Geschäftsherr ist wer einen anderen zu einer verrichtung bestellt

Ausführliche Definition im Online-Lexikon

im Sinn des BGB derjenige, der von einem Geschäftsherrn zu einer Verrichtung bestellt ist. Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den der Verrichtungsgehilfe in Ausführung (nicht gelegentlich) der Verrichtung einem anderen außerhalb eines Vertragsverhältnisses widerrechtlich zufügt, und zwar aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung wegen vermuteten eigenen Verschuldens und ohne Rücksicht darauf, ob den Verrichtungsgehilfen ein Verschulden trifft oder nicht. Der Geschäftsherr kann sich jedoch durch den Nachweis der nötigen Sorgfalt bei der Auswahl und Überwachung des Verrichtungsgehilfen entlasten (Entlastungsbeweis; § 831 BGB).

Vgl. auch Erfüllungsgehilfe.

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Haftung für den Verrichtungsgehilfen

§ 831 BGB

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Nachteil dieser Vorschrift ist die Exkulpierbarkeit des Geschäftsherrn, sodass dieser defacto nie aus dieser Norm begründet haftet:

Beispiel: Ein Kunde rutscht auf einer Bananenschale in einem Kaufhaus aus, die dort vom Reinigungspersonal liegengelassen wurde. Die Warenhausgesellschaft kann sich über die sorgfältige Auswahl des Reinigungspersonals entschuldigen, sodass keine Haftung nach § 831 BGB vorliegt. Eine Haftung wird dann mittels culpa in contrahendo nach § 311 BGB mit § 241 II BGB und § 278 BGB. Dieses Prinzip ist jedoch im gewerblichen Rechtsschutz nicht anwendbar.

siehe auch

Rechtswörterbuch

 Normen 

§ 831 BGB

 Information 

1. Einführung

Ein Verrichtungsgehilfe ist eine Person, die mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn (z.B. Arbeitgeber) weisungsgebunden in dessen Interesse tätig wird.

Der Begriff des Verrichtungsgehilfin wird in § 831 BGB verwendet: Begeht der Verrichtungsgehilfe in Ausführung seiner Verrichtung eine unerlaubte Handlung, so ist der Geschäftsherr zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Der Verrichtungsgehilfe muss nicht schuldhaft gehandelt haben.

§ 831 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage. Der Geschäftsherr haftet für eigenes Verschulden, das zunächst vermutet wird. Er hat gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 BGB eine Exkulpationsmöglichkeit.

2. Schutzbereich der Norm

Der Schutzbereich der Norm erstreckt sich auf alle unerlaubten Handlungen, die in Ausführung der Tätigkeit begangen wurden. Dazu sind in der Entscheidung OLG Naumburg 19.06.2008 - 2 U 158/07 folgende Urteile aufgestellt worden:

  • "In Ausführung" ist eine Verrichtung dann erfolgt, wenn ein Handeln innerhalb des übernommenen Pflichtenkreises vorliegt, d.h. dass ein Sachzusammenhang mit der Aufgabe besteht, die dem Gehilfen zugewiesen ist (...). Auch eine Überschreitung des Pflichtenkreises und sogar eine vorsätzliche unerlaubte Handlung kann noch in einem objektiven Zusammenhang mit den zugewiesenen Verrichtungen stehen."

  • "Die Einstandspflicht des Geschäftsherrn für eigenmächtiges Verhalten seines Gehilfen ist aber dann zu verneinen, wenn dessen Verfehlung sich von dem ihm übertragenen Aufgabenbereich so weit entfernt, dass aus der Sicht eines Außenstehenden ein innerer Zusammenhang zwischen dem Handeln der Hilfsperson und dem allgemeinen Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben nicht mehr zu erkennen ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Gehilfe rein zufällig mit den Rechtsgütern des Geschädigten in einer Weise in Berührung gekommen ist, die ihm lediglich die Gelegenheit bot, wie ein deliktisch handelnder Dritter eine von den ihm übertragenen Aufgaben völlig losgelöste unerlaubte Handlung zu begehen."

    Beispiel:

    Sexueller Übergriff durch einen angestellten Physiotherapeuten (OLG München 10.09.2015 - 8 U 1555/15).

3. Voraussetzungen der Haftung

Zwischen dem Verrichtungsgehilfen und dem Geschäftsherrn muss ein Rechtsverhältnis jeglicher Art bestehen.

Voraussetzungen der Einstufung einer Person als Verrichtungsgehilfe sind, dass der Verrichtungsgehilfe

  • in den Betrieb des Geschäftsherrn eingegliedert ist

    Maßgebend für die Einordnung als Verrichtungsgehilfe sind die faktischen Verhältnisse (BGH 06.11.2012 - VI ZR 174/11).

    und

  • dem Geschäftsherrn gegenüber weisungsgebunden ist.

    Dem Verrichtungsgehilfen muss von einem anderen, in dessen Einflussbereich er allgemein oder im konkreten Fall ist und zu dem er in einer gewissen Abhängigkeit steht, eine Tätigkeit übertragen worden sein. Das dabei vorausgesetzte Weisungsrecht braucht nicht ins Einzelne zu gehen. Entscheidend ist, dass die Tätigkeit in einer organisatorisch abhängigen Stellung vorgenommen wird. Es genügt, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken oder entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann.

Der BGH hat zu der Frage, ob ein selbstständiges Unternehmen Verrichtungsgehilfe sein kann, Folgendes entschieden (BGH 06.11.2012 - VI ZR 174/11):

"Der Personenkreis, der nach diesen Grundsätzen "zu einer Verrichtung bestellt" ist, unterscheidet sich von dem Kreis der Erfüllungsgehilfen durch den Mangel an Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Während selbstständige Unternehmen ohne Weiteres Erfüllungsgehilfen sein können, setzt die Qualifikation als Verrichtungsgehilfe Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit voraus (...). Daran fehlt es in der Regel bei selbstständigen Unternehmen, unabhängig davon, ob sie mit dem Unternehmen, für das sie eine bestimmte Aufgabe wahrnehmen, in einem Konzernverhältnis stehen. Die Übertragung von Aufgaben auf ein bestimmtes Unternehmen innerhalb eines Konzerns dient regelmäßig gerade dem Zweck, durch die selbstständige - nicht weisungsgebundene - Erledigung der Aufgabe andere Teile des Konzerns zu entlasten."

4. Ausschluss der Haftung

Der Geschäftsherr kann seine Haftung abwenden, wenn er gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 BGB nachweist, dass

  • er den Verrichtungsgehilfen sorgfältig ausgesucht hat,

  • er bei der Beschaffung von Vorrichtungen oder Gerätschaften sowie der Leitung der Verrichtung die erforderliche Sorgfalt angewendet hat oder

  • der Schaden auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt eingetreten wäre.

 Siehe auch 

Delikt

Erfüllungsgehilfe

Haftung des Arbeitgebers

Haftung des Arbeitnehmers

Schadensersatz

BGH 05.02.2009 - IX ZR 36/08 (Keine Haftung des Gerichtsvollziehers als Verrichtungsgehilfe des Gläubigers aus § 831 BGB)

BGH 21.06.1994 - VI ZR 215/93 (Subunternehmer im Allgemeinen kein Verrichtungsgehilfe des Bauunternehmers)

BGH 05.10.1979 - I ZR 140/77 (Handelsvertreter als Verrichtungsgehilfe)

Wen schädigt der Verrichtungsgehilfe?

Verrichtungsgehilfe des Geschäftsherrn Derjenige, der den Anspruchsteller unmittelbar geschädigt hat, muss Verrichtungsgehilfe (§ 831 BGB) des Geschäftsherrn sein. Definition: Verrichtungsgehilfe ist derjenige, der mit Wissen und Wollen für den Geschäftsherrn in dessen Interesse tätig wird und weisungsgebunden ist.

Wer haftet für verrichtungsgehilfen?

§ 831 lässt den Geschäftsherrn haften, weil der Verrichtungsgehilfe einen Schaden rechtswidrig (aber nicht zwingend schuldhaft) verursacht hat und der Geschäftsherr bei der Auswahl und/oder Überwachung des Verrichtungsgehilfe schuldhaft gehandelt hat.

Wann haftet der Verrichtungsgehilfe?

Haftung für den Verrichtungsgehilfen. (1) 1Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt.

Wer ist Verrichtungsgehilfe Beispiel?

Ein Verrichtungsgehilfe ist eine Person, die mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn (z.B. Arbeitgeber) weisungsgebunden in dessen Interesse tätig wird.