert sind auch im Homeoffice in aller Regel Unfälle beim Essen und Trinken oder auf der Toilette, etwa wenn Beschäftigte ausrutschen und sich den Kopf am Waschbecken aufschlagen. Nach der Arbeit in die GaststätteAuch der Weg vom Arbeitsplatz zum dritten Ort ist versichert, das kann auch ein Kino oder ein Restaurant sein. Der Versicherte muss aber beabsichtigt haben, dort mindestens zwei Stunden zu verbringen. Das lässt sich bei einem Lokal mit einem mehrgängigen Menü leichter nachweisen als bei einer Fast-Food-Kette. Wer nach der Arbeit eine andere Richtung einschlägt als die zu seinem Wohnort oder einem dritten Ort, befindet sich auf einem Abweg und ist nicht versichert. Das gilt selbst dann, wenn der Beschäftigte versehentlich von der geplanten Route abkommt, so urteilte das Landessozialgericht Thüringen (Az. L 1 U 900/17). Eine Ausnahme gilt für ehrenamtlich Aktive: Wenn ein Beschäftigter nach der Arbeit zu seinem Sportverein fährt, um sich dort als Trainer zu engagieren, sind Hin- und Rückweg automatisch unfallversichert. Unfall in der MittagspauseIn der Mittagspause sind Arbeitnehmer nur bedingt versichert: Verunglückt ein Arbeitnehmer auf dem direkten Weg zum Essen außer Haus, zahlt die betriebliche Unfallversicherung. Ein Unfall bei anderen Erledigungen zählt nicht als Arbeitsunfall. Eine Frau, die sich verletzte, als sie zur Reinigung wollte, bekommt kein Geld. Das hat das Hessische Landessozialgericht entschieden (Az. L 3 U 225/10). Nicht versichert ist, wer in der Mittagspause Fitnessübungen oder einen Erholungsspaziergang macht. Unversichert ist auch der Aufenthalt in der Gaststätte oder Kantine selbst. Training vs. WettkampfViele Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern die Möglichkeit zum Betriebssport. Fußball, Badminton oder Flurgymnastik – die Angebote können vielfältig sein. Auch beim Betriebssport sind die Mitarbeiter gesetzlich versichert, wenn einige Voraussetzungen erfüllt sind: Der Sport muss als Ausgleich für körperliche, geistige oder nervliche Belastungen am Arbeitsplatz dienen. Er muss regelmäßig stattfinden und der Kreis der Teilnehmer im Wesentlichen auf Betriebsangehörige beschränkt sein. Zuletzt muss ein klarer organisatorischer Bezug zum Unternehmen bestehen. Der liegt vor, wenn etwa der Arbeitgeber den Ort oder feste Zeiten vorgibt. Wichtig ist, dass nicht sportliche Höchstleistungen oder die Teilnahme an Wettkämpfen im Vordergrund stehen. Das ist in der Regel der Fall, wenn Mannschaften verschiedener Unternehmen gegeneinander antreten – vor allem bei Punkt- und Pokalspielen zwischen einzelnen Betriebssportgemeinschaften. In einem Fall vor dem Sozialgericht Wiesbaden wurde eine Knieverletzung, die sich eine Frau bei einem Volleyballturnier zugezogen hatte, nicht als Arbeitsunfall anerkannt. Begründung: Der Wettkampf stand im Vordergrund und am Turnier konnten nur wenige Mitarbeiter mitmachen, aber auch Betriebsfremde (Az. S 32 U 34/14). Gesellige TeameventsAuch das gesellige Miteinander auf dem Betriebsausflug oder einer Betriebsfeier kann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Wie so oft, kommt es auf den jeweiligen Einzelfall an. Versichert ist der Arbeitnehmer in der Regel, wenn die Veranstaltung vom Chef ausgerichtet wird, sich an alle Betriebsangehörigen richtet und der Zusammengehörigkeit dient. Versichert: Betriebs-Grillparty. Das Sozialgericht Dortmund hat einen Arbeitsunfall bei einer Arbeitnehmerin anerkannt, die im Laufe eines vom Arbeitgeber organisierten Grillabends umgeknickt und sich das Sprunggelenk gebrochen hat (Az. S 18 U 211/15). Zwar war die Arbeitnehmerin zu dem Zeitpunkt im alkoholisierten Zustand – dadurch verliere sie aber auf einer Betriebsveranstaltung nicht ihren gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Nur wenn Arbeitnehmer so betrunken sind, dass sie nicht mehr in der Lage sind, an dem geselligen Beisammensein teilzunehmen, fallen sie aus dem Schutzbereich raus. Nicht versichert: Unfall mit Segway. Unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht hingegen nicht, wer am Ende einer Fortbildung von seinem Chef zu einer Segway-Tour eingeladen
wird und dabei einen Unfall erleidet. So hat das Sozialgericht Stuttgart entschieden (Az. S 1 U 3297/17). Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erstrecke sich zwar auf die Fortbildungsveranstaltung, nicht aber die Ausfahrt mit dem Segway. Ein Arbeitsunfall setze voraus, „dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb ‚Versicherter‘ im Sinne des Sozialgesetzbuchs ist“.
Nicht versichert: Skiausflug. Auch die Teilnahme an einem vom Arbeitgeber veranstalteten Skiausflug ist nicht gesetzlich unfallversichert, wenn dieser nur einmal im Jahr stattfindet. In dem vom Sozialgericht Karlsruhe entschiedenen Fall verletzte sich der Kläger die rechte Schulter und das Kniegelenk. Das Gericht sah darin keinen Arbeitsunfall. Arbeitsunfall im EhrenamtViele ehrenamtlich Tätige sind gesetzlich unfallversichert. Automatisch gilt das, wenn sie freiwillig für Bund, Länder, Städte und Gemeinden arbeiten oder Helfer von Rettungsorganisationen wie der Freiwilligen Feuerwehr oder der freien Wohlfahrtspflege sind. Gemeinnützige Organisationen wie Tierschutzvereine können eine freiwillige gesetzliche Unfallversicherung für ihre Funktionäre abschließen. Ansonsten fällt die Tätigkeit ihrer Mitglieder nicht unmittelbar unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das zeigt der Fall einer Rentnerin aus Lünen, Nordrhein-Westfalen. Für einen Tierschutzverein kümmerte sie sich regelmäßig um Streunerkatzen. Während einer Fütterung erlitt die Frau einen Verkehrsunfall und klagte auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Doch die Richter des Sozialgerichts Dortmund werteten ihren Einsatz als unversicherte Freizeitbeschäftigung, ohne Aufwandsentschädigung oder Gehalt, die sie aufgrund ihrer Tierliebe ausgeübt habe (Az. S 18 U 452/18). Für ehrenamtliche Helfer in Sportvereinen gilt die gesetzliche Unfallversicherung nicht. In der Regel schützen Vereine ihre Übungsleiter über eine private Gruppenunfallversicherung. Nachfragen ist sinnvoll. Arbeitsunfall beim AuslandseinsatzEin Beschäftigter wurde für ein Jahr nach Vietnam entsandt, wo er ein Projekt in einem Nationalpark betreuen sollte. Bei einer Exkursion erlitt er einen schweren Unfall. Teile seines linken Beins wurden amputiert. Die Unfallversicherung wollte dies nicht als Arbeitsunfall anerkennen, da der Mann sein Gehalt in Vietnam bezog. Obwohl er im Ausland verunglückte, steht er unter dem Schutz der hiesigen gesetzlichen Unfallversicherung, urteilte hingegen das Hessische Landessozialgericht (Az. L 3 U 105/16 ZVW). Der Unfallschutz gelte auch für Arbeitnehmer, die ins Ausland entsandt werden. Und zwar dann, wenn die Entsendung zeitlich begrenzt ist, und der Arbeitnehmer davor und danach bei dem Betrieb angestellt war. In welchem Fall zahlt die Unfallversicherung?Wann zahlt die gesetzliche Unfallversicherung? Die gesetzliche Unfallversicherung tritt ein, wenn ein Unfall am Arbeitsplatz, im Kindergarten, in der Schule oder in der Universität passiert. Aber auch wenn Dir ein Unfall auf dem Weg zur Arbeit oder zurück nach Hause passiert, bist Du versichert.
Wann zahlt die BG nicht?Kein Versicherungsschutz besteht, wenn Verletzungen beziehungsweise Gesundheitsschäden ohne Einwirkung von außen zufällig während der versicherten Tätigkeit auftreten. Auch eine Corona-Infektion kann als Arbeitsunfall gelten.
Was zählt nicht als Unfall?Unfälle, die über einen sehr langen Zeitraum passieren, gibt es nicht. Belasten Sie durch ein Hobby wie Basketball Ihre Kniegelenke zu stark und ziehen irgendwann einen Schaden davon, zählt das nicht als Unfall. Unfallbeispiel: Während des Ski-Fahrens geraten Sie auf einem eisigen Teil der Piste ins Stürzen.
Wann zahlt die Unfallversicherung Schmerzensgeld?Wenn das Unfallopfer unter langfristigen Folgeschäden, wie im Falle einer Invalidität, leidet, kommen zwei Zahlungsvarianten für das Schmerzensgeld einer Unfallversicherung in Frage. Zum einen besteht die Möglichkeit einer Schmerzensgeldrente, zum anderen zahlt die Versicherung das Schmerzensgeld als Einmalzahlung.
|