Er grub in seinem hinterhof und machte die entdeckung seines lebens

Der Triceratops gehört zu den Lieblingen aller Dino-Fans. Dieses Exemplar steht im Naturhistorischen Museum in Mailand.

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25.07.2019, 20:36 2 Min.

Damit hat sich Harrison Duran wahrscheinlich einen Kindheitstraum erfüllt: Mit einem Freund machte er sich auf den Weg nach North Dakota, um nach historischen Knochen zu graben. Der Dino-Fan fand einen Dinosaurier-Schädel.

Bei einem Ausgrabungstrip nach North Dakota machte der Biologie-Student Harrison Duran die Entdeckung seines Lebens: Seit seiner Kindheit ist Duran Dinosaurier-Fan, nun grub er den Kopf eines 65 Millionen Jahre alten Triceratops aus. (Jeder Vierjährige weiß, wie der aussieht.) Duran studiert im fünften Jahr an der University of California, Merced, und war zu Ausgrabungszwecken ins Brachland von North Dakota gefahren. Dieser Teil gehört zur Hell Creek Formation, einer wahren Schatztruhe für Fossilienfunde. Die Gesteinsebene dehnt sich in vier Bundesstaaten aus: Montana, North Dakota, South Dakota und Wyoming und enthält Fossilien aus der Kreidezeit, die 65 bis 70 Millionen Jahre alt sind.

Duran kannte die Geschichte dieser Gegend und brach mit einem erfahrenen Ausgräber zu einem zweiwöchigen Trip auf. Michael Kjelland, Professor an der Mayville State University in North Dakota, hatte er zuvor bei einer Konferenz kennengelernt und wegen ihrer gemeinsamen Leidenschaft für Dinosaurier hatten sie schnell Freundschaft geschlossen.

Sie tauften den Dinosaurier Alice

Ihre Ausgrabungen begannen am 1. Juni 2019 damit, Gestein und Schmutz wegzumeißeln, in der Hoffnung, einen Schatz zu finden. Am vierten Tag wurden sie fündig. Das Fossil lag mit der Oberseite nach unten, sodass das linke Horn teilweise zu sehen war – umgeben von Pflanzenfossilien aus der Kreidezeit. "Es war wundervoll, dass wir fossiles Holz sowie Baumblätter drumherum und sogar unter dem Schädel gefunden haben", sagte Duran CNN, "das gab uns ein komplexeres Bild von der Umwelt in der Zeit."

Sie tauften den Dinosaurier Alice, nach der Landbesitzerin. Dann folgte die mühsame Arbeit, Alice freizulegen. "Es dauerte eine ganze Woche, Alice auszugarben", gab die Uni Merced in einer Pressemitteilung bekannt. "Der fragile Schädel wurde sorgfältig mit einem Extra-Kleber stabilisiert, um die gebrochenen, mineralisierten Knochen zu festigen, bevor ein Beschleuniger aufgetragen wurde, um die Strukturen zu binden. Nach der Freilegung umhüllten sie das Fossil mit Folie und Gips, legten es in eine Kiste und umwickelten es mit einer Schaumstoffmatratze mit Formgedächtnis für den Transport ins Labor.

Duran würde den Kopf gern an seiner Uni ausstellen

Die beiden Wissenschaftler fanden eine gemeinnützige Gesellschaft, Fossil Excavators, die Alice genauer untersuchen und den Dinosaurier für eine Ausstellung vorbereiten wird. Duran sagte CNN: "Es wäre wunderbar für UC Merced, Alice auf dem Campus zeigen zu können. Es ist eine so seltene Gelegenheit, so etwas ausstellen zu können, dass ich es gerne mit unserer Campus-Gemeinschaft teilen würde."

Der genaue Fundort bleibt geheim, weil es Menschen gibt, die dorthin reisen und Dinosaurierknochen stehlen könnte. Solche Fälle gab es bereits, erklärte Kjelland. CNN sagte er, dass er glaubt, dass an der Stelle, wo Alice gefunden wurde, noch mehr Knochen gefunden werden könnten.

Wenn junge Autoren ihr Erstlingsb�chlein in die Welt schicken, so pflegen sie es gew�hnlich irgend einer hohen oder ber�hmten Pers�nlichkeit zu widmen, um ihr geringes Opus zu Ehren zu bringen; wenn dagegen bereits bekannte Autoren schreiben, so ehren sie einen ihrer Freunde mit der Dedication.

Da nun aber gegenw�rtiges B�chlein weder so bedeutend ist, um Jemand durch seine Dedication zu ehren, noch ich so anma�end sein will, irgend eine hohe oder ber�hmte Pers�nlichkeit damit zu bel�stigen, sondern die darin enthaltenen Reisemittheilungen nichts Anderes als Lebens- und Liebeszeichen f�r Euch in der Heimath sein sollen, so eigne ich dieselben Dir zu.

Oft in einsamer Gebirgs�de, beim tr�ben Lagerfeuer, wenn das Geheul der Cayotas und Jaguars meine Nachtmusik bildete, flogen meine Gedanken der lieben Heimath zu, und ich dachte Deiner, wie Du mit liebender Sorge dem alternden Vater, der gramgebeugten Mutter zur Seite standest und den Platz ausf�lltest, den der ferne Sohn und Bruder leergelassen. Und so wird es auch wieder sein, und auf n�chtlicher Deckwache in fernen unbekannten Meeren werden wieder meine Gedanken in der Heimath weilen und meine hei�en Segensw�nsche sie begleiten.

Nimm darum dies B�chlein als eine Liebesgabe von mir an; bitte Gott, da� er einst uns Allen ein fr�hliches Wiedersehen verleihen m�ge und gedenke stets in Liebe

Vorwort.

Der Leser soll hier zum ersten Mal mit einem jungen K�nstler bekannt werden, den nicht nur sein frischer fr�hlicher Muth und jene geheimni�volle, aber doch auch so gewaltige Lust nach einem regen Leben, sondern auch der ernste Zweck, seinen Studien obzuliegen und seine Kenntnisse zu erweitern, in die Welt hineingetrieben, und der selbst in diesem Augenblicke bei unseren Antipoden herumschwimmt, oder mit der B�chse auf der Schulter und der Palette in der Mappe die K�sten des indischen Archipels durchforscht und die Sch�tze pl�ndert, die Mutter Natur da drau�en ja mit vollen H�nden ausgestreut �ber das wundervolle Land.

Wilhelm Heine, zuerst zum Architekten bestimmt, fand mehr Freude an der freien Malerkunst. Sein Talent hierzu offenbarte sich bald. Von dem K�nig von Sachsen in seinem Plane unterst�tzt, wandte er sich zuerst nach Paris, dort Decorationsmalerei zu studiren und sp�ter seine Kenntnisse der Dresdener Hofb�hne zu widmen. Die dort 1849 ausgebrochenen Unruhen warfen aber die Kunst weit in den Hintergrund und von seinem rastlosen Eifer f�r dieselbe angetrieben, zog der junge K�nstler dorthin, wohin es Tausende damals schon, wie noch jetzt, in unaufhaltsamer Sehnsucht hin�berdr�ngte �ber das Meer, in dem fernen Lande des Westens, Studien zu sammeln, und das auszubilden in der freien Welt, was er in den Kunst-S�len von Paris vorbereitet hatte mit emsigem Flei�e.

New-York aber gen�gte ihm auch nicht auf die L�nge der Zeit – der Amerikaner ist f�r die Kunst empf�nglich und liebt die K�nstler, aber das Land ist noch zu jung, – die Energie seiner Bewohner wird noch zu sehr f�r das augenblicklich Praktische gefordert, um dem Sch�nen schon seine vollen Sinne weihen zu k�nnen, und wo der Meublesh�ndler noch die �Bilder� zusammen mit Sopha und St�hlen verkauft, wo diese Gem�lde noch zu so und so vielen Dutzend bestellt werden, kann nat�rlich der K�nstler nicht Befriedigung finden.

Heine ergriff denn auch mit Freuden eine g�nstige Gelegenheit, die sich ihm bot, in Begleitung des, schon durch seine fr�heren arch�ologischen Forschungen in Nord- und Mittel-Amerika ber�hmten Herrn Squier, auch fr�herem Gesandten der Vereinigten Staaten in Mittel-Amerika, das letztere Land zu bereisen, um zu Mr. Squier's beabsichtigtem Werke �ber diese Strecken die Illustrationen zu liefern.

Ueber diese Reise, die Heine aber leider allein beenden mu�te, da Mr. Squier durch Verh�ltnisse gehindert wurde, ihm zu folgen, handelt, mit Ausnahme eines kurzen K�nstlerausflugs im Staat New-York, dies kleine B�ndchen, und der Leser folgt dem jungen lebensfrohen Manne vielleicht noch mit mehr Aufmerksamkeit und Interesse, wenn er erf�hrt, da� Wilhelm Heine auch selbst in diesem regen Leben nicht den Drang befriedigt f�hlte, der ihn weiter und weiter trieb auf der einmal betretenen Bahn, denn er befindet sich in diesem Augenblicke an Bord des amerikanischen Geschwaders, das zu einer Recognoscirungstour des indischen Archipels, vorz�glich aber der japanischen K�sten ausgesandt ist, und wohl nicht wiederkehren wird, ohne ein t�chtiges St�ck von der Welt gesehen, ja vielleicht auch ein St�ck in der Welt gethan zu haben.

Von dort werden seine Berichte f�r jetzt in der Allgemeinen Zeitung und dem Ausland erscheinen, seine Stellung an Bord eines der Kriegsschiffe, mit ehrenvollen Auftr�gen der amerikanischen Regierung f�r unterwegs anzustellende Sammlungen, sichert ihm dabei die Gewi�heit, den gr��tm�glichsten Nutzen von solch wilder Fahrt zu ziehen, und wir d�rfen hoffen, da� er uns noch manches Sch�ne von fernen L�ndern erz�hlen wird. Der Einzelne wird doch ja immer nur, m�ge seine Route liegen so weit sie will, auf einen verh�ltnism��ig kleinen Kreis beschr�nkt, und dem Leser bleibt es �berlassen, sich von den verschiedenen Ansichten und Bildern der drau�en Herumstreifenden den Honig zu sammeln und seine Meinung festzustellen.

Heine's Styl ist leicht und ungezwungen, seine Schilderung lebendig und das Herzliche und Gem�thliche seines ganzen Wesens l��t uns ihn bald liebgewinnen, und so hoffe ich denn, da� Dir, lieber Leser, diese Gabe eine willkommene sein wird, wie es mir selber eine besondere Freude gew�hrt hat, den jungen, noch gewisserma�en vom Seewasser triefenden K�nstler bei Dir einzuf�hren.

Friedrich Gerst�cker.

Inhaltsverzeichni�.

K�nstlerausflug durch den Staat New-York1Ein Jahr in Central-Amerika41I.Vorwort. – Zweck der Reise. – Allgemeine Bemerkungen �ber Central-Amerika. – Canalproject zur Verbindung des atlantischen und stillen Oceans.43II.Abreise von New-York. – Die Brig Rogelin. – Ansicht von Haiti. – Eintritt in die Wendekreise. – Unbewohnte Insel. – Mosquitok�ste. – San Juan di Nicaragua. – Deutsches Gasthaus. – Lebensweise.56III.Vorbereitungen zur Flu�fahrt. – Das Bungo. – Abreise von San Juan. – San-Juan-River. – Clima. – Fruchtbarkeit. – Die Machuca-Rapids. – Verungl�ckte Tigerjagd. – Unwetter. – Aerztliche H�lfe. – Castillo Viejo. – Prophezeihung. – Der Wundarzt wider Willen. – San Carlos. – Douane. – See von Granada. – Ankunft in Granada. – Gastfreundlichkeit. – Jahresfeier des 4. Juli.66IV.Die Stadt Granada. – Bauart. – Einwohner. – Lebensweise in Central-Amerika. – Festtage. – Reisezur�stungen. – Unsicherheit der Stra�en. – Art zu reisen. – Flei� der Indianer. – Massaga. – Indisches Begr�bni�.94V.Lavafelder. – Managua. – Reisebekanntschaft. – Landschaftliches. – Puebla nuova. – Ein Raubmord. – N�chtliche St�rung. – Ankunft in Leon.109VI.Freundliche Aufnahme in Leon. – General Munoz. – Ein dem�thiger Apostel Christi. – R�ckkehr nach Granada.120VII.Indigobereitung. – Verfall des Landbaues. – Schlimme Aussichten f�r Ansiedler. – Gef�hrliche Galanterie. – Zunahme der �rztlichen Praxis. – Einflu� des Mondes. – Selbsth�lfe zu rechter Zeit. – Die Schwefelquellen von Tipitapa. – Gef�hrliche Begegnung. – Kriegsanstalten. – Militairische Exercitien.126VIII.Der geendigte Krieg in Nicaragua. – Aufregung in Granada. – Unangenehme Conflicte. – Meeting in Massaga. – Hauptquartier in Managua. – Don Fruto Chamorro. – Gefecht von Nagarote. – Erkrankung. – Gefecht von Chinandega. – Mi�verh�ltni� der Streitkr�fte. – Vertrag von Posolteja. – Treubruch des Generals Lopez. – Ehrenhaftes Benehmen des amerikanischen Gesandten. – Traurige Aussichten.143IX.Neue Erkrankung. – Excursion in das Hochgebirge und die Minendistricte. – Reiseanstalten. – Aufbruch von Leon. – Nachtlager. – R�uberger�chte. – N�chtlicher Ueberfall. – Eintritt ins Gebirge. – Trockenheit. – Zuckererbauung. – Aztekische Sage. – Beschwerlicher Marsch. – Heimathliche Erinnerung.166X.Aufenthalt in San Rafael. – Viehzucht. – Versuch mit dem Lasso. – Weiterreise. – N�chtliches Concert. – Totogalpa. – Der gastfreundliche Cura. – Eine Hochzeit. – Ocotal. – General Guardiola. – Hahnenk�mpfe. – Spielwuth der Bewohner.185XI.Dipilto. – Mangelhafter Zustand des Bergbaues. – Wiederkehrende Gesundheit. – Taminos Feuer- und Wasserprobe zu Pferd. – Erlegter Tiger. – Der Staat Honduras.200XII.Yuscaran. – Don Pedro Xatrerha. – Indianerst�mme. – Gefahren eines Besuches bei ihnen. – Gewaltsame Requisition. – Tegucigalpa. – Sennora L... – General Cabannas.217XIII.S��er Abschied. – Cerro di Ule. – Prachtvolles Panorama. – Heimweh. – Portillo de la Victoria. – K�nstlerische Ausbeute. – Indianische Fiesta. – Gro�e Hitze. – Ein tropisches Gewitter. – Ankunft zu rechter Zeit. – Fata morgana. – San Martin. – Choluteca. – Esteroreal. – Noch etwas �ber das Canalproject. – Ankunft in Leon.232XIV.Gl�cklicher Zufall. – Abschied von Leon. – Ein Jahr Unterschied. – Stars and Stripes! – Ver�ndertes Aussehen von St. Juan di Nicaragua. – Abschied von Central-Amerika. – Allgemeine Bemerkungen und Warnungen f�r Auswanderer.254

K�nstlerausflug durch den Staat New-York.

1.

Die Glocke des Steamers New-York l�utet zum drittenmale, der Ingenieur giebt das Zeichen, das sch�ne gro�e Schiff setzt sich in Bewegung, an seinem Bord drei lustige deutsche Maler. Der Abend war angenehm und lieblich, wie die Abende im Monat August nach einem hei�en Tage an den Ufern des Hudson in der Regel sind.

Auf dem Deck und im Salon des Steamers gab es gutgekleidete Lustreisende, Leute aus der beau monde, welche in die B�der von Saratoga, zu den lieblichen Trentonf�llen oder dem gro�artigen Niagarafall reisten; Frauen und M�dchen, hold und anmuthig, wie sie Amerika und vor allem New-York aufzuweisen hat, in s��em M��iggange sich im einladenden Schaukelstuhle wiegend, lachend, kokettirend; B�reau-Generale, nach ihren Landh�usern gehend, um den Sonntag dort zuzubringen; Brod- und Schweineh�ndler en gros, welche nach abgeschlossenen Gesch�ften sich wiederum ins Land hinein begeben, um alsbald mit neuen Sendungen nach New-York zur�ckzukehren; mitunter auch wohl ein finsterer Pfaffe, deren einer, ein Methodist, sogar sp�ter das Publikum mit einer Art Reisepredigt erlabte, an der jedoch nur blutwenig Zuh�rer Geschmack zu finden schienen.

Die gro�e wandernde Stadt, auf der wir uns befinden, Euch n�her zu beschreiben, erla�t Ihr mir wohl, meine Lieben; Fritz Gerst�cker hat es in seinen Mississippi-Bildern bereits besser gethan, als ich es im Stande sein w�rde. Die achthundert Pferdekraft der Dampfmaschine trieben uns rasch den prachtvollen, hier ziemlich sechshundert Fu� breiten Hudson stromaufw�rts. Zur Linken streckten sich hohe Felsw�nde in die H�he, die Palisaden genannt, zur Rechten lagen lachende Landh�user in �ppig bl�henden G�rten, kleinere oder gr��ere Dorfschaften dazwischen, hier und da ein Bach oder ein Fl��chen, dessen Wasser sich entweder still und ger�uschlos mit dem Hudson verm�hlt, oder eine kleine Bucht bildet, an deren Saum freundliche Spazierg�nge den Reisenden zu l�ngerem Verweilen anzulocken scheinen.

Wahrlich, wer sich die Staaten Nord-Amerikas als arm an malerischen Natursch�nheiten vorstellt, der befindet sich in gro�em Irrthume; sie sind freilich von ganz anderem Charakter wie unsere europ�ischen, wollen studirt und in ihrer Eigenth�mlichkeit aufgefa�t sein, bieten dann aber auch dem K�nstler gar manche sch�tzbare Ausbeute.

Erm�det vom Getreibe der riesigen Hauptstadt, erlabte ich Augen und Herz an den lieblichen Gem�lden.

Der Kessel von Sing-Sing, wo der Strom eine gro�e Bai von vielleicht einer deutschen Meile im Durchmesser bildet, ward mit Sonnenuntergang passirt, und von den Bergen von West-Point strahlte bereits der Mond sein mildes Licht �ber die lieblichen Gefilde. Der Abend r�ckte weiter vor und nachdem die sch�n geformten Berge von Katshill in der Ferne vor�ber geglitten, ging ich in meine Koje, mich f�r den kommenden Tag zu st�rken, da die Ufer von hier an bis Albany flach werden und nicht mehr die M�he des Aufbleibens lohnen.

Bei meinem Erwachen legte der Steamer gerad am Quai von Albany an, weshalb ich auch au�er dem Quai und der Stra�e, die nach der Eisenbahn f�hrt, nichts von dieser Stadt sah. Kurze Rast nebst Fr�hst�ck, und weiter ging es beim ersten Strahl der lauen Morgensonne auf dem Schienenwege hin, durch das Mohawkthal. Ueberall bl�hende, fruchtbare Felder, nette Ortschaften, freundliche Landh�user, gro�artige Fabrikgeb�ude l�ngs der ganzen Bahn; der zur Seite sich hinziehende gro�e Kanal voll regen Lebens, �berall th�tige, kr�ftige, gesunde Menschen, �berall Leben, Licht, Freiheit. So ging's bis Utica, dem ersten Haltpunkte.

Nachdem wir uns gl�cklich durch die l�rmende, dr�ngende Menge hindurchgearbeitet, mietheten wir einen Wagen, der uns mit seinen vier R��lein zu den Trentonf�llen bringen sollte. Auf einem gut unterhaltenen Bohlenwege, dessen holzverschwenderische Anlage und Erhaltung – der ganze Weg ist mit zw�lf Fu� langen, zw�lf Zoll breiten und vier Zoll starken Bohlen belegt – manchen unserer gewissenhaften deutschen Forstm�nner zur Verzweiflung bringen w�rde, rollten wir munter dahin; die acht Miles waren verh�ltni�m��ig schnell zur�ckgelegt und bald empfing uns das gastliche Dach des Herrn Moore.

Unsere gespannte Neugierde erlaubte uns zuv�rderst kein langes Verweilen unter demselben, wir eilten den F�llen zu und hatten schon bei ihrem ersten Erblicken die freudige Ueberzeugung, da� dieser eine Punkt allein schon der Reise werth war.

Der West-Canada-Creek st�rmt hier durch tiefe Schluchten, l�ngs welcher sich starre, hier und da mit B�umen und Buschwerk gekr�nte, oft auch nackte, in bizarren Formen gebildete, zwischen dreihundert und vierhundert Fu� hohe Felsw�nde, senkrecht aus dem Flusse erheben. Dazwischen hin sch�umt der Flu�, manchmal in einer Breite von hundertf�nfzig Fu�, �ber die geradlinigen Fl�tzgebirgformationen weggleitend, dann wieder in einen viel engeren Raum zusammengezw�ngt, durch zerkl�ftete Felsbl�cke sich Bahn brechend, mit einer Fallh�he von dreihundertachtzig Fu� auf eine kleine halbe (engl.) Meile. Nach Freund M�ller's Aussagen gleicht der gr��te dieser Wassersturze in mehren Abs�tzen den Wasserf�llen, welche er auf seiner letzten europ�ischen Reise in Dalmatien gesehen.

Hier schied ich auch von einem alten Landsmanne, D. M., der nur vorl�ufig nach Amerika her�bergekommen war, um sich das Land, behufs einer etwaigen sp�teren Uebersiedelung, zu besehen und uns junges Volk bis hierher begleitet hatte. Er schien von dem, was er bis da gesehen, nicht sehr befriedigt; das pa�te alles nicht recht zu seinen deutschen Agriculturbegriffen. Der Abschied von dem alten Knaben war ein wehm�thiger und schwerlich d�rfte ich ihn noch einmal wiedersehen.

Die sch�nen landschaftlichen Vorw�rfe wurden nun flei�ig ausgebeutet und nach zehnt�gigem Aufenthalt hatten wir unsere Malermappen mit manchen h�chst sch�tzenswerthen Motiven bereichert.

Herr Moore, der gastfreundliche, humane Besitzer des gro�en Hotels, ein gro�er Kunstliebhaber, bestellte bei uns einige Bilder mittlern Formats f�r recht anst�ndigen Preis, und �berdies noch einen Cyclus von Zeichnungen, als Illustrationen einer beabsichtigten Beschreibung der Trentonf�lle. Trotzdem sich Herrn Moore's selbst erworbenes Verm�gen kaum �ber einen angenehmen Wohlstand hinaus erstreckt, ist derselbe doch ein eifriger Bef�rderer der sch�nen K�nste und besitzt eine, f�r seine Mittel nicht unbedeutende Sammlung von Gem�lden, gr��tentheils von K�nstlern, die bei ihm einsprachen. Nebstdem hat er auch noch den gew�hnlichen Hotelpreis von zwei Dollars t�glich, f�r K�nstler auf die H�lfte herabgesetzt, was bei der ganz vorz�glichen Bewirthung eine sehr m��ige Bezahlung ist. Herr Moore trieb seine Artigkeit so weit, uns selbst nach Utika zur�ckzufahren, wo wir herzlich und auf baldiges Wiedersehen von ihm schieden.

Und weiter ging es per Dampf, �ber Syrakus, wo bei Ankunft des Zuges zwanzig Glocken, in den H�nden von zwanzig Kellnern, vor eben so vielen Hotels, einen wahren Heidenl�rm erhoben, um allen Ankommenden recht eindringlich das Zeichen zum Essen zu geben; dann wieder weiter, nach Oswego hin, oft durch W�lder und �des Sumpfland. Die Gegend sieht hier fiebrig und unheimlich aus, so da� man kaum zu athmen wagt.

In Oswego, einer Stadt von nahe an f�nftausend Einwohnern, bestiegen wir von Neuem einen Steamer und rasch dahin glitten wir �ber die blaue Wasserfl�che des Ontariosees, bald nur noch einen schmalen Streifen Land im Gesicht behaltend. Vier Uhr Morgens langten wir in Lewis-Town an, noch ein kurzes St�ck Eisenbahn, und zwar das erb�rmlichste, das je von Menschenhand erbaut worden ist, und mit Tagesanbruch standen wir da, wo:

�sch�umendes Gew�sser mit Donnergebr�ll hinabst�rzt in die grausige Tiefe!�

Es kann nicht meine Absicht sein, geognostische Abhandlungen zu verfassen, und eben so wenig poetische Reisenovellen zu schreiben; doch mu� ich gestehen, da� das gro�artige Naturschauspiel, ohne Zweifel das gr��te dieser Art auf dem bekannten Erdenrund, erst allm�lig begann, einen tiefen und gewaltigen Eindruck auf mich zu machen, je l�nger ich davor verweilte und die colossalen Proportionen zu messen begann. Die ganze L�nge des Falles mag etwa tausend Schritte betragen, die senkrechte H�he, nach dem Augenma� beurtheilt, vielleicht ein Drittheil so viel, und ist in der Mitte von einer kleinen Felseninsel unterbrochen, zu der oberhalb des Falles eine Br�cke f�hrt. Der Niagara selbst ist von brillantem Smaragdgr�n und bis weit unterhalb des Falles vom Schaume milchig gef�rbt, was dem Maler reizende Farbenabwechselungen und Ueberg�nge gew�hrt; auf beiden Seiten begr�nzen den Fall hundertachtzig bis zweihundert Fu� hohe Felsw�nde. Alle diese Formationen (Fl�tzgebirge) tragen Spuren der Gewalt des Gew�ssers und bis eine (engl.) Meile unterhalb seiner jetzigen Stelle hat der Fall die Merkmale seiner Zerst�rungswuth zur�ckgelassen. Man hat nach Wahrscheinlichkeitsgr�nden berechnet, da� der Fall drei�igtausend Jahre gebraucht habe, um sich diese Bahn auszuwaschen; aber bei aller m�glichen Hochachtung vor den Berechnungen der Gelehrten und Naturforscher, erscheint mir die hier in Frage gestellte denn doch etwas problematisch, ohngef�hr so wie die Berechnung der Entfernung mancher Fixsterne. Da hei�t es auch: wer's nicht glaubt, mag das Gegentheil beweisen! Das ganze Ufer zun�chst des Flusses ist bedeckt mit herabgest�rzten Felstr�mmern, deren eben so viele in den Fluthen begraben sein m�gen, gleich dem Table-Rock seligen Andenkens, der etwa vier Wochen vor unserer Ankunft gl�cklich zur Tiefe abgefahren ist. Ich besinne mich, irgendwo von der Berechnung eines englischen Ingenieurs gelesen zu haben, der ganz vor Kurzem erst herauscalculirt haben wollte, wie lange das Wasser sich durchaus noch zu strapaziren habe, bevor es mit der Unterwaschung besagten Table-Rocks gl�cklich zu Stande gekommen sei; ich m�chte wohl wissen, wie weit er in seiner Berechnung fehlgeschossen haben mag? – Die Ufer des Niagara waren in den Jahren 1812 bis 15 der Schauplatz zahlreicher Gefechte mit den Engl�ndern, und in einer Schlacht ohnweit der F�lle sollen an viertausend Todte geblieben sein.

Amerika ist das Land der Industrie und Speculation, Niagara das Land der f�nfundzwanzig Cents: Du gehst auf die Heiligeninsel, kostet 25 Cents, – Du gehst zwei Meilen unterhalb der F�lle �ber die H�ngebr�cke, kostet 25 Cents, – Du l��t Dich in einem kleinen Boote �ber den Flu� setzen, kostet 25 Cents, – Du willst unter den Fall selbst steigen, kostet 25 Cents u. s. w.

Der hiesige Gasthof war das Gegentheil von Herrn Moore's Hotel; zwei Dollars t�glich und alles mordschlecht. Wir machten Studien so viel als m�glich, und beeilten uns fortzukommen, so viel als m�glich, und zwar um so mehr, als wir beim Arbeiten viel von der unertr�glichen Neugierde des reisenden Publikums zu leiden hatten.

Noch am letzten Tage hatten wir das traurige Schauspiel, ein armes Pferd, welches sich, oberhalb der F�lle von Hunden gehetzt, in den Flu� retirirt haben mochte, den Fall hinunterst�rzen zu sehen. Weiter unterhalb fanden wir das arme Thier, zerschellt und kaum noch kenntlich, von den Fluthen auf's Ufer geschleudert daliegen. Ein Canalboot mit einer Schweinefleischladung, welches vor etwa sechs Wochen den Flu� hinabgetrieben worden war, h�ngt inmitten des Falles, von einem emporragenden Felsen aufgehalten, auf dem Rand des Sturzes, von brausenden Gew�ssern umtobt; das Treibeis des n�chsten Winters wird es wohl noch vollends zertr�mmern. Seltsam, trotzdem es nur ein lebloser Gegenstand ist, kann man es nicht ohne ein Gef�hl des Bangens da h�ngen sehen und empfindet unwillk�rlich eine Art von Mitleid mit dem armen Ding.

Kurz und gut, unsere Studien waren beendet, unsere Zeit gemessen und wir hatten nicht Lust, l�nger hier m�ssig liegen zu bleiben; wir begaben uns daher vermittelst obbemeldeter schlechten Eisenbahn wieder auf die Wanderschaft und an Bord des n�mlichen Steamers, der uns in Lewis-Town ans Land gesetzt hatte.

2.

Unsere zweite Fahrt auf dem Ontariosee war bei weitem l�nger als die erste, denn wir befuhren ihn in seiner ganzen L�ngenausdehnung, ber�hrten nochmals Oswego, landeten in Sacketts Harbour, ein Name, der sowohl im britisch-franz�sischen, als im amerikanischen Befreiungskriege vielfach genannt worden, als wichtigster Posten am Ontariosee; sahen sp�ter Kingston und die rothen R�cke der englischen Soldaten und passirten am Nachmittage die Tausend-Inseln. War schon die Fahrt �ber den See mit seinen langgedehnten flachen Ufern langweilig, so wird die Fahrt zwischen diesen kleinen, niedrigen, mager bewaldeten, sich �hnelnden Inselchen zuletzt im h�chsten Grade erm�dend. Ob es ihrer gerade tausend waren, wei� ich nicht, denn ich habe sie wahrhaftig nicht gez�hlt, war aber herzlich froh, als uns am Abend die Lichter von Ogdensburg das Ziel unserer Wasserfahrt andeuteten.

Hier wurden wir auf dem Landgute des Herrn von R......... h�chst gastfreundlich aufgenommen und bewirthet. Diese Farm, von ungef�hr eintausend Acres gekl�rten Landes, kann als ein vollendetes Muster amerikanischer Landwirthschaft gelten und ich h�tte wohl gew�nscht, mein alter Landsmann D. M. h�tte seine Untersuchungsreise bis hierher ausgedehnt. Herr v. R......... hat in unglaublich kurzer Zeit Alles, was er besitzt, aus einer W�ste geschaffen; denn als er sich in Ogdensburg ansiedelte, wurden noch da Hirsche geschossen, wo jetzt sein sch�nes Wohnhaus steht, und dunkle Kieferwaldung stand noch da, wo jetzt ein lieblicher Park angenehme Spazierg�nge bietet und in gro�artigen Glash�usern S�dfr�chte und tropische Pflanzen reifen. M�hlen aller Art, Manufakturen, Eisenwerke, fast alle von Herrn v. R........ gegr�ndet, liegen in und um Ogdensburg. Es kam ihm allerdings bei seinen Unternehmungen trefflich zu Statten, da� er ein sehr bedeutendes v�terliches Verm�gen mitbrachte, was freilich unter allen Umst�nden das Farmerleben aller Orten wesentlich angenehmer macht; immer aber kann man sich hier �berzeugen, da� sich auch ohne jenes Zaubermittel Flei� und Ausdauer hier reichlicher lohnen, wie in vielen andern L�ndern. Nach so manchen Beobachtungen m�chte ich daher �berhaupt jedem in der Union Einwandernden dringend anrathen sich, wenn es seine Mittel irgend verstatten, erst in den verschiedenen Strichen des Landes umzusehen und sich mit dem landwirthschaftlichen Betrieb da und dort recht genau bekannt zu machen, bevor er sich f�r einen Punkt entscheidet und dann das Ganze nach vielleicht get�uschten Erwartungen beurtheilt. Eben so Viele sind durch Nichtbeachtung dieser Vorsicht zu Grunde gegangen, als andrerseits durch deren Beachtung binnen nicht sehr langer Zeit Andere zu Wohlstand, ja sogar zu Reichthum gelangt sind. Wer aber aus Tr�gheit oder Unwissenheit darauf beharrt, sich am ersten besten Fleck niederzulassen und das Land nach den aus Deutschland mitgebrachten Begriffen zu bebauen, dem wird es nicht besser ergehen, wie es wahrscheinlich einem Amerikaner ergehen w�rde, dem es einfiele unbebautes Land in Ungarn oder Ru�land zu aquiriren und nach amerikanischem Systeme auszubeuten.

Nicht verschweigen kann ich es, da� ich auch in Frau v. R........ eine der liebensw�rdigsten, feingebildetsten Frauen kennen lernte, die nicht nur die Erziehung und den Unterricht ihrer Kinder fast allein besorgt, sondern auch durch rastlose Th�tigkeit und umsichtige Leitung ihres gro�en Hausstandes, eine Gewohnheit, die sonst den amerikanischen Frauen, bei vielen anderen Vorz�gen, nicht eben sehr eigen ist, wesentlich zum Gedeihen des Ganzen beitr�gt.

Ogdensburg gegen�ber wurden in der Insurrection von 1837 mehre Gefechte geliefert; unter andern hatten die Insurgenten eine sehr feste Stellung inne, die nur nach hartn�ckigem Kampfe genommen werden konnte. Im Lande ist sie unter dem Namen: die Schlacht bei der Windm�hle, bekannt geblieben.

In Ogdensburg war w�hrend unseres Aufenthaltes daselbst von der Miliz des Districtes ein Uebungslager bezogen worden, an das man allerdings nicht den Ma�stab unserer europ�ischen Revuen und Man�vers legen darf. Diese Miliztruppen waren n�mlich in vier Gattungen getheilt, als: erstens, Bewaffnete und Uniformirte; zweitens, Bewaffnete und Nichtuniformirte; drittens, Uniformirte und Nichtbewaffnete; viertens endlich, Nichtuniformirte und Nichtbewaffnete. – So passirte dieses Corps von beil�ufig dreihundert K�pfen die Revue, durchzog die Stadt mit Musik und erf�llte sie mit kriegerischem Gepr�nge. Nichtsdestoweniger hat jedoch die Erfahrung bereits bewiesen, da� diese Leutchen, sobald es einmal Ernst gilt, ebenso wacker zu k�mpfen wissen, wie nur irgend eine Truppe der Welt. – Wir aber zogen von dannen, denn nun sollte der zweite Theil unseres Ausfluges, das Waldleben beginnen.

Wir hatten uns dazu die Ufer des Roquette-River ausersehen. Wollt Ihr, meine Lieben, diesen Platz auf einer Spezialkarte der Vereinstaaten finden, so sucht ihn im Norden des Staates New-York, auf dem westlichen Abhange des H�henzuges, welcher ihn von S�d nach Nord durchschneidet. Dort ist noch eine undurchdringliche Wildni� in einer Ausdehnung von hundertzwanzig bis hundertdrei�ig Meilen, die uns reichen Stoff zu solcher Art landschaftlicher Studien verhoffen lie�. In jeder Richtung hin keine Ansiedelung zu finden; dagegen bev�lkern Hirsche im Ueberflusse und selbst Elenthiere den Wald, zahllose Forellen der vorz�glichsten Gattung die B�che und Fl�sse, und wilde Enten, Fasanen, Truth�hner, wilde Tauben sind in solcher Masse vorhanden, da� der J�ger die reichste Beute findet. Inmitten dieser W�lder, auf der Hochebene des Gebirges, ist ein ziemlich bedeutender See, Long-Lake genannt, der s�dw�rts den Hudson und nordw�rts drei parallel laufende Fl�sse, den St. Regis-, den Roquette- und den Gros-River entsendet.

Ueber Canton, Stockholm, Potsdam, Rom kamen wir bis Parisville, wo die Poststra�e aufh�rt. Ein kleines W�gelchen f�hrte unser Gep�ck weiter, wir selbst aber wanderten per pedes nebenher, �ber Kn�ppeld�mme, Sumpf und Moor in den Wald hinein, selten eine Ansiedelung treffend, die hier schon sehr d�nn werden. Zu zehn englischen Meilen brauchten wir einen ganzen Tag; f�nfmal brach unser W�gelchen und zuletzt so rettungslos, da� wir es zur�cklassen mu�ten, und die letzten Meilen mit unserer Bagage auf den Schultern marschirten, bis wir sp�t Abends zum Tode erm�det im letzten Settlement anlangten.

Hier lie�en wir den gr��ten Theil unseres Gep�ckes zur�ck, uns nur auf das Nothwendigste beschr�nkend, und am anderen Morgen ging die Wanderung auf einem Canoe weiter, dasselbe nach Art der Indianer bei jedem Rapid (Stromschnelle) auf den Schultern um diese herumtragend. So leicht nun auch ein solches Bootchen von Birkenrinde ist, so ist es doch nichts destoweniger eine harte Arbeit, es immer weiter zu schleppen, und oft haben wir bei solcher Bergstelle von kaum einer englischen Viertelmeile mit Aus- und Einladen, Weitertragen, drei bis vier Stunden zugebracht. Noch weitere f�nfzehn Meilen wurden auf diese Weise m�hsam zur�ckgelegt und endlich langten wir am Starks-Fall, unserm Bestimmungsorte an.

Eine Schanty d. h. eine kleine H�tte von rohen St�mmen, mit Rinden bedeckt, an der vierten, dem Feuer zugekehrten Seite offen, wie sie Holzf�ller bei ihrem Aufenthalt im Walde, oder J�ger die l�ngere Zeit an einer Stelle verweilen, errichten, fanden wir noch in ziemlich gutem Zustande und hatten uns bald so wohnlich, als es irgend gehen wollte, eingerichtet. Ein helles Feuer von m�chtigen, acht Fu� langen Kl�tzen loderte lustig im Abendwinde und in unsere Decken geh�llt, brachten wir unsere erste Nacht in einem amerikanischen Walde trefflich schlafend zu.

Unser Leben war freilich ein etwas beschwerliches, denn da wir allein auf uns verwiesen waren, mu�ten wir uns selbst Nahrungsmittel verschaffen, Holz f�r die Feuerung hauen und unser einfaches Mahl selbst bereiten. Meine H�nde sahen bald so rauh aus, als zu jener Zeit, da ich Maurerlehrling war, und gar oft klebte mein Blut am Axtstiel. Nichtsdestoweniger wurde flei�ig gemalt, wozu wir hier herrliche Studien fanden, und immer noch blieb genugsam Zeit �brig, dem edlen Waidwerk obzuliegen.

Allmorgendlich, sobald es nur hell genug war um Korn und Visir erkennen zu k�nnen, ging ich am Flu�ufer pirschen. Nie habe ich so zahlreiche F�hrten nebeneinander gesehen, es war, als ob eine Herde Schafe durch den Wald getrieben worden w�ren. Da ich aber keine genaue Kenntni� der Wechsel hatte, so jagte ich nur auf der F�hrte und hatte das Gl�ck, schon am zweiten Morgen ein altes Thier und zwei Spie�hirsche in Zeit von einer Stunde zu schie�en; so hatten wir Fleisch im Ueberflu� und besonders gab das der Spie�er, auf indianische Manier auf einen Baumzweig gespie�t, einen gar saftigen, k�stlichen Braten.

Unser Appetit ward aber auch durch die ungew�hnte Lebensweise und den steten Aufenthalt in freier Luft so gesch�rft, da� wir, im Verein mit ein paar J�gern, die weiter hinauf an den Flu� wollten und einen halben Tag bei uns verweilten, die zwei Spie�er in drei Tagen radical aufzehrten, wobei ich inde� bemerken mu�, da� die Hirsche hier zu Lande bedeutend schw�cher sind, als in Europa.

Einen ganz vorz�glichen Braten bot uns auch die sogenannte schwarze Wildente, welche vom Fressen einer gewissen, nur hier in den S�mpfen vorkommenden Wasserpflanze au�erordentlich fett und schmackhaft wird. Aus Mangel an Schrotladung und einer Flinte, war ich gen�thigt den Fasan, die Ente und selbst die wilde Taube mit der B�chse zu schie�en. Da man inde� selten weiter als vierzig bis f�nfzig Schritt zu schie�en hat, gew�hnte ich mich bald daran und habe selten gefehlt. H�uten, Aufbrechen und Ausweiden der Thiere, Trocknen der H�ute und R�uchern des Fleisches auf indische Weise, gaben manche spa�hafte Besch�ftigung und gute Gelegenheit etwas zu lernen. Meinen dritten Hirsch habe ich so tadellos aufgebrochen und ausgewirkt, da� jeder gelernte Waidmann seine Freude daran gehabt h�tte.

W�lfe, obgleich dieselben noch ziemlich h�ufig sein sollen, habe ich noch nirgend gesehen, selbst nicht Spuren, und ebensowenig F�chse, Panther und B�ren, die hier nur h�chst selten vorkommen sollen.

An einem Regentage, der das den Boden bedeckende d�rre Laub vollkommen durchweicht hatte, folglich h�chst g�nstiges Wetter zu einem Pirschgange bot, hatte ich, obschon auf viele F�hrten treffend, erfolglos vom Morgen an gejagt und mich etwas weiter als gew�hnlich von unserm Lager entfernt. Gegen Abend kam ich auf eine ganz frische F�hrte die ich verfolgte und mich denn auch bald auf einer kleinen Waldwiese einem stattlichen Hirsche gegen�ber befand. Die Entfernung war zwar etwas weit, hundertdrei�ig bis hundertvierzig Schritt, doch die Zeit dr�ngte, denn wir brauchten Fleisch, und nirgend sah ich eine Deckung um n�her heran zu schleichen. Langsam hob ich die treue B�chse, ein scharfer Krach ersch�tterte die Atmosph�re und mit einem dumpfen Schrei st�rzte das edle Thier zu Boden. �Guter Braten!� dachte ich, und stie� in aller Ruhe eine frische Kugel in den Lauf hinab, doch ehe ich noch mit Laden fertig war, erhob sich der Hirsch pl�tzlich wieder, ein angestrengter Satz und er tauchte in das bunte Dickicht der Sassafrasb�sche nieder. Auf dem Anschu� fand ich Schwei� in Menge und Lungenkr�mel. Der deutlich ausgepr�gten und mit Schwei� ganz �bergossenen Spur folgend, ward ich aber nach drei�ig bis vierzig Schritten von undurchwadbaren Sumpf aufgehalten; ich umkreiste denselben, der Hirsch war darin, ich h�rte ihn deutlich nur wenige Schritte vor mir, im Todeskampfe die B�sche knicken, und konnte nicht zu ihm, denn so oft und von welcher Seite ich es auch versuchte, versank ich gleich beim ersten Schritt bis �ber die Knie in den morastigen Boden.

Das war denn nun h�chst fatal! nicht nur weil ich sehr ungern das sch�ne St�ck Wild einb��en wollte, sondern auch weil ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte und folglich Fleisch brauchte. Doch, was war zu machen? Ich verbrach den Anschu�, schnallte mir den Hungerriemen fester und machte mich auf den Weg, um wo m�glich noch unser Lager zu erreichen, denn die Sonne war bereits zu R�ste. Ich suchte mich so gut wie m�glich in der Richtung zu orientiren und marschirte tapfer vorw�rts in die Dunkelheit, die schnell hereinbrach.

Nach zweist�ndigem Marsch erreichte ich ein ansteigendes Terrain, das ich f�r dasselbe hielt, welches ich nach meiner Berechnung auf dem Wege zu unserm Lager allerdings passiren mu�te; allein schon war ich eine gute Weile gegangen und statt flacher, ward das Terrain immer steiler. Ich ward nun wohl inne, da� ich mich verirrt hatte, wu�te aber durchaus nicht, wo ich mich etwa befinden konnte. Vor allen Dingen war es mir darum zu thun, bald m�glichst eine Lichtung zu gewinnen, denn der Theil des Waldes, in dem ich mich befand, war so dicht, da� auch nicht ein Zoll breit Himmel zu sehen war. Ich drang also weiter vor, nach der Spitze des H�gels, auf dem ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach befinden mu�te; das Terrain war felsig und ebnete sich bald, so da� ich schon Halt machen wollte, um den Aufgang des Mondes abzuwarten, als pl�tzlich meine F��e ausglitten, ich mich �ber Moos, Steine und Str�ucher rasch dahinrutschen f�hlte, endlich wieder ebenen Boden unter mir hatte, aber so im Schusse war, da� ich mich nicht zu halten vermochte, mit dem Kopfe im n�mlichen Augenblicke so derb an einen Baumstamm h�mmerte, da� mir die Sinne vergingen und ich um und um kollerte. Ein Weilchen mochte ich wohl so dagelegen haben, als ich aber allm�hlig wieder anfing meine f�nf Sinne zusammen zu lesen, ward ich inne, da� ich au�er denselben bei dem Purzelbaum auch noch B�chse, Pulverhorn, M�tze und Messer verloren und daf�r etliche Knuffe und P�ffe eingetauscht hatte, die sich ziemlich unangenehm f�hlbar machten. Nach langem Umhertappen fand sich endlich mein Eigenthum, mit Ausnahme des Messers, wieder zusammen, welches letztere ich selbst, als der Mond seine Laterne durch die allm�hlig d�nner gewordenen Wolken heraus steckte, nicht wieder finden konnte. Zu gleicher Zeit belehrte mich auch der Stand des Mondes, da� ich, statt nordwestlich zu gehen, s�d�stlich gegangen war.

Gern w�re ich jetzt liegen geblieben, denn ich f�hlte mich ersch�pft und meine zersto�enen Gliedma�en schmerzten mich in der That recht empfindlich, aber zwei Umst�nde verhinderten mich daran, zuerst brennender Durst, sodann der Verlust meines Messers, und Mangel an trocknen Holz; denn ohne Feuer h�tte ich die recht bei�end na�kalte Nacht in meiner d�nnen und durchn��ten Leinwandblouse nicht ausgehalten.

Ich �calculirte,� da� ich mich wahrscheinlich auf dem scheidenden R�cken des St. Regis- und dem Roquette-River befand, n�rdlich mindestens zwanzig Meilen von der n�chsten Ansiedelung, �stlich sechs bis acht Meilen vom St. Regis und westlich etwa eben so weit vom Roquette-River entfernt, s�dlich aber vielleicht hundert Meilen weit dichte Waldung vor mir hatte.

Ich selbst war ohne Kompa�, ohne Feuerzeug, ohne Messer, ohne Decke, d�nn gekleidet, n�chtern seit dem Morgen, eine Kugel in der B�chse und nur noch zwei in der Tasche, allerdings eine etwas ungem�thliche Situation. Nach reiflicher Ueberlegung hielt ich es f�r das Beste, vor allen Dingen den Roquette-River aufzusuchen und dann an seinen Ufern hinabzugehen; ich mu�te dann doch am Ende auf unser Lager, oder auf irgend eine Ansiedelung sto�en. Fand ich nur erst Wasser, so konnte ich es im schlimmsten Fall wohl noch einen ganzen Tag ohne Speise aushalten. Das Empfindlichste war mir vor der Hand der Mangel eines guten, erw�rmenden Feuers.

Den Mond zur Linken, gings nun westlich und nach dreist�ndigem h�chst beschwerlichem Marsche, w�hrend welchem mein Fu� oft �ber St�mme und Steine stolperte und ich einen gef�hrlichen Moorbruch passiren mu�te, befand ich mich gl�cklich am Ufer des Flusses. Ich verrichtete zuv�rderst ein geringf�gig Waidmannsgebetlein, und zwar keinesweges in der Meinung, da� dadurch irgend etwas Verdienstliches geschehe, sondern weil es mich in Wahrheit dr�ngte, Dem, der ja auch hier mir nahe war, meinen Dank abzustatten. Mein Durst war mit zwei M�tzen voll Wasser gestillt, aber nunmehr verlangten meine durchk�lteten Gliedma�en desto ungest�mer nach W�rme.

Neue Verlegenheit: kein Messer, kein Feuerzeug. Ich suchte in allen Taschen nach etwas Papier, um mit H�lfe der B�chse Feuer zu bekommen, aber auch das fehlte; ich fand nichts als einen Brief von meinen Lieben aus der Heimath, der w�hrend meiner Abwesenheit in New-York eingetroffen und mir noch zur letzten Station nachgesendet worden, und den wollte ich doch nicht gern verbrennen; war er mir doch jetzt doppelt theuer in meiner Einsamkeit, als freundliches Liebeszeichen aus weiter Ferne! – Endlich fand ich einen ziemlich trocknen, verfaulten Stamm, derselbe ward t�chtig mit Pulver eingerieben, die B�chse dicht davor losgedr�ckt, die Funken zur Flamme angeblasen, und bald loderte der Stamm hell empor, durch seine wohlthuende W�rme die M�he reichlich lohnend. Bei seinem Scheine hatte ich die Freude, als Ersatz f�r das mangelnde Nachtmahl, die lieben Zeilen noch einmal zu durchlesen, dann warf ich mich todtm�de unter die breiten Aeste einer Ceder, als einziges Kopfkissen ein gut Gewissen, �ber mir als Bettdecke den gestirnten Himmel, diesen gro�en Mantel aller Trostbed�rftigen. Meine Uhr zeigte auf halb Zwei, ich war demnach ziemlich sieben Stunden in der Irre umher marschirt.

Mehrmals ward ich aus dem tiefen Schlafe aufgeschreckt durch den gellenden Schrei einer Nachteule, so nahe, da� ich aufsprang und nach der B�chse griff, meinend, ein Panther wolle mich mit seinem n�chtlichen Besuche beehren.

Am anderen Morgen nach dem Fr�hst�ck, d. h., nachdem ich abermals aus dem Flu�e getrunken, machte ich mich auf, den Flu� hinabzugehen, wegen der vielen Sumpfstellen, die man entweder umgehen oder durchwaden mu�, ein etwas beschwerlicherer Marsch, als eine Promenade im Dresdner gro�en Garten.

Auch fand ich hier eine alte, oftgeh�rte Jagderfahrung sehr handgreiflich best�tigt, da� n�mlich der J�ger, der am n�thigsten Wild braucht, keine Klaue zu sehen bekommt. Wenigstens ging es mir an dem Tage so, und mit knurrenden Magen mu�te ich durch den Wald schreiten, der von Wild wimmelt, alle Augenblicke einmal frische F�hrten kreuzend. Es war die Geschichte vom Herrn Tantalus.

Einmal rauschte ein pr�chtiger Adler kaum drei�ig Schritte vor mir empor, die Jagdpassion ri� mir die B�chse an den Backen, aber im Zielen fiel mir noch zu rechter Zeit ein, da� ich jetzt nur noch eine Kugel in der B�chse und eine in der Tasche hatte, die dritte war ja in den Baumstamm gefahren, und so blieb das Rohr stumm.

Endlich gegen zehn Uhr stie� ich wieder auf das Lager, und ich versichere Euch, von der Hirschkeule die ich in Angriff nahm, blieb au�er dem Knochen auch nicht ein Atom �brig.

Die Genossen waren besorgt um mich gewesen und hatten wiederholt ihre Gewehre abgefeuert; allein zu jener Zeit war ich wenigstens schon vier Meilen von ihnen entfernt.

Zweierlei h�chst weise Erfahrungen hatte ich bei dieser Gelegenheit gesammelt, erstens, da� es sehr unklug ist, ohne Compa� und ohne Feuerzeug in solcher Wildni� zu jagen, und zweitens, da� man sich in einem amerikanischen Urwalde doch nicht so leicht zurecht findet, als in unseren von Fl�geln und Schneusen durchschnittenen k�niglichen Forsten. Uebrigens aber war ich sehr froh, da� meine abh�rtende Lebensweise und fr�hzeitiges Vertrautsein mit unangenehmen Situationen mich in den Stand setzten, mich vorkommenden F�hrnissen leichter zu entziehen. Ersteres verdanke ich Eurer Erziehungsweise, geliebte Eltern, letzteres gro�entheils dem wackeren alten Ohm. Sei Euch allen mein Dank daf�r �bers Meer geschickt, dem guten Ohm aber insbesondere noch f�r die treue B�chse, die mir in kalter Nacht Feuer, und au�erdem noch manchen guten Braten verschafft hat.

3.

Wir hatten nun Studien vollauf gesammelt und genug der Freuden des Waldlebens, denn unsere Decken boten uns nicht mehr gen�genden Schutz gegen den Frost, der in letzter Nacht �ber einen halben Zoll Eis gebracht hatte. Nach dreiw�chentlichem Aufenthalt, am 6. October brachen wir daher auf, um uns wieder der Civilisation zuzuwenden. Unsere Reise ging den Flu� entlang, gen Potsdam zu.

Wir hatten in unserm Lager den Besuch eines Amerikaners, eines Dokter H.... aus Potsdam gehabt, der mehre auf Kosten der Regierung zur Erleichterung des Holzfl��ens im Flu�e erbaute D�mme zu inspiciren hatte. Dieser Gentleman ersuchte uns, ihm einige correcte Skizzen dieser D�mme zu zeichnen, um dieselben seinem Rapporte an die Regierung beizuf�gen, eine Arbeit die in wenigen Tagen erledigt war und uns die Summe von 50 Dollars einbrachte, sehr willkommene Subsidien, da unsere Reisekasse verw�nscht knapp zu werden begann. Unterwegs erhandelte ich von einem Indianer ein sch�nes Paar Elenh�rner, von einem Ende zum andern sechs und einen halben Fu� lang und in den Schaufeln acht Zoll breit, in hiesigem Lande ein wahres Prachtexemplar.

Auch die Feuerjagd habe ich versucht, doch in anderer Art als Fritz Gerst�cker sie uns beschrieb. Wir jagten auf dem Flu� in Gesellschaft eines alten J�gers, der die F�hrung des Bootes �bernommen hatte, eine jener �cht Cooperschen Gestalten, die hier immer seltener zu werden beginnen. Statt der Kienpfannen hatten wir eine Art viereckige Kappe, oder Helm, an drei Seiten geschlossen, die vierte vor dem Gesicht offen, und oben drauf eine Art Laterne mit einem sehr starken Talglichte, dessen Schein die Umgegend nach vorn auf zwanzig bis f�nfundzwanzig Schritte erhellte. Wir fuhren ganz ger�uschlos am Flu�ufer hin, und erst als wir den Hirsch im Wasser h�rten, ward die Laternenm�tze angez�ndet und aufgest�lpt. Es war eine Doe (Thier), die bis ans Blatt im Wasser stand, gerade gegen uns gekehrt, und gewaltig blies und schreckte, als sie des Lichtes ansichtig ward. Die fertig gehaltene B�chse fuhr an den Backen und die Kugel der Doe in den Halswirbel. Weil diese Art zu jagen mir noch neu war und man auch gew�hnlich des Nachts Alles �berschie�t, hatte ich es nur dem Umstande, da� die Doe mir gerade zugekehrt stand, zu verdanken, da� ich sie �berhaupt bekam.

Nach kurzer Rast in Potsdam, wo wir unser zerrissenes Schuhwerk und unser durchl�chertes Waldneglig� als milde Stiftung zur�cklie�en und uns wieder etwas s�uberlich machten, um als honnette Menschen in der Gesellschaft erscheinen zu k�nnen, gingen wir mit der Eisenbahn hin�ber nach dem Champlain-See.

Dieser lange, schmale See bietet ungleich mehr Reiz dar, als die canadischen Seen, denn seine Breite betr�gt selten mehr als vier bis f�nf engl. Meilen, und die oft l�ngs desselben hinlaufenden Gebirgsketten des Staates Vermont, so wie auf der anderen Seite des Staates New-York, gew�hren dem Auge eine eben so angenehme als malerische Abwechselung. M�glich auch, da� der angenehme Eindruck, den die Gegend auf uns machte, noch gesteigert ward durch den lieblichen Duft der auf der Landschaft lag, und die herrlichen Herbstfarben der B�ume, welche das Ufer bekr�nzen. Noch nirgend habe ich bis jetzt solchen Farbenreichthum einer Landschaft gesehen. Amerika ist ber�hmt wegen seiner prachtvollen bunten Herbstbl�tter, und verdient diesen Ruf im vollsten Ma�e. Dabei haben seine W�lder noch den Reiz der au�erordentlichsten Mannichfaltigkeit der H�lzer; sogenannte Familien- oder Geschlechtswaldungen, wie bei uns, habe ich hier nirgend getroffen; auf verh�ltni�m��ig sehr kleinem Raum sahen wir dicht gedr�ngt bei einander die Eiche, die Buche, den Ahorn mit hochrothen Bl�ttern, Hikory und Sassafrasst�mme, dazwischen wieder die schwarze melancholische Tanne, die knorrige Kiefer, und manchmal sogar die Birke mit ihrem hellgelben Laube und wei�em Stamme durchblitzend. Durch das verschiedenzeitige Welken all dieser Bl�tter entstehen tausend Schattirungen und Ueberg�nge, vom dunkelsten und zugleich m�glichst brillanten Purpurroth, bis zum hellsten Goldgeld, und von da in gleicher Weise durch alle Abstufungen bis zum saftigsten Dunkelgr�n, was besonders bei Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang, wo die Ferne bald in blauen, bald in violetten Duft geh�llt ist, eine wahrhaft zauberische Wirkung hervorbringt.

Den See kreuzend, gelangten wir nach Whitehall, malerisch in einer Schlucht gelegen, an der M�ndung des Sees, wo ein Canal ihn mit dem Hudson in Verbindung setzt. Durch diesen Canal kommen die Produkte des fernsten Westen �ber den Ontario, den Sanct-Lorenzstrom, den Champlainsee und Hudson bis New-York, ein Weg von vier- bis f�nftausend engl. Meilen, welchen die verschiedenen Handelsgegenst�nde zur�cklegen, ohne das Schiff zu verlassen, in das sie in Detroit oder Michican geladen worden sind. Au�erdem laufen noch zwei andere Canalwege s�dlich nach demselben Punkt, von drei Hauptbahnlinien und zahllosen Can�len und Zweigbahnen nach anderen Staaten durchkreuzt, wo ein �hnlicher Stand der Dinge herrscht, und f�hren die G�ter dem Orte ihrer Bestimmung zu. Fast alle diese Riesenwerke sind erst in den letzten f�nfzig Jahren entstanden und ohne da� der Staat als solcher auch nur einen Dollar dazu gegeben. Das sind die Segnungen einer gesetzlichen Freiheit, wie die ungesetzliche Freiheit und Anarchie der Fluch der V�lker ist! – Eine, im Verh�ltni� zu dem ungeheuren Territorium schwache Bev�lkerung, hat diese Werke vollf�hrt und vollf�hren k�nnen, weil ihrer Entwickelung nach allen Seiten hin ein unbegr�nztes Feld offen stand, weil der k�hne Unternehmungsgeist der Einen, wie der Flei� und die Th�tigkeit Anderer nicht eingezw�ngt wird von veralteten Zunftgesetzen, der Erwerb nicht geschm�lert und aufgezehrt wird vom Zahn des alles verschlingenden Monopolwesens. Doch ist das Alles ja von so vielen Anderen viel besser gesagt und beleuchtet worden, als ich es zu thun verm�chte, und wollte ich das Lob Amerikas mit vollen Backen posaunen, so gliche dies einer Abhandlung �ber den wohlth�tigen Einflu� des Sonnenlichts.

Auf unserm Wege begegneten wir �berall Werkst�tten voll r�stiger und th�tiger Arbeiter, welche den Mineralreichthum der Berge in den verschiedensten Formen der Welt �bergeben, oder die Riesen des Waldes, zu Brettern, Latten, Kisten, Kasten, F�ssern, Ger�then aller Art zerschnitten und verarbeitet, ihre Reisen zum Markt antreten lassen. Ueberall zeigt sich dies Land dem aufmerksamen Beschauer wie eine Art von Riesenkind, das oft Riesenwerke spielend verrichtet, daneben aber wieder Manches, das ihm zu tief d�nkt, bei Seite wirft f�r sp�tere Zeiten, immer aber wachsend, sich kr�ftigend und Wunder f�r die Zukunft versprechend.

Die Gegend, durch die wir mu�ten, ist mit Blut getr�nkt; hier war der Schauplatz von K�mpfen ohne Zahl, zuerst mit den Indianern, um ihnen das Land abzugewinnen, dann die langen Fehden zwischen den Eingeborenen, den franz�sischen und britischen Heeren. Namen wie Ticonderoga, Fort-Edward, Fort-William, Fort-Henri, rufen blutige Greuelscenen vor das Ged�chtni� und selbst unser Jahrhundert hat bereits dergleichen blutige Spuren hinterlassen, im Jahre 1812 bei Plattsburg, wo viertausend Briten ihr Leben auf der Wahlstatt aushauchten.

Wir durchkreuzten auch den Boden, wo Cooper's letzter der Mohicans spielt. Bei Fort-Edward hielten wir an und wanderten hin�ber nach Gleen-Falls. Dort st�rzt der Hudson, noch ein unb�ndiger Knabe, wild durch zerkl�ftetes Gestein hinab, zu beiden Seiten der kleinen Insel, auf welche Lederstrumpf den Major Howard und die T�chter Monrooes f�hrte. Wollt Ihr eine genaue Beschreibung der Localit�t, so les't Cooper's meisterhaften Roman, der Platz ist darin nach der Natur geschildert. An der Stelle, wo Nahuga den verfolgenden Indianern entschl�pfte, ist jetzt ein Marmorbruch; die H�hle, in welcher die Schwestern die Nacht zubrachten, ist ziemlich von Treibholz verstopft, doch kann man noch hineingelangen. Da, wo Hawkeye den Indianer vom Baume herunterscho�, stehen eine Menge M�hlen, statt des todten Kriegers, fallen jetzt Abschnitzel von Brettern in die sch�umende Fluth, und die Spitze, welche zu erreichen zwei Kriegern das Leben kostete, wo Unca's Messer den Major vom Tomahawk des Feindes rettete, ist jetzt blo�gelegt von Wasser, was den F�llen durch einen Canal f�r den Betrieb der M�hlen entzogen wird.

Von hier ging es nach Saratoga, ehedem der heilige Platz des rothen Mannes, jetzt der Badeort par excellence f�r die elegante Welt. Noch springt die Quelle, die Hawkeye wieder aus dem Boden grub, doch statt der Calabasse, aus der die erm�deten J�ger den Durst l�schten, gew�hrt eine elegante Trinkhalle einen bequemen Raum, und da, wo fr�her in der heiligen Waldesruhe die Mineralquelle dem rothen Thonboden entsprang, wandelt jetzt der Fu� sch�ner Frauen, dem Stutzer auf Spazierg�ngen kokettirende Blicke zuwerfend.

Nicht zieht mehr der rothe Krieger an die heilige Quelle, um zu seinen G�ttern zu beten, aber dennoch wallfahrten die neuen Kinder des Landes allsommerlich in Schaaren fashionabler Zugv�gel hierher, um anderen G�tzen zu opfern, um entweder in den Tanz- und Spiels�len Gesundheit und Verm�gen zu zerr�tten, oder die erstere in Kurh�usern wieder zusammenzuflicken. Verdrehtes Leben der sogenannten feinen Welt, die kokettirend, brillirend, raffinirend, intriguirend dahin zieht, denjenigen am meisten bewundernd, der es am besten versteht, durch die gr��te Modethorheit ihre Aufmerksamkeit so lange zu fesseln, bis eine andere, noch gr��ere, sie schnell wieder in Vergessenheit bringt. C'est tout comme chez nous!

Als wir aber durch Saratoga kamen, sahen wir von alle dem nichts mehr; die Saison war zu Ende, das Kurhaus geschlossen, und au�er einigen schl�frigen �Niggers�, die sich in den Hausth�ren heruml�mmelten, Alles todt und �de. Die Bl�tter fielen, die Schwalben zogen s�dw�rts und die Maler heimw�rts in ihr Atelier, beutelleer, aber beuteschwer, Geld, wie Farben und Leinwand aufgebraucht.

Ein Jahr in Central-Amerika.

Ehe ich angelangt bin in jenen Tropenl�ndern, welche f�r die n�chste Zukunft mein Aufenthalt sein sollen, halte ich es f�r angemessen, einige erl�uternde Worte, sowohl in Bezug auf den Zweck meiner Reise, als in Bezug auf mich selbst vorauszuschicken.

Gl�ckliche Zuf�lligkeiten hatten mich in New-York in Verbindung mit Herrn Squier gebracht, einem Mann, welcher sich bereits durch seine Verdienste um arch�ologische Forschungen in Nord- und Central-Amerika, so wie durch seine ehrenhafte Th�tigkeit in einer Angelegenheit, die tief eingreift in die Handelsinteressen fast des ganzen Erdenrundes, einen bedeutenden Ruf erworben.

Herr Squier war mehre Jahre Gesandter der Vereinigten Staaten von Nordamerika bei den verschiedenen Republiken von Central-Amerika, und hatte w�hrend dem die beste Gelegenheit, einen gro�en Theil dieser L�nderstriche genau zu erforschen. Das Ergebni� dieser Forschungen ist ein Werk, mit dessen Beendigung Herr Squier jetzt eben besch�ftigt ist, w�hrend ich, nach getroffener Uebereinkunft mit ihm, vorausgegangen bin, um mich einstweilen mit dem tropischen Klima und der Lebensweise jener L�nder vertraut zu machen, bis Herr Squier sofort nach Beendigung und Publikation jenes Werkes mir nachfolgen wird, um seine Forschungen in Gemeinschaft mit mir in den bis jetzt fast noch gar nicht bekannten Strichen Central-Amerikas fortzusetzen. Gestalten sich die Umst�nde diesem Unternehmen g�nstig, so soll dessen Resultat ein zweites Werk Squier's sein, an welchem ich mich nur in Bezug auf dessen artistische Ausstattung mit landschaftlichen Ansichten betheiligen werde.

Was nun mich betrifft und dasjenige von meinen pers�nlichen Reiseerlebnissen, was vielleicht vorher und ganz unabh�ngig von dem projektirten Werke zur Oeffentlichkeit gelangt, so n�thigt mich die tadelnde Aufnahme, welche Herrn Fr�bel's Nachrichten �ber Central-Amerika zu Theil wurden, zu folgenden Bemerkungen.

Ich bin K�nstler, und habe nur als solcher die Reise unternommen, aus Liebe zur Kunst und aus Freude an wissenschaftlichen Forschungen. Es kann nicht in meiner Absicht liegen Reiseberichte zu schreiben, welche diesen oder jenen Strich Landes in zu g�nstigen Farben schildern und welche vielleicht Veranlassung werden k�nnten, einen gr��eren oder kleineren Theil der Auswanderung nach irgend einem bestimmten Punkt der neuen Welt zu lenken. Der Widerspruch, den oberw�hnte Berichte mehrseitig erweckt, beweist klar genug, wie �beraus schwer es ist, eine feste Meinung �ber irgend ein Land als unbedingt ma�gebend aufzustellen. Das Schicksal des Auswanderers h�ngt �berall von zu vielen Nebenumst�nden ab, und durchschnittlich gehen an jedem Platze eben so viele zu Grunde, als andere wiederum den Grund zu ihrer Existenz, zu Wohlhabenheit oder gar zu Reichthum legen, wenn nicht gar der ersteren Zahl die �berwiegende ist. Jedenfalls sind stets Personen genug vorhanden, welche triftigen Grund haben, Lob oder Tadel eines Landes, je nach individuellen Umst�nden, �bertrieben zu finden.

Ich werde meine Zeit w�hrend meines Aufenthaltes in Central-Amerika wohl anderweit bed�rfen, als dieselbe mit Entgegnungen von derlei Einw�rfen hinzubringen, wenn �berhaupt solche mir zu Gesicht kommen sollten, bemerke also im voraus, da� das, was ich etwa in dieser Beziehung zu sagen haben k�nnte, eben nur individuelle Ansichten und Wahrnehmungen sind, die ich unbefangen und wie sie sich meiner unmittelbaren Anschauung darstellen wiedergebe. Sollte ich wichtige Thatsachen zu ber�hren haben, so werde ich mich bem�hen, stets die Quellen anzugeben, aus denen ich gesch�pft.

Bin ich �brigens etwa irgendwo im Irrthume, soll mir's lieb sein, wenn sich Jemand findet, der es besser wei� und seine Ansicht ausspricht.

Was die etwaigen naturhistorischen und arch�ologischen Entdeckungen betrifft, welche w�hrend der vereinigten Expedition von Herrn Squier und mir gemacht werden sollten, so bemerke ich, da� das hier von mir zu Sagende nicht als wissenschaftliche Doctrine anzusehen ist. Dieses Feld bleibt einer geschickteren Feder �berlassen als der meinigen, der meines Freundes Herrn Squier. Ich selbst sehe ab von allem und jedem System, w�nsche nichts als die Eindr�cke wiederzugeben, welche Natur, Menschen und Kunstwerke, als in engster Verbindung mit einander stehend, auf mich als Mensch und K�nstler hervorrufen, und f�hle mich hierzu veranla�t durch die Ansicht, da� es Pflicht eines Reisenden in wenig bekannten L�nderstrichen ist, seine Beobachtungen zur Kenntni� des Publikums zu bringen, um so, wenn auch nur in einem Minimum, seinen Tribut zum Schatz des menschlichen Wissens beizusteuern.

Nebenbei f�hle ich mich gegenw�rtig hierzu noch besonders durch den Umstand veranla�t, da� die Schaub�hne von Herrn Squier's und meinen Forschungen sich auf einem Theil des amerikanischen Continents befindet, welcher f�r diesen Welttheil eine �hnliche Bedeutung hat wie Aegypten und Assyrien f�r die alte Welt, und ich f�hle mich freudig erhoben in dem Gedanken, einen wenn auch noch so kleinen Theil zur Entwicklungs- und Kunstgeschichte des Landes beizutragen, das den Fremden gastlich auf seinem Boden aufgenommen.

Weder Hr. Squier noch ich sind die ersten, welche diesen Gedanken erfa�t: der vorz�glichste Pionier der Neuzeit, im erhabenen Sinne des Worts, der gro�e Humboldt ist es! Viele namhafte Gelehrte und K�nstler haben seitdem mannichfaches Licht �ber jene Gegenden verbreitet, und die letzten Ver�ffentlichungen Herrn Squier's haben dasselbe vermehrt. Doch noch viel, sehr viel bleibt zu thun �brig, und speciell in den Staaten Nicaragua, Honduras, St. Salvador und Guatemala hemmen unendliche Schwierigkeiten die Fortschritte des wi�begierigen Sammlers. Wie weit unser Unternehmen dieselben �berwinden kann, bleibt Gott anheimgestellt; m�gen die Resultate inde� sein wie sie wollen, ich werde mich stets dem Schicksal dankbar verpflichtet f�hlen, das mir gestattet, meine Th�tigkeit mit der eines gleichgesinnten Mannes zu einer so sch�nen und edlen Unternehmung zu vereinigen.

Es scheint mir zuv�rderst dienlich einige topographische Mittheilungen in Bezug auf den zuk�nftigen Schauplatz unseres Unternehmens und seine Verh�ltnisse zu machen, zu denen ich die Mittheilungen benutze, welche mein w�rdiger Freund, Hr. Squier, bereits fr�her dem amerikanischen Publikum �bergeben.

Geographisch ist Nicaragua der gr��te und bedeutendste Theil von Central-Amerika. Es dehnt sich aus von einem Ocean zum andern, und umfa�t in seinen Gr�nzen die gro�en Seen von Nicaragua und Managua, durch welche, wie jetzt einstimmig festgestellt ist, die einzig m�gliche Linie f�r einen Schifffahrtscanal �ber diesen Theil des amerikanischen Continents (Isthmus) f�hrt. Die Nordgr�nze ist eine unregelm��ige Linie vom Golf di Fonseca am stillen Ocean zum Cap Gracias a Dios am atlantischen, die S�dgr�nze hingegen eine gerade Linie von der Spitze des Golfs von Nicoga zu einem Punkt inmitten der M�ndung des San Juan und dem Hafen von Matina in Costarica am atlantischen Ocean.

Der Grund und Boden hat ein mannichfaltiges Aeu�ere und eine unbegr�nzte Fruchtbarkeit. Das gro�e Becken der Seen besteht aus Ebenen und sanft ansteigendem H�gelland, abwechselnd begr�nzt und unterbrochen durch hohe steile Vulcane, und bietet alle Produkte der Tropenl�nder im reichsten Ma�e dar. Die n�rdlichen Departements Segovia und Choutales sind h�her gelegen, gebirgiger, besitzen einen Ueberflu� an Metallen und bringen eine Menge Fr�chte der gem��igten Zone hervor; die Temperatur ist vergleichsweise k�hl und frisch.

Die atlantische oder, wie sie zumeist genannt wird, Mosquito-K�ste ist im ganzen flach, der fast das ganze Jahr sich ergie�ende Regen h�chst beschwerlich, die Atmosph�re dr�ckend hei� und weniger zutr�glich als in andern Theilen des Staates. Die ziemlich d�nne Bev�lkerung besteht aus Indianern vom Stamm der Charibs, entlaufenen Negern von den westindischen Inseln und einer Mischlingsrace zwischen beiden. Der gr��te Theil der Bev�lkerung von Nicaragua jedoch bewohnt den Abhang gegen den stillen Ocean hin. Hier ist der Boden nicht nur �beraus fruchtbar und leicht zu bearbeiten, sondern auch das Klima unendlich ges�nder und angenehmer. Es giebt hier nur zwei Jahreszeiten: die Regenzeit, von Mitte Mai's bis Mitte Novembers, und die trockene, w�hrend welcher sehr selten Regen f�llt. Die Temperatur ist ziemlich gleichm��ig, etwa zwischen 70 und 82� Fahrenheit, und schwerlich d�rfte sich eines der Tropenl�nder eines angenehmeren Klima's, einer g�nstigeren Lage zu erfreuen haben.

Der Staat Nicaragua ist in f�nf Departements eingetheilt und hat, trotz seiner gro�en Ausdehnung, eine Bev�lkerung von nur 250,000 Einwohnern, die jedoch haupts�chlich die St�dte bewohnen. Die Hauptstadt und der Sitz der Regierung ist Leon, mit 25 bis 30,000 Seelen; die zweite Masaya, eine fast durchaus indianische Stadt, bemerkenswerth durch ihre Manufacturen, die dritte Granada, am See von Nicaragua, durch welche ein gro�er Theil des Verkehrs des Landes �ber den See und den Flu� St. Juan geht, mit 12 bis 14,000 Einwohnern. Au�erdem sind Managua, Sitz der gesetzgebenden Versammlung, und Rivas schon ziemlich bedeutende Pl�tze.

Der nichtindianische Theil der Bev�lkerung stammt von den ersten spanischen Eroberern her, und ist an Sitte und Charakter seinem Stammblut ziemlich treu geblieben. Ein n�heres Eingehen hierauf behalte ich mir noch einer pers�nlichen Bekanntschaft mit den edlen Dons und Sennores vor.

Der bedeutendste Hafen am stillen Ocean ist der von Realejo, zwischen welchem und St. Francisco sich bereits ein lebhafter Verkehr entwickelt. Zweifelsohne wird Central-Amerika binnen Kurzem f�r Californien und das Oregon-Gebiet was die westindischen Inseln f�r die Union waren. Zucker, Tabak, Reis, Cacao, Baumwolle, Indigo, Mais und fast alle tropischen Fr�chte sind in Nicaragua in bester Art wie im gr��ten Ueberflu� zu finden, und bieten Millionen flei�iger Menschen noch reichliche Quellen des Lebensunterhaltes dar. Eine ungeheure Anzahl von Hornvieh ist vorhanden, und H�ute, Indigo, Kaffee und kostbare Nutzh�lzer bilden den Haupt-Export.

Die Verfassung von Nicaragua ist entschieden liberal, und die freundschaftlichsten Gesinnungen f�r die Vereinigten Staaten �berall und durch alle Classen der Bev�lkerung vorherrschend; �berall sprechen sich G�te und Gastfreundlichkeit aus. Die Regierung besteht aus einem obersten Director, allj�hrlich w�hlbar, einem Haus der Repr�sentanten und einem Senat, letzterer f�r zwei Jahre, ersteres f�r ein Jahr w�hlbar. Die ersten Staatsbeamten in San Salvador und Honduras sind Pr�sidenten benannt.

Seit der Eroberung von Californien ist der Plan f�r Er�ffnung einer directen Canalverbindung zwischen dem atlantischen und stillen Ocean, �ber San Juan und den See von Nicaragua, nicht nur erneuert worden, sondern man hat sich auch ernstlich mit seiner praktischen Ausf�hrbarkeit besch�ftigt; eine gro�e Menge Contracte sind bereits dar�ber aufgesetzt worden, leider aber noch keine Resultate erfolgt.

General Taylor war sofort nach seiner Pr�sidentenwahl auf das Lebhafteste mit diesem wichtigen Unternehmen besch�ftigt, und eine der ersten Handlungen seiner Verwaltungsperiode war die Absendung einer Spezial-Gesandtschaft in der Person des Hrn. Squier nach Nicaragua, mit Vollmacht in Unterhandlung mit diesem Staat zu treten. Eine Compagnie bildete sich in New-York unter dem Namen: The American Antlantic and Pacific Canal Company im August 1849, und im folgenden September unterzeichneten Hr. Squier und die Bevollm�chtigten von Nicaragua den (am 27. d. M. auch von der Regierung dieses Staates ratificirten) Vertrag, welcher die Neutralit�t dieses Canals, freien Durchgang jedes amerikanischen B�rgers und seines Eigenthums durch denselben f�r ewige Zeiten garantirt, ingleichen die unbeschr�nkte Freiheit aller H�fen des Landes, und selbige Bestimmungen sollten auf alle Nationen, welche sp�ter dem Vertrag beitreten wollten, ausgedehnt werden.

Dieser Vertrag wurde vom General Taylor gepr�ft und dem Senat der Vereinigten Staaten zur Ratificirung �bersendet; es ist jedoch bis jetzt nichts weiter in dieser Sache gethan worden. Ebenso erfolglos ist ein sp�ter zwischen Hrn. Clayton, Staatssecret�r der Vereinigten Staaten, und Sir Henry Bulwer, Gesandten Ihrer gro�britannischen Majest�t, entworfener Vertrag zum Zweck der Zusicherung gegenseitigen Schutzes beider Nationen f�r jeden Communicationsweg, welcher je �ber diesen Continent er�ffnet werden wird, geblieben, und hier mag wohl das Haupthinderni� in den Territorial-Anspr�chen liegen, welche England unter dem Namen eines Protectorats auf das Reich des ziemlich imagin�ren Mosquito-K�nigs, und mithin auf die in dessen Gr�nzen gelegenen M�ndung des San Juan, erhebt.

Was nun aber die Hauptsache, d. h. den projectirten Canal selbst betrifft, so w�rde nach der Sch�tzung des Hn. Squier, laut officiellem Bericht an das Staatsdepartement, die ganze L�nge der vorgeschlagenen Wasserlinie betragen:

a)L�nge des San Juan-River90Miles,b)L�nge des zu passirenden Theils des Sees von Nicaragua110"c)L�nge des Tipitapa-River18"d)L�nge des Sees von Managua50"e)Vom See nach Realejo45"313Miles,

oder nach Wegfall der 160 Miles sub b und d – 153 Miles eigentlicher Flu�- und Canalfahrt. Aber auch von dieser Summe w�rden noch 25 Miles wegfallen, wenn man die Canalm�ndung nach Tamarinda verlegte. Einige andere Projecte lasse ich unerw�hnt.

Schon vor dem Jahr 1838 hatte Herr Bailey, englischer Officier in Halbsold, im Auftrag der central-amerikanischen Regierung einen �hnlichen Plan ausgearbeitet, und dessen Kosten auf 20 bis 25 Millionen Dollars veranschlagt – eine Summe, welche, der Wichtigkeit und Gro�artigkeit dieses Unternehmens gegen�ber, nur gering erscheint, und deren Aufbringen, wenn nur erst obige Hindernisse beseitigt w�ren, gewi� keine so gro�e M�he erheischen w�rde. Geschieht dies aber, so verwirklichen sich nach drei und einem halben Jahrhundert die Plane, welche unausgesetzt den Geist eines der gr��ten M�nner seines Jahrhunderts, Christoph Columbus, besch�ftigen, deren Ausf�hrung sein Leben geweiht war, und an deren Verwirklichung er noch in seinen letzten Jahren gearbeitet.

Am 28. Mai 1851 fr�h 9 Uhr lichtete die Brig Rogelin die Anker, und mit einer leichten S�ds�dwest-Brise glitten wir den Hudson hinab �ber die Bay von New-York. Das Land, das bei seinem ersten Anblick solch angenehmen Eindruck auf mich gemacht, d�nkte mir jetzt, beim Scheiden auf unbestimmte Zeit, noch einmal so lieblich. Die freundlichen Ufer von New-Jersey, der Castle-Garden, dessen B�ume sich eben mit dem frischen Fr�hjahrsgr�n geschm�ckt hatten, Staten-Island mit seinen reizenden Landh�usern, wo ich noch den letzten Tag in Gesellschaft von Freund Schmidt und seiner lieben Familie verlebt – alles schien mir ein freundliches Lebewohl zuzurufen, und als das sch�ne Glockenspiel von Trinity-Church aus der Ferne her�ber klang in wohlbekannter Weise, war mir's als ob �der Freund des Freundes Hand noch w�rmer dr�ckt, wenn er sie lassen soll.�

Unsere Brig war just nicht gr��er als n�thig um auf der See nicht zu sehr beengt zu sein; Passagiere waren au�er mir nur einer, Hr. D., welcher nach Segovia zur�ckkehrte, wo er mit einem Compagnon eine Silbermine betreibt, unser Capitain, ein gem�thlicher Neu-Engl�nder, beides Leute mit denen es sich gut einige Wochen aushalten lie�, mithin keine schlimmen Aussichten. Das einzige Ungemach das ich zu leiden hatte, war eine sehr kurze bewegte See, die mich w�hrend 36 Stunden recht unangenehm seekrank machte, nachdem ich aber recht weidlich H. Ulrich um H�lfe angeschrieen, kehrte mein Wohlbefinden zur�ck, und hat mich bis zur Landung nicht verlassen.

Am 1. Junius durchschnitten wir den Golfstrom mit Nordost, und befanden uns schon am 4. s�dlich vom Cap Henry, doch hielten uns von da widrige Winde und Windstille auf bis zum 11. Morgens, wo uns ein heftiger S�dost-Sturm bei Turks-Island, bekannt durch seine Salzfabrication, in den Handkerchief-Pa� der westindischen Inseln trieb. Um Mitternacht war �stlich abermals Land sichtbar, und bei Sonnenaufgang waren wir in Sicht der Nordwestspitze von Haiti – eine Ansicht von langgestreckten Berglinien, unterbrochen von einigen Spitzen, �hnlich den Bergen am Lake Champlain und in B�hmen. So weit durch das Glas erkennbar, waren die Berge mit kurzem Gestr�uch bedeckt, hie und da Gruppen von gro�en B�umen, stellenweise felsiges Gestein, am Fu� der Berge ein langer flacher Landstrich, theils Sand, theils mit Geb�sch bedeckt, bewohnte Pl�tze nirgend sichtbar.

Am 12. Jun. waren wir westlich vom Cap Donna Maria, welches mit hohen sch�nen Gebirgen bedeckt ist, deren h�chste Spitze, gegen 6000 Fu�, ganz in Gewitter eingeh�llt war.

Mit dem Eintritt in die Wendekreise er�ffnet sich dem beobachtenden Freund der Natur eine neue Welt. Die bekannten Sternbilder des heimathlichen nordischen Himmels verschwinden allgemach, und neue fremde Sterne strahlen herab aus dem tiefblauen Aether. Die senkrecht herabfallenden Sonnenstrahlen brennen hei� auf den Scheitel, w�hrend der Schatten des Haupthaares sich auf den F��en zeichnet, und die so beleuchteten Gegenst�nde mit ihren scharfen Reflexen ein seltsames fremdartiges Ansehen erhalten. Das Meer bedeckt sich des Morgens und Abends mit einem schweren Dunst, und die Sonne sinkt als ein dunkelgl�hender Feuerball hinab. Fremdartig gestaltete Seev�gel lugen neugierig nach dem einsamen Segler, und lassen sich oft auf den Raaen des Schiffes nieder. Schlafende Riesenschildkr�ten sonnen sich tr�g in der Mittagshitze, bis Schaaren fliegender Fische, verfolgt von ihrem grimmen Feind, dem Delphin, sich mit gro�em Ger�usch �ber das Wasser erheben und bald wieder in dasselbe zur�ckfallen, w�hrend des Menschen Feind, der gefr��ige Hai, dem Lauf des Schiffes folgt, sein Opfer zu ersp�hen. Die dunstige Atmosph�re giebt den fernen Gebirgen eine zarte violettgraue Farbe, ist aber auch Ursache, da� diese K�stenstriche fieberisch und ungesund sind.

Ich hatte hier wiederum Gelegenheit zu bedauern, da� mir noch so vieles Wissen mangelt. Eine genauere Kenntni� der Astronomie w�rde mich in den Stand gesetzt haben in den sch�nen klaren N�chten n�tzliche Beobachtungen zu machen, und alles was ich thun konnte war, die astronomischen Berechnungen der L�ngen- und Breitengrade mitzumachen.

S�dwestlich von Haiti liegt eine kleine unbewohnte Insel, ungef�hr zwei Miles im Durchmesser. Windstille die uns in unmittelbarer N�he davon �berfiel, machte eine Landung auf einer D�ne an der Westseite der Insel m�glich; der andere Theil besteht aus Felsen, ungef�hr in der H�he von 100 bis 120 Fu�, bedeckt mit kurzem Gestr�pp. M�ven, Seeraben, Boobees, Seeschwalben und Strandl�ufer verdunkeln die Luft und erf�llen sie mit ihrem Geschrei. Die Menge dieser V�gel ist ann�hernd nur mit den ungeheuern Taubenz�gen zu vergleichen, welche im Herbst die canadischen Seen kreuzen, und sie umschw�rmen den Menschen, dessen fremdartige Erscheinung ihnen nicht Furcht, sondern Neugierde einfl��t, gleich M�ckenschw�rmen. Ich beabsichtigte einige Specimen zu schie�en, fand dies aber unn�thig, da unsere Matrosen die V�gel mit Kn�ppeln und Steinen aus der Luft herabwarfen, und ich selbst einen lebendig mit meinem Schnupftuch und darein gebundenen Stein fing. Der Boden besteht aus Sand und rundlichen Kieseln, zwischen denen sp�rliche Gr�ser spro�ten, stellenweise deckte aber eine dicke Kruste der Excremente der V�gel den Boden. Das Wasser wimmelt buchst�blich von Fischen.

Leider war es nicht m�glich den felsigen Theil der Insel zu untersuchen, denn ein schnell heraufziehendes Gewitter machte unsere schleunige R�ckkehr n�thig, und in der That hatten wir auch nur Zeit das Schiff zu erreichen, als der losbrechende Sturm und die hohl gehende See es schon f�r unser Boot unm�glich machten l�nger See zu halten. Die eingesammelten Eier, sowie einige frische Fische mundeten uns k�stlich. Der Sturm, welcher unsere Untersuchung so unangenehm unterbrochen hatte, f�rderte unsere Reise trefflich, so da� wir schon am 14. Morgens weit s�dwestlich von Jamaica waren.

Von jetzt an war unsere Reise wiederum unausgesetzt von St�rmen begleitet, und ich lernte hier zuerst die Macht eines tropischen Gewitters kennen. Oft scheint der ganze Horizont in Feuer zu stehen, und der Donner kracht, als ob hundert Kanonen zugleich abgefeuert w�rden. Dazu peitscht ein m�chtiger Wind die Wogen, da� sich die Masten, trotz der wenigen Leinwand, gleich d�nnen Gerten biegen, und eine neue S�ndfluth scheint alles Lebendige von der Welt wegwaschen zu wollen. Wegen der gro�en N�he der K�ste und der vielen kleinen Inseln und Riffe war unsere Lage nicht ganz gefahrlos, doch stie� uns kein weiterer Ungl�cksfall zu, als da� durch das von der gro�en Hitze leck gewordene Deck eine Menge Wasser hereinstr�mte, das uns unsere Cojen und einen Theil unseres Gep�cks j�mmerlich durchweichte. Mir ward durch diesen Umstand ein unangenehmer Verlust verursacht, da mehrere f�r das Daguerreotyp n�thige Chemikalien mir verdarben – ein Verlust den ich jedoch dadurch auszugleichen hoffe, da� ich umgehend Nachricht an Hrn. Squier sende, der, augenblicklich noch durch Gesch�fte in New-York zur�ckgehalten, in der Mitte n�chsten Monats gleichfalls hieher abreisen wird.

Die kleinen Inseln, welche wir passirten, gew�hrten einen �beraus lieblichen Anblick, so z. B. Little und Great Corn Island, mit in frischem Gr�n prangenden H�geln und kleinen Geh�lzen mit Cocospalmen durchstreut. Endlich am 18. Morgens zeigte sich die ersehnte K�ste unsern Augen. Langgedehntes H�gelland, nach der See das Ufer ganz flach, �berall jedoch in der �ppigsten Vegetation prangend. Eine kleine Pirogue aus Mahogany mit zwei Indianern bemannt, brachte einen Piloten an Bord, und wir liefen in der Rhede ein als just der Steamer Mexico dieselbe verlie�. Ich mu�te l�cheln als auf unsere aufgehi�ten Sterne und Streifen von der K�ste die Flagge des imagin�ren Mosquitoreiches uns Antwort gab, blau und wei�gestreift, in der Ecke ein rothes Doppelkreuz auf wei�em Grunde. Bald brachte uns ein Boot, gleichfalls unter der Mosquitoflagge, den Hafencapitain und den Hafenarzt an Bord, und als nach wenigen Minuten uns beide verlie�en, machte ich von ihrem freundlichen Anerbieten Gebrauch und benutzte das Boot, um an Land zu gehen.

San Juan de Nicaragua oder Greytown, wie es die Engl�nder in der Neuzeit getauft haben, ist eine abenteuerlich aussehende Niederlassung von 4 bis 500 Einwohnern, von denen drei F�nftel Indianer oder Neger sind. Es liegt an der M�ndung des St. Juan Flusses an einem ungesunden Platz, und ist ringsum von undurchdringlichem Wald eingeschlossen, von dem eben nicht mehr niedergehauen ist als n�thig um den j�mmerlichen Schilfh�tten, an die sich in der Neuzeit einige Bretterh�user der neueren Ansiedler angeschlossen, Raum zu schaffen. Die Einwohner leben lediglich vom Umsatz der importirten Produkte gegen die Roherzeugnisse des Binnenlandes. Cultur ist gar keine da; Korn, Kartoffeln etc. beziehen sie von oberhalb der Seen oder von Bluefield, 30 bis 40 Miles weiter hin an der K�ste; einige Pferde, weniges Vieh und einige Bungos (Flu�boote) bilden den ganzen Reichthum. In der ziemlich ger�umigen Bay liegt ein englischer Kriegsschooner vor Anker, und in einer Baracke zun�chst der des K�nigs der Mosquitos, die zugleich Posthaus und Gouvernementshaus ist, eine Besatzung von 15 bis 20 blaubejackten Negersoldaten.

Ich nahm ein kleines Zimmer in einem neuerbauten Gasthaus des Hn. Wiener f�r 1� Doll. t�glich, und vertreibe mir nun, bis ich meinen Bungo bekommen kann um den Flu� hinaufzureisen, nach besten Kr�ften die Zeit mit Zeichnen, Sammeln von Pflanzen, Vogelb�lgen und Reptilien und der Alligatorjagd, damit ich die R�ckfahrt unseres Schiffes nach New-York ben�tzen kann, um eine kleine Sendung gleich von hier zur�ckzuschicken. Hoffentlich wird mein Aufenthalt m�glichst kurz sein, denn einestheils w�nsche ich aus diesem Land des Fiebers hinwegzukommen, anderntheils brenne ich vor Begierde mich recht gr�ndlich mit dem Studium der tropischen Natur, von der die K�ste nur einen schwachen Abglanz bietet, in Granada zu besch�ftigen, wo ich einen angenehmeren Aufenthalt habe, und Herrn Squiers Ankunft abwarten werde. Der amerikanische Steamer Prometheus, der in diesen Tagen ankommen mu�, mag diesen Brief, den ersten aus so gro�er Entfernung, mitnehmen, der n�chste wird aus Granada datirt sein, und euch N�heres �ber meine Flu�reise berichten, die jedenfalls sehr beschwerlich sein und 9 bis 10 Tage dauern wird. Mein Befinden ist bis jetzt au�erordentlich gut, und soll's, so Gott will, bleiben, da ich eine sehr strenge Di�t beobachte, auch in Hinsicht der Strapazen, sowie in Bezug auf das Aussetzen der Sonnenhitze die Regeln der Vorsicht befolge.

Ich habe euch, meine Lieben, jetzt schon �ber 14 Tage in St. Juan, wo ich am Schlu� meines letzten Briefes von euch Abschied nahm, sitzen lassen, und erl�se euch jetzt mit um so gr��erem Vergn�gen, als der dortige Aufenthalt keineswegs ein angenehmer war.

St. Juan liegt an der Mosquitok�ste im wahren Sinne des Worts, urtheilt darnach. Gegen�ber der M�ndung des San Juan und einer ziemlich guten und ger�umigen Rhede, von der inde� ein Theil versandet, streckt sich eine Reihe j�mmerlicher Rohrh�tten hin, mit den fr�her erw�hnten Bretterh�usern neueingewanderter Handelsleute dazwischen. Mit Ausnahme eines kaum einen B�chsenschu� breiten Sandstriches an der K�ste, ist dem Urwald kaum so viel Raum abgewonnen als f�r die H�user n�thig; daher giebt es keine mannichfachen Spazierg�nge, da der ringsum dicht verwachsene Wald keinen andern Pfad erlaubt als den man sich selbst mit der Macheta (Messer) durch die Schlingpflanzen haut. Hinter dem Ort liegen einige kleine Teiche (lagunas), welche am obern Ende leicht mit dem Flu�, am untern mit der See eine gute Abk�rzung der Canallinie bilden k�nnten, da sie hinreichende Wassertiefe besitzen sollen.

Wie ich bereits erw�hnt, nahmen mich Capitain F., der Hafencommandant, und Capitain J., Commandant des Schooners, mit �cht britischer Gastfreundschaft auf, die mir die wenigen angenehmen Stunden bereitete, die man �berhaupt in diesem Ort verleben kann. Da die amtliche Stellung dieser Herren mich nicht direct ber�hrte, war mir's um so mehr verg�nnt, mich ihrer gastfreundlichen G�te zu erfreuen. Capitain J. holte mich mehrfach mit seinem Gig ab, um in der Bay und auf dem Flu� Alligatoren zu jagen, und neben mehreren kleinen hatten wir eines Tages das Gl�ck einen gro�en alten Burschen von 16� Fu� zu erlegen, den ich im Sand vergrub, um bei der Heimkehr das Gerippe mitzunehmen.

Da keine einzelne Passage nach Granada zu bekommen war, so benutzte ich das Anerbieten des Herrn Ligaud, eines bei St. Juan ans�ssigen Franzosen, und miethete im Verein mit meinem fr�heren Reisegef�hrten ein ganzes Bungo (Flu�boot) zum Preis von 100 Dollars, das wir mit Fracht beluden, und bestiegen mit noch zwei Amerikanern aus Granada als Passagiere das Boot. Ein solches Bungo ist von ziemlich roher Construction, oft gro�entheils aus einem einzigen Stamm geh�hlt, gr��ere jedoch aus Planken gef�gt, doch wegen der schwer zu passirenden Stromschnellen ziemlich fest gebaut. Der unsrige war ungef�hr 50 bis 55 Fu� lang, bemannt mit 9 Bootsleuten und dem Patron. Letzterer steht auf einer Art kleinen Quarterdecks, und h�lt in reitender Stellung das Steuer zwischen den F��en, da in den Stromschnellen das Boot mit H�lfe langer Stangen regiert wird. Die Bootsleute f�hren Ruder von etwa 15 Fu� L�nge, stehen bei jedem Schlag auf und h�ngen sich r�ckw�rts gelehnt mit der ganzen Schwere des K�rpers an das Ruder, wobei sie jedesmal mit dem Sitztheil derb auf den Rudersitz aufsto�en. Die Passagiere befinden sich unter einem kleinen Dach im Hintertheil des Bootes, und liegen auf ihren Koffern, da der Raum unter den Ruderb�nken f�r Frachtg�ter benutzt wird. Da wir im Boot quer�ber liegen mu�ten, hatten wir viel Ungemach auszustehen, besonders ich, da das Boot nur 5 Fu� breit, ich aber thats�chlich 6 Fu� lang bin.


Am 23. Junius stie�en wir vom Ufer und kreuzten die Bay nach der Flu�m�ndung hin. Die schweren Regenwolken hatten sich etwas zertheilt, und die gl�hende tropische Sonne beleuchtete mit ihren letzten Strahlen den ersten Schritt meiner Reise ins Innere. Unsere Freunde winkten uns vom Ufer ein Lebewohl, und als das Kriegsschiff den Abendschu� abfeuerte, antworteten wir durch eine Salve unserer Feuerwaffen (Flinten und Pistolen waren Alles in Allem nicht mehr als 34 L�ufe an Bord). Nur eine kurze Strecke fuhren wir den Flu� hinauf, dann n�thigte uns die, in den Tropen sofort nach Sonnenuntergang hereinbrechende Dunkelheit Anker zu werfen.

Die Hitze trieb mich aus der kleinen Caj�te, und ich lagerte auf dem Dach, w�hrend die Bootsleute, jeder auf seinem Rudersitz, in die Decke gewickelt schliefen. Die Nacht war hell, und mein Auge schweifte in den unbekannten neuen Sternbildern umher, bis es auf dem s�dlichen Kreuz, dem einzigen traditionell bekannten Sternbild, haften blieb; die Gedanken aber schweiften weit hin�ber in die deutsche Heimath, an der, obschon getrennt von ihr, mein Herz mit warmer Liebe und dankbarer R�ckerinnerung frohverlebter Jugendjahre h�ngt. Ich entschlief erst sp�t, doch trieben mich schon fr�h Moskitos und Thau, der mich trotz meiner Regendecke ganz durchn��t hatte, auf, noch ehe die Indianer ihre Morgengebete f�r gl�ckliche Reise sagen.

Giftige Nebel machen die Flu�reise gef�hrlich, und sind Ursache, da� die Flu�m�ndungen Fieber und Tod aushauchen. Die Ufer sind mit dichten, ewig feuchten Waldungen bedeckt, die von gef�hrlichem Gew�rm angef�llt sind, und des Nachts t�nt das kl�gliche Geheul des Schakals, zu dem oft das Gebr�ll des Jaguars kommt, widerlich ins Ohr. Im Flu� lauert der grimme Kaiman, versteckt im Wasser oder hohem Gras auf seine Beute, und manch argloses Thier, Trank oder K�hlung suchend, wird vom Schlag seines Schuppenschwanzes niedergestreckt, w�hrend in der H�he der B�ume selbst die Boa Constrictor manchen possierlichen Affen �berf�llt, oder einen br�tenden Vogel in der Vertheidigung seines Nestes w�rgt. Die Vegetation ist so �beraus �ppig, da� nur an wenigen Stellen des Ufers eine Landung m�glich ist; deshalb pflegt man nur einmal des Tages zu kochen, was wegen des feuchten Holzes zwei Stunden Aufenthalt verursacht. Bei jedem Schritt versperrt dichtes Gestr�uch und Lianen den Weg, den man oft genug sich m�hsam durchhauen mu�. Der Boden jedoch ist von der fruchtbarsten Beschaffenheit, und wird, hat sich erst die Cultur Bahn gebrochen, die ergiebigsten Ernten liefern. Nur wird das Loos der ersten Ansiedler ein hartes sein, da der Nordl�nder das Klima erst gewohnt werden mu�.

Zu trinken hatten wir nichts als das schmutzige warme Flu�wasser. Die w�hrend des Tages au�erordentliche gro�e Hitze veranla�t oft Alles �ber Bord zu gehen, um sich so viel als m�glich im Bad zu erfrischen, und die nackten Zambos (Mischling von Indianer und Neger, ein sch�ner und starker Menschenschlag) springen oft ganz vom Schwei� triefend ins Wasser, ohne �ble Folgen zu sp�ren.

Wir ankerten an der M�ndung des Colorado, eines Arms des San Juan, der s�dlich entweicht, und hier d�rfte ein Damm f�r den Canal n�thig werden, um durch die gro�e Wassermasse, die hier verloren geht, die hinderlichen Triebsandb�nke zu entfernen. Hier ist eine der sch�nsten Flu�stellen: B�ume von 150 Fu� in den sch�nsten Formen decken die Ufer, gekleidet in saftiges Gr�n, geschm�ckt mit gelben, violetten und rothen Bl�then. Riesenhafte Schlingpflanzen, oft von der Dicke eines jungen Baumstammes, winden sich in die h�chsten Gipfel, von wo sie sich wieder bis zum Wasserspiegel herabsenken; Schw�rme buntgefiederter Papageien durchkreuzen die Luft nach allen Richtungen, w�hrend Massen der verschiedenartigsten Reiher (ich z�hlte deren dreizehn Gattungen) und mannichfache Specimen von Affen vorkommen, und von Insecten eine wahre F�lle vorhanden ist. Da es mir an Schrot fehlte, zerschnitt ich mit vieler M�he einige Pistolenkugeln und t�dtete mehrere V�gel, deren B�lge ich aufbewahrte. Gar zu gern w�rde ich mehr sammeln, da aber die Transportmittel sehr schwierig und mithin theuer sind, habe ich keine Hoffnung diese wissenschaftlichen Sch�tze mit mir nehmen zu k�nnen.

Den 26. passirten wir den Serapique-River, am 27. den San Carlos-River, beide von S�den kommend und sich mit dem San Juan verbindend. An letzteren werden die ersten Berge sichtbar, und die Moskitos waren weniger h�ufig, mir sehr angenehm, da ich kaum mehr einen Finger bewegen konnte, so geschwollen und zerstochen war ich. Mehrere Arten wilder Enten kamen vor, bis zur Gr��e einer Gans, und ich sah hier zum erstenmal Enten auf B�ume fliegen. Wir verspeisten einige, welche das gro�e Blei meiner B�chse zu sehr zerrissen, und fanden sie h�chst schmackhaft, weniger jedoch die Affen, die wir auch kosteten, jedoch den Bootsleuten �berlie�en, zu ihrer gro�en Freude, da die Nahrung dieser armen Leute lediglich aus Reis und Bananen besteht. Schwalben, gelbe sowohl als ganz kleine graue, �beraus niedliche, gro�e rothe Arras (Lappes) mit blauem Schweif und Fl�geln waren gleichfalls sehr h�ufig. Ich t�dtete einen Congo (Br�llaffen) von der Dimension eines Hundes mittlerer Gr��e, der ein sehr lautes br�llendes Geschrei erhob, derselbe ward jedoch von den Indianern als nicht e�bar bezeichnet; sie ziehen den gro�en rothen langgeschw�nzten Affen (Migo) vor.

Am 28. brachen wir ungew�hnlich fr�h auf, um die Machuca-Rapids zu passiren, aus Stromschnellen von drei Miles L�nge bestehend, sehr beschwerlich und sogar gef�hrlich, da das Wasser sehr starken Fall hat und �ber gro�e Felsst�cke geht. Zwei Boote, welche uns folgten, vereinigten sich mit uns, eines der Boote nach dem andern her�ber zu bringen, wozu immer 20 bis 25 Mann n�thig waren, und womit wir erst am Abend zu Stande kamen, so da� wir an diesem Tage nicht �ber vier Miles zur�cklegten.

W�hrend die Boote �ber die F�lle gebracht wurden, ging ich ans Ufer einen wilden Truthahn zu schie�en; als ich in kurzer Entfernung auf einen gro�en Puma (Tiger) stie�, der, niedergekauert liegend, feindselig knurrte und mir mit seinen gr�ngl�nzenden Augen Liebesblicke zuwarf. Obschon man sagt, da� der centralamerikanische Tiger in der Regel Menschen nicht angreift, so wu�te ich doch nicht, wann gegenw�rtiger zuletzt gefr�hst�ckt hatte, und schnell ri� ich die B�chse an den Backen. Doch die Begierde, das sch�ne Fell zu erlangen, lie� mich zu unbedachtsam feuern, und meine Kugel zerschmetterte ihm das linke Schulterblatt. Heulend warf sich die Bestie ins Geb�sch, und ich, ein Pistol ziehend, rasch hinterdrein. Auf dem schl�pfrigen Boden strauchelnd, blieb ich mit dem Fu� in einer Liane h�ngen, und zu Boden st�rzend entlud sich mein Pistol, w�hrend mein werthes Ich sich im Koth der jungfr�ulichen W�lder abdr�ckte. Weitere Verfolgung erwies sich als nutzlos, und ich kehrte zum Boot zur�ck, da dumpf rollender Donner einen Hurican verk�ndigte.

Kaum angelangt, brach das Wetter los, und heftige Donnerschl�ge, wie der Schall vieler Kanonen, schienen die Grundvesten der Erde ersch�ttern zu wollen, w�hrend alle Schleu�en des Himmels ihre Wasserstr�me auf uns herabsendeten. Ein zuf�llig auf dem Deck stehender Blech-Eimer diente mir als Regenmesser, und zeigte in einer Viertelstunde 14 Zoll Wasser. Wir waren gerad an einer schwierigen Stelle der F�lle, und 20 Mann mu�ten ins Wasser das Boot weiter zu bringen, w�hrend der Rest der Mannschaft vom Boote aus mit langen Stangen nachhalf. Ein Blitz, der kurz vor dem Boot einen ungeheuern Baum zusammenschlug, vollendete die Verwirrung, die anfing gef�hrlich zu werden, da Alles durcheinander schrie und l�rmte. Der Patron betete zu St. Antonio, die Amerikaner fluchten und suchten die Indianer mit gezogenem Pistol oder Kn�ppel zu neuen Anstrengungen anzutreiben, und ich brauchte das wenige Spanisch, das ich wei�, und schrie: Agua ardiente! Agua ardiente! (Schnaps), welches Alles zusammen denn auch seine Wirkung that, gleichviel nun, ob St. Antonio, die Pr�gel oder der versprochene Schnaps, den ich von dem f�r die Insecten und Reptilien mitgenommenen Alkohol austheilte, geholfen hatte.

Ich mu� bemerken, da� St. Antonio, welcher f�r die Machuca-Rapids eine besondere G�ltigkeit haben soll, jedenfalls ein unangenehmes Amt bekleidet. Ich wenigstens w�rde die Patronschaft ablehnen, m��te ich den ganzen Tag Boote �ber diese verw�nschten Stromschnellen bringen.

Im letzten Rapid liegt das Wrack eines amerikanischen Dampfbootes, das, f�r die See bestimmt, jetzt durch ein anderes ersetzt worden ist. (Dieser Steamer war wahrscheinlich dem St. Antonio, der nur das Bungo gew�hnt ist, zu schwer, deshalb lie� er ihn sitzen.)

In der folgenden Nacht hatten wir arg zu leiden von dem vielen Regenwasser, das, in das Boot gedrungen, die H�ute, mit denen die Waaren bedeckt, aufgeweicht hatte, was einen pestilenzialischen Geruch verursachte. Ueber die Caj�te hatte ich eine gro�e Gummidecke gebreitet, die als Frachtst�ck mitging und uns selbst wenigstens trocken hielt.

Wir sahen hier Herrn Cropsey, Ingenieur des Canals, welcher ein auf ein Boot befestigtes Haus bewohnt und l�ngs des Flusses die vorbereitenden Arbeiten leitet. Er war sehr erfreut in der Bootsladung f�r ihn bestimmtes Fleisch, Mehl, Branntwein und Kaffee zu finden, denn in einer L�nge von 90 Miles ist gar nichts zu bekommen, da der ganze Flu� unbewohnt ist.

Einer der Passagiere ward heftig vom Fieber gesch�ttelt, alle waren unwohl, doch brachten einige meiner mitgenommenen Aloepillen eine erw�nschte Aenderung bei Allen hervor, mit Ausnahme des Fieberkranken, der durch einen am Morgen hinzugetretenen Schlaganfall sich sehr �bel befand. Doctor Gescheidt's Geschenk, eine Lanzette, leistete mir beim Aderla�, den ich an ihm vornahm, gute Dienste, und er befand sich bald besser darauf.

Bis zu den Rapids Castello Viejo ist stilles Wasser von geh�riger Tiefe, ebenso oberhalb derselben bis zum See, so da� die gr��ten Mississippi-Boote bequem gehen k�nnen, nur werden die Rapids ziemlich bedeutende Schleu�enbauten erfordern. Im ganzen Flu� ist jedoch kein gr��eres Hinderni� als solche, die im St. Lawrence-Flu� schon mit gro�er Leichtigkeit �berwunden worden sind, nur ist hier die gro�e Schwierigkeit, da� die Eingebornen schlechte Arbeiter und bei jeder ihnen unbekannten Arbeit unbrauchbar sind, und Arbeiter aus dem Norden haben anf�nglich viel vom Klima zu leiden.

Am 29. Junius langten wir im Castello Viejo an. Auf der Spitze eines kleinen H�gels liegen die Tr�mmer des alten Castells und beherrschen die kurzen, aber sehr heftigen Stromschnellen; es wurde jedoch von den Briten 1848 belagert und geschleift. Mit vieler M�he hieb ich mir einen Weg zum Gipfel nach den Tr�mmern, die in schon so kurzer Zeit ganz von der Alles �berwuchernden Vegetation bedeckt sind; da wo noch vor vier Jahren die Kanonen �ber die Gesch�tzbettungen donnerten, stehen schon gro�e B�ume. Die gr��te Sicherheit des Platzes bestand in dem Mangel an Raum zu Errichtung feindlicher Batterien, f�r die erst der Wald niedergehauen werden mu�te. Das Fort selbst besteht theils aus Felsen, theils ist es aus einer Art Porphyr, theils aus Ziegelsteinen gemauert. Seine gegenw�rtige Besatzung besteht nur aus Flederm�usen, von denen ich in den Casematten mehrere nach m�nnlichem Kampfe erlegte, andere fing. Sie waren den nordischen Flederm�usen �hnlich, und hatten durch einen aufrecht stehenden Hautlappen �ber der Nase das Aussehen eines Nashorns. Farbe ganz schwarz, K�rper haarig, f�nf Zehen, an den Fl�geln kleine Haken, Z�hne au�erordentlich gro�, beinahe so lang wie die obere Kinnlade. Einige alte spanische Gesch�tze liegen im Schutte begraben.

Am Fu� des Castells liegt ein Rancho (Rohrh�tte). Hr. W., ein Agent der Canalcompagnie, ist mit einer Anzahl Indianer besch�ftigt einen Landungsplatz f�r das Dampfboot zu bauen. Er klagte sehr �ber die Schwierigkeit, die Indianer zu guten Arbeitern zu machen. Mit Ausnahme einiger Aexte, die von der Compagnie geliefert wurden, bedienen sie sich lediglich der Macheta. Dies ist ein Messer, welches, je nach der Sitte des Landes, von der Gr��e eines langen Dolches bis zu einem sehr schwerf�lligen S�bel anw�chst, und zum mannichfachsten Gebrauch dient. Man haut damit sein Holz, baut ein Haus, was jedoch bei diesen Rohrh�tten nicht viel sagen will, schneidet Fleisch und braucht es als Waffe. Die Indianer hackten damit nach Anweisung am Holz herum, und schienen sich zuletzt selbst zu wundern, wenn ein Stamm zurecht gehauen war. Es wird bald der Plankenweg fertig sein, und eben ein solcher an den Machuca gebaut werden.

Als ich von San Juan abging, war eben eines der kleinen eisernen Dampfboote angelangt, und man arbeitete an dessen Zusammensetzung; zwei andere folgen nach, und es wird in jeder der drei Hauptabtheilungen des Flusses eines gehen. Wird der Flu� angesiedelt, so werden jedenfalls an diesen Pl�tzen zuerst D�rfer entstehen. Bald vielleicht wird sich ein American-Eagle-Hotel oder Independence-Hotel erheben und diesem fruchtbaren Boden eine Ernte abgewonnen werden.

Zwischen beiden Bootsleuten entspann sich ein Streit, und dem einen ward mit der Macheta ein St�ck aus dem Backen gehauen. In den Augen der Indianer ist jeder wei�e Mann ein Doctor; durch meine Purganzen und Vomitive, sowie durch den Aderla� war die Thatsache noch mehr festgestellt, und jetzt mu�te ich nolens volens des Mannes Backen zusammenflicken. In Ermangelung chirurgischer Nadeln legte ich ihm mit einer gew�hnlichen N�hnadel Heftl�cher an. Der arme Teufel stand viel Schmerzen aus, doch flickte ich ihn �bel und b�s zusammen, und pappte schlie�lich ein Heftpflaster dar�ber; wenn die Backe schief heilt, ist's nicht meine Schuld. Lieb w�re mir es aber doch, wenn meine chirurgischen Kenntnisse nicht zu arg auf die Probe gestellt w�rden.

An diesem Platze waren wiederum Moskitos und Bremsen, deren Stich wie Feuer brennt, sehr l�stig, daher setzten wir so schnell als m�glich unsere Reise auf dem jetzt ruhiger flie�enden Flu� mit g�nstigem Fahrwasser fort. Ich �berraschte einen Kaiman im Gras schlafend, und scho� ihn durch das Blatt; er suchte noch das Wasser zu gewinnen, doch kam ich ihm zuvor, und stach ihn zweimal mit der Macheta in die Weichen, wobei er mich mit einem Schwanzschlag in das Wasser warf. Ehe ich wieder im Trockenen war, h�mmerten schon die Indianer auf seinem Kopf herum, und ich konnte nur das Gebi� retten. Es war ein Weibchen, ma� 11 Fu� und hatte im Magen ein ganzes Hirschkalb. Die Flu�ufer sind hier flach und wie �berall der Boden h�chst �ppig.

Am 30. Mittags langten wir im Fort San Carlos an. Hier stand fr�her gleichfalls ein gro�es Fort, das die M�ndung des Sees beherrschte, aber von den Engl�ndern Ausgangs des verflossenen Jahrhunderts in Tr�mmer gelegt ward, in welcher Action der junge Nelson als Midshipman eine seiner ersten Waffenthaten verrichtete. Das jetzige Fort besteht aus einer verfallenen Schanze, auf derselben ein Haus f�r ein bis zwei Dutzend Soldaten, ein etwas besseres f�r den Commandanten. Neben der Flagge von Nicaragua steht eine alte vom Rost zerfressene Kanone (etwaige Schmugglerboote aufzuhalten) auf einer Laffette, deren R�der aus einem quer durchgeschnittenen Stamm bestehen. Beim Abfeuern dieses Gesch�tzes sehe ich weniger Gefahr f�r den Feind als f�r den Artilleristen, der es loszubrennen hat. Einige Dutzend Kugeln rosten im Gras, doch liegen demontirt auch einige sch�ne bronzene 32-Pf�nder mit der Jahreszahl 1618 im Sand. So g�nstig auch dieses Fort f�r die Vertheidigung liegt, so w�rde es doch in seinem jetzigen Zustande von zehn derben Leuten mit Leichtigkeit zu nehmen sein.

Die am Fort liegende Ortschaft war lange ganz verlassen, doch sind jetzt wieder einige Dutzend Rohrh�tten erbaut, und bei eintretendem lebhaften Verkehr wird dieser Ort jedenfalls ein wichtiges Settlement werden; in seinem jetzigen Zustand jedoch kann es f�glich mit San Juan gleichgestellt werden.

Hier ist die Douane der Republik Nicaragua, welche die Reisenden sehr qu�lt, denn die kleinste Kiste mu� ausgeladen und untersucht werden. Ich machte hier zuerst von meinen Papieren Gebrauch, und erlaubte nicht da� man mein Gep�ck ber�hrte. Die Douanenbeamten, sei's weil sie nicht verstanden oder verstehen wollten, gaben sich inde� nicht zufrieden und wollten selbst ausladen, da erschien der Douane-Inspector und der Commandant des Forts. In San Juan hatte eine Auction stattgefunden, in welcher unsere Schiffsgesellschaft, f�r den Fall, da� wir den 4. noch auf dem Flu� oder See sein sollten, einen Korb Champagner erstanden. Als die beiden Herren erschienen, nahm ich eine Flasche, legte sie an den Backen, und scho� den Pfropfen auf den Douane-Inspector ab, dem Commandanten meine Beglaubigung gebend. Durch beides zufrieden gestellt, leerten wir diese und noch eine Flasche auf unser gegenseitiges Wohl, w�hrend welcher Zeit der Hafencommandant sich entschuldigte, da� er meinen Salutschu� mit dem Champagner, wegen sp�rlicher Munition aus seinen Gesch�tzen nicht erwiedern k�nne. Als die Fracht die Douane passirt hatte, schieden wir mit gegenseitigen Achtungsversicherungen.

Die Fahrt �ber den See, welche 110 Miles betr�gt, begann wieder des Abends, allein ein ungleich lieblicherer Anblick bot sich mir, als beim Beginn der Reise. Die ungeheure Wasserfl�che, nach vorn den Horizont bildend, wird rechts und links begr�nzt von sch�nen Gebirgen, und w�hrend links die gro�e Gebirgskette sich nach Costarica hinabzieht, erheben sich inmitten des Sees die Gipfel der beiden gro�en Vulkane des Ometepa-Islands majest�tisch in die Wolken. Links, s�dlich, sind die M�ndungen des Rio Frio, umkr�nzt von �ppigem Pflanzenreichthum, w�hrend Baumgruppen ganz �bers�et von Purpurbl�then sich rechts erheben. Ein von Norden heraufziehendes Gewitter erf�llte die Luft mit imposanten Wolkenformen, w�hrend die abendliche Spiegelung derselben den See in reiche Farbenpracht kleidete.

Unser Boot gleitete unter seinem �rmlichen Segelwerk leise im Abendwind dahin; als jedoch das Gewitter in gewohnter Heftigkeit losbrach, getrauten sich die Bootsleute nicht dem Sturm Trotz zu bieten, und ankerten im See bis Anbruch des Tages. In der n�chsten Nacht war kein so starker Wind, der Mann am Steuer aber schlief fortw�hrend, so da� wir uns selbst �ber das Boot erbarmten und mit H�lfe einer eben ver�ffentlichten (Colton) New-York-Karte und eines Taschencompasses weiter segelten bis Tagesanbruch.

Der See von Granada ist der gr��te in Centralamerika, giebt den gro�en canadischen Seen nicht viel nach und ist mit umfangreichen Inseln bes�et, deren gr��te, Omatepa, zwei Vulkane von 5-6000 Fu� besitzt und 30,000 Einwohner hat. Ein in der n�chsten Nacht losbrechendes Gewitter, das unser kleines Fahrzeug gleich einer Nu�schale herumwarf, n�thigte uns in unmittelbarer N�he des Landes zu ankern. Gegen Morgen ruderten wir vollends bis Granada, und vor Sonnenaufgang hatten wir neben dem kleinen amerikanischen Steamer, dem ersten, welcher diesen See bef�hrt, geankert.

Es war der 4. Jul., der jedem amerikanischen B�rger theure Jahrestag der Unabh�ngigkeits-Erkl�rung der Vereinigten Staaten, der wie immer von der amerikanischen Flagge recht mit Ehren gefeiert wird. Bei Sonnenaufgang hi�te der Steamer und die beiden Schooner die Flagge, und vom Bord stiegen eine Masse Raketen in den blauen Himmel, wir aber gr��ten die stolzen Sterne und Streifen mit einer dreifachen Salve.

Wir suchten die Ausschiffung unserer Effecten zu beschleunigen, die einige Schwierigkeiten verursachte, da abermals ein Zollbeamter Einwendungen gegen die Einfuhr meines Alkohol, der allerdings hier Monopol ist, erhob, doch nach Erkl�rung des Zweckes gab er sich zufrieden, nur hatten sich w�hrend der Debatte eine Partie zerlumpte Soldaten, deren ganze Uniform in Flinte und Patrontasche bestand, und die meine Effecten bewachen sollten, in einige Forschungen �ber den Inhalt des Getr�nks vertieft. Bald war jedoch Alles auf einen gro�en zweir�drigen Ochsenkarren, dessen R�der wie die der Kanone aus einem Baumstamme geschnitten waren, geladen; das Deichselgespann ward von einem auf dem Wagen stehenden Mann nach antiker Art mit dem Speer gelenkt, voraus ging ein nackter Kerl, mit einer Art langer Decke drapirt, in der Hand die unvermeidliche Macheta, mit der er, dem Vordergespann auf das betreffende Horn hauend, die Richtung bezeichnete. Die Ochsen sind daran gew�hnt da� kein Lenkseil gebraucht wird, daher haben Zug-Ochsen oft ganz zerhackte H�rner, oft auch wird aus Mi�verst�ndni� ein St�ck Ohr mit abgehauen.

Ich fand hier den bekannten Gelehrten Hrn. Fr�bel, dessen Bekanntschaft ich voriges Jahr in New-York gemacht hatte, und nachdem die Freude des Wiedersehens vor�ber war, brachte ich mich selbst und mein Gep�ck im Hause eines Hrn. Dr. B. unter, der mir ein gro�es Zimmer freundlichst abtrat.

Es war mir endlich verstattet, nachdem ich meine Koffer und Kisten, deren Inhalt durch die viele Feuchtigkeit an einigen Stellen mit Schimmel und Moder bedeckt war, ausgepackt und gel�ftet, meinen strapazirten K�rper mit gr�ndlicher Reinigung, frischer W�sche und reinen Kleidern zu laben, und das war eine wahre Wohlthat, denn ganz bedeckt vom Schmutz des Bootes und der W�lder, kostete es mir nach jedem Bad im Flu� keine geringe Ueberwindung wieder in meine Schmutzh�lle zu schl�pfen. Nach dieser n�thigen Reinigung gab ich einen B�ndel Briefe ab, wobei Dr. B. (ein Deutscher) meinem mangelhaften Spanisch als Dolmetscher zu H�lfe kam. Ueberall ward mir der freundlichste Empfang zu Theil, denn sowohl Hr. Squier als Herr Marcoleta (Gesandter in Washington) waren sehr geachtete Pers�nlichkeiten, und �berall erhielt ich Einladungen zum Besuch und Aufenthalt in Hacienden, von denen ich zuerst die Don Jose Sandovals, eines freundlichen alten Spaniers, benutzen werde, um einige Tage auf seinem sch�nen gro�en Besitzthum zuzubringen.

Ich war eben nach Hause zur�ckgekehrt als der Pr�sident, in Begleitung des Vice-Pr�sidenten, den hiesigen Amerikanern und meiner Wenigkeit zur Feier des 4. Jul. eine Einladung zu einem Festessen und Bankett �berbrachte, welche ehrende Auszeichnung ich mit Dank annahm. Um 4 Uhr begab ich mich in Gesellschaft F's. und des Dr. B. in das Fest-Local.

Die H�user sind nach Art der maurischen H�user in Algier gebaut. In der Mitte ein sehr gro�er Hof, umgeben von S�uleng�ngen, an welche die verschiedenen Gem�cher des Hauses sto�en. Nach der Stra�e hin ist meist eine gro�e Empfangs-Halle, welche hier als Fest-Local mit den Flaggen der Union und Nicaragua's und mit einer Menge ungeheurer Palmenzweige geschm�ckt war. Ingleichen waren die Colonnaden des Hofs durch Palmen in Baumg�nge verwandelt, und da jeder Hof hier mit Pflanzen geziert ist, zwischen denen immer eine Menge zahme Papageien und andere V�gel, auch wohl zierliche Rehe herumlaufen, gew�hrte das Ganze einen �beraus lieblichen Anblick, mehr noch als bei einbrechender Dunkelheit eine Masse von Lichtern durch das Gr�n schimmerten. Au�er den angesehensten hier wohnhaften B�rgern der Vereinigten Staaten waren als Ehreng�ste zugegen: der Pr�fect, der Commandant des Milit�rs, einige andere Beamte und einige der angesehensten Eingebornen und Franzosen.

Der Pr�sident, Hr. Coterell, erinnerte in kurzer Ansprache an den Zweck der Feier, und nachdem an der reichgeschm�ckten Tafel, auf der zwischen ganzen gebratenen Rehen und gewaltigen wilden Truth�hnern nordische Leckerbissen in Gesellschaft der �ppigsten S�dfr�chte prangten, den gastronomischen Forschungen eine kurze Zeit gewidmet war, erhob man die Gl�ser, in denen rheinische Weine, Port und Madeira blinkten, und der perlende Sohn der Champagne, seiner silbernen Bande entledigt, sch�umte, und brachte zuerst die bei jeder amerikanischen Feier des 4. Julius �blichen regul�ren Toaste, denen sich dann eine Menge anderer anschlossen.

Ein Toast aber ward durch einen sonderbaren Zufall besonders feierlich. Bei jedem Gl�serklingen antwortete von der Hauptwache ein Kanonenschu�, und gegen Abend kam das unausbleibliche Gewitter wieder herauf. Es waren eben die Worte gesprochen worden: �Wir trinken in der Stille dem Andenken des gro�en Georg Washington!� – Jeder brachte schweigend und erhoben sein Glas an die Lippen, da �bernahm der Himmel selbst den �blichen Salutschu� durch einen furchtbaren Donnerschlag, der die Erde in ihren Grundfesten erzittern machte, und ich l�ugne nicht, da� ich, wie gewi� alle, das Glas mit einer Art von and�chtigem Grausen leerte. Eine Musikbande spielte in der Veranda w�hrend des ganzen Mahles, und bis in sp�te Nachtstunden blieben die Genossen in ungezwungener Heiterkeit beisammen, welche durch die anerkennungswerthen Bestrebungen des Herrn Coterell nie die �blichen Formen der Wohlanst�ndigkeit �berschritt.

Einige Ver�nderungen im Ministerium und der Regierung lie�en es mir r�thlich erscheinen, meine Depeschen andern Tags pers�nlich an ihre Adressen abzugeben. Ich habe meine Reisevorbereitungen getroffen, mein Pferd ist auf Don Sandovals Hacienda geh�rig ausgef�ttert und stark und wohl geeignet eine strapazi�se Reise zu ertragen, die zu erwarten steht, da die Regenzeit, in der wir leben, die Wege bodenlos gemacht hat. In einer Beziehung ist mir's lieb, da� noch sechs bis acht Tage hingehen, ehe ich anfange zu malen, denn die empfangenen Eindr�cke sind alle so neu und bew�ltigend, da� ich nothwendig dieselben erst ordnen und klar machen mu�. Ich habe eine Menge der mannichfaltigsten und sch�nsten Gegenst�nde f�r Studien gefunden, und sobald ich meine Verpflichtungen gegen die Regierung erf�llt, werde ich mit gro�er Freude an die Arbeit gehen, und bleibe ich von Krankheit verschont, was ich w�nsche und hoffe (denn seit ich hier bin erfreue ich mich eines ganz au�erordentlichen Wohlbefindens), so denke ich ein reiches Portefeuille zu sammeln. Sehr froh bin ich, da� ich statt des Daguerreotyps, wie ich erst beabsichtigte, ein Phototyp mitgenommen, denn ein Amerikaner, der ein Daguerreotyp hieher gebracht, war ganz in Verzweiflung, da� er w�hrend der trocknen Jahreszeit keine Platte poliren konnte, da der die ganze Luft erf�llende Sandstaub alle Politur zerkratzte. Ich hoffe besonders von interessanten Gruppen der Indianer, die nicht gern still stehen sich malen zu lassen, sowie von naturhistorischen Gegenst�nden manche gute Beute damit zu machen, und so reut mich die f�r meine Umst�nde bedeutende Ausgabe von 150 Dollars, die ich daf�r gemacht, nicht. Auf der andern Seite thut mir's sehr leid, da� ich mein Sammeln von Insecten und V�geln nur in so kleinem Ma�stab betreiben kann, da die Transport- und Packmittel f�r dergleichen Gegenst�nde sehr theuer sind und meine Kr�fte �bersteigen. Ich werde meinen Vorsatz, eine Collection an einige deutsche naturhistorische Cabinette zu schicken, nicht ausf�hren k�nnen, und au�er einem Geschenk an Freund M. werde ich mich lediglich auf das Institut in Washington, das mir eine Summe f�r diese Zwecke zur Verf�gung gestellt, beschr�nken m�ssen. Hier ist einer von den wenigen F�llen, wo ich mehr bemittelt zu sein w�nschte, denn es hindert mich diese Mittellosigkeit an der Erreichung eines sch�nen Zwecks.

Nach meiner R�ckkehr von Leon halte ich mich hier auf, um Hrn. Squiers Ankunft abzuwarten und Stadt und Umgegend auszubeuten. Sobald es die Jahreszeit erlaubt, will ich eine Besteigung des Mombatch, der �ber der Stadt sein Haupt erhebt und jetzt best�ndig in Wolken geh�llt ist, unternehmen. Mein n�chster Brief wird entweder eine Beschreibung meiner Reise nach Leon, oder eine genauere Beschreibung Granada's enthalten, welches wohl derselben werth ist, denn es ist an dem sch�nen See mit seinen zierlichen Ufern h�chst pittoresk gelegen, und bietet im Innern eine Menge malerischer Ansichten. Das Leben selbst ist ebenso reichhaltig, da� es, sowie die Verh�ltnisse der ganzen Stadt, vielfach malerischen Stoff bietet.

Man erwartet jetzt die Ankunft des Gesandten der Vereinigten Staaten Hrn. Kerr, den aus St. Carlos abzuholen der Dampfer gestern abgegangen ist, und zu dessen Empfang die Amerikaner f�r heute eine Festlichkeit bereitet haben, an welche Dr. B., F. und ich uns anschlie�en werden.

Seit ziemlich drei Wochen bin ich von meiner Excursion nach Leon wieder zur�ckgekehrt nach Granada und habe seitdem ungest�rt meine k�nstlerischen und wissenschaftlichen Studien beginnen k�nnen.

Granada ist, wie ich schon fr�her erw�hnt, die bedeutendste Stadt am See gleiches Namens, mit 12-15000 Einwohner, und unter den jetzigen Umst�nden wohl �berhaupt die wichtigste Stadt dieses Landes zu nennen. Die Zeit ihrer Gr�ndung f�llt mit der zweiten Periode der Entdeckung von Amerika zusammen. Ihre Erbauer waren jene k�hnen Freibeuter, welche ein seltsames Gemisch von soldatisch roher Ritterlichkeit, gepaart mit blindem Glaubenseifer waren, mit welchen Eigenschaften sie aber doch auch eine gewisse kaufm�nnische Verschmitztheit verbanden.

Die H�user, meist nur aus einem Gescho�e bestehend, dessen H�he zwischen 12 und 15 Fu� betr�gt, haben durch ihre 6-8 Fu� breiten Th�ren und hohen vergitterten Balconfenstern ein festungs�hnliches Aussehen. Die innere Einrichtung beschrieb ich Euch bereits fr�her. Die Hauptr�ume bleiben �berall der mit Zierpflanzen geschm�ckte erste Arcadenhof und die an der Vorderfront liegende Empfangshalle, an welche gew�hnlich das Frauengemach st��t; oft auch befindet sich �ber letzterem noch ein Balconzimmer. Ein solches ist gegenw�rtig meine Wohnung, mit wundervoller Aussicht �ber den See und die Gebirge. Einen zweiten oder Hinterhof, umgeben die St�lle, die K�che (in der nur auf offenem Herde gekocht wird, Brat�fen, Kochmaschinen, wie in Europa und den Verein.-Staaten, kennt man hier nicht), welche letztere zugleich dem Gefl�gel und sonstigem kleinen Gethier, das f�r jede Mahlzeit frisch geschlachtet wird, zum Aufenthalt dient. In vielen dieser Hinterh�fe befindet sich auch ein Ziehbrunnen, doch wird das Wasser mehrentheils aus dem See geholt, da die Quellen fast alle mineralischer Natur sind.

Sehr belebt ist das Seeufer bei Sonnenaufgang: Frauen und M�dchen erscheinen, mit gro�en irdenen Gef��en, �hnlich den antiken Amphoren, nur etwas bauchiger, auf dem Kopf und sch�pfen Wasser; Reiter und Fu�g�nger lustwandeln in der Morgenk�hle, fast alle Besucher aber erfrischen sich mit einem Bade. Sp�ter r�umen sie den Waschwannen das Feld, sowie den Schiffsleuten, welche die Waaren aus den Booten auf gro�e, zweir�drige, von 4-6 Ochsen gezogene Karren umladen. Dann f�llen sich die Stra�en mit Indianern der benachbarten D�rfer und Haciendas, welche ihre Produkte zum Kaufe ausbieten. Bei geringen Entfernungen tragen sie ihre Last auf dem Kopfe, in gro�en h�lzernen Sch�sseln, von denen man auch sagen kann, sie haben ungeheure h�lzerne H�te auf, die sie umgekehrt auch zum Tragen ben�tzen. Kleine nackte Jungen bringen auf Pferden und Maulthieren Ladungen von jungen Mais (Zakate) als Futter f�r die Pferde zu Markt, w�hrend die Stadtbewohner theils in ihren L�den den Verkauf betreiben, die Frauen weibliche Arbeiten oder Cigarren verfertigen; noch �fter aber liegen alle in den Hammocks, rauchend und sich schaukelnd, wozu sie von Zeit zu Zeit einen Schluck Teste, ein gar nicht �bles Getr�nk aus Maismehl, Zucker, Cacao und Wasser nehmen. Geraucht wird aber von Mann und Weib, Jung und Alt, und oft schickt ein Vater sein kaum vierj�hriges S�hnlein oder T�chterlein in die K�che, um Feuer zu holen, welche dann gravit�tisch mit der brennenden Cigarre im Munde und qualmend wie Dampfessen zur�ckkommen.

Das Cost�m der Frauen besteht in einem Unterrock von Mousselin, um die nackten H�ften gebunden und am unteren Saume mit Flittern besetzt; �ber dem Oberk�rper tragen die besseren Classen ein kurzes, weitfaltiges Uebergewand, �hnlich dem griechischen Peplum, die niederen Classen aber den Oberk�rper ganz blo�; oft auch, zumal bei Kindern, ist vollkommener Mangel an Kleidung vorhanden, was die Frauen hier anwesender Amerikaner oft veranla�t, die Augen niederzuschlagen oder mit der Hand zu bedecken. Alle St�nde aber schm�cken sich die sch�nen, gr��tentheils ebenholzschwarzen Haare mit Jasminbl�then und Blumen von lebhaften Farben, was die ausdrucksvollen und oft classisch regelm��igen Gesichter mit phantastischer Sch�nheit ziert. Der Gang hat, wahrscheinlich durch die Gewohnheit alle Lasten auf dem Kopfe zu tragen, etwas �beraus Elastisches, was den ganzen Gestalten einen erh�hten Reiz verleiht.

Mehre sch�ne Kirchen, in einem seltsamen Gemisch von maurischem Charakter, spanischer Renaissance, oft mit sehr bemerkbarem Anklang von byzantinischem Style erbaut, zeugen von der fr�heren Macht und dem Reichthume des Clerus (bei Errichtung der St�dte ward bekanntlich der zehnte Theil aller Beute auf Errichtung von Kirchen und Kl�stern verwandt). Durch die h�ufigen Revolutionen hat sich denn freilich in dieser und anderer Hinsicht vieles ge�ndert, da die gro�en Capitalisten entweder auswanderten oder durch bedeutende Contributionen sehr in Anspruch genommen wurden. Wenn auch noch hier und da ein wohlbeleibter, beh�biger Pr�lat auf seinem Ochsenkarren und von zwei Soldaten begleitet durch die Stra�en zieht, so reitet daf�r manch armer, abgemagerter Dorf-Cura (Pfarrer), nach dem Beispiele des Heilandes, als wahrhafter Apostel auf einem armseligen Eselein durch das Land, um mit christlicher Demuth auf irgend einer entfernten Hacienda dem Sterbenden eine geistliche Wegzehrung zu spenden.

An Festtagen, deren es hier, nach dem was ich bis jetzt gesehen, fast so viele als Tage im Jahr zu geben scheint, durchziehen zahlreiche Prozessionen mit Geigen und Fl�ten die Stra�en, wobei an Weihrauch unendliche Wolken verdampfen, und an Schie�pulver, knallenden und prasselnden Schw�rmern, Raketen, franz�sischen Schl�gen, letztere oft zu Dutzenden auf einmal, ein Erkleckliches verpufft wird. Abends wird dann die Prozession mit Hunderten bunter Laternen fortgesetzt, was mit den Gruppen, die allabendlich plaudernd die R�ume vor den Hausth�ren f�llen, und den erleuchteten Balconen, von denen transparente, mit Blumen geschm�ckte und umgebene Heiligenbilder schimmern, einen malerischen und poetischen Anblick gew�hrt. Oefters habe ich, sp�t am Abend von meinen Excursionen heimkehrend, mein Pferd angehalten, um auf die eigenen schwerm�thigen kirchlichen Melodien zu horchen, oder Gruppen mit ihren Liebhabern sch�kernder M�dchen zu belauschen.

Doch indem ich mich so in Schilderungen des Lebens in Granada vertiefe, vergesse ich ganz, euch von meiner Reise nach Leon zu berichten.

Nachdem ich einige Ruhetage benutzt hatte, um aus dem Mr. Squier geh�rigen und hier zur�ckgelassenen Eigenthume f�r mich ein starkes und rasches Pferd mit Sattel und Packtaschen, f�r einen Diener ein kr�ftiges Maulthier zu w�hlen, die B�chse und meine herrlichen Revolvers[1], ein Reisegeschenk meines ehrenwerthen G�nners de Rhame in New-York, vom Schmutze der Reise zu reinigen, frisch zu laden und einige Munition nebst W�sche einzupacken, w�hrend ich von meinem freundlichen Wirthe, Don Narciso Espinosa, eine leichte Vogelflinte nebst einer unb�ndig langen Doppelpistole f�r meinen tapfern Sancho Pansa geliehen hatte, trat ich am 9. Juli meine Reise in nomine domini an. Es circulirten eine Menge Ger�chte �ber Unsicherheit der Stra�en, und ein Halbdutzend Morde, welche im Laufe der letzten Monate vorgefallen waren, best�tigten dieselben allerdings in nicht erfreulicher Weise. In Ber�cksichtigung der Regierungsdepeschen aus Washington, die ich nach Leon zu �berbringen hatte, wurde mir vom Commandanten eine Escorte von zwei Lanciers angeboten; ich gestehe aber, da� ihr Ajustement und ihr ganzes Aeu�ere mich denn doch mehr Vertrauen in die Vorz�glichkeit meiner Waffen, meines Pferdes und meine geringe Person selbst setzen lie�en. Ich dankte demnach h�flichst f�r die Ehre, und zog es vor die Reise allein zu machen.

Durch die hier zu Lande �bliche Art zu reisen wird man noch lebhaft an die Zeit der fahrenden Ritter erinnert. Jeder Reisende, der sich auf irgend eine Weise S�bel und Pistolen verschaffen kann, r�stet sich damit, und in Ermangelung letzterer baumeln doch wenigstens ein paar leere Pistolenhalfter am Sattelknopfe; wenn m�glich, nimmt man auch eine mit Rehposten geladene Flinte mit, die entweder quer �ber den Sattelknopf gelegt, oder vom Schildknappen, wie weiland dem edlen Ritter Don Quixote die Lanze, hinterdrein getragen wird. Das Gep�ck hat man theils selbst in Satteltaschen bei sich, theils tr�gt es der Diener vor sich auf dem Maulthiere. Gew�hnlich trottirt dieser voraus, den Weg zeigend; trifft man jedoch unterwegs mit anderen Reisenden zusammen, so reiten die Caballeros voraus, w�hrend die hinterfolgenden Diener sich gegenseitig von der Tapferkeit ihrer Gebieter, der unvergleichlichen G�te ihrer Waffen und Pferde u. s. w. t�chtig etwas vorrenommiren, was mit unvermindertem Eifer in jedem Nachtquartiere fortgesetzt wird, wo dann gew�hnlich der Wirth noch die allerabsonderlich grausenhaften Geschichten von Mordthaten zu erz�hlen wei�, die sich k�rzlich erst ganz in der N�he zugetragen haben sollen, nat�rlich in der menschenfreundlichen Absicht, den oder die Reisenden wo m�glich noch den n�chsten Tag dazubehalten.

Beim Mahle, meist aus gekochtem Reis, Huhn, Eiern und Fisch, nebst einigen steinharten rothen Bohnen und der unvermeidlichen Tortilla (einem aus Mais gebackenen flachen Kuchen, der die Stelle des Brodes hier vertritt) bestehend, wartet der Mozo (Diener) hinter dem Stuhle seines Caballero stehend, auf, lauert aber gierig auf den Augenblick, wo dieser sich erhebend, ihm die Reste der Speisen �berl��t.

Fr�h, wo ich meist um 3 Uhr aufbrach, um die Morgenk�hle zu benutzen, kostete es stets mannichfache M�he und Arbeit, Diener und Wirth aus dem Schlafe zu r�tteln, und bis die Thiere gef�ttert waren, verging dann immer noch mehr als eine Stunde, weshalb ich in der Regel das Gesch�ft des Wecken schon um 2 Uhr begann, nichts destoweniger aber mit einer Strohcigarre vorlieb nehmen mu�te, w�hrend der Magen erst im n�chsten Dorfe, oft 14-16 Miles entfernt, bedacht werden konnte. Genug, man �bersetze die Abenteuer und Irrfahrten des obgenannten unsterblichen Ritters ins Moderne, und man hat das leibhafte Conterfei eines Reisenden in Central-Amerika.

Der erste Theil des Weges nach Massaga, dem ersten Haltpunkte, war durch den vielen Regen grundlos geworden, und mein armes Pferd mu�te immer aus einem Sumpfloche ins andere tappen. Die Maulthiere, durch welche fast der ganze Verkehr des Landes betrieben wird, treten immer wieder in die Fu�stapfen des vorangehenden Thieres, an dessen Schweif ihr Zaum gebunden ist, so da� manchmal dadurch Reihen von 16-20 hintereinander entstehen; hierdurch wird aber bei Regenwetter die Stra�e zu einer Reihe nebeneinander und quer dar�ber hinlaufender Gr�ben, die, mit Wasser und Schlamm gef�llt, das Reiten ungemein erschweren, und da die hiesigen Pferde sehr kleinen Schlages sind, kaum 14 Hand hoch, so werden die F��e des Reiters mit den 4 bis 5 Zoll langen gro�ger�derten Sporen weidlich in den Koth getaucht. Ich zumal hatte oft Gelegenheit Betrachtungen dar�ber anzustellen, warum der liebe Himmel gerade mich mit so unziemlich langem Pedal ausstatten mu�te. Bei besserem Wege ist die Gangart der hiesigen Pferde eine sehr angenehme Art von Pa�, paso picarro hier zu Lande genannt. Ueberhaupt ist die Race ganz vortrefflich f�r hiesige Gegend, obschon man auf Broadway, in Hydepark oder dem Bois de Boulogne, im Berliner Thiergarten oder im Wiener Prater eben nicht sonderliche Bewunderung damit erregen w�rde.

Da es noch fr�h am Tage war, begegnete ich langen Z�gen von Indianern, welche ihre Produkte, als: Mais, Bohnen, Cacao und Taback, zu Markte trugen, die, theils auf Pferden, theils in Netzen auf dem R�cken h�ngend, an einem breiten Gurt �ber die Stirn getragen wurden, wie man dies auch zuweilen in den Schweizerbergen sieht, eine abscheuliche Mode, die den Leuten das Aussehen von Zugochsen giebt. Mir erschien diese Art von Kopfarbeit eine h�chst anstrengende, wie auch als der Grund der vielen Kr�pfe, die ich hier herum wahrnahm.

Der Weg schl�ngelt sich theils durch herrlichen, hochst�mmigen Wald, bemerkenswerth durch die m�chtigen und h�ufigen Gummib�ume, theils f�hrt er hin zwischen Bananen- und Indigofelder, umgeben von 5 bis 6 Fu� hohen wilden Ananas-Hecken. Hier und da bietet sich von der H�he eines H�gels eine entz�ckende Aussicht nach den Seen von Granada und Managua und dem Tipitapa-River, begr�nzt von den lachendsten, fruchtbarsten Ebenen und majest�tischen Gebirgsz�gen mit sanft ansteigenden Vorh�geln in den sch�nsten Formen und geschm�ckt mit aller Pracht und Ueppigkeit der tropischen Vegetation. Beim gro�en Gott! dies Land ist ein wahres Paradies und k�nnte Wunder wirken, Millionen flei�iger H�nde ern�hren, w�re es nicht von solch tr�ger, kurzsichtiger und geistig beschr�nkter Bev�lkerung bewohnet, welche es nicht versteht, oder nicht verstehen will, diesem gottgesegneten Boden einen auch nur einigerma�en erheblichen Tribut aufzuerlegen.

Massaga, wo ein kr�ftiges Fr�hst�ck mich und meinen Diener, s��er junger Mais die Thiere erquickte, ist ein niedliches St�dtchen, oder gro�er Flecken, mit nicht unbetr�chtlichem Markt f�r einheimische Produkte. Ein gro�er Theil der Ortsbev�lkerung wohnt freilich nur in indianischen Rohrh�tten, allein der Flei� derselben sticht vortheilhaft gegen andere Ortschaften ab, die ich sp�ter sah. Selbst Frauen, welche Fr�chte zu Markte trugen, flochten im Gehen Strohh�te und Matten von recht zierlicher Arbeit, und weniger als anderswo sah ich hier die Leute in ihren Hammocks faullenzen. Trotzdem waltet aber auch hier immer noch dieselbe indianische Halsstarrigkeit gegen alle und jede Verbesserung vor, die ihre Arbeit nutzbringender machen k�nnte.

In dem kleinen, jenseits Massaga gelegenen D�rfchen Indiery sah ich zuf�llig das Begr�bni� eines jungen indianischen M�dchens mit an, w�hrend unsere Thiere gef�ttert wurden.

Die Leiche ward auf einer Bahre, ohne Sarg, blos der K�rper mit einem Leinentuche bedeckt, das Gesicht, dessen sch�ne unschuldvolle Z�ge selbst der Tod nicht zu verunstalten vermocht hatte, jedoch offen getragen. Vorauf zogen sechs Musikanten mit zwei Geigen, zwei Fl�ten, einem Waldhorne und einem Violoncello, hinter ihnen der arme Dorfpfarrer, Gebete sprechend. Die Musik war eigentlich mehr ein sonderbarer Wirrwarr von T�nen zu nennen, die nur bei einigen �fters wiederkehrenden Gebetformeln sich zu einer Art von Accord einigten.

Beim Grabe, einer kleinen, kaum einige Fu� tiefen Grube, auf dem Platze vor der Kirche angelangt, ward nach kurzem Ceremoniel die Leiche in die Grube gelegt, jeder der wenigen Leidtragenden warf seine Hand voll Erde darauf und ein paar Leute mit Schaufeln thaten in kaum drei, vier Minuten den Rest. Ein B�ndelchen Raketen zischte in die Luft empor, das Aufschwingen der Seele gen Himmel andeutend, wie mir einer der Anwesenden erkl�rte, und jetzt zum erstenmale einte sich das bisherige Tongewirre der Musikanten zu einer wirklichen Melodie, in der ich zu meiner gro�en Ueberraschung das liebliche Lied der Brautjungfern in unseres herrlichen Webers Freisch�tz, wenn auch etwas naturalistisch verst�mmelt, wieder erkannte. Wie dies Lied den Weg bis hierher in die Tropenwelt gefunden, mag der Himmel wissen.

Ich kann nicht sagen ob es die Erinnerung war, welche diese aus holder Kinderzeit her�berklingenden heimischen T�ne in mir erweckte, oder was sonst, so viel aber ist gewi�, da� weder das pomphafteste Trauergepr�nge, noch die vollstimmigsten und kunstvollsten Trauerhymnen, noch die sch�nsten Grabreden jemals einen r�hrenderen Eindruck auf mich hervorgebracht haben, als diese kindlich naiven T�ne und die noch naivere Raketensymbolik neben diesem frischen Grabe einer kaum im Entfalten schon dahingerafften Bl�the. Der Zufall ist oft poetischer, als das poetischste Raffinement!

Als eine Viertelstunde sp�ter die Thiere getr�nkt und gef�ttert waren und ich wieder da vorbeiritt, spielten die Kinder schon wieder harmlos und fr�hlich auf der Stelle, die eine kaum merkliche Erh�hung als ein Grab andeutete, da ja der jugendliche K�rper nur wenig Raum einnahm.

F�nf Miles von Massaga erreichte ich, nachdem ich noch einige allerliebst zwischen Cocospalmen gelegene indianische D�rfchen passirt, die Lavafelder des Vulcans von Massaga. Seine Th�tigkeit beschr�nkt sich nur noch auf zeitweilige Entwickelung von Schwefelwasserstoff und starke Erhitzung des Schlammbodens in dem erloschenen Krater; ein kleiner Salzsee auf der S�dseite, welcher einen andern Krater ausf�llt, so wie ungeheure, sich wohl 6 bis 7 Miles gegen Norden hin erstreckende Lavafelder, geben Zeugni� seiner fr�heren Verheerungen. Ueberhaupt ist das ganze Land mit trachitischen Gebilden, Osidien und todten Lavastr�men bedeckt, welche die alles �berwuchernde �ppige Vegetation sp�ter mit neuem Leben bekleidet hat. Ein gro�er Theil der Quellen ist gleichfalls voller mineralischer Substanzen, und viele haben einen betr�chtlichen Hitzegrad. In den Lavafeldern von Massaga fielen mir besonders eine Menge seltsamer H�hlen auf, �hnlich ungeheuren Back�fen, wahrscheinlich herr�hrend von den durch sich entwickelnde Gase gebildeten Blasen.

Am Nachmittage brach wieder ein Gewitter mit gewohnter tropischer Heftigkeit los. �Donnere du bis du es satt hast!� dachte ich, und wickelte mich zum Schutze gegen die herabstr�mende S�ndfluth in meinen Poncho, eine dicke Wolldecke, mit einem Loch in der Mitte, zum Durchstecken des Kopfes, welche als Mantel den ganzen Menschen einh�llt, w�hrend der Kopf durch einen breitkr�mpigen Hut gesch�tzt wird; mein armes Pferd aber schritt schwerm�thig auf der, in einen Gie�bach verwandelten Stra�e einher und mein Sancho Pansa hinterdrein, h�chst kleinlaut und verdr��lich auf seinem Maulthiere hockend.

Menschen und Thiere waren froh, als wir am Abend Managua erreichten, eine ziemlich ansehnliche Stadt am See gleiches Namens gelegen und Sitz der gesetzgebenden Versammlung, �brigens durch nichts bemerkbar als durch eine nicht unsch�ne Hauptkirche von ziemlich reicher Architektur, in dem oben erw�hnten Mischlingsstyl.

Ein wilder Truthahn, den ich unterwegs geschossen, bildete unser Abendessen, welches ich mit einem Italiener theilte, der, gleichfalls auf der Reise nach Leon begriffen, in Verzweiflung war, da� sein Reisegef�hrte, ein Spanier des Landes, ihm durch seine permanente Trunkenheit die Reise �u�erst beschwerlich und unangenehm machte. Die regelm��ig sch�nen Gesichtsz�ge dieses Mannes, von antiker Strenge, aber durch die freundlichen blauen Augen, aus denen herzliches Wohlwollen blickte, sehr gemildert, so wie seine stramme soldatische Haltung, gepaart mit ritterlicher Anmuth, zogen mich wider Willen an und in stillschweigender Uebereinkunft brachen wir am anderen Morgen um 3 Uhr gemeinschaftlich auf, den l�stigen Trunkenbold zur�cklassend, der noch seinen gestrigen Rausch ausschlief.

Mein neuer Bekannter hatte, nachdem er die letzten Kriege seines Vaterlandes mit durchgek�mpft und sein geliebtes Weib, das alle Gefahren und Beschwerden treu mit ihm getheilt, auf schreckliche Weise verloren, die friedliche Besch�ftigung des Landmannes erw�hlt, und war jetzt auf dem Wege nach Californien, wo er beschlossen hatte, im Vereine mit mehren seiner Schicksalsgenossen sich lediglich auf die Agricultur zu verlegen und so, wenn auch langsamer, die wahren Sch�tze dieses Landes auszubeuten, das in nicht gar zu langer Zeit vielleicht noch einer der bl�hendsten Staaten der nordischen Union werden wird. In Leon, wo ich mehrere Mitglieder dieser projectirten Colonie, meist Genueser, kennen lernte, die einen sehr erfreulichen Gegensatz zu den Fehlern bildeten, die man meist den Italienern vorwirft, vernahm ich erst zuf�llig den Namen dieses, in der neuesten Periode seines Vaterlandes ber�hmt gewordenen Mannes, aber das strenge Incognito achtend, das er angenommen um sich vor Zudringlichkeiten zu sch�tzen, war und blieb er f�r mich nur Signor Giuseppe, oder auch Monsieur Joseph.

Hinter Managua f�hrt der Weg �ber eine steile, mit gro�en Felsbrocken bedeckte Anh�he, welche, da wir sie noch im Morgendunkel passiren mu�ten, unsere armen Thiere weidlich zum straucheln brachten. Wir erreichten jedoch ohne erheblichen Unfall mit Tagesanbruch den Gipfel, wo die aufgehende Sonne ein wahres Paradies vor unsern entz�ckten Blicken entrollte. S�d�stlich sahen wir noch den See von Granada, nordwestlich aber, jenseits des See's von Managua, dessen Brandung dumpf zu uns herauf t�nte, dehnte sich langhin das sch�ne Thal von Leon, �ber welches der hohe Viejo sein rauchendes Haupt �ber die Wolken erhob.

Der Weg gleicht von hier an dem prachtvollsten Park, der Wald ist fortw�hrend durchbrochen von �ppigen Wiesenfl�chen, in deren hohem Grase sch�ne Rinder, gr��er als ich sie bis jetzt hier zu Lande gesehen, und muntere Stuten mit ihren F�llen weideten. Die einzige Calamit�t dieses gesegneten Landes ist der Mangel an flie�endem Wasser, denn w�hrend der trockenen Jahreszeit, wo die kleinen Teiche und T�mpel meist austrocknen, der Wald, seines gr�nen Bl�tterschmuckes beraubt, nur noch in brillantem rothen und gelben Bl�tterkleide erscheint, irrt das ge�ngstete Rindvieh, durstend, geplagt von Schw�rmen von Insecten, dumpf br�llend umher, nach vereinzelten Quellen suchend, um seinen Durst gemeinsam mit dem sch�chternen Reh und dem possirlichen Affen zu stillen. Zahlreich umherliegende Gerippe geben Zeugni�, wie viele schon als Opfer des Durstes, oder auch des grimmen Jaguars gefallen waren.

In Pueblo nuevo, unserm Nachtquartier, fanden wir im Gasthause einen kleinen englischen Schiffsjungen und erfuhren von ihm die genauen Details eines nur vor wenig Tagen erst ver�bten Raubmordes, den ich, als ich im letzten Nachtquartier und unterwegs davon reden h�rte, f�r eine der gew�hnlichen Aufschneidereien gehalten hatte. Ein englischer Capitain, dessen Schiff in Realejo gestrandet war, hatte den Erl�s der geretteten Waaren nebst einigen anderen Gegenst�nden mit sich auf einem Ochsenkarren gef�hrt. Dieser Umstand war, wie man vermuthet, durch den Karrenf�hrer, von dessen Mitgenossenschaft an der Gr�uelthat man sogar ziemlich stark munkelt, bekannt geworden und eine kurze Strecke hinter Pueblo nuevo �berfielen sechs Strauchdiebe den Capitain, der in Gesellschaft des kleinen Schiffsjungen ein St�ck Wegs hinter dem Fuhrwerke herging, auf welchem er seine Waffen gelassen hatte und von denen er auf diese Weise abgeschnitten war. Ein Mann von Entschlossenheit und gro�er K�rperkraft, leistete er waffenlos nichtsdestoweniger tapferen Widerstand, warf einen der Strolche zu Boden und verwundete ihn mit dessen eigener Macheta. Von den �brigen hinterr�cks zu Boden geworfen, ward auf ihn losgehauen wie auf ein B�ndel Brennholz, und als der arme Junge, den ein Schlag �ber den Kopf besinnungslos niedergestreckt hatte, wieder zu sich kam, war der todt�hnliche Capitain in ein nahes Geb�sch geschleppt, der Karren des Geldes, des Schiffschronometers und einiger anderen leicht transportablen Gegenst�nde beraubt, die Banditen aber verschwunden. Einige Amerikaner, – die ich sp�ter in Leon kennen lernte – des Weges kommend und gut bewaffnet, setzten zwar den R�ubern eine Strecke nach, aber ohne Erfolg. Sie mu�ten sich damit begn�gen den Verwundeten, der noch einige Lebenszeichen von sich gab, zu verbinden und nach Pueblo nuevo zu schaffen, wo man ihn unter der Pflege der Wirthsleute, ein paar gutm�thiger alter Jungfern, noch zu retten hoffte. Zwei Aerzte aus Leon, Dr. Livingston und Dr. Seidel, ein Sachse, die man schnell von dorther zu H�lfe geholt hatte, fanden nicht weniger als f�nfzehn Hieb- und Stichwunden und zwei Knochenbr�che an dem Ungl�cklichen, der trotz aller angewandten �rztlichen Sorgfalt am dritten Tage, in Folge des vielen Blutverlustes den Geist aufgab. Gro�e Erbitterung herrscht hier �ber diesen Mord, dem in nicht langen Zwischenr�umen bereits mehre vorangegangen, und sobald sich nur erst Gelegenheit dazu findet, wird Judge Lynch, glaube ich, auf t�chtige Besch�ftigung rechnen k�nnen.

Der arme Schiffsjunge war noch sehr niedergeschlagen und f�hlte sich bang unter all den fremden Menschen hier, von denen keiner seine Sprache kannte. Ein gutes Abendessen, das wir mit ihm theilten, ein Glas alten Portwein aus unserm Reisekeller, so wie einige kleine Geldgeschenke heiterten ihn inde� ein wenig auf. Am andern Tage ward er nach Leon abgeholt, um von dort �ber Realejo auf einem englischen Schiffe in seine Heimath bef�rdert zu werden.

Im Hause fanden sich nur zwei Gastbetten und davon war eines das Todesbett des ungl�cklichen Capitains gewesen; die Strohmatte, aus der hier einzig die Betten bestanden, starrte noch von den dunklen Blutflecken des Ermordeten. Obschon ein solcher Umstand nicht eben die Annehmlichkeiten eines Nachtlagers erh�het, sind doch 45 Miles zu Pferd ein probates Mittel um alle etwaigen Bedenklichkeiten niederzuschlagen und ich entschlummerte sanft, w�hrend Mr. Joseph ein Gleiches auf der anderen Strohmatte that.

Gegen Morgen weckte mich ein Luftzug und ein seltsames Ger�usch; die Th�re ins Freie stand auf, ich h�rte an meinem Gep�ck zerren und ein unbekanntes Etwas dumpf brummen. �En garde!� rief ich, und das Knacken eines Pistolenhahnes gab mir vom Nachtlager meines Reisegef�hrten her�ber Antwort, wobei mir dieser zugleich zurief, ich m�ge schnell Licht machen, er wolle die Th�re vertheidigen. Die eintretende Helle �berzeugte uns jedoch, da� der vermeintliche Spitzbube nur ein friedliches Schwein war, welches, angelockt vom Geruche einiger sch�nen Vogelb�lge, an meinen Satteltaschen herumzupfte, in welchen ich sie verwahrt hatte. Ich war so grausam seinen Drang nach ornithologischen Studien durch einige Hiebe zu d�mpfen. Die dadurch erregte Heiterkeit hatte allen Schlaf verscheucht; wir sattelten und machten uns auf den Weg, um Leon wo m�glich noch bei guter Zeit am Vormittage zu erreichen.

Ein seltsames Concert bildet noch in jedem Dorfe das fortw�hrende Geschrei der H�hne und das Bellen einer zahllosen Menge von Hunden, das die ganze Nacht ununterbrochen fortdauert, als wollten letztere damit gegen das alte M�hrchen, da� die Hunde in diesen Tropenl�ndern stumm w�ren, recht eindringlich protestiren. – Eine h�chst praktische Schutzwehr der H�fe bilden hier die Cactushecken, welche sich pallisadenartig, mit scharfen harten Stacheln besetzt, oft in einer H�he von 8 bis 10 Fu� ringsherumziehen, und vorz�glich zum Abhalten der Jaguare geeignet sind, die sich h�ufig des Nachts zu ihrem Schmause Hunde aus den D�rfern holen.

Um 7 Uhr Morgens stiegen wir hinab in das herrliche Thal von Leon, das an Sch�nheit wie an Fruchtbarkeit wohl kaum von irgend einem Lande der Welt �bertroffen werden kann. Ueberall wo nur der mindeste Flei� angewandt ist, lohnt sich derselbe im reichsten Ma�e. Dabei habe ich bis jetzt noch nirgend gesehen, da� die Cultur wirklich so zur Versch�nerung der Natur beitragen kann, wie eben hier, denn da die Felder meist 50-60 Acres betragen und sich dazwischen immer Geb�sche und sch�ngezeichnete reiche Baumgruppen hinziehen, w�hrend dichte Waldung da und dort einen, bald bunten, bald dunklen Hintergrund bildet, so wird dadurch die angenehmste und zugleich malerischeste Abwechselung hervorgebracht. Inmitten dieser gro�en Thalebene liegt Leon, mit seinen vielen Kirchen, lieblich auf H�gelh�ngen an einem kleinen Flu�e, zwischen majest�tischen Baumparthien. Hier und da wiegen Cocospalmen, einzeln oder in Gruppen ihre vom Morgenwinde bewegten H�upter auf zierlichen St�mmen; jenseits der Stadt aber zieht sich die imposante Gebirgskette hin, auf welcher f�nf Vulkane fortw�hrend Rauchs�ulen gleich gigantischen Sto�seufzern, gen Himmel senden, Kunde gebend von ihrer geheimni�vollen Th�tigkeit tief im Schoo�e der Erde. Im Osten steht der Monotombo, �ber 6000 Fu� hoch, im Westen der Viejo, 5500 Fu� hoch, als die gewaltigen Strebefeiler dieser Riesenmauer, w�hrend der stille Ocean sich am fernen Horizont als dunkelblaue Linie hinzieht.

Um 10 Uhr ritten wir in Leon ein und mit einem H�ndedruck schied ich von meinem liebensw�rdigen Reisegef�hrten, der seine Fahrt nach Realejo fortsetzte. Ob wir uns je wiedersehen, wei� Gott allein.

Ich fand f�r mich, f�r Diener und Thiere eine gastliche Aufnahme im Hause des Dr. Livingston, eines sehr geachteten Arztes, dem ich meine Depeschen, gleich einer Art von Empfehlungsbrief vom Pferde herab �berreichte. Ehe ich mir jedoch Ruhe verg�nnte, machte ich mich auf, gestiefelt, bespornt und staubbedeckt, wie ich war, vor allen Dingen diese Depeschen abzugeben, die mir dringend ans Herz gelegt waren und wozu ich noch besondere Veranlassung in den kriegerischen Ger�chten fand, welche �berall laut wurden. Sp�ter habe ich mich jedoch �berzeugt, da� dergleichen hier eben nicht viel zu bedeuten hat. Man schreit und zankt sich eine Weile herum, feuert, wenns hoch kommt, ein paar Dutzend Flintensch�sse ab, sperrt auch vielleicht hinterher einige Hauptschreier auf k�rzere oder l�ngere Zeit ins Loch, dann ist alles vorbei, um in einigen Monaten wieder von vorn anzufangen.

Von meinem Empfange bei der Regierung ist nicht viel zu sagen. Schon vielfach ist das L�cherliche eines kleinen Staates, gleichviel ob Republik oder Monarchie, ohne inneren Gehalt, ohne Macht und �u�ern Einflu�, der sich aber gleichwohl das Ansehen und Gewicht eines gr��eren geben m�chte, besprochen worden. Der Unterschied zwischen Washington und Leon ist ungef�hr dem eines Empfanges am Hofe von St. Petersburg und eines in Bernburg zu vergleichen. General Munnoz, der eine Art von Dictatorrolle spielt, war noch in Unter-Inexpressibles, warf aber schnell ein kleines gelbes spanisches M�ntelchen um, das wahrscheinlich eine Art von Interimsuniform vorstellen sollte. Ich ward �brigens �u�erst freundlich und zuvorkommend aufgenommen und in mehren H�usern ward mir Wohnung und Unterhalt angeboten. Ich zog es jedoch vor da zu bleiben, wo ich war, d. h. bei Dr. Livingston, wo ich mich einer trefflichen Verpflegung und wahrhaft liebensw�rdigen Umganges zu erfreuen hatte.

Mein Zeichnen- und Maler-Material hatte ich in Granada zur�ckgelassen und es dr�ngte mich endlich an die Arbeit zu kommen, deshalb dachte ich auf meine baldige R�ckkehr dahin, auf welcher R�ckreise Dr. Livingston und Mr. Lane, ein zeitweilig hier lebender Amerikaner, mich begleiten wollten.

Am Tage vor der Abreise sa� ich mit letzterem eben vor der Th�re, als ein wohlbeleibter Pr�lat, in Begleitung seiner gew�hnlichen Sauvegarde von zwei Soldaten, auf seinem Ochsenkarren angeklingelt kam. Wir nahmen ganz h�flich die H�te ab, allein dies schien dem frommen Manne noch keineswegs zu gen�gen, denn er sendete einen seiner Soldaten ab, der uns zum Niederknieen n�thigen sollte. Das kam uns denn doch ein wenig allzuspanisch vor, zumal er ja nicht das Venerabile mit sich f�hrte. Als wir nicht schleunigst gehorchten, holte der Soldat aus, um Mr. Lane einen Kolbensto� zu versetzen. Ein �chter Yankee versteht in diesem Punkte nicht viel Spa� und mein Gef�hrte zog rasch eine jener sechssch�ssigen New-Yorker Pistolen hervor, was auch mich veranla�te mein Bowiemesser ein wenig zu l�ften; beim Anblick unseres guten Vertheidigungszustandes retirirte der Kriegsheld �ber Hals und Kopf hinter den Karren des Pr�laten, der die Faust ballte und die schrecklichsten Maledictionen auf uns herabdonnerte. Die ganze Gesellschaft entfernte sich aber so eiligen Schrittes, als ein Ochsengespann vermittelst Hieben fortzubringen ist. Mein Gef�hrte forderte mich auf sogleich mit ihm zum Pr�fekten zu gehen, wo wir den zornentbrannten Pr�laten bereits vorfanden. Der Mann des Gesetzes gerieth durch unsere Gegendeposition so in Verlegenheit, da� er die ganze Sache, als nicht vor seinen Richterstuhl geh�rig, von sich wies. Der Amerikaner wandte sich nun mit seiner Beschwerde an den Militaircommandanten, der den allzueifrigen Soldaten auf 24 Stunden ins Loch sperren lie�. Der arme Bursche dauerte mich, da er ja gar nicht wu�te, wem er es eigentlich recht machen sollte, und erinnerte mich lebhaft an jenen Rekruten in den fliegenden Bl�ttern, der auf die Frage: �Was ist ein Soldat?� die Antwort giebt: �A armer geplagter Mensch!�

Der R�ckweg nach Granada bot nur den Unterschied, da� ich einige prachtvolle Arten von V�geln sammelte, und einen recht einf�ltigen Mord an einem armen Affen beging, der ein Kleines auf dem R�cken trug, was ich leider vorher nicht bemerkt hatte. Ich nahm mich der hinterlassenen Waise pflichtschuldigst an und p�ppele sie bis diesen Tag mit Milch und Wasser weiter, bis sie im Stande sein wird, sich durch eigenes Ingenium ihren Lebensunterhalt zu verschaffen. Eine ganz neue Erscheinung waren f�r mich die Quadusen, im Baue �hnlich dem Hasen, doch mit k�rzeren Ohren und Springf��en und trippelnd wie der Dachshund.

Auch machte ich von Massaga aus dem Vulkane gleiches Namens einen Besuch, um vorl�ufig einige Zeichnenstudien dieser eigenth�mlichen Naturbildungen zu nehmen. Ich h�tte sehr gew�nscht ins Innere des Hauptkraters hinabsteigen zu k�nnen, der mehre h�chst interessante und groteske Schwefelformationen enthalten soll; dies allein zu unternehmen ward mir jedoch als eine absolute Unm�glichkeit dringend widerrathen, da ebensowohl die w�hrend der Regenzeit sehr h�ufigen und pl�tzlich eintretenden Nebel den Weg ungemein erschweren, als auch die noch fortw�hrenden Entwickelungen von Schwefelwasserstoffd�mpfen den einsamen Wanderer leicht der Gefahr des Erstickens aussetzen. Auch h�tte ich mein armes Pferd um keinen Preis �ber die verglaste Schlackenmasse hinweggeschunden und eben so unm�glich war es, trotz aller Nachfragen und Geldanerbietungen einen F�hrer und ein Maulthier zu erlangen. Nichtsdestoweniger habe ich die Lavafelder so viel als m�glich kreuz und quer durchstrichen und auch einen kleineren Nebenkrater erklettert, bis mich k�rperliche Ersch�pfung und meine total zerrissenen Schuhe zur R�ckkehr n�thigten, habe auch, trotz der erschwerenden Umst�nde einige h�chst interessante Studien zustandegebracht.

Das Durchwandern dieser �den, und doch dabei an malerischen Sch�nheiten so reichen Landschaft, gew�hrte mir einen eigenth�mlichen Reiz, dem ich nicht Worte zu geben vermag.

Ihr habt mich zuletzt Anfang August 1851 auf der R�ckreise von Leon nach Granada verlassen, woselbst ich mein Malerger�th und sonstige Effecten in Verwahrung gelassen und nun endlich meinen Reisegef�hrten, Mr. Squier, selbst, oder doch wenigstens gewisse Nachricht �ber die Zeit seines Eintreffens vorzufinden hoffte. Da beides nicht der Fall war, beschlo� ich wenigstens, die Zeit zu flei�igen Arbeiten f�r mein Portefeuille und kleinern Ausfl�gen in der Umgegend zu benutzen.

Mein erster ging �ber den Bergr�cken, welcher Granada von Rivas trennt, nach einer Hacienda des Don Emanuel B.........., die mir als eine der vorz�glichsten geschildert worden war, sowohl f�r den Kaffee- und Cacaobau, wie f�r Erzeugung des Indigo, mir also die beste Gelegenheit bot, mich �ber den Betrieb des hiesigen Landbaues zu unterrichten. Ich war in Begleitung eines so gebildeten wie liebensw�rdigen jungen Mannes aus Granada, Don Jose S.... Unser Weg f�hrte theils durch herrliche W�lder, theils durch angebautes Land, dessen Hauptproducte Indigo, Mais und Bananen sind.

Ziemlich auf der H�he eines kleinen Gebirgsr�ckens, etwa 8 Miles von Granada, hatte ich die Freude, die Ueberreste eines wahrscheinlich aztekischen Idols aufzufinden; obgleich nur aus geringem und weichem Material gearbeitet und arg mitgenommen von der Witterung, wie von der Zerst�rungslust der Maulthiertreiber, die im Vorbeiziehen gern einen Streich mit der Macheta (lange, schwertartige Messer, die zugleich als Waffe und als einziges Hau- und Schneidewerkzeug dienen) gleich einem alten S�ndenbocke danach f�hren, zeigte es doch noch deutlich die nicht unsch�nen Proportionen und auffallende Aehnlichkeit mit den flachstirnigen Physiognomien mexicanischer Monumente.

Mehrfach bemerkte ich unterwegs einen merkw�rdig lauten Hall des Hufschlages unserer Pferde, entweder von den Lavafeldern herr�hrend, �ber die sich die wunderbar �ppige Vegetation dieses Himmelsstriches gebreitet, oder vielleicht auch von vulkanischen H�hlungen, die der Erdoberfl�che ziemlich nahe liegen. Ich habe bis jetzt noch nirgends eine so bedeutende Verst�rkung und Weitertragung des Schalles vernommen wie hier, am auffallendsten aber bei Besteigung eines etwa 10 Miles von Granada liegenden Berges, der eine entz�ckende Fernsicht von den Gebirgen von Leon bis hinab nach St. Carlos bietet und wo ich, zuf�llig am Boden liegend, ganz deutlich Trommeln und Musik aus Granada vernahm, w�hrend man stehend nichts davon h�ren konnte.

Rings um den Mombatch, den Hauptstock des Gebirges von Granada, dessen eingest�rzter, gewaltiger Krater von allen Seiten die malerischesten Umrisse bietet, erheben sich eine Menge gr��erer und kleinerer H�gel, theils noch jetzt fortwachsend, getrieben von der Gewalt des unterirdischen Feuers, das einen derselben in den letzten vier Jahren �ber 30' gehoben hat, vielleicht aber doch nicht mehr Kraft genug besitzt, um noch kleinere Nebenkrater zu bilden, wie sie sonst bei Vulkanen mehr oder minder vorkommen.

Auf der erw�hnten Hacienda, die wir gegen Abend auf den jetzt �berall durch den Regen grundlos gewordenen Wegen erreichten, ward uns eine �beraus gastliche und freundliche Aufnahme zu Theil, wie denn �berhaupt Gastfreundschaft die hervorragendste Tugend der Einwohner dieses Landes ist.

Die Hacienda enth�lt nebst einem ziemlich bedeutenden Viehstande eine Pflanzung von etwa 12,000 Cacaob�umen und eben so viel Kaffeeb�umen; sehr gro�e Strecken waren mit den f�r den Wirthschaftsbedarf n�thigen Mais und Bananen, haupts�chlich aber mit Indigo bebaut, dessen Fabrication mich am meisten interessirte. Bekanntlich ist der Indigo nur ein Oxyd des durch G�hrung aus der Pflanze gezogenen und urspr�nglich gr�nen Saftes. Die Pflanze wird zu diesem Zwecke kurz �ber der Wurzel abgeschnitten, in gro�en gemauerten Bassins dicht aufgespeichert und das Ganze unter Wasser gesetzt. Die darauf wirkende hei�e Sonne f�rbt das mit dem Pflanzensafte geschw�ngerte Wasser bald gr�n, worauf es in andere, tiefer liegende Beh�lter abgelassen, dort durch fortw�hrendes R�hren und Peitschen mit der Atmosph�re in Contact gebracht wird und so allm�lig erst jene sch�ne tiefblaue Farbe bek�mmt. Das Umr�hren wird anderw�rts gew�hnlich durch einen Ochseng�pel oder durch Wasserkraft bewerkstelligt, hier aber durch eine Procedur, die einen wirklich h�chst possirlichen Anblick gew�hrte, n�mlich durch eine quer durch den Beh�lter gehende, mit kurzen Stangen gespickte Holzwelle, in welcher in der Mitte eine Art Schaukelbret angebracht ist, an dessen Enden zwei M�nner sitzen, die durch abwechselndes Aufstehen und Niederkauern die ganze Maschine, nach Art der N�rnberger S�gem�nnchen, in Bewegung setzen. Man kann kaum etwas Komischeres sehen, als diese hockenden, schreienden, schwitzenden, oben kupferfarbigen und unten echt indigogef�rbten Indianer.

Die ganze Plantage war in fr�herer spanischer Zeit, aus welcher �berhaupt alle umfassenden Anlagen und bessern Einrichtungen herstammen, mit gro�er Umsicht angelegt; weit ausgedehnte gemauerte Kan�le brachten das Wasser nach allen Theilen der in geordneten Reihen stehenden Pflanzung. Fortw�hrende Revolutionen, deren ungef�hr aller drei bis vier Jahre eine ist und durch welche jedesmal die Reichern durch Contributionen arg geschr�pft werden, haben das Verm�gen der Besitzer sehr heruntergebracht; die Kan�le sind verschlammt, die Indigofelder voller Unkraut, in traurigem, w�stem Zustande, der nur eben so weit bew�ltigt wird, um nicht Alles ganz einschlafen zu lassen.

Traurige Zust�nde, denen allein durch eine recht gesunde, kr�ftige Einwanderung abgeholfen werden k�nnte, wozu aber wiederum nur eben solche Leute tauglich w�ren, welche sich zuvor in den Vereinigten Staaten die H�rner ein wenig abgelaufen und dort erst gelernt h�tten, wie man sich in fremdem Lande am besten organisirt und seine Kr�fte anwenden mu�, um die mehrsten K�rner aus seinem Weizen zu dreschen. Solche aber, welche direct aus Deutschland her�berkommen und etwa meinen, es w�rden ihnen bei nur geringer M�he die gebratenen Tauben in den Mund fliegen, werden hier wahrlich schlechte Rechnung finden. Doch hier�ber werde ich mir am Schlusse meiner Reiseberichte noch einige besondere Gesammtbemerkungen erlauben.

Einige landes�bliche Galanterien sind hier doch solcher Art, da� der nicht eingewohnte Europ�er sich dagegen bei Zeiten verwahren mu�, wenn er nicht, wie ich, die �blen Folgen verschmecken will. Die jungen Damen vom Hause hatten die Artigkeit gehabt, mir zur Nacht eine m�chtige Schale voll Jasmin unters Bett zu stellen. So gut gemeint dies auch war und vermuthlich eine landes�bliche Sitte gegen G�ste, hatte es doch zur Folge, da� mein armer Kopf mir andern Tages noch viermal so dick und schwer, als gew�hnlich vorkam. Ich empfehle meinen Nachfolgern also nicht blos Vor-, sondern auch Untersicht beim Zubettgehen!

Aber nicht nur in Bezug auf Land und Leute, sondern auch an mir selbst habe ich Entdeckungen gemacht, die Euch in Erstaunen setzen werden. Wie Ihr wi�t, hatte mein trefflicher Freund, Dr. Gescheidt in New-York, mich beim Antritte meiner Reise mit einem kleinen chirurgischen Besteck, Anleitung zum Aderlassen, sowie einigen allgemeinen medicinischen Regeln ausstaffirt. Schon w�hrend der Fahrt auf dem St. Juan-River hatte ich Gelegenheit gehabt, von ersterm verdienstliche Anwendung zu machen. Hier aber sollte ich in noch ganz andere Versuchung gef�hrt werden.

Der alte Herr, dessen Gastfreundschaft ich geno�, von Umfang des Leibes ziemlich einem Falstaff gleich, befand sich am Abend sehr �bel und wollte guten Rath von mir. Solchen nicht geben, hei�t hier sehr unh�flich sein, denn selbst Demosthenes w�rde diese braven Leutchen nicht �berzeugt haben, da� ein Europ�er (zumal ein Deutscher) und ein Doctor nicht ganz identisch seien. Zum Gl�ck war der Fall ziemlich einfach, da der Hauptgrund der Krankheit augenscheinlich in t�glich f�nfzehn- bis achtzehnst�ndigem Schlaf im Hammock und etlichen Tagesmahlzeiten � proportion seines Leibesumfanges lag. Nach Pulsf�hlen und gewichtigem Fingerandienaselegen verabreichte ich ihm eine geh�rige Dosis meiner pr�chtigen Alo�pillen, die, wenn sie nichts n�tzten, doch auch nicht schaden konnten, machte ihn aber aufmerksam, ja nicht zu Nacht zu speisen, was jedoch eine unm�glich zu befolgende Vorschrift war, weil der gute alte Papa eine m�rderliche Angst hatte, in diesem Falle �ber Nacht Hungers zu sterben. Zwei Becher gew�rzter Chocolade mu�te ich also nolens volens concediren. Trotzdem war der Zustand des Patienten am andern Morgen bedeutend besser, da die Pillen ihre bekannte Eigenschaft kr�ftigst beth�tigt hatten, und ich empfing von der gesammten Familie die feierliche Versicherung, da� ich ein gro�er Doctor sei – was denn doch in der That eine nagelneue Entdeckung genannt werden kann!

Am Tage darauf kam jedoch ein bedenklicherer Fall: ein Knecht war von einem Maulthiere an den Schlaf geschlagen worden und lag f�r todt da. Nat�rlich sollte und mu�te der Sennor e'strangero da wieder Rath schaffen. Ich sp�rte noch einige Lebenszeichen an ihm und verfuhr nun flugs wie der gute Dr. de Montegre mit mir vor vier Jahren in Paris verfahren, als ich jenen unfreiwilligen Purzelbaum von 44' H�he vom Ger�ste herab gemacht hatte, d. h. ich lie� dem Scheintodten von mehrern Personen zugleich die H�nde und F��e mit ganz hei�em Wasser waschen, bis ich wieder Pulsschl�ge f�hlte, worauf ich ihm eine Ader �ffnete, und hatte die Freude, ihn bald wieder bei voller Besinnung zu sehen. Die Moral der Sache ist, da� etwa hierher pilgernde Landschaftsmaler sich darauf gefa�t machen m�ssen, nebst ihrer Kunst auch noch ganz andere K�nste zu �ben. Dergleichen Kopfst��e scheinen �brigens hier etwas sehr Gew�hnliches zu sein, denn besagtes Individuum ward wenigstens, au�er jener kurzen Gefahr, eine Reise in den Himmel zu machen, weiter nicht sehr von den Nachwehen bel�stigt, und h�lste schon am Nachmittage ganz gem�thlich und zu meiner gro�en Freude Cacao aus, denn ich habe eine wahre Heidenangst, da� meine wider Willen ausge�bte Doctorpraxis mich einmal recht ordentlich in die Klemme bringt, wo die gute Absicht einen kaum ausreichenden Trostgrund f�r angerichtetes Uebel gew�hren d�rfte.

Auch die in der tropischen Zone so heftigen Einfl�sse des Mondes wie der Sonne habe ich einige Zeit darauf an mir selbst erfahren. Von ersterem, als ich eine Nacht so lag, da� die Strahlen des Mondes eine Zeitlang auf mein Gesicht schienen. Nach lebhaften, �ngstigenden Tr�umen, von denen mich doch sonst mein gesunder Schlaf nach k�rperlicher Erm�dung immer frei l��t, erwachte ich mit �beraus heftigem, nerv�sem Kopfschmerz, der den ganzen folgenden Tag anhielt und meine ganze, vom Monde beschienene Gesichtsh�lfte dick aufschwellte.

Schlimmer bekam mir die andere Erfahrung in Bezug auf die Sonne, die m�glicherweise sogar den Grund zu der b�sen Krankheit gelegt haben kann, die mich bald darauf befiel. Ich hatte Dr. Livingston wieder ein St�ck nach Leon zur�ckbegleitet, um sp�ter von dieser himmlisch gelegenen Stadt aus meine Malerexcursionen vorzunehmen; vorher aber wollte ich trotz des Abmahnens allein den hei�en Schwefelquellen von Tipi-Tapa und dem Vulkane von Massaga einen Besuch abstatten. Von Managua aus f�hrt der Weg �ber die gro�e Ebene, welche die Seen von Granada und Managua trennt, theils durch herrlichen, hochst�mmigen Wald, theils durch baumloses Sumpfland. Die Sonne brannte hei� hernieder auf den einsamen Wanderer, das 5 bis 6 Fu� hohe Schilf gew�hrte keinen Schutz gegen die senkrechten Strahlen, und die Sumpfluft lag bleiern �ber der lautlosen Landschaft. Ro� und Reiter trieften von Schwei� und suchten vergebens nach erquickendem Schatten und Wasser. Mir ward pl�tzlich so schwindlich und unwohl, da� ich mich nicht mehr im Sattel zu halten vermochte und, da ich die Ursache meines Uebelbefindens errieth und allenfalls noch Bewu�tsein genug hatte, um meinen Rock abzustreifen und meine Lanzette hervorzuholen, so versuchte ich hier zum ersten Male meine Kunst an mir selbst und �ffnete mir eine Ader. Nach einiger Zeit erwachte ich wieder aus der Ohnmacht, in die ich verfallen war, hatte starken Blutverlust gehabt, f�hlte mich aber auch sehr erleichtert dadurch. Mein Schimmel dachte nicht ans Fortlaufen, sondern beschnoperte neugierig bald mich, bald die Blutpf�tze. Ich band mir das Taschentuch so fest ich konnte, um den Arm und kletterte m�hsam auf's Pferd, konnte aber diesen Tag vor Mattigkeit Tipi-Tapa nicht mehr erreichen, sondern mu�te in einer kleinen Hacienda �bernachten, wo mein armes Pferd, da kein Futter vorhanden war, sich das seinige selbst im Protero (Weideplatz) suchen mu�te, der noch dazu �ber eine englische Meile entlegen war. Dieser letztere Uebelstand tritt sehr oft ein und deshalb bringt jede Reise die Thiere sehr herunter, besonders wenn man schwer laden mu�, wie ich es gen�thigt war, da ich bei solchen kleineren Excursionen aus �conomischen Gr�nden weder Diener noch Packthier bei mir habe.

Nachdem ich mich bei dem gutm�thigen Besitzer der Hacienda einen Tag ausgeruht, riskirte ich, trotz der erhaltenen Witzigung, noch einen Besuch der Schwefelquellen von Tipi-Tapa, welche ungef�hr eine Meile vom genannten Flecken, an der Stelle liegen, wo der Rio di Tipi-Tapa (ein Ausflu� des Sees von Managua) sich zwischen gro�en Felsbrocken verliert.

Die st�rkste dieser Quellen erhebt sich inmitten eines, theils sumpfigen, theils mit Steinger�lle gef�llten flachen Kessels aus einem, durch Niederschlag der das Wasser s�ttigenden Mineralien gebildeten H�gelchen von acht bis zehn Fu� H�he. Das Wasser quillt ganz siedend hervor und entwickelt eine Menge von Schwefelwasserstoffd�mpfen, die mich, als ich beim Losbrechen und Sammeln einzelner St�cken des Niederschlages etwas zu lange verweilte, ganz schwindlich machten. Ich bef�rchtete eine R�ckkehr des vorerw�hnten Ohnmachtanfalles und entfernte mich so schnell als ich vermochte. Es ging auch bald vor�ber, als ich nach einiger Zeit in freiere Luft kam, und ein Fu�bad in dem etwas weiter entfernten abgek�hlten Wasser wirkte besonders wohlth�tig auf mich.

Eine zweite hei�e Schwefelquelle entspringt inmitten eines kleinen Teiches von ganz kaltem Wasser, wie dies auch bei den Liparischen Inseln an der K�ste Siciliens gefunden wird, und noch mehre andere, von minderer Bedeutung, nicht weit davon. Alle diese Quellen enthalten augenscheinlich eine gro�e Menge Schwefel, Kochsalz, sowie einige andere kr�ftige Substanzen, und werden dereinst einmal, wenn erst eine zahlreichere und betriebsamere Bev�lkerung das Land etwas empor gebracht haben werden, gewi� eine sehr besuchte Heilquelle bilden, und einen nicht weniger bedeutenden Exportartikel liefern.

In Folge dieser beiden eigenen Erlebnisse kann ich alle, mir etwa nachfolgenden Reisenden, zumal so lange sie sich noch nicht v�llig an das hiesige Klima gew�hnt haben, nicht dringend genug warnen, selbst kleinere derartige Ausfl�ge niemals allein zu unternehmen.

Als ich Tags darauf auf meinem R�ckwege durch einen Wald �ber eine Art von Kreuzweg kam, riefen mir von der Seite drei Berittene, mit Lanzen bewaffnet, ein grimmiges �Halt!� zu; ich versp�rte jedoch nicht sonderlich viel Lust mich mit ihnen in n�here Expectorationen einzulassen, und als einer davon mit erneutem Rufe ein Pistol aus der Halfter zog, nahm ich, so miserabel und unkriegerisch mir auch noch zu Muthe war, meine getreue B�chse herauf, was die drei Helden, zu meiner gro�en Befriedigung, bewog, Kehrt zu machen und sich nicht weiter um mich zu bek�mmern. Ich erfuhr bald darauf, da� es der Vorposten eines, in Managua garnisonirenden, etwa 300 Mann starken Corps der Granadiner Reichsarmee war, welche zum bevorstehenden Kampfe mit den Leonesern zusammengezogen wird.

Ihr m��t n�mlich wissen, da� seit etwa zwei Wochen wiederum eine neue Revolution sammt allen Gr�ueln des B�rgerkrieges im Anzuge ist, ohne da� ich selbst bis jetzt viel davon bemerkt hatte. Die respectiven Regierungen von Granada und Leon haben einen Aufruf an alle waffenf�hige B�rger erlassen, zur Rettung des Vaterlandes herbeizueilen, welcher Aufruf jedoch, wenigstens auf Seite der Granadiner, eben keinen absonderlichen Enthusiasmus erregt zu haben scheint. Eine Abtheilung dieser barf��igen Pr�torianer liegt, wie gesagt, in Managua, gr��tentheils mit Flinten bewaffnet, von denen die eine keinen Ladestock, die andere kein Bajonett, die dritte sogar kein Schlo� hat, sehr viele davon aber wohl beim ersten Schu� springen werden. Dieses Corps steht unter dem Commando eines Generals, der sich in besseren friedlichen Zeiten damit besch�ftigt, verdorbene Uhren noch mehr zu verderben.

Auf der Durchreise ward mir das Gl�ck zu Theil, diese tapferen Spartaner man�vriren und exerciren zu sehen. In Erwartung n�mlich, da� der Feind kommen werde, laufen die Helden einstweilen t�glich einige Stunden, einer hinter dem andern, rings um den ger�umigen Marktplatz herum, wozu abwechselnd auf einer fa�artigen, von zwei Mann getragenen gro�en Trommel, oder auf zwei kleinen �bereinandergebundenen, Tambourins gleichenden Tr�mmelchen tapfer darauf losgepaukt wird. Auch Festungswerke hat man errichtet, wenn man n�mlich einige, 4 Fu� hohe, einen Fu� dicke M�uerchen aus Luftziegeln und von Holzkl�tzen und Balken gest�tzt, mit diesem Titel beehren will. Auf der Gegenpartei mag es wohl auch nicht viel besser aussehen, und so stehen sich denn die L�wen kampfger�stet einander gegen�ber.

Der Hauptkern dieser ewig wiederkehrenden Katzbalgereien, die das arme Land nur aussaugen und keinen gedeihlichen Zustand zur Bl�the kommen lassen, beruht auf einem individuellen Streite der Machthaber von Leon und Granada, und diesmal scheint mir die Granadiner Partei insofern im Rechte zu sein, als sie einen, meiner Ansicht nach, ganz vern�nftigen Zusammentritt zu einer gr��eren F�derativrepublik zum Feldgeschrei haben, w�hrend die Leoneser eine Art von Sonderb�ndelei im Schilde f�hren, aus der nat�rlich immer wieder neuer Same der Zwietracht erwachsen mu�. Das Seltsamste dabei ist aber, da� die ganze Sache sich eigentlich nur um das Privatinteresse von etwa einem Dutzend tonangebender Personen dreht, die Hauptmasse der Bev�lkerung derselben ziemlich fremd bleibt und nur insofern Interesse daran hat, als sie immer wieder das blutende Opfer dieser K�mpfe werden mu�; von wahrem Patriotismus, freudiger Hingebung an das allgemeine Wohl des Vaterlandes habe ich aber verw�nscht wenig bemerkt, trotzdem die Leute derlei pomphafte Reden ewig im Munde f�hren.

Solche Wahrnehmungen, so viel sie auch zur Erweiterung meiner Welt- und Menschenkenntni� beitragen, betr�ben doch recht herzlich in einem Alter, das noch f�r allerhand sch�ne und ideale Illusionen empf�nglich ist. Hat man auch endlich hier und da noch einige edle Z�ge entdeckt, so schrumpfen bei n�herer Pr�fung auch davon noch die meisten zu einer ged�rrten Frucht zusammen, die sich nur das Ansehen einer frischen zu geben strebt. So jung ich auch noch bin und so wenig Welterfahrung ich auch in dieser Hinsicht noch gesammelt, ist mir doch der Appetit nach mehren schon ziemlich vergangen.

So widerlich und betr�bend f�r den Menschenfreund auch das seit meinem letzten Berichte hier zu Ende gef�hrte Drama ist, kann ich mich doch nicht enthalten Euch das schmachvolle Ende dieses neuesten zahmen Revolutionskampfes von Nicaragua zu schildern. Ich will eine m�glichst ausf�hrliche und getreue Darstellung der letzten Ereignisse versuchen, einmal, weil, soviel ich wei�, keine der bisherigen Correspondenzen in amerikanischen Bl�ttern frei von Irrth�mern war, was seinen nat�rlichen Grund darin hat, da� keine dieser Correspondenzen von Leon aus erfolgte, wo die Haupttrag�die – oder Com�die, wie man es nehmen will – gespielt hat und hier zu Lande, wie anderw�rts, jede Meile ein wenig an der Nachricht ver�ndert, so da� eine Mosquitofliege, welche in den Stra�en von Leon ausfliegt, schon in Granada als ein zweik�pfiger Drache anlangt und bis St. Juan zu einem Monstrum mit hundert K�pfen und tausend Armen anschwillt.

Nebstdem vermag aber auch nichts einen deutlicheren Begriff der hiesigen ungl�ckseligen Landesverh�ltnisse zu geben, als eine schlichte Darstellung solcher Ereignisse, die sich schon so oft in gleicher Weise wiederholt haben und noch wiederholen werden, mit dem einzigen Unterschiede, da� dann immer andere Hauptacteurs figuriren; die Hauptsache bleibt aber dieselbe.

Meine letzte (dritte) Reise von hier nach Granada und zur�ck, um einen meiner Creditbriefe in klingende M�nze zu verwandeln, so wie eine zuf�llige Unterhaltung mit dem eben zur�ckgekehrten Pr�sidenten Pineta, der mir aber zu jener Zeit noch unbekannt war, in Massaga, erlauben mir die genaueste Auskunft �ber das zu geben, was sich auf Seite der Granadiner zutrug. In Betreff der Leoneser Partei setzen mich die detaillirsten Mittheilungen eines, zur Zeit hier noch residirenden, h�chst achtbaren Amerikaners, dessen verantwortliche Stellung mir jedoch die Nennung seines Namens verbietet, der aber von allen Vorf�llen auf das Genaueste unterrichtet ist, in den Stand auch dasjenige zu berichten was sich zutrug, als ein hitziges Fieber mich ans Bett fesselte und somit verhinderte, Augenzeuge der Vorf�lle zwischen dem General Lopez von Honduras und dem Leoneser General Munoz zu werden. Endlich aber �berzeugten mich mehre Unterhaltungen mit dem Minister Chicodilla, welcher fast t�glich das Haus meines g�tigen Wirthes und Pflegers, des Dr. Livingston besuchte, von der vollkommenen Richtigkeit aller jener Mittheilungen.

Ich �bergehe meine letzte Hinreise nach Granada, die den fr�her schon beschriebenen gleich war, bis auf den Umstand, da� ich diesmal meinen Weg �ber Tamarinta-Bay nahm, welche ich jedoch nur in der Entfernung einer (engl.) Meile zu Gesicht bekam, da der Sumpfboden, in welchem mein armes Pferd bis an den Sattelgurt versank, mir nicht verstattete, n�her hinan zu gelangen. Dieser Abstecher brachte mir nebenbei auch noch das Vergn�gen einer schlaflosen und h�chst qualvollen Nacht ein, in der ich von Mosquitos und Sandfliegen, – das allerl�stigste Insect von der Welt – beinahe aufgefressen worden w�re.

Am Tage, oder richtiger am Abend, wo ich Granada wieder verlie�, war die Stadt aus zweierlei Anla� in lebhafter Aufregung. Zuerst war fr�h 9 Uhr die Nachricht eingetroffen, da� der vertriebene Pr�sident Pineta aus seiner Verbannung �ber Segovia und Tipitapa eintreffen werde, infolge dessen jederm�nniglich und weibiglich sein Haus aufs Beste mit Fahnen, Teppichen und Blumen zu schm�cken bem�ht gewesen war. Diese Freude der Granadiner ward jedoch unangenehm durch den blinden L�rm gest�rt, Colonel Mac-Claen sei mit einer gro�en Anzahl Amerikaner in St. Juan del Sur den Leonesern zu H�lfe gekommen und r�cke mit Heeresmacht heran, um Granada zu bedrohen. Da� diese letzte Nachricht v�llig unwahr, wu�te ich sehr wohl, denn noch bevor ich Leon verlie� war besagter Colonel mit nicht mehr als 14 Mann amerikanische Freiwillige dort eingetroffen, welche Heeresmacht noch durch etliche Zul�ufer bis zu einer sehr schwachen Compagnie angewachsen war, die Mac-Claen eben noch m�glichst einzuexerziren sich abm�hete.

Es hatte sich in Granada, Gott wei� aus welchem Grunde und auf welchem Wege, das Ger�cht verbreitet, ich sei Tr�ger einer bedeutenden Geldsumme f�r Munoz, welche seine Freunde in Granada ihm zusendeten. – Du lieber Himmel! als ob ein armer reisender Maler �berhaupt jemals Tr�ger einer bedeutenden Geldsumme sein k�nnte? – und als ich die Plaza passirte, ward ich vom Pfeifen und Schreien der Menge begleitet, w�hrend ein junger, ziemlich anst�ndig gekleideter Mensch sogar unversch�mt genug war, mich auf englisch zu insultiren und mich als Parteig�nger Munoz bezeichnete, den man anhalten, das Pferd wegnehmen m�sse und endlich gar das Wort Scoundrel (Schurke) gebrauchte. Wer ein gut Gewissen hat, braucht sich nicht schimpfen zu lassen, dachte ich, wendete augenblicklich mein Pferd und zog, auf den Laffen losgaloppirend, den Ladestock meiner B�chse, um ihm die verdiente Z�chtigung angedeihen zu lassen; er fl�chtete sich aber in ein Haus, durch dessen verschlossene Th�r ich ihm freilich nicht folgen konnte, was mir f�r den Moment um so lieber war, als die sp�te Tagesstunde, so wie ein heraufziehendes schweres Gewitter mich zur Eile antrieb; treffe ich aber den Burschen jemals wieder, so d�rfte unsere Begegnung zur Folge haben, da� ich mir einen neuen Ladestock anschaffen m��te.

Ich w�nschte noch vor sp�ter Nacht Massaga zu erreichen und legte die 5 Leguas, durch den unaufh�rlichen Regen bodenlos gewordenen Weges bis dahin so schnell wie m�glich und mit all der Vorsicht zur�ck, die eine Vedette in Feindesland anwendet, denn nach den gemachten Erfahrungen mu�te ich jeden Augenblick gew�rtig sein, den Pfeil eines Meuchelm�rders aus dem Dickicht schwirren zu h�ren. Nichts der Art trug sich indessen zu und gegen 10 Uhr Abends ritt ich in das Geh�ft einer bekannten Familie ein, bei der ich schon zweimal �bernachtet hatte.

Ich fand in diesem Hause, wo ich sonst nie einen Mann, au�er dem Besitzer, getroffen hatte, eine Versammlung von zehn bis zw�lf M�nnern vor, von denen einer, ein hochgewachsener hell�ugiger Mann mit blondem oder grauem Haare, – wegen mangelhafter Beleuchtung konnte ich den Zweifel nicht l�sen – der gutm�thig in die Welt hinausblickte, el Sennor Directore genannt wurde. Ich war zu sehr mit dem Gedanken an meine Weiterreise mitten durch die, einander feindlich gegen�berstehenden Heere, so wie mit der Befriedigung meines Appetits besch�ftigt, um der Unterhaltung dieser Gesellschaft absonderliche Aufmerksamkeit zu schenken; allein auf einige an mich gerichtete Fragen �ber Zweck und Endpunkt meiner Reise, so wie um meine Meinung �ber das Land, die Revolution und die Stimmung der Fremden, antwortete ich frank und frei, ohne mir ein Bl�ttchen vor den Mund zu nehmen, so da� ich sicher war, verstanden zu werden. Zudem sorgte auch noch ein junger Mann, Namens Rivas, daf�r, aus einer der angesehensten Familien Massagas, der gel�ufig englisch und franz�sisch sprach und meinen Dollmetscher machte. Auf meine Aeu�erungen der Entr�stung: da� in einem kleinen Lande wie Nicaragua, das man selbst auf der gr��ten Specialkarte bequem mit der Hand bedecken k�nne und dennoch zwanzigmal mehr Fl�chenraum habe als zum Unterhalte seiner Bewohner n�thig, die Menschen nicht einmal in Ruhe und Frieden mit einander leben k�nnten, lachte jener blondgraue Herr recht aus vollem Herzen und schnitt dazu ein Gesicht wie mein Schimmel, wenn ich ihm die Sch�ssel voll s��en Mais vorhalte.

Ohne weitere Abenteuer langte ich andern Tages bei guter Zeit in Managua an, wo man mich nach meinem Pa� vom Pr�fecten von Granada fragte und mich auf meine verneinende Antwort an den commandirenden General Don Fruto Chamorro verwies. Ich war vortrefflich mit doppelten P�ssen versehen, einen vom Ministerium in Washington und einen zweiten von Sennor Don Marcoleta, spanischer Gesandter bei der Regierung der Vereinsstaaten und den Staaten von Central-Amerika, dachte mithin nicht im mindesten daran, umzukehren.

Nachdem ich mich und mein Ro� erst mit einigem Imbi� gest�rkt, ritt ich straks vor Don Fruto's Hauptquartier. Es wimmelte von Officieren, Ordonnanzen und Soldaten aller Waffen, wohl ihrer hundert, kurz einem Generalstabe, mit dem sich eine Armee von 50,000 Mann allenfalls h�tte begn�gen k�nnen. Das erste Beginnen dieser Helden war, mich zu entwaffnen, ja einer schnallte mir sogar die Sporen ab, w�hrend zwei Andere mein Pferd hielten. Ein Officier bezeigte sogar Lust, Hand an mein Toledoschwert zu legen, was ich jedoch fest entschlossen war nicht auf-, sondern dem dreisten Menschen eines damit �ber den Kopf zu geben, als Don Fruto's Dazwischenkunft noch bei Zeiten alle weiteren Gewaltth�tigkeiten verhinderte, bei denen meine Wenigkeit am Ende doch wohl den K�rzeren gezogen haben d�rfte. Da ich aber nun einmal auf hohem Pferde sa�, lie� ich ihm einige sehr scharfe Redensarten verschmecken, worauf er, wie ich nicht anders erwartet hatte, sein Visa ohne weiteres Z�gern unter meine P�sse setzte.

Auf halbem Wege zur n�chsten Station (Mitiares) begegnete mir ein Officier in gro�er Hast und Eile und von �u�erst m�rrischem Ansehen; im Dorfe selbst angelangt, welches der letzte befestigte Posten der Granadiner war, fand ich etwa 200 bis 250 Mann, ganz entkr�ftet, mit bei Seite geworfenen Waffen �berall schlafend umherliegen, w�hrend von Zeit zu Zeit immer noch Andere vereinzelt und eben so ersch�pft anlangten. Am Ausgange des Dorfes erfuhr ich die Ursache hiervon. In vergangener Nacht war ein vorgeschobenes Corps von 350 Mann im Dorfe Nagarote von den Leonesern pl�tzlich mit gro�em Ungest�m angegriffen und in die Flucht geschlagen worden. Genauere Details konnte ich zur Zeit nicht erfahren, au�er da� ein Colonel Silaga – auch Cachirullo genannt – durch einen Lanzenstich get�dtet worden sei, was mich aufrichtig betr�bte, denn ich war schon bei meiner ersten Anwesenheit in Leon mit diesem Colonel pers�nlich bekannt und befreundet worden und hatte ihn als braven, gebildeten Officier und auch sonst um Vieles h�her sch�tzen lernen, als einen gro�en Theil seiner Landsleute.

Bis Abends 7 Uhr begegnete ich noch Nachz�glern, theils einzeln, theils in kleinen Trupps, theils mit, theils ohne Waffen, theils auf der Heerstra�e einherschwankend, theils aus dem Walde kommend, wohin sie sich in ihrem Schrecken gefl�chtet hatten.

Tief in der Nacht und triefend von Regen langte ich in Nagarote an; am Eingange des Dorfes lagen einige get�dtete Pferde und die Bewohner waren noch so voller Schrecken �ber die letzte Affaire, da� ich nur erst, nachdem man meine von fr�herher noch bekannte Stimme wieder erkannt hatte, Einla� ins Wirthshaus erhielt.

Dies waren die einzigen pers�nlichen Rencontres, die ich mit den Heeren der kriegf�hrenden M�chte von Central-Amerika zu bestehen hatte, und aller Wahrscheinlichkeit nach waren es diese Vorf�lle, aus denen der Correspondent eines New-Yorker Blattes die grausenhafte Geschichte meiner Gefangennehmung und t�dtlichen Verwundung zusammengeschmiedet hatte, die Euch, Ihr Lieben, leider in so gro�e Sorge und Angst um mich versetzte. Die M�nchhausiade sei ihm in Gnaden verziehen.

In Leon, das ich am andern Morgen ohne weitere F�hrlichkeiten erreichte, erfuhr ich erst die genaueren Details �ber jenes Gefecht von Nagarote. Drei�ig Mann Infanterie, ungef�hr eben so viele Cavalleristen und etwa ein Dutzend amerikanischer Scharfsch�tzen waren unter Befehl des Colonel Silaga auf eine Recognoscirung detachirt worden und stie�en unvermuthet auf den Feind. Als die Vorposten feuerten, ging's gleich mit Hurrah und Halloh drauf los, und da die Dunkelheit die geringe Anzahl der Leoneser verbarg, so brachte der erste entschiedene Angriff eine eben so entschiedene Niederlage hervor und die Granadiner liefen nach allen Seiten davon, wie ich noch selbst hatte sehen k�nnen, und so wild war die Flucht gewesen, da� mehre Armee-Papiere, Geld, Effecten und die ganze Bagage der Officiere, insoweit dieselben dergleichen hatten, in die H�nde der Leoneser fielen. Noch am Morgen nach dem Gefechte wurden von den Dorfbewohnern f�nf Granadiner aus einem flachen Brunnen gezogen, wohinein sie in der Todesangst gesprungen waren.

Doch genug der Thaten der zerlumpten Helden. Ich war, wie gesagt, gl�cklich und wohlbehalten in Leon angekommen, mu�te aber gleich nach meiner Ankunft den nur aufgeschobenen Tribut der Acclimatisation zahlen, indem ich in ein hitziges Fieber verfiel, das mich �ber vierzehn Tage ans Bett fesselte und mich sehr von Kr�ften brachte; nur durch die gr��te Schonung, treffliche Pflege in Dr. Livingston's gastfreiem Hause, gute Nahrung, Porter u. s. w. kam ich nach und nach wieder auf. W�hrend dieser Zeit war die Entwickelung des traurigen Possenspiels in folgender Weise vor sich gegangen:

Am 4. November war eine Escolta von f�nfundzwanzig Infanteristen und f�nfundzwanzig Cavalleristen nach Chinandega, einer kleinen Stadt von circa 10,000 Einwohnern, halbwegs zwischen hier und der K�ste des Pacific gelegen, entsendet worden, um eine Geldcontribution zu erheben. Commandant des kleinen Trupps war Major Silaga II., Bruder jenes erstgenannten Colonel Silaga, der �brigens nicht in jenem Gefechte von Nagarote geblieben war, sondern nur drei leichte Wunden davon getragen hatte. Dieser Leoneser Trupp war bereits bis auf die Plaza von Chinandega vorger�ckt, mit Befremden nur durch leere Stra�en marschirend, als er pl�tzlich von allen Seiten mit einem m�rderischen Feuer begr��t ward. Es waren dies Hondurenser Truppen, welchen Staat Granada f�r sich zu gewinnen gewu�t hatte, unter Commando des Generals Lopez, begleitet von dem Minister Chicodilla von Nicaragua, welcher mit dem Pr�sidenten Pineta die Verbannung getheilt hatte. Schon einige Zeit vorher hatte das Ger�cht vom Abfall Honduras und vom Eintreffen dieser Truppen in Leon circulirt, Niemand hatte aber recht daran glauben wollen.

Ein kurz zuvor eingetretener Regensturm hatte zum Ungl�cke der Leoneser Truppen auf dem Marsche den gr��ten Theil ihrer Munition durchn��t; die Uebermacht nicht beachtend commandirte Major Silaga dennoch muthig zum Angriff und warf den Feind auch wirklich f�nf Stra�en weit zur�ck, �ber einen kleinen Flu�. Hier aber ward er mit solcher Heftigkeit von drei Seiten angegriffen, da� er nicht l�nger Stand zu halten vermochte; nachdem jeder seiner Leute die wenigen etwa noch trocken gebliebenen Patronen bis auf die letzte verschossen hatte, zerstreuten sie sich und suchten einzeln, so gut sie konnten, sich einen Ausweg zu bahnen. Der Major Silaga und sein Adjutant, denen beiden die Pferde unter dem Leibe get�dtet worden waren, mu�ten zu Fu� den Weg bis Chichigalpa suchen, an welchem Orte sie so gl�cklich waren frische Pferde zu erlangen. Von der ganzen Escolta trafen im Laufe der n�chsten Tage noch 26 Mann, ohne ihre Officiere, ein; etwa 12 Todte waren auf dem Platze geblieben, worunter die Mrs. Bradburry und Lane. Das H�uflein erreichte gl�cklich Leon auf weitem Umwege �ber Realejo. Feindlicher Seits waren bedeutend mehr geblieben. Im Ganzen sollen sich jedoch die Hondurenser, obschon ihnen ihre gro�e Ueberzahl zu statten kam, immer noch besser geschlagen haben, als die Granadiner Helden.

Der General Munoz sah nach diesem Gefechte ein, da� die neuesten zuverl�ssigen Nachrichten �ber die nummerische St�rke des Feindes ihm ein sehr zweifelhaftes Resultat in Aussicht stellten. Die Granadiner z�hlten, die allerdings nur schwachen Garnisonen von Granada, Rivas, St. Juan del Sur, Matagalpa nicht mit eingerechnet, �ber 1100 Mann, wovon ein gro�er Theil zuletzt noch in aller Eil ganz gut mit Uncle Sams Musqueten bewaffnet worden war, die Mr. White als Preis seines nichtsw�rdigen Monopols erschachert hatte; dazu die Hondurenser, zwischen 300 und 400 Mann stark, also zusammen �ber 1500 Mann disponible Truppen. Diesen hatte Munoz Alles in Allem nicht ganz 700 Mann entgegenzustellen, allerdings besser disciplinirte und exerzirte Leute, mit einer halben Batterie leichter Artillerie unter Commando eines franz�sischen Officiers. Auch sein kleines H�uflein Cavallerie war nicht ganz �bel beritten und einexerzirt. Bei solchem nummerischen Mi�verh�ltni� und geringem Vertrauen auf die kriegerische Ausdauer der Eingeborenen, war es daher das Kl�gste was man thun konnte, mit der Gegenpartei in Unterhandlungen zu treten, um die Stadt doch wenigstens unter m�glichst guten Bedingungen zu �bergeben.

Munoz sendete daher am 9. November einen Parlamentair ab, der eine Zusammenkunft in Posolteja mit General Lopez stipulirte. Bei Munoz Ann�herung mit der gegenseitig accordirten Escolta (die Munozsche bestand aus 2 Officieren, 2 Amerikanern und 6 Lanziers), lief die Granadiner Escolta �ber eine Legua zur�ck, bis Chichigalpa, und war erst dort zu �berzeugen, da� von dieser, in friedlicher Absicht gekommenen, handvoll Leute nichts zu bef�rchten sei.

Die Capitulation kam denn auch wirklich zu Stande, und einige ihrer Hauptbedingungen waren: g�nzliche Amnestie f�r alle an dem Revolutionskriege Betheiligten, Entlassung der beiderseitigen Kriegsheere, Freiheit f�r die amerikanischen Freiwilligen, zu gehen, oder sich friedlich im Lande niederzulassen u. s. w.

Am 12. November ward in Folge dieser Capitulation Leon �bergeben; die Amerikaner feuerten den �blichen Salutschu�, w�hrend die eingeborenen Artilleristen in den stehenden Batterien postirt waren. Wie gro� war aber das Erstaunen des Generals Munoz, als er sich, nachdem er seinerseits p�nktlich alle Artikel erf�llt, die Waffen gestreckt und alle seine Truppen entlassen hatte, pl�tzlich von der einger�ckten Abtheilung Leoneser, die er mit einem Handgriff h�tte erdr�cken k�nnen, so lange er seine Truppen noch unter Waffen hatte, �berfallen und mit eilf der vornehmsten Officiere gefangen sieht. Der Traktat war dem Pr�sidenten Abaonza (von Leon) �bergeben, dann aber diesem wieder heimlich entwendet worden, und jetzt leugnete General Lopez sogar dessen Existenz ganz ab.

Auf wessen Seite von Anfang her das Unrecht lag, sei hier ganz dahingestellt, und eben so die Er�rterung der Frage, ob ein Sieg der Leoneser Partei dem ungl�cklichen Lande eine bessere Zukunft in Aussicht gestellt haben w�rde; aber jeder Unbefangene wird sich nach Obigem einen Begriff machen k�nnen, was man in Central-Amerika auf die Heiligkeit der Vertr�ge, auf Soldaten- und Mannesehre zu geben hat.

Die Gefangenen hatten sich noch am selben Nachmittage an den sehr ehrenwerthen Mr. Kerr, bevollm�chtigten Gesandten der Vereins-Staaten in Nicaragua gewandt und dieser stand keinen Augenblick an sich dieses Vertrauens, so wie der Regierung, die er repr�sentirte, vollkommen w�rdig zu beweisen. Trotzdem er fr�her laut und unverhohlen kund gegeben, wie weit entfernt er sei, mit der Revolutionspartei und dieser steten Erneuerung der Mi�helligkeiten zu harmoniren, eilte er jetzt bei so grober Rechtsverletzung nichtsdestoweniger, obschon es schon sp�t in der Nacht war, zum feindlichen General, um unter dem Schutze der Sterne und Streifen auf der Stelle eine energische Protestation gegen solch nichtsw�rdiges und wortbr�chiges Verfahren, so wie gegen jede etwaige militairische Verurtheilung und T�dtung der Gefangenen, diese geradezu als niedrigen Meuchelmord bezeichnend, niederzulegen. Dieser Akt war keineswegs so leicht und gefahrlos, wie er daheim unter civilisirten Nationen erscheinen mag; denn hier, wo durchschnittlich immer die H�lfte der Soldaten betrunken, und die andere noch nicht v�llig n�chtern ist und demnach fortw�hrend Excesse aller Art vorkommen, war es gar nicht unm�glich, da� einige Soldaten, statt ihren patriotischen Heldenmuth durch Freudensch�sse in die Luft kund zu geben, wie man es hier sehr liebt, aus Versehen dem verha�ten amerikanischen Gesandten, der ihrem General so starke Sachen zu riechen gab, eine Kugel durch den Hirnsch�del jagte.

Erst zwei Tage darauf wagte es endlich Don Fruto Chamorro mit seiner gesammten Heldenarmee in die Stadt zu r�cken, nachdem er sich vorher sorgf�ltig �berzeugt hatte, da� ihm keinerlei Gefahr mehr drohe. Ich h�rte von meinem Krankenbette aus die Freudensalven der Soldaten, konnte aber leider den Anblick des mit Lorbeern und Lumpen bedeckten Siegesheeres nicht genie�en.

Am 18. brachte eine Escolta Hondurenser 10 Amerikaner, die sich laut Vertrag im Hafen von Realejo hatten einschiffen wollen und im Augenblicke ihrer Einschiffung von den nachgeschickten Truppen gefangen genommen worden waren, in die Stadt. Dr. Livingston und ich, da ich wieder so weit Reconvalescent war, um ausgehen zu d�rfen, gingen sogleich um die Gefangenen zu sehen, wurden aber zur�ckgewiesen. Wir kehrten sogleich um, ich um zu Mr. Kerr zu gehen und ihm den Vorfall anzuzeigen, w�hrend Dr. Livingston schriftlich von Don Fruto Chamorro eine Erkl�rung �ber diese neue Vertragsverletzung verlangte.

Nach einigem Hinundherverhandeln ward uns endlich allen Dreien der Zutritt verstattet, und traurig genug war der Anblick der armen Leute; in einem wahren Hundeloche, voller Schmutz und Ungeziefer, ohne Essen, Trinken, noch irgend eine Spur von Versorgung. Es wurden inde� vier, welche infolge der Mi�handlungen bedeutend erkrankt waren, sogleich auf Dr. Livingstons B�rgschaft an diesen ausgeliefert, w�hrend der Rest, Dank den energischen Schritten des Mr. Kerr, sp�ter gegen Handgel�bni� entlassen, und seit gestern in v�llige Freiheit gesetzt wurden, bis zu welchem Tage sie alle im gastfreien Hause des Dr. Livingston eine Zufluchtsst�tte gefunden hatten.

Die Lage der eingeborenen Gefangenen blieb jedoch nach wie vor dieselbe, und ohne Mr. Kerr's unerm�dliche Wachsamkeit, der sich �berhaupt w�hrend dieser ganzen Zeit kein geringes Verdienst um die Ruhe und Sicherheit der Stadt erworben, w�ren sie vielleicht schon l�ngst ihres Lebens beraubt worden. Man hatte mehrfach beabsichtigt, dieselben aus dem bisch�flichen Palaste, wo sie gefangen gehalten wurden, an einen anderen Ort zu bringen, und es entspr�che ganz dem niedrigen Charakter der jetzt herrschenden Partei, bei der sich, wie dies so h�ufig der Fall ist, Feigheit mit Grausamkeit paart, w�hrend des Transportes unter m�glichst schwacher Bedeckung, die Gefangenen von einem Haufen gedungener M�rder �berfallen und abschlachten zu lassen. Das Gouvernement kann ja dann mit Leichtigkeit alle Schuld von sich abw�lzen und �ffentlich mit gr��tem Eifer nach den Dolchen suchen, die es in der eigenen Sch�rpe tr�gt.

Das politische Wetter ist �brigens noch entsetzlich schw�l und ich m��te mich sehr t�uschen, wenn nicht binnen ganz kurzer Zeit ein neues Ungewitter losbr�che. Durch den, vor einigen Tagen erfolgten Abmarsch der Hondurenser, so wie massenhafte Desertionen unter den Granadinern ist die St�rke der Besatzung, welche Chamorro noch unter seinen H�nden hat, auf circa 260 Mann zusammengeschmolzen, und schon tauchen hin und wieder Ger�chte von einem vorbereiteten neuen Aufstande auf. Dazu hat Chamorro in seinem kindischen Unverstande die von Munoz sehr zweckm��ig angelegten Batterien um die Kathedrale, welche dieselbe zu einer, nach hiesigen Verh�ltnissen, fast uneinnehmbaren Stellung machten und mit deren H�lfe er die ganze Stadt leicht in Schach halten konnte, rasiren und die Gesch�tze demontiren lassen, w�hrend er in seiner ganzen Armee nicht einen Officier besitzt, der f�hig w�re sie wieder in Stand zu setzen. Bricht nun fr�her oder sp�ter eine neue Revolution aus, so wird sie jedenfalls grausamer und verderblicher wie die vorhergegangene, und wahrscheinlich w�rde es dann wiederum den Granadiner Grundbesitzern und Handelsherren ebenso scharf an die B�rsen und Waarenlager gehen, wie jetzt den Leonesischen.

Noch mu� ich hinzuf�gen, da� auch Don Fruto Chamorro, auf die offizielle Anfrage seiner Regierung, die Existenz der mit Munoz abgeschlossenen Capitulation g�nzlich ableugnete, trotzdem Mr. Kerr die schriftlichen Beweise daf�r in H�nden hat und dieselben pr�sentirte, ein Verfahren, f�r welches in jedem nur halb civilisirtem Lande einem solchen Officier der Degen zerbrochen worden w�re.

Wann wird doch dieses herrliche, von der Natur in jeder Hinsicht so sehr beg�nstigte Land aufh�ren, durch die niedrigen Leidenschaften seiner erb�rmlichen Bewohner, durch die Schw�che und Hinterlist seiner Machthaber in immer tiefere Degradation zu sinken? Wahrscheinlich nicht eher, als bis die Sterne und Streifen �ber dem ganzen Isthmus wehen, und zum Heile der Civilisation mu� man w�nschen, da� dies recht bald geschehen m�ge.

Quien sabe! – wie die Leute hier zu Lande immer zu sagen pflegen.

Wenig bleibt mir noch hinzuzuf�gen. Betrachtet man diese letzte Revolution im Ganzen, so ist es allerdings in keiner Weise zu rechtfertigen, den Pr�sidenten so ohne Weiteres bei Nacht und Nebel �ber die Grenze zu werfen, so wenig bef�higt dieser sich auch f�r seine Amtsf�hrung zeigen, oder dieselben mi�brauchen mochte; andrerseits dient aber auch das Benehmen eben dieser Sch�tzer der Gesetze den ewigen Revolutionen, wenn auch nicht zur Rechtfertigung, so doch zu einiger Entschuldigung. Ich kenne bis jetzt wenigstens noch kein Volk, das weniger bef�higt ist sich selbst zu regieren, und eine Art von russischem Gouvernement w�rde ihm eine wahre Wohlthat sein.

Die Geschichte bietet Beispiele, wie durch lang anhaltende Tyrannei civilisirte Nationen g�nzlich demoralisirt worden sind; dies Volk aber ist ein Beispiel des umgekehrten Falls, der Demoralisation durch Unabh�ngigkeit, denn von da an datirt sich dieselbe, wenn schon die Ursachen vielleicht noch viel weiter zur�ckliegen m�gen.

Von mir habe ich nur noch zu sagen, da� die Folgen des Fiebers allgemach schwinden und ich dessen quitt zu sein hoffe. Es dr�ngt und treibt mich wieder hinauszukommen, an die Fortsetzung meiner Studien und Arbeiten. Zun�chst nach der K�ste des Pacific, um mich durch die Seeluft zu st�rken, dann nach dem Dorfe Felica, etwa 7 Meilen von hier, wo ich kurz vor der Erkrankung einen altindischen Begr�bni�platz und beim Nachgraben mehre h�chst interessante Alterth�mer aufst�berte, die ehem�glichst ausgebeutet werden m�ssen. – – –

Die in meinem letzten Briefe ausgesprochene Hoffnung, durch ein mehrw�chentliches hitziges Fieber den Tribut der Acclimatisation vollst�ndig entrichtet zu haben, sollte leider nicht in Erf�llung gehen und das schlimmste Ende noch nachkommen. Das allzuk�hne Vertrauen auf meine Jugendkraft und feste Constitution, die Nichtbeachtung gutgemeinter Warnungen, in Bezug auf die sch�dlichen Wirkungen des Klimas, habe ich, wie Euch mein Brief vom Ende Januar d. J. gezeigt haben wird[2], durch einen sehr b�sen R�ckfall, der mich nahe an den Rand des Grabes brachte, und mehre Monate an's Krankenlager fesselte, geb��t. Gottes v�terlicher Schutz und die liebevolle Pflege wackerer Menschen haben mich aber die herbe Leidensperiode gl�cklich �berstehen lassen und mich dem Leben, der Gesundheit, der Th�tigkeit zur�ckgegeben.

La�t mich die traurige Zeit der Krankheit und langsamen Reconvalescens mit Stillschweigen, und sofort zum letzten und angenehmsten Theile meiner Fahrten und Erlebnisse in der Tropenwelt Central-Amerikas �bergehen, n�mlich zu meiner:

Excursion in das Hochgebirge und die Minendistricte von Nicaragua und Honduras.

W�hrend meiner Krankheit hatte ich endlich bestimmte Nachricht von Mr. Squier erhalten, da� er sein Unternehmen hierher aus wichtigen Gr�nden leider aufgeben m�sse, wenigstens vor der Hand, und somit die eigentliche Absicht meines hiesigen Aufenthalts vereitelt sei. Theils um denselben nun doch wenigstens zu m�glichst reicher Ausbeute f�r mein Malerportefeuille und mein Tagebuch zu benutzen, theils aber auch, um die vom Fieber hinterlassene Schw�che vollends aus meinen Gebeinen zu verjagen, beschlo� ich, die noch �brige Dauer der hei�en Jahreszeit in dem gesunden Gebirgsklima zu verbringen, womit mein freundlicher Arzt und �rztlicher Freund, Dr. Livingston, vollkommen einverstanden war.

F�r eine Reise durch jene noch sehr wenig bev�lkerten Gegenden ist es n�thig, sich gleich anfangs mit einem Paar kr�ftiger Segovier Maulthieren zu versehen, f�r sich und seinen Diener, da die aus der Plaine nicht zu so beschwerlicher Gebirgskletterei geeignet sind; dabei m�glichst wenig Gep�ck und einigen Proviant, denn in diesen Gegenden ist der Reisende meist auf sich selbst verwiesen; Gasth�fe kennt man daselbst nicht einmal dem Namen nach. Auf der andern Seite herrscht freilich eine fast unbegrenzte Gastfreundschaft; ein blo�er Empfehlungsbrief sichert einem fast �berall die freundlichste Aufnahme und man kann bleiben, so lange man nur immer Lust hat; allein unterwegs ist es oft unm�glich bewohnte Orte zu erreichen, man bleibt, wo man Wasser und Futter f�r die Thiere findet, den Hammock zwischen zwei B�umen aufgehangen, wenn n�mlich solche da sind, die nackte Erde, auf welcher, der blaue Himmel das Dach, unter welchem man schl�ft. Ein wenig an der Sonne ged�rrtes Fleisch, etwas Totoposke (doppelt gebackene Maiskuchen) bilden Fr�hst�ck, Mittag- und Abendessen und ein kleiner blecherner Feldkessel, den man mit sich f�hrt, dient um Kaffee zu kochen, bei welchem die Sahne nat�rlich meist der Phantasie �berlassen bleibt. Die Thiere werden �gehobbelt�, d. h. die Vorderf��e zusammengebunden, und lassen sich w�hrend der Nacht die Weide schmecken, wenn n�mlich welche da ist.

Gerade zur Zeit, als ich meine Reise antreten wollte, waren Maulthiere beinahe gar nicht zu bekommen und ich gerieth dadurch in einige Verlegenheit, bis ich an das �Maison� gewiesen wurde, dort Abh�lfe derselben zu finden. Das Maison ist n�mlich ein gro�es, den orientalischen Caravanserais �hnliches Geb�ude, bestehend aus H�fen und S�uleng�ngen, wo jeder ankommende Maulthiertransport seine Ladung deponirt, die Z�lle entrichtet und dort gleich verkauft oder einzeln an ihre Bestimmung abliefert. – Dort miethete ich nun von einem Caravanos aus St. Rafael (nahe Matagalpa) ein gro�es starkes Segovier Pferd (gro� im Vergleich mit der kleinen Race des Landes) und ein dito Maulthier f�r das Gep�ck, denn mein eigenes Pferd und Maulthier waren durch Futtermangel w�hrend und nach der Revolution zu wahren Skeletten herabgekommen und bedurften erst der l�ngeren Ruhe im Protero (Weideplatz), um sich wieder zu kr�ftigen.

Am 3. M�rz gegen Abend, als eben die Glocken zur Oration gel�utet, kletterte ich, wegen meiner Schw�che nicht ohne Schwierigkeit, in den Sattel, und unsere ganze Streitmacht, aus 7 Mann und 13 Maulthieren bestehend, setzte sich in Bewegung. Die Cavallerie bestand, au�er mir selbst, aus Don Eusebio, dem Eigenth�mer der Maulthiere wie der Ladung, und Don Cesario, seinem Major domo; die Infanterie aber aus zwei Mozos (Dienern), Basilio und Apolinario, und zwei Jungen von 12-15 Jahren, Innocente und Candelario, zu deutsch: Leuchter – und so �mit Licht und Unschuld im Geleite – zog frohen Muthes ich ins Weite.� Jeder war auf seine Weise so gut wie m�glich bewaffnet, denn man sprach viel von einer, aus Ausrei�ern beider Revolutionsarmeen gebildeten Spitzbubenbande in der Gegend des Monte-Rota, die einige Reisende angehalten und sogar mehre Haciendas ausgeraubt hatte. Ich f�hrte die deutsche Spitzkugelb�chse und die amerikanischen Revolvers, die Dons Pistolen, s�mmtliche Cavallerie aber unendlich lange Toledo-Schwerter; die Infanterie hatte ihre Machetas (lange Messer), Basilio und Apolinario aber Bogen und einige Dutzend Pfeile. Don Eusebio und ich bildeten die Avantgarde, dann folgte das Gros der Armee sammt Bagage und als Nachhut Don Cesario, dem dieser Posten zugleich die gro�e Annehmlichkeit gew�hrte, den ganzen Tag inmitten einer gro�en Staubwolke zu reiten.

So ging denn der Zug vorw�rts in stiller, klarer Mondnacht, lieblich und woll�stig wie nur eine tropische Nacht sein kann. Wir befanden uns zwar noch mitten in der hei�en Jahreszeit, seit November hatte kein W�lkchen den tiefblauen Azur des Himmels getr�bt; allein obschon die Tage gl�hend hei� waren, so schien doch in der Nacht die ganze Natur, von einem k�hlen S�dost erfrischt, der nur leise in den Bl�ttern der majest�tischen Palmen spielte, neues Leben zu athmen. Die gro�e Ebene von Leon erstreckt sich auf der einen Seite hinaus bis an den Pacific (stillen Ocean), auf der andern bis zum See von Managua, und wird im Norden von der prachtvollen Kette von Vulkanen begrenzt, als deren Endpfeiler der Viejo und der ehrw�rdige, �ber 6000 Fu� hohe Monotombo sich in �beraus zarten, grauen Tinten vom Horizonte absetzen. Feierliche Ruhe schien �ber die ganze Natur verbreitet, nur hier und da unterbrochen vom Hufschlage eines Maulthieres oder der kurzen, melancholischen Melodie einer spanischen Romanze. W�re ich Dichter, so h�tte ich hier die passendste Gelegenheit zu poetischen Erg�ssen gehabt.

Wir blieben jedoch nicht lange in Marsch; schon nachdem wir etwa 2 Leguas zur�ckgelegt, wurde Halt gemacht, die Thiere abgeladen und gehobbelt, Feuer angez�ndet, die Hammocks an einzelne B�ume aufgehangen und bald schlief Jeder, in seinen Poncho gewickelt, sanft und s��, w�hrend einer der Mozos �ber Menschen und Vieh Wache hielt; letzteres delectirte sich an dem d�rren, schlechten Grase, als ob es das s��este Heu w�re. Meine Ruhe ward leider sehr unangenehm von den Garralatos, zu deutsch Holzb�cken, gest�rt, ein h�chst l�stiges Insect, mit dem man w�hrend der hei�en Jahreszeit ganz bedeckt ist, sobald man durch ein Geb�sch geht oder reitet, und dessen Bi� wie Feuer brennt. Zuletzt schlief ich aber denn doch recht tapfer bis zum n�chsten Morgen, wo bei guter Zeit das Fr�hst�ck genossen, die Maulthiere beladen, was stets mit gr��ter Sorgfalt geschieht, damit die Thiere nicht aufgerieben oder gedr�ckt werden, und dann der Marsch wieder angetreten ward.

Ziemlich fr�h kamen wir an einem kleinen Vulkan vor�ber, der sich erst vor ungef�hr zwei Jahren gebildet hat und sich noch immer flei�ig in Eruptionen �bt; der Patron soll �beraus reizbaren Temperaments sein, denn wenn ein Stein in den Krater geworfen, heftig auf den Boden gestampft, ja nur besonders laut gesprochen wird, soll er seinen Verdru� alsogleich durch h�chst unmanierliche Expectorationen kundgeben, weshalb wir auch in m�uschenstiller Ehrerbietung an ihm vorbeizogen. Mr. Squier giebt in seinem neuesten Werke �ber Nicaragua eine genaue Beschreibung davon.

Gegen Mittag �berschritten wir die Vulkankette am Monte-Rota und stiegen dann nach kurzer Rast, um die Thiere zu tr�nken, in die n�rdlich von den Vulkanen gelegene Thalebene hinab, wo wir die Nacht auf einer kleinen Waldwiese, das Caimito genannt, zubrachten. Diese zweite Ebene erstreckt sich vom nordwestlichen Ende des Sees von Managua gegen den Golf von Fonseca hin. Es ist dies einer der f�nf Punkte, welche schon der gro�e Humboldt als geeignet f�r eine k�nstliche Verbindung zwischen den beiden Oceanen bezeichnete. Capitain Sir Edward Belcher, H. B. M. N., welcher diesen Theil des Landes vom Golf von Fonseca aus untersuchte, bezeichnet diese Ebene sogar als den vielleicht einzigen Punkt, wo ein Kanal, brauchbar f�r Schiffe erster Gr��e, angelegt werden kann. Auch Squier spricht in seinem Werke eine �hnliche Meinung aus; da ich aber auf meinem R�ckwege Gelegenheit hatte, noch einen andern, gr��eren Theil dieser Ebene zu untersuchen, so werde ich mir sp�ter erlauben, meine Bemerkungen �ber diesen Gegenstand mitzutheilen.

Die beiden n�chsten Tage verfolgten wir eine mehr �stliche Richtung, in nicht allzu gro�er Entfernung vom See von Managua. Die flache, meist bewaldete und nur hier und da ein St�ck Wiesen- oder Ackerland zeigende Ebene glich im Charakter ziemlich den Fl�chen im s�dlichen Frankreich, und sah in seinem ganzen Habitus, H�usern, der Art und Weise zu leben und zu reisen, so zu sagen mittelalterlich aus. Wenn da oder dort der Klang einer Holzaxt durch den Wald schallte, meinte ich immer, Moliere's Scagnarelle erscheinen zu sehen, und ein Paar Reiter glichen bald Don Juan und Leporello auf der Flucht vor den Dienern der heiligen Hermandad, bald wieder Don Quixote mit seinem getreuen Sancho Pansa, auf Abenteuer ausziehend. – Jeder Reisende hier zu Lande hat �brigens, wie ich schon fr�her bemerkte, etwas mit dem ber�hmten Ritter von der traurigen Gestalt gemein, theils des imposanten Kriegsapparates halber, den man hier mit sich schleppen mu�, theils der mehr als spanischen Di�t wegen, zu der man hier gezwungen ist. Hier erst ging mir ein Licht auf, wie wahr und getreu der gefr��ige Charakter jener Bedienten der alten Kom�dien aufgefa�t ist, denn man lugt selbst begierig aus, wo man etwas Leidliches zu schnappen bekommt. Uebrigens ist der Haupterwerbszweig durch diese Ebene die Rindviehzucht.

Gegen Abend des dritten Tages n�herten wir uns endlich dem Hochgebirge, das rauh genug aussah und strapazenreiche M�rsche versprach. Die Berichte �ber Spitzbuben mehrten sich hier in bedenklicher Weise; erst zwei Tage vorher hatten dieselben eine Hacienda gepl�ndert und ein reisender Leoneser war seines Pferdes, Gep�ckes, selbst seiner Kleider bis auf die Unter-inexpressibles beraubt worden, und noch dazu von seinem eigenen, leiblichen Bruder, der sich im Lande aufhielt. S��e, heilige Bande der Natur! – Ich hatte ordentliche Sehnsucht, mit solch' lieben Burschen eine handgreifliche Bekanntschaft zu machen. – Don Eusebio wurde nachdenklich und hatte allerdings Ursache dazu, denn nicht nur, da� Maulthiere und Ladung, so wie der Erl�s aus seiner Reise nach Leon einen betr�chtlichen Theil seines Verm�gens ausmachten, sondern er hatte auch eine ziemliche Geldsumme f�r einen der Bergwerksbesitzer in Matagalpa unter seine Verantwortung genommen. Meine Bef�rchtungen waren in dieser Beziehung nicht so bedeutend, dem alten Sprichworte gem��: �Wo nichts ist u. s. w.� Inde� hielten wir doch f�r gut, unsere bisherige Marschordnung etwas mehr zu concentriren, um n�thigenfalls einander schnellen Beistand zu leisten.

Zur Nacht campirten wir dicht am Fu�e des Gebirges auf einer Savannah mit einigen zerstreuten B�umen und einer kleinen Waldspitze, welche in die Wiese auslief. Ein scharfer Nordost blies von den Bergen herab, und um mich ein wenig dagegen zu sch�tzen, baute ich mir aus drei Packs�tteln und einer Pferdedecke eine Art von Zelt. Die gew�hnliche Wache ward ausgestellt, und wir Uebrigen legten uns im sch�nen klaren Mondlichte zum Schlafen nieder. Es mochte etwa gegen 2 Uhr Morgens sein, als mich Don Eusebio pl�tzlich weckte, mit ganz verst�rtem Aussehen rief: �Sennor, Sennor, los ladrones vienen!� und fast zu gleicher Zeit plafften einige Flintensch�sse von oberw�hnter kleinen Waldspitze her�ber. – Sie m�gen in Gottes Namen kommen! dachte ich und blieb still liegen, wo ich war, denn die S�ttel bildeten eine ganz h�bsche Art von Brustwehr, sah aber doch f�r den Nothfall nach meinen Revolvers und machte die B�chse schu�fertig. Die Mozos liefen hin und her, um die Thiere zusammenzutreiben, und lie�en ihre Machetas gar f�rchterlich im Mondlichte blitzen, wozu sie schrieen wie vom b�sen Geiste besessen. Die Dons Eusebio und Cesario schossen ihre Pistolen gegen das Geh�lz ab, was mit einigen Flintensch�ssen erwiedert ward. Wenn die Spitzbuben wirklich die Absicht hatten, uns Eins auszuwischen, so m�ssen es mordschlechte Sch�tzen gewesen sein, denn ich kann versichern, auch nicht eine einzige Kugel pfeifen geh�rt zu haben.

W�hrend dieser Scene der Verwirrung sah ich deutlich eine wei�e Jacke nebst dazu geh�rigen Modesten gleich einer Schlange auf dem Bauche nach jener Stelle hinkriechen, wo mein Pferd graste, augenscheinlich in der Absicht, dasselbe zu stehlen. Da ich nun durchaus nicht gewillt war, die beschwerliche Reise zu Fu� fortzusetzen, auch der Mond noch hell genug schien, um Korn und Visir zu erkennen, so lie� ich eine meiner Spitzpillen hin�bersausen. Sobald der Schu� knallte, sprang die wei�e Jacke wie electrisirt in die H�he und die Modesten tanzten mit bewundernsw�rdiger Gelenkigkeit und Eile nach der Waldspitze zur�ck. Mit Gewi�heit kann ich allerdings nicht behaupten, den Eigenth�mer dieser Kleidungsst�cke verwundet zu haben, wenn aber, so mu� es unzweifelhaft an derselben Stelle gewesen sein, wo Cooper's Natty Bumpo seinem verha�ten Gegner, dem Zimmermann Hiram, eine Kugel applicirte, denn ich bemerkte, wie der eine Aermel der Jacke w�hrend des Schnelllaufes h�chst verd�chtige Bewegungen nach einer gewissen, nicht wohl anst�ndig zu bezeichnenden Gegend besagter Modesten machte. Hiermit endete die Scene und Alles ward wieder ruhig, wie vorher, nur da� Jeder noch f�r einige Zeit seinen bewiesenen Heldenmuth bedeutend pries. Dies war der einzige Schu�, den ich je in Central-Amerika zu meiner Vertheidigung abgefeuert; vielleicht w�re er nicht einmal n�thig gewesen: allein man hatte bisher so viel L�rmen und Aufhebens von solchen R�ubergeschichten gemacht, da� man mir vergeben wird, wenn ich vielleicht zu voreilig meinen kleinen Beitrag zu denselben lieferte.

Jetzt endlich traten wir in das Gebirge ein, durch ein Thal, rechts und links von bewaldeten Bergen eingeschlossen, die sich allm�lig zu betr�chtlicher H�he erheben und deren Gipfel eine Art Tafelland, mit Savannahs, steinigtem Terrain und einigen armseligen B�umen bedeckt, bildet. Durch das Thal herab flie�t ein ziemlich breiter Flu�, der sich in den See von Managua ergie�t, jetzt aber freilich nur einige Wasserlachen enthielt, an deren R�ndern die wundersch�nen alten B�ume ihr frisches Gr�n behalten hatten, ein Herz und Augen erlabender Anblick in dieser Jahreszeit, wo die ganze Natur bis ins innerste Mark verbrannt aussieht, und die gro�en Besen gleichenden B�ume ihre nackten, bl�tterlosen Arme wie h�lfeflehend gen Himmel emporstrecken. Die Fl�sse, welche wir bisher passirt, und wo an manchen Stellen w�hrend der Regenzeit schon Menschen und Thiere ertranken, waren jetzt so trocken, da� wir tiefe L�cher in den Sand graben mu�ten, um nur etwas schmutziges Wasser f�r die Thiere zu erlangen.

Ungef�hr 9 bis 10 Miles wand sich der Weg in der Schlucht fort, bis zu dem D�rfchen Hykaral, und dann begann ein m�hseliges Bergsteigen �ber einen hei�en, mit Felsbrocken bestreuten Boden, den nur eben ein Segovia-Maulthier passiren kann, ohne die Beine zu brechen. Rechts und links sendeten nackte wei�e Sandsteinfelsen die Strahlen der tropischen Sonne mit verdoppelter St�rke zur�ck und mein Reisethermometer zeigte ziemlich 110� Fahrenheit im Schatten, nota bene wo etwa Schatten war. Von jetzt an war die Reise nichts mehr als ein best�ndiges Auf- und Niederklettern, bei Gelegenheit eine kleine Strecke im Thale bleibend oder f�r einige Miles auf hohem Tafellande, bedeckt mit Wiesen und einigen Hykarob�umen, aus deren k�rbisartigen Fr�chten man hier Trinkgef��e macht. Elend aussehende kleine Rohrh�tten, in die man von allen Richtungen hinein- und auf der andern Seite wieder hinausschauen kann, waren die einzigen Zeichen, da� hier noch Menschen wohnten. Die N�chte wurden allm�lig k�hler und jeden Morgen gegen 2, 3 Uhr stellte sich ein dichter Nebel und starker Thau ein, der, indem er meine Kleider bis auf die Haut durchn��te, sehr l�stig fiel, denn in diesen Klimaten wird die Haut sehr empfindlich gegen Feuchtigkeit und K�lte.

In den Th�lern und in der N�he flie�enden Wassers wurde viel Zuckerrohr gebaut, doch meist nur in kleinen Abtheilungen von einzelnen Indianerfamilien; die oben erw�hnten Hochebenen dagegen werden gro�entheils f�r Rindviehzucht benutzt, doch ist das Vieh hier klein und nur von geringer Qualit�t. Da gerade die Zeit der Zuckerernte war, so brodelte in allen Kesseln �ber starkem Feuer der Zuckersaft, und so oft wir eine Pflanzung passirten und Appetit versp�rten, bekamen wir zum Geschenk ein B�ndel k�stlichen Zuckerrohres, bei dessen Verspeisung wir so ziemlich einer Bande ambulanter Fl�tenspieler glichen, und durch welche Nahrung man nach einiger Zeit so fett wird, wie ein B�r im Herbste.

Eine erw�hnenswerthe Unterbrechung der Einf�rmigkeit meiner Reise war bei dem Dorfe Guaximala, seitw�rts am Wege, eine gro�e H�hle, an deren Eingang einige Felsen mit Sculpturen bedeckt waren, im Charakter den alten Bildwerken an den beiden Seen von Nicaragua und ihren n�chsten Umgebungen gleichend. Eine kleine indische Legende kn�pft sich an diese H�hle, nach welcher eine aztekische Prinzessin, von den Spaniern verfolgt, sich in dieselbe fl�chtete und durch einen dichten giftigen Nebel, den sie erscheinen lie�, die Verfolger am weiteren Vordringen hinderte. Hier soll sie noch weilen, umgeben von fremden, geheimni�vollen Wesen, jeden Neumond oben auf dem Gipfel des Berges erscheinend, um zu sehen, ob nicht ein Adler einen Geier bek�mpft und t�dtet, denn geschieht dies, so ist der Augenblick der Befreiung des Landes gekommen; die wei�en Fremdlinge werden ausgerottet und der alte indische F�rstenstamm wird wieder in erneuter Glorie das Land beherrschen. – Der neueste Lauf der Begebenheiten wird, wie mir scheint, diesen Augenblick noch bedeutend hinausschieben, denn die rothhemdigen, tabackkauenden M�nner des Nordens, welche sich neuerdings im Lande niedergelassen haben, scheinen mir eine schwer auszurottende Race. –

Ich h�tte sehr gew�nscht, diese geheimni�volle H�hle n�her zu untersuchen, von deren gro�er Ausdehnung, zahlreichen labyrinthischen Gem�chern mit Sculpturen und theilweiser Vergoldung die Leute viel zu erz�hlen wu�ten; aber nicht eine bedeutende Summe h�tte einen Indianer vermocht, mir als F�hrer zu dienen, und allein das Unternehmen zu wagen, nahm ich denn doch Anstand, denn in dieser Art von H�hlen entwickeln sich h�ufig Schwefelwasserstoffgase, und schwach, wie ich noch war, war mehr als Wahrscheinlichkeit vorhanden, dem Unternehmen zu erliegen; da ich zudem in diesen Theil des Landes zur�ckzukehren dachte, so verschob ich die Untersuchung dieses interessanten Monuments f�r sp�ter, leider, wie ich jetzt sehe, vielleicht f�r immer.

Am achten Tage meiner Reise stiegen wir in ein Thal hinab, so steil und so tief, da� es wirklich schien, als solle es direct bis ins Centrum der Erde gehen; unten erreichten wir endlich ein niedliches D�rfchen, �la Concordia�, inmitten zahlreicher Zuckerrohrfelder und Gruppen sch�ner alter B�ume, am Ufer eines kleinen Bergflusses gelegen, der rasch und lustig �ber Felsen und Gestein dahin h�pfte. Um so theuerer mu�te ich aber den lieblichen Anblick durch das Erklettern des jenseitigen, noch viel steilern Bergpfades erkaufen, noch erschwert durch den Umstand, da� ich Basilio, der am Tage vorher von einem Maulthiere geschlagen worden war und gar nicht gehen konnte, mein Pferd geliehen hatte, und so, theilweise auf Don Eusebio's Thier, theilweise aber auch zu Fu�, in meinen schweren Reitstiefeln den Weg zur�cklegen mu�te. Ein bitter St�ck Arbeit!

Gegen Abend inde� erreichten wir den n�rdlichen Saum eines Tafellandes und befanden uns pl�tzlich im Angesichte von St. Rafael, dem Orte unserer Bestimmung.

Hier bot sich dem Auge ein wunderliches Spiel der Natur: gegen S�den erstreckte sich eine gro�artige Gebirgslandschaft in den so ernsten und doch so grazi�sen Conturen, ganz �hnlich den Gebirgen Griechenlands und Kleinasiens; nordw�rts dagegen war auch nicht mehr ein Schatten tropischer Natur zu sehen. Das Thal von St. Rafael, von kleineren vulkanischen H�geln umgeben, glich frappant dem Thale von Teplitz in B�hmen und war bewaldet mit Massen von Rotheichen, dazwischen Wiesen und Zuckerrohrfelder, die aus solcher Entfernung f�r das Auge die Getreidefelder ersetzten; die Gipfel der H�gel mit einer Menge der sch�nsten Kiefern bedeckt. Selbst die H�tten des Dorfes glichen in Form und Gr��e von weitem den H�userchen des s�chsischen und b�hmischen Erzgebirges – mit einem Worte: es sah beinahe aus wie daheim im lieben Sachsenlande.

Ich ward gen�thigt, einige Tage hier zu bleiben, theils weil Don Eusebio Geschmack an mir gefunden hatte und mich durchaus in seinem Hause beherbergen wollte, was mir sehr angenehm war, um etwas auszuruhen, und dann, weil zwei der Maulthiere am vorigen Tage ganz ersch�pft zur�ckgelassen werden mu�ten, und ich so meine Bagage zu erwarten hatte, bis Apolinario sie auf anderen Thieren nachgeholt haben w�rde. Die kurze Rast bekam mir aber vortrefflich und mein Gesundheitszustand besserte sich schnell und merklich.

Don Eusebio zeigte mir seine Besitzung, meist Weideland und an Umfang beinahe so gro�, als manches kleine F�rstenthum, mit ungef�hr 4000 St�ck Rindvieh, nannte sich selbst aber dabei einen armen Mann; er hatte insofern nicht ganz Unrecht, als er von all' seinem Eigenthume kaum 600 bis 700 Piaster j�hrlich realisiren kann. (Das St�ck Rindvieh im Preise von 3, 4, h�chstens 5 Piaster.)

Da Don Eusebio eine kleine Ladung Rohzucker nach Ocotal zu senden hatte, so contrahirte ich mit ihm f�r Thiere nach dem nicht weit von Ocotal gelegenen Dipilto, einem der bedeutendsten Minenpl�tze des Landes. Es mu�ten dazu noch einige von den in den Savannahs grasenden Maulthieren eingefangen werden, und auf Don Eusebio's Einladung beschlo� ich, auch einen Versuch mit dem Lasso zu machen.

Eines Morgens ritten wir in Begleitung von zwei Mozos, jeder mit seinem Lasso am Sattelknopfe, zur Jagd aus, nachdem ich von Don Eusebio noch einige Lectionen, wie zu verfahren sei, erhalten hatte, denn es ist ein verw�nschter Unterschied, einen Lasso zu Pferd oder zu Fu� zu werfen. Nachdem die Mozos in Zeit einer halben Stunde den gesch�ftlichen Theil erledigt, d. h. die n�thigen Maulthiere eingefangen, kam an mich die Reihe, meine K�nste zu produciren. Ein starker Bulle ward ausersehen und ich ritt langsam auf denselben los. Der Stier, Schlimmes ahnend, fing an zu laufen, ich galoppirte hinterdrein, das Pferd scharf in der Faust. In angemessener Entfernung erhob ich mich ein wenig in den B�geln, wirbelte den Lasso um den Kopf, lehnte mich vorw�rts, um ihn zu werfen, als – schnapp! der Steigb�gel mir entschl�pfte, und ich kopf�ber zu Boden scho�. – Ungeheuere Heiterkeit von allen Seiten! – Das gut abgerichtete Pferd stand im Augenblicke still, und nachdem ich mich �berall bef�hlt und entdeckt hatte, da� alle meine Knochen noch ganz waren, stieg ich wieder auf, mein Gl�ck auf's Neue zu versuchen; diesmal ging's besser, der Lasso fiel, den halben Cirkel beschreibend, dem Thiere kunstgerecht �ber die H�rner; das Pferd, als ob es die L�nge des am Sattel befestigten Lasso genau berechnet h�tte, wendete augenblicklich um und brachte durch einen heftigen Ruck den Bullen zu Boden. Nur ist noch eine gewisse Geschicklichkeit erforderlich, sich des Thieres auch ganz zu bemeistern, was meiner Unerfahrenheit doch wahrscheinlich etwas schwer geworden sein d�rfte, h�tte Don Eusebio nicht, seinen Lasso von der andern Seite werfend, alle weiteren Schwierigkeiten beseitigt, und so endete denn dieser erste Versuch mehr zu meinem Ruhme, als ich in der That verdient hatte. – Ungeheuere Zufriedenheit!


Nachdem Don Eusebio mich w�hrend meines Aufenthalts bei ihm so gastfrei behandelt, als seine Mittel es nur irgend erlaubten, begleitete er mich noch einige Meilen auf meiner Weiterreise.


Ich �nderte nun meine Richtung, die bisher eine nord�stliche gewesen war, in eine nordwestliche und, obschon weit im Binnenlande, eine mit der rechtwinkligen Form der Meeresk�ste parallel laufende Linie beschreibend, setzte ich meine Reise in alleiniger Begleitung eines Mozo fort. Der Weg glich so ziemlich dem vorigen, nur da� in so betr�chtlicher H�he, wie ich mich befand (3000 bis 4000 Fu� auf den tiefsten Punkten), die Nachtluft, zumal auf den Gipfeln der H�gel, recht empfindlich k�hl ward, mein Poncho und ein t�chtiges Feuer mir �u�erst angenehm waren, desto mehr aber die Thiere zu leiden hatten, denen die K�hle h�ufig eine Art von Darmgicht oder Kolik zuzieht, die zwar nur einige Stunden anh�lt, sie aber doch f�r diese Zeit ganz unf�hig macht, zu gehen.

Wasser ist hier h�ufiger und von vorz�glicher Qualit�t. Die Zuckerrohrfelder, obwohl nur klein, sind ergiebig, der �brige Boden, wie bisher, Wald und Weideland. Die Landschaft war hier unter dem Einflusse der Morgennebel und des reichlichen Thaues sch�n gr�n geblieben. Bergauf- und bergabsteigend bot die Pflanzenwelt eine h�chst �berraschende Abwechselung dar, denn in der bedeutenden W�rme der Th�ler spro�te die tropische Vegetation in vollster Ueppigkeit, w�hrend auf den h�chsten H�hepunkten, die ich ber�hrte, oft selbst die Kiefer als verkr�ppeltes Knieholz hinter mir blieb, und ich so manchmal im Zeitraume eines Tages die Vegetation von 30 bis 40 Breitegraden beobachten konnte.

Ich passirte eine Menge von D�rfern, von bald christlichen, bald heidnischen Namen, unter denen ich mich besonders eines lieblichen Blickes in das Thal Santa Rosa, von der Borda di Santa Rosa herab, mit Vergn�gen erinnere. Die N�chte freilich wurden des t�glich heftigern Thaues wegen auch im n�mlichen Grade unangenehmer und mein Schlummer ward oft gest�rt vom n�chtlichen Geheul der Cayotas oder s�damerikanischen W�lfe, welches ganz so klingt, als ob eine Bande ungezogener Gassenbuben im h�chsten Discant schrie, und in das sich manchmal das tiefe, langgezogene Geheul eines Jaguars mischt. Obschon man allgemein und, wie ich glaube, mit Recht behauptet, da� diese Bestien, au�er vielleicht im furchtbarsten Hunger, den Menschen nie angreifen, so kann man sich doch, wenn das sch�ndliche Concert zu arg wird und gar nicht aufh�ren will, eines gewissen B�chsenfertigmachungs- und Messerzurechtlegungsgef�hles nicht erwehren, und manch' liebes Mal trieb mich die Sorge um die Thiere aus dem Hammock, um mit der B�chse im Arme die Wachtrunde zu machen.

Am dritten Tage gegen Abend gelangte ich nach Totogalpa, einem mit Ausnahme des Cura (Pfarrers), der ein Wei�er ist, nur von Indianern bewohnten Dorfe, die sich immer wieder nur unter einander verheirathen und so ihren Stamm rein und unvermischt erhalten. – Der Cura war ein compadre (auf gut deutsch Herr Gevatter) Don Eusebio's, weshalb der Mozo Ordre hatte, mich nach seinem Hause zu bringen. Der Cura, ein respectabel aussehender Vierziger, war die Herzensg�te und Freundlichkeit selbst. Da ich immer noch ein wenig zu schlank im Verh�ltni� meiner K�rperl�nge war und bla� aussah, so litt er nicht, da� ich im Hammock schlief, sondern ich mu�te durchaus ein Bett annehmen, wie ich erst sp�ter zu meinem gro�en Leidwesen erfuhr, des w�rdigen Mannes eigenes Bett, da er in dem Artikel nicht eben reichlich versehen war.

Mr. Stevens r�hmt in seinem Werke �ber Central-Amerika mit allem Rechte die G�te der Curas, und ich mu� dieses Lob in vollster Ausdehnung best�tigen; mit vielleicht nur wenigen Ausnahmen in den gr��ern St�dten ist das Haus des Cura stets die Zufluchtsst�tte aller Obdach- oder sonst H�lfebed�rftigen, und so auch in Totogalpa. Es blieben in derselben Nacht wenigstens zehn bis zw�lf Personen, darunter auch drei Damen, welche auf dem Wege nach Leon begriffen waren, in der Pfarrei, und vielleicht drei�ig Maulthiere und Pferde lie�en sich die Weide auf des guten Pfarrers Protero trefflich schmecken.

Die bessern H�user haben hier alle einen Patio oder Veranda, den jeder Reisende ebenso als sein Eigenthum betrachten kann wie die Landstra�e; zwischen den S�ulen schlingt er seinen Hammock auf, in einer Ecke oder auf dem freien Platze vor dem Hause z�ndet er sein Feuer an, kocht seine mitgebrachten Vorr�the und zahlt nur dann etwas, wenn er irgend etwas von den Vorr�then des Hauses consumirt, – nota bene wenn Vorr�the da sind. –

Der Cura theilte mir beim Schlafengehen mit, da� am andern Morgen drei junge Paare den ledigen mit dem Ehestande vertauschen wollten, und lange vor Tagesanbruch folgte ich ihm in die Kirche, der Ceremonie beizuwohnen, denn es ist hier Sitte, jede Trauung noch vor Sonnenaufgang zu vollziehen, eine Sitte, die wahrscheinlich noch indianisch-heidnischen Ursprungs ist.

Die jungen Paare erschienen, gefolgt von ihren Verwandten, im Geleite der Brautf�hrer und Brautjungfern; der Cura vollzog die Trauung nach dem Ritus der katholischen Kirche und im Zwielichte des anbrechenden Tages begab sich der ganze Hochzeitszug nach dem Hause des Br�utigams, um dort den Tag bis zur sp�ten Nacht mit Essen, Trinken und Tanzen zuzubringen.

Der Cura f�hrte mich in eins der H�user, um die Festlichkeiten mit anzusehen. Inmitten der dichtgedr�ngten Menge ward getanzt, doch stets nur ein Paar auf einmal, beim Klange zweier Guitarren und einer Geige. Das M�dchen stand auf einer Seite des kleinen Tanzraumes und der junge Bursche bewegte sich h�pfend und t�nzelnd auf sie zu, bald vorw�rts, bald r�ckw�rts, und drehte sich in verschiedenen Bewegungen um sie herum; dann that das M�dchen desgleichen, dann beide zusammen, worauf beide abtraten, um einem neuen Paare den Raum zu �berlassen, sich selbst aber mit Tortillas und Bohnen zu erlaben. Aus besonderer R�cksicht auf mich als Fremden und die w�rdige Begleitung, in der ich mich befand, n�herte sich mir eine Art von Ceremonienmeister und forderte mich zum Tanze auf; da aber mittlerweile der Tag angebrochen war und die Thiere gesattelt vor der Th�r standen, entschuldigte ich mich mit meinen bestiefelten und pfundbespornten Gem�thszust�nden, sch�ttelte dem wackern Diener Gottes herzlich die Hand und galoppirte lustig dahin in der frischen Morgenluft.

Bald bot sich mir von der H�he der Borda de Ocotal eine wunderliebliche Aussicht in das Thal, wo sich der Riococo hinab nach der Ostk�ste schl�ngelt, an seinen Ufern das reizend gelegene D�rfchen Ocotal und dr�ben auf der andern Seite die grandiosen Berge von Dipilto. Noch ein steiles Hinabklettern, bei dem die Thiere manchmal eine ganze Strecke auf dem Hintertheile rutschend zur�cklegten, dann die Passage des Riococo, jetzt ziemlich leicht, doch in der Regenzeit sehr schwierig und gefahrvoll, und ich ritt nach kurzer Zeit �ber die Plaza von Ocotal nach dem Hause der Sennora, Donna Chepa (Josephine) G., einer gro�en corpulenten Dame, an die ich eine Empfehlung hatte. Aufnahme wie �berall.

Als ich beim Fr�hst�ck sa�, kam der Milit�rcommandant des Departements, Don Gabriel Y., in Gesellschaft eines kurzen, dickbeleibten Sennors mit ungeheuerm milit�rischen Schnurrbart und blauem Oberrock, um der Sennora einen Besuch abzustatten. An mich wurden nun viele Fragen: Leon, die Revolution, Munoz etc. betreffend, gerichtet, die ich ungenirt und so gut ich es vermochte beantwortete. Mir fiel dabei auf, da� der dicke Herr im blauen Oberrock mit dem gewaltigen Schnurrbarte seine �brigens recht h�bschen und sanften blauen Augen immer sch�chtern wie ein verlegenes M�dchen niederschlug, wenn ich ihn ansah, eine Gewohnheit, die mir an M�nnern nie recht gefallen will. – Sp�ter in Dipilto, wo ich denselben nochmals antraf, erfuhr ich erst, da� es der General Guardiola sei, auch �der Tiger von Honduras� benannt. – Dieser Mann hatte sich im Jahre 1844, wo er die Regierung von Honduras unterst�tzte, eine traurige Ber�hmtheit erworben durch seine blutige, grausame Verfolgung der Gegenpartei. Im Jahre 1849 conspirirte er dann selbst gegen die Regierung, hatte aber schlechten Succes und hielt sich seit jener Zeit als Verbannter in Costa-Rica auf. Dann ward er von der Regierung von Nicaragua herbeigerufen, um ein Commando gegen Munoz zu �bernehmen, konnte sich jedoch nicht mit dem commandirenden General, Don Fruto Chammorro, vertragen und nahm deshalb sehr schnell wieder seine Entlassung.

Ocotal ist die von Manchen als Nuevo Segovia bezeichnete Stadt; die eigentliche Stadt dieses Namens ist jedoch 4 Miles tiefer hinab, am Riococo gelegen, ward im Anfange des vorigen Jahrhunderts aber von Flibustiern, die den Flu� heraufkamen, zerst�rt und die gefl�chteten Bewohner bauten das heutige Ocotal.

Ich w�nschte noch vor Nacht Dipilto zu erreichen und brach also auf, sobald Menschen und Thiere sich ein wenig erholt hatten. Als ich �ber die Plaza kam, bemerkte ich eine Menge Menschen und aus ihrer Aufregung und der allgemein auf einen Punkt gerichteten Aufmerksamkeit schlo� ich, da� da etwas Absonderliches los sein m�sse. Als ich an die Stelle kam, sah ich, da� ein Paar Kampfh�hne die Helden der Scene waren, und der heutige Tag, wie man mir sagte, der eines weitber�hmten Hahnengefechts. Jetzt erst ward mir pl�tzlich klar, warum ich unterwegs so viele Leute mit Bretern auf dem R�cken gesehen hatte, auf deren jedem f�nf bis sechs H�hne festgebunden waren. Ein Mann zu Pferde kam sogar mehr als 30 Miles weit her, die vier Ecken seines Sattels nach den vier Himmelsgegenden zu mit ebenso vielen H�hnen garnirt, zwei an Stelle der Holftern, zwei an Stelle der Satteltaschen. Die H�hne fechten hier nicht mit den gew�hnlichen Sporen, sondern mit sichelartigen Messerchen, deren haarscharfe Klinge manche so geschickt an das rechte Bein des Hahnes zu befestigen verstehen, da� oft schon beim ersten Anlauf der Gegner ein Bein einb��t. Eben als ich anlangte, fiel einer der armen K�mpen, von seinem Gegner in die Seite gestochen und sch�ndlich hinterlistig umgebracht, zu Boden und ma� den Wahlplatz mit seinem Heldenleibe. Gleich war jedoch ein neues Paar zur Stelle, und ein barf��iger, ziemlich lumpenhaft toilettirter Sennor frug mich, ob ich nicht mit ihm auf einen der Duellanten wetten wollte. Wie viel? – Zehn! – Was zehn, Piaster? (Etwas hoch, dachte ich.) – Nein, zehn Mark Silber (ziemlich 80 Dollars). Bagatelle! meinte ich und machte, da� ich weiter kam, denn ein so niedriges und grausames Vergn�gen schien mir nicht werth, Zeit und noch weniger Geld daran zu setzen. Es ist �brigens eine gew�hnliche Sache, hier anscheinend arme Leute recht hohe Summen bei Hahnen- und Stiergefechten verwetten zu sehen. Das Spiel ist hier die vorherrschendste Leidenschaft und, wie man mich versicherte, sollen am selben Tage auf zwei H�hne von besonderer Kriegsreputation in mehrern Wetten die Summen von 2000 Dollars im Ganzen auf dem Spiele gestanden haben. So fand ich auch, was ich vorher nicht beachtet hatte, in jedem Hause einen oder mehrere Kampfh�hne, jeden mit einem Bindfaden am Fu�e, auf einer Art von Papageienstock sitzend, die lediglich zu jenem barbarischen Vergn�gen aufgef�ttert werden.

Bald hinter Ocotal tritt man wieder in eine tiefe Schlucht ein, und gleich im Anfange h�ren alle bewohnten Pl�tze auf. Ein zwar enger, aber doch nicht zu beschwerlicher Weg f�hrte bald auf dem einen, bald auf dem andern Ufer des Rio di Dipilto hin, der hell, klar und lustig �ber die Steine dahinh�pft, hier und da von einem kleinen Salto (Wasserfall) unterbrochen, m�hsam an manchen Stellen sich durch das Thal zw�ngend, dessen vielfache Windungen ihm manchmal das Aussehen geben, als h�tte hier die Welt ein Ende. Mein Mozo, f�r den das Hahnengefecht mehr Anziehungskraft hatte, als f�r mich die Reize dieser malerischen Natur, war etwas zur�ckgeblieben, und so verfolgte ich denn meinen Pfad in einer angenehmen Einsamkeit. Die steilen H�hen rechts und links, bedeckt mit majest�tischen Kiefern, wie ich sie noch kaum so hoch gesehen, lie�en die Sonne nicht so eindringen, und die tiefe Ruhe, durch das sanfte Gemurmel des dahineilenden Fl��chens noch traulicher gemacht, ward nur dann und wann vom leisen Gesange eines V�gelchens unterbrochen. Viele Nordl�nder sind der Meinung, da� die V�gel der Tropen nicht singen; dem ist aber nicht so, nur mu� sich das Ohr an ihren Gesang gew�hnt haben, der so zart ist, da� sie fast leichter zu sehen als zu h�ren sind. Ich aber f�hlte mich so froh gestimmt, da� ich die schweigsamen W�lder lustig vom Gesange deutscher Lieder wiederhallen lie�, was ihnen wohl nicht h�ufig passiren mag.

Endlich und endlich �ffnete sich das Thal ein wenig und auf einem kleinen Plateau, just nur gro� genug, um den Geb�uden nothd�rftig Raum zu geben, erschienen die D�cher von Dipilto, vergoldet vom letzten Strahle der untergehenden Sonne.

Dipilto, jetzt vielleicht der bedeutendste Minenort in Nicaragua, war, obschon seine Minen schon seit sehr langer Zeit betrieben werden sollen, vor zwanzig Jahren noch nur ein einziges Haus, und ward das Almuercadero (Fr�hst�cksplatz) genannt, weil die Reisenden von Honduras meist hier am Ufer des Flusses im Schatten einiger B�ume, die jetzt noch dastehen, ihr Fr�hst�ck einnahmen.

Ich stieg im Hause der Madame L. ab, hier nur glattweg die Madama genannt, an welche ich eine Empfehlung von ihrem Manne aus Massaga hatte. Sie war Franz�sin und hatte sich, obschon bereits 22 Jahre in Central-Amerika, noch ihre echt franz�sische Lebendigkeit und Liebensw�rdigkeit vollkommen bewahrt, in Bezug auf Gastfreundschaft aber mit den Sitten des Landes ganz acclimatisirt. Ich fand hier drei Amerikaner und einen amerikanisirten Deutschen, Mr. Sch....., welcher, sowie ein Engl�nder in Matagalpa, Mr. P., die einzigen ausl�ndischen Minenbesitzer in Honduras sind. Einer der drei Amerikaner ist jener Mr. Dickson, der im vorigen Jahre mein Schiffsgenosse auf der Reise von New-York nach Central-Amerika war, augenblicklich aber nicht in Dipilto anwesend.

Der Bergbau liegt hier freilich noch sehr in den Urzust�nden, und von einem wissenschaftlichen Betrieb ist noch kaum die Rede. Zwei junge deutsche Bergleute, Herr Schmidt, ehemaliger Bergstudent in Freiberg, und Herr Witting aus Hessen, beide im Interesse einer Compagnie arbeitend, waren ganz in Verzweiflung �ber die vielen Hindernisse, die einem geregelten Betriebe des Bergbaues hier noch im Wege stehen. An einen kunstgem��en Schachtbau ist noch nicht zu denken; wo sich eine Ader findet, schl�gt man ein und folgt ihr in jeder beliebigen Richtung, aufw�rts oder abw�rts, rechts oder links, nach Art der Maulw�rfe. Manche Minen haben allerdings eine Art von Schacht mit Ruhepl�tzen (Posas) von ungef�hr 15 Varas (20 Ellen) Umfang, sowie auch Leitern, die aber nichts weiter sind, als unbehauene St�mme mit rechts und links in dieselben angebrachten Kerben, Papageienstangen nicht un�hnlich, auf welchen die Indianer wie die Affen hinauf- und hinunterklettern, auf dem R�cken einen ledernen Sack, der an einem Riemen �ber die Stirn getragen wird, um das Erz und die Steine zu transportiren. Von regelrechten Fahrten mit Sprossen, Schachten mit G�peln zum Ausbringen der Erze und des todten Gesteines hat Niemand eine Idee, und ebenso wenig vom Bau eines Stollens, um die unterirdischen Gew�sser abzuleiten. Daher werden die meisten Minen schon in einer Tiefe von 200 bis 300 Fu� verlassen, und erst in neuester Zeit hat Herr Sch...... Versuche gemacht, eine aufgegebene Grube auszupumpen und wieder gangbar zu machen. Das gr��te Hinderni� sind die �blen Stra�en, auf denen Alles nur durch Maulesel und Menschen fortgetragen werden mu�, und die es nat�rlich unm�glich machen, zweckm��ige Maschinen zum Auspumpen ersoffener Schachte herbeizuschaffen. Von einer bergm�nnischen Berechnung, wo man sich unter der Erde befinde, hat hier gleichfalls Niemand eine Ahnung. Trotz des bedeutenden Mineralreichthums (manche Minen geben 18 bis 20, ja sogar 25 Procent Silber) wird es immer noch geraume Zeit dauern, bis Dipilto den Aufschwung bekommt, den es haben k�nnte, denn Jeder wird einsehen, da� unter so erschwerenden Umst�nden viel Arbeit n�thig ist, um nur ein leidliches Resultat zu erzielen. –

Die localen Verh�ltnisse sind �brigens in vieler Hinsicht g�nstig; der Flu� mit bedeutendem Fall ist w�hrend aller Jahreszeiten im Stande, eine hinreichende Wasserkraft zu produciren; als Brennmaterial dient das vortrefflichste Kiefernholz, zum blo�en Preis des Umhauens, und die Arbeiter erhalten die niedrige Bezahlung von 2 Dimes (etwa 8 Silbergroschen) den Tag; die gr��te Schwierigkeit ist aber eben, diese zu bekommen. Sobald der Indianer nur noch einen Cent in der Tasche hat, kann ihn keine Macht zum Arbeiten bewegen, statt Montag kommt er oft Mittwoch oder Donnerstag zur Arbeit; von einer regelm��igen Eintheilung in Schichten f�r Tag- und Nachtarbeit ist gar keine Rede. Was nun daraus f�r eine Art von Bergbau entsteht, mag Jeder beurtheilen, der nur die oberfl�chlichste Sachkenntni� hat. Das sicherste Mittel, was noch der Arbeitgebende hat, die Leute zur Arbeit zu zwingen, ist, ihnen einige Dollars vorzustrecken, dann kann er die Leute durch den Alcalden zwingen, das Geld abzuarbeiten, und sollte der Mann vom Sterbebett des Kindes weggeholt werden m�ssen. Da nun die Indianer in ihrem sorglosen Wesen sehr leicht verschuldet werden, so bringen die Leute meistens ihr Leben in einem Zustande zu, noch schlimmer als Sklaverei. Es ist dies eins der vielen Uebel, die spanische Gesetze nach Amerika gebracht haben.

Da viele der Minen 5 bis 6 Miles von Dipilto liegen, so werden die Erze durch Maulthiere dahin geschafft. Auch das Verfahren beim Ausbringen des Silbergehaltes liegt hier noch in derselben Kindheit, wie vor etwa drei, vier Jahrhunderten in Freiberg und Goslar, und geschieht meistentheils in kleinen Oefen durch Feuer, so da� jede Operation 7 bis 8 Stunden erfordert und ein sehr unvollkommenes Resultat giebt.

Einige Besitzer bedienen sich auch noch einer amerikanischen Originalerfindung auf dem Patio, d. i. ein gro�er gedielter Platz, auf dem das gemahlene Erz in Haufen (Montones) von 15 bis 20 Centner gebracht, mit etwas Kochsalz und Quecksilber gemischt, mit Wasser durchgetreten und dann etwa 14 Tage der Sonne ausgesetzt wird, welcher Proce� sich oft drei- bis viermal wiederholt; dann wird der Sand ausgewaschen, das gewonnene Amalgama unter Kupferglocken verdampft, die Quecksilberd�mpfe in dem darunter befindlichen Wasser condensirt und sp�ter das Silber in kleinen Oefen von der geringen darin noch enthaltenen Quantit�t Kupfer gereinigt. Ein h�chst langwieriges Verfahren, welches wegen des dabei unvermeidlichen Verlustes an Quecksilber (hier im Preise von 140 Dollars der Centner) immer mehr in Abnahme kommt.

Das Mahlen des Erzes geschieht im sogenannten Ingenio (vielleicht sogenannt, weil in der Erfindung eben durchaus nichts Ingeni�ses ist); diese Maschine besteht aus einem horizontalen Rade, meist 30 Fu� im Durchmesser und ebenso hoch vom Boden entfernt, auf dessen Z�hne oder K�sten eine im Winkel von wenigstens 45� herabst�rzende Wasserkraft wirkt. An der verticalen Axe, etwa 5 Fu� �ber dem Boden, durchkreuzen zwei H�lzer, jedes von ungef�hr 20 bis 25 Fu�, dieselbe, an deren Enden Steine von 12 bis 15 Centnern, durch das Rad gedreht, einen Kreis beschreiben und so die Erze zerquetschen. Eine sehr schwerf�llige Maschine, deren Resultat sich durch viel einfachere Mittel weit vollkommener erreichen l��t.

Die letzte Methode des Ausbringens, die erst in neuerer Zeit in Aufnahme zu kommen beginnt, ist die bekannte Amalgamatiere in drehbaren F�ssern, nachdem das Erz vorher im Ofen ger�stet worden ist. Herr Schmidt stellte eben auch Versuche der sogenannten Augustin'schen Methode vermittelst Kochsalz an, mit welchem Erfolge ist mir zur Zeit jedoch nicht bekannt geworden.

Die vier Wochen, welche ich in Dipilto zubrachte, waren vom allerbesten Erfolg f�r mein Befinden und werden unter meinen Erinnerungen aus Central-Amerika stets eine liebe Stelle einnehmen. Ich ging mit erneueter Lust an die Arbeit, bereicherte meine Zeichnenmappe betr�chtlich mit h�chst pittoresken Studienbl�ttern und meine Naturaliensammlung mit Specimen der verschiedensten Art. Der klare Flu� bot mir ein kr�ftigendes Bad am Morgen, die bewaldeten Berge angenehme Spazierg�nge in der K�hle des Abends, mit einem Worte, ich lebte wieder neu auf. Selbst die kleinen Unannehmlichkeiten, die ein Aufenthalt an so entlegenen, von aller Communication abgeschnittenen Orten mit sich bringt, f�hlte ich im Hause meiner g�tigen Wirthin und durch den so lieben freundlichen Umgang weniger. Sogar f�r literarische Unterhaltung auf einsamen Spazierg�ngen war gesorgt, denn ihr B�chervorrath enthielt allerhand Literaturerzeugnisse in buntester Mischung, von Rousseau und Voltaire bis Frederic Souli� und Alexander Dumas.

Lebensmittel sind, da dieselben erst aus den tiefer gelegenen Bezirken auf Maulthieren herbeigeschafft werden m�ssen, wohl zu Zeiten etwas sparsam; allein da Herr und Madame L. selbst Handel mit Silber nach Granada und mit allerhand G�tern f�r den Verbrauch am Orte von dort hierher betreiben, so geht beinahe monatlich ein Transport hinab und einer herauf, wodurch denn auch Keller und Speisekammer wohl versorgt ward. Zur Regenzeit m�gen freilich manchmal magere Tage auf fette folgen.

Gesellschaft fand ich, au�er den beiden jungen deutschen Bergleuten, in Herrn Sch., meinem Doppellandsmann, geborenen Deutschen und naturalisirten Amerikaner, Don Felix S., ein unternehmender, th�tiger Mann, dem Dipilto die Einf�hrung der neuesten Verbesserungen verdankt, Don Chico F. u. s. w. Die meisten dieser Leute waren fr�her durch Guardiolo aus Besitz und Heimath vertrieben worden und jetzt irrte ihr fr�herer Verfolger in denselben Gegenden heimathlos umher, wo die Vertriebenen sich eine neue Heimath gegr�ndet. �Nehmt euch ein Exempel dran!�

Selbst die frohesten Stunden m�ssen aber ein Ende haben und so auch mein Aufenthalt in Dipilto. Wenn ich noch andere Punkte f�r meine Studien ausbeuten wollte, hatte ich, der bevorstehenden Regenzeit wegen, nicht sehr viel Zeit zu verlieren.

Ich fand hier noch gr��ere Schwierigkeit, mir Thiere zu verschaffen, denn die meinigen waren gleich nach meiner Ankunft nach St. Rafael zur�ck gekehrt, weil der Mangel an Futter dort die meisten unf�hig zur Arbeit machte. Da ein Packthier, welches ich mit M�he und Noth auftrieb, erst in einigen Tagen disponibel ward, mir aber mittlerweile ein ziemlich gutes Reitpferd verschafft worden war, so beschlo� ich, mich einstweilen allein auf den Weg zu machen, um in der Zwischenzeit Mr. Dickson, meinen vorj�hrigen Reisegef�hrten von der Brigg Rogelin, zu besuchen, der in Maquelizo eine Zweigmine bearbeitete.

So belud ich denn – es war jetzt schon Mitte April – den kleinen munteren Braunen mit den n�thigsten Lebensmitteln, da ich wenig Aussicht hatte, die n�chsten zwei Tagereisen bis Yuscaran welche zu bekommen, und begab mich frisch und fr�hlich wieder auf die Wanderschaft.

Es ging nun von Neuem an ein Steigen und Klettern durch �des steriles Gebirg, weit und breit keine Spur menschlicher Wesen, denn ich befand mich hier so ziemlich zwischen den letzten Au�enposten der Civilisation. Ich mochte etwa drei Stunden geritten sein und hatte von fern schon mehrmals einzelne Savannen hinter mir in Feuer gesehen, als ich, in einem engen Felsthal eingeschlossen, auf einem kleinen absch�ssigen Terrain, bei einer Biegung das Thal vor mir in Flammen sah. W�re das Gras hier so hoch und dicht wie in den Prairien von Texas, so w�rde ich jetzt wahrscheinlich nicht im Stande sein, gegenw�rtige Zeilen zu schreiben. Die Sache erscheint aber weit gef�hrlicher als sie wirklich ist, denn das Gras ist hier nur d�nn und kurz, brennt schnell wie Pulver ab, und dann bieten auch einzelne ganz nackte Stellen Pl�tze, wo das Feuer nicht hinreicht, ja bisweilen h�lt nur ein kleines B�chlein den Gang der Flammen auf. Es geschieht dies Abbrennen absichtlich gegen Ende der hei�en Jahreszeit, um dem neuen Grase Platz zu machen.

Zur�ckzugehen fand ich nicht f�r rathsam, denn bergauf w�re ich von den Flammen sicherlich eingeholt und vom Feuer und Rauch noch mehr bel�stigt worden, darum hielt ich auf der etwas hoch gelegenen Stelle an, stieg ab und sattelte mein Pferd etwas mehr zur�ck, um ihm das Athmen zu erleichtern.

Das kluge Thierchen wieherte leise, als h�tte es mich verstanden und wollte mir sagen: Sei nur ruhig und verla� dich auf mich.

In der That sind auch die Thiere durch das allj�hrliche Abbrennen der Savannen so ans Feuer gew�hnt, da� selbst K�he sich ganz gem�chlich an gesicherte Punkte zur�ckziehen, wobei sie freilich die feinere Witterung vor dem stolzen und doch oft so h�lflosen Herrn der Erde voraus haben.

Ich hielt nun still, bis die Flammen einen Punkt erreicht hatten der mir g�nstig schien, gab dem Braunen scharf die Sporen und im raschen Galopp, das Gesicht in des Pferdes M�hne geborgen, tauchte ich gegen den Wind in den dichten Qualm und war in nicht einer halben Minute wieder auf der anderen Seite aus dem Feuer heraus. Zwar war der Boden noch hei�, die Luft schwer und raucherf�llt, allein bald verlor sich auch dies, und als ich nach einiger Zeit an einen Quell kam, wusch ich mein Pferd, das an den Beinen ziemlich versengt war, so wie mein eigenes rauchgeschw�rztes Gesicht im k�hlenden Na�. Das Fatalste war, da� ich durch die Hatze den Weg verloren hatte und erst eine Weile herumirren mu�te, ehe ich ihn wieder fand.

Ich konnte nun freilich Maquelizo diese Nacht nicht mehr erreichen, wie ich gewollt, allein da ich gegen Abend einen Rehbock scho� und auch so gl�cklich war, ein B�chlein mit noch gr�nem Ufer zu finden, das Wasser und Futter f�r's Pferd bot, blieb ich liegen, hobbelte das Pferd, briet mir etwas Fleisch und lie� das andere am Morgen den Coyotas, welche die ganze Nacht darum serenadirt hatten.

Ich kam nach Maquelizo, das etwas kleiner als Dipilto, �brigens aber demselben sehr gleicht, sch�ttelte Freund Dickson die Hand, und nachdem wir einen Tag mit gegenseitiger Erz�hlung unserer Erlebnisse verbracht, ritt ich weiter gen Honduras. Ich war jetzt auf der H�he des Gebirges, welches die Wasserscheide zwischen den beiden Oceanen bildet; in einer Entfernung von nur einigen hundert Schritten entsendeten Quellen ihre W�sser nach Osten und Westen.

Bis Yuscaran kam ich nur zweimal an elende Indianerh�tten, in deren einer ich �bernachtete. Mein Bett war ein h�lzerner Trog, in welchem die Thiere, �die Moses Kinder scheuen�, nach ihrem Tode abgebr�ht und ihrer Borsten beraubt werden, und mein Schlummer ward sehr gest�rt, nicht sowohl von den blutigen Gestalten jener unschuldig Gemordeten, sondern von einer Legion Fl�he und anderer Insecten. Ich hatte am n�chsten Morgen auch noch das Vergn�gen, einen Tiger zu schie�en, der mich von einem kleinen Felsblocke aus neugierig betrachtete, als ich eben mein Pferd einen steilen Hohlweg am Z�gel herauff�hrte. Die Kugel drang ihm ins linke Auge und er verschied ohne weitere Protestationen, das Pferd aber hatte beim Knall Rei�aus genommen, und ich hatte M�he, es wieder zu erhaschen. Das sch�ne Fell brachte ich als Troph�e mit nach New-York.

Am Mittag erreichte ich den Rio di Choluteca, den Grenzflu� zwischen Honduras und Nicaragua. Von Zollbeamten und Gensdarmen zur Visitation der P�sse war hier freilich keine Spur, und doch w�re es mir h�chst erfreulich gewesen, dergleichen Leutchen hier zu finden, da sie mir doch die Furth zum Passiren des Flusses h�tten zeigen k�nnen, zu der ich den Weg im steinigten Terrain verloren hatte; denn da der an und f�r sich schon gro�e Flu� noch von steilen Felsen eingeklemmt wird, so ist er selbst in der trockenen Jahreszeit nur an einigen Stellen passirbar.

Ich suchte eine Zeitlang, bald auf-, bald abw�rts, nach einer Furth, da ich aber keine fand, nahm ich Waffen und Packtaschen auf den Kopf und durchkreuzte auf gut Gl�ck den Flu� an der Stelle, die mir am tauglichsten dazu schien. Bald hatte das Pferd Grund, bald ging es schwimmend weiter, so da� manchmal nur noch unsere beiderseitigen K�pfe zu sehen waren, doch langte ich ohne weiteren Unfall am anderen Ufer an, nat�rlich so na�, als ein Gesch�pf Gottes m�glicherweise nur sein kann, setzte meinen Weg fort und langte am Abend im Hause des Herrn George C..... an, eines Engl�nders, der seit mehr als 20 Jahren hier ist, sich mit einer Tochter des Landes verheirathet hat und nun mit seiner liebensw�rdigen Gattin und seinen Kindern ein zwar einsames, aber ruhiges und augenscheinlich gl�ckliches Leben f�hrt.

Sein Ingenio liegt nur etwa 3 Miles von Yuscaran entfernt; ich leistete daher seiner, schon in Dipilto an mich ergangenen Einladung, in seinem Hause zu ruhen, um so lieber Folge, als sowohl das Pferd wie ich vom dreit�gigen Klettern geh�rig ersch�pft waren. Das arme Thier war von dem schweren Reiter und den ausgestandenen Strapazen so mitgenommen, da� es sich durch mehre Tage nicht erholen konnte.

Mit wahrem Wonnegef�hl legte ich mich am Abend, nach einer Tasse st�rkendem Kaffees, in einem guten Hause unter freundlichen Menschen zur Ruhe und schlief mit dem seligen Bewu�tsein ein, morgen nicht gleich wieder in den Sattel klettern zu m�ssen.

Der Staat Honduras, dessen Grenze ich im Rio di Choluteca �berschwommen, ist von den f�nf Staaten Central-Amerikas n�chst Nicaragua an Fl�chenraum der gr��te, an Bev�lkerung der kleinste, an Mineralien der reichste, an Productenausfuhr der �rmste. Er erstreckt sich vom 13. bis 16. Grade n�rdlicher Breite, vom 83. bis 89. westlicher von Greenwich, vom 6. bis 12. westlicher von Washington, ist im Norden und Nordwesten von den carribischen Seen, �stlich vom sogenannten Mosquito-K�nigreiche, s�dlich vom Staate Nicaragua, s�dwestlich von St. Salvador, nordwestlich von Guatemala begrenzt.

Die Verfassung ist mit geringen Abweichungen der von Nicaragua gleich.

Der Staat ist in sechs Departements getheilt: Gracias, St. Barba mit dem Hafen von Omoir an dem Carribien-See, Comayagua mit der Hauptstadt gleiches Namens, Yoco, n�chst dem Cap Honduras, Choluteca, welches zugleich einen gro�en Theil des Golfes di Fonseca umfa�t, und in letzterem die wichtigen Inseln Islo de Tigre und Sacate Grande, die, sollte der Atlantic-Pacific-Kanal zu Stande kommen, eine au�erordentliche Bedeutung erlangen m�ssen. Die Stadt Tegucigalpa liegt gleichfalls in diesem Bezirke und ist meist der Aufenthaltsort der Regierung, da die ungesunde Lage von Comayagua diese Stadt nicht recht zur Bedeutung kommen lassen will. Der sechste District endlich, Olancho, ist einer jener unter dem Namen des Mosquito-K�nigreiches streitig gemachten Landstriche und gr��tentheils, gleich Yoco und St. Barba, von den Indianerst�mmen der Ikakes und Carribes bewohnt; der wei�e Theil der Bev�lkerung lebt meist zerstreut auf Rindvieh-Haciendas, unter denen sehr ausgedehnte Besitzungen sind. So starb w�hrend meines Aufenthalts in Yuscaran einer der reichsten Grundbesitzer, der an 24,000 – sage 24,000 – St�ck Rindvieh hinterlie�, und deren Weidepl�tze einen Fl�chenraum einnahmen, gr��er als so manches deutsche F�rstenthum.

Zur selben Zeit fand auch einer der �fter vorkommenden Raub�berf�lle der Carribes statt, als deren Grund ich aber mehr jene kleinlichen Hetzereien wegen der Gebietsstreitigkeiten ansehe, als wirkliche Feindseligkeiten und Ha�; denn so oft ich auch Indianer antraf, fand ich sie doch nur stets von friedfertigem, freundlichem Charakter und sanften Sitten.

Yuscaran, wo ich einen Halt von zwei Wochen machte, ist einer der bedeutendsten Bergbaupl�tze mit einer gro�en Anzahl Minen, deren viele schon seit mehren Jahrhunderten betrieben werden. In der Neuzeit ist die Ausbeute allerdings bedeutend geringer geworden, was auch hier seinen Grund in dem h�chst unvollkommenen Betriebe hat, so wie in der Schwierigkeit, sich die n�thigen Maschinen und t�chtige Bergleute zu verschaffen, denn Alles, was ich �ber Dipilto gesagt, hat auch auf hier Bezug. Keine der Minen hat mehr als 500 bis 600 Fu� Tiefe, und doch liegen viele derselben schon lange todt, die bei geh�rigem Betriebe noch sehr reiche Ausbeute geben w�rden. Ich habe auf meinen Touren die verschiedenartigsten Stufen gesammelt, deren reicher Gehalt gewi� die Aufmerksamkeit der Mineralogen fesseln w�rde, und dennoch tragen viele der Minen, aus denen ich sie gesammelt, kaum die Kosten des Betriebs.

Der Ackerbau ist von keiner gro�en Bedeutung und gen�gt kaum, die d�nne Bev�lkerung zu ern�hren; Reis, Bohnen, ja selbst Mais mu� nicht selten aus den Niederungen am Pacific herbeigef�hrt werden, und sogar w�hrend meines kurzen Aufenthaltes war wegen geringer Stockung im Transport f�r einige Zeit eine Art von Hungersnoth eingetreten.

Die wei�e Bev�lkerung ist auch hier verh�ltni�m��ig noch schwach, da das Land erst sp�ter unter spanische Botm��igkeit kam. Cortez, auf seinem ber�hmten, beschwerdereichen Marsche nach Cap Gracias, ber�hrte nur Nord-Honduras.

In den blutigen Revolutionen, die Central-Amerika bis auf unsere Tage ersch�ttern, hatte auch Honduras seine Rolle; in dem Kriege, den Morozan f�r die F�deration f�hrte, war Tegucigalpa der Schauplatz einer heldenm�thigen Vertheidigung des Generals Cabannas, desselben, der sich auf Morozan's R�ckzug von Guatemala so gro�en Ruhm erwarb und der heute den Pr�sidentenstuhl von Honduras einnimmt.

Eine traurige Epoche war die, wo Guardiolas' fanatische Verfolgung der Gegenpartei stattfand und das Land mit Blut �berschwemmte. Wenige Familien existiren, die aus jener traurigen Zeit nicht den Verlust eines ihrer Glieder zu betrauern haben. In jener Zeit erwarb sich der damalige Commandant von Yuscaran, Don Pedro Xatrerha, gro�es Verdienst: als n�mlich Guardiolas sich der Stadt bis auf einen Tagemarsch gen�hert, �ffnete Don Pedro auf eigene Gefahr der Verantwortung die Gef�ngnisse und entzog so Hunderte von ungl�cklichen Gefangenen einem grausenvollen Tode, eine menschenfreundliche Handlung, die der wackere Mann beinahe mit dem eigenen Leben bezahlt h�tte, denn Guardiolas, w�thend, da� seine Opfer ihm entgangen waren, lie� ihren Befreier verhaften, und nur seine anerkannte Bravour als Soldat entzog Don Pedro dem Tode. Derselbe lebt noch heute geehrt und geliebt auf demselben Posten, und ich geno� drei Tage, die ich in der Stadt selbst blieb, seine Gastfreundschaft, die, wie hier �berall, gern gegeben und darum dankbar angenommen ward. F�r mein Portefeuille fand ich auf meinen Streifereien in der Umgegend besonders reiche Ausbeute und bereue die darauf verwendete Zeit keineswegs.

Gro�es Verlangen trug ich danach, meine Excursionen bis in das Gebiet der Ikakes und Carribes auszudehnen, unter g�nstigen Umst�nden mich sogar l�nger unter ihnen aufzuhalten und vielleicht manche nicht unwichtigen Beitr�ge zu Nutz und Frommen der Wissenschaft zu sammeln; allein einige Berichte competenter M�nner �ber die Eigenth�mlichkeiten dieser Indianerst�mme hielten mich ab, dies Wagni� allein zu unternehmen, und ein Begleiter wollte sich nicht finden.

Es herrscht n�mlich bei allen diesen St�mmen, neben der Scheu, die sie �berhaupt vor Umgang mit Fremden tragen, eine au�erordentliche abergl�ubische Furcht vor Bezauberung und Ansteckung durch Krankheit. Allein unter ihnen krank werden, hei�t seinem gewissen Tode entgegengehen. Man l��t dem fremden Kranken einige nothd�rftige Lebensmittel und Wasser, worauf Alles aus seiner verderbenbringenden N�he fl�chtet und erst nach seinem Tode oder, was �u�erst selten vorkommt, nach seiner Genesung zur�ckkehrt; stirbt er, so wird das Haus sammt Allem, was darin ist, niedergebrannt. Dasselbe geschieht ihm aber auch, jedoch bei lebendigem Leibe, wenn er nur zuf�llig auf die Erde spuckt, so gro� ist ihre Furcht vor Bezauberung.

Es m�ge dies den tabackkauenden Yankees zur Lehre dienen, wenn anders einige von ihnen diese L�nderstriche besuchen und, wie �berall, einen magischen Kreis braungef�rbten Speichels um sich ziehen sollten.

Ich selbst huldige zwar keineswegs der edlen Gewohnheit des Tabackkauens und hatte also von dieser Seite nichts zu bef�rchten; allein mein viermonatliches Fieber hatte mir denn doch einigen Schrecken in die Glieder gejagt, und wenngleich ich den Tod nicht scheue, wenn's einmal gestorben sein mu�, so hat der Gedanke, von aller Welt verlassen gleich einem Paria zu verenden, doch zu wenig Anziehendes f�r mich. Sollte sich also ein anderer Reisender zur Nachholung des von mir Vers�umten verlockt f�hlen, so rathe ich ihm wohlmeinend, sich wenigstens mit einer zu Schutz und Krankenpflege geeigneten Begleitung zu versehen, besonders aber sich des Ausspuckens g�nzlich zu enthalten.

Nachdem mir die G�te des wackern Mr. George C......, eines der angesehensten Minenbesitzer hiesiger Gegend, ein paar leidliche Maulthiere verschafft, machte ich mich in Begleitung eines Mozo nach Tegucigalpa auf den Weg. Die einzelnen Individuen vom Stamme der Ikaken, die, schon als Kinder geraubt, hier und da zerstreut als Diener leben, sind wesentlich von den Nachkommen der Aztekes und Toltekes verschieden, weniger gut gebaut, mit kleinen geschlitzten Augen, verschwollenen Augenliedern, dicken Lippen und unverh�ltni�m��ig gro�en Untertheilen des Kopfes, augenscheinlich von viel geringerer Intelligenz und Capacit�t als jene. Die Haare, welche die Nicaragua-Indier bis auf einen kleinen Theil �ber der Stirn abscheren, tragen diese Ikaken lang, auch waren dieselben nicht kraus, sondern schlicht herabh�ngend.

Um nach Tegucigalpa zu gelangen, hatte ich zuv�rderst einen m�chtigen Gebirgsstock zu erklettern, was viel leichter gesagt als gethan ist; die trockene Jahreszeit hatte ihren h�chsten Gipfel erreicht, die ganze Natur schien mir bis ins innerste Mark verbrannt; die armen Maulthiere waren durch die Sp�rlichkeit des Futters zu wahren Skeletten herabgekommen, konnten statt der 250 bis 300 Pfund der gew�hnlichen Ladung kaum 150 Pfund tragen, und mein armes Sattelthier machte mein Mitleid so rege, da� ich es vorzog, einen gro�en Theil der Kletterei zu Fu� abzumachen. Auf der H�he des Gebirges fanden wir einen Quell, kalt wie Eis, f�r Menschen und Vieh eine willkommene Erquickung. Meine Tortillas gab ich meinem armen verhungerten Thiere, begn�gte mich mit einigen gekochten Bohnen und einem halben Dutzend Strohcigarren zum Nachtisch, worauf es wieder an ein eben so halsbrecherisches Hinabklettern ging, das uns am Abend zu einem mit gr�nen Ufern kokettirenden Fl��chen als geeigneten Lagerplatz brachte. Die gr��te Wohlthat war den armen Thieren hier unten die Befreiung von den abscheulichen Stechfliegen, die hier die Gr��e von einem Zoll haben und eine wahre H�llenmarter f�r das Vieh sind; ich vergr��erte ihr Wohlbehagen noch dadurch, da� ich ihnen meinen Salzvorrath zu lecken gab.

Aber bei all' meiner Thierfreundlichkeit blieb ich doch selbst ohne Nahrungsmittel und schickte daher Salvador, meinen zeitweiligen Sancho Pansa, auf Requisition von Eiern und H�hnern aus, w�hrend ich selbst Feuer machte; der Bursche kehrte aber mit der gew�hnlichen Redensart �No hai� (es ist nichts da) zur�ck. Das wurmte mich und meinen Magen gar sehr, deshalb beschlo� ich, selbst eine Recognoscirung anzustellen, g�rtete meine H�ften, schulterte die B�chse und schlug den Pfad nach einigen zerstreuten Indianerh�tten ein, die das D�rfchen Jove bilden.

Wie gew�hnlich war auch hier Alles, wonach ich fragte, nicht vorhanden. Da f�hrte sein Unstern mir ein halbw�chsiges Schweinchen in den Weg, und ich that, wie ich schon fr�her bei gleicher Gelegenheit einmal gethan, d. h. nachdem ich die anwesenden Indianer gefragt, ob einer von ihnen der Eigenth�mer sei und ein �No Sennor� zum Bescheid erhalten, schnitt meine Kugel den Lebensfaden des jugendlichen Gesch�pfes zugleich mit allen Einwendungen des Mannes kurz ab, er�ffnete aber dagegen die Schleusen seines Jammers ob des ungeheueren Verlustes; 10 Pesos Kupfer, ungef�hr 2 Thaler und gut der dreifache Werth des Schlachtopfers, stillten jedoch den Jammer und verwandelten ihn in solche Freude, da� der Mann mir ein Geschenk von einem Dutzend Eiern machte und seiner Frau befahl, mir so viele Tortillas zu backen, als mein Herz nur immer verlangen w�rde.

Da ging es nun an ein Kochen, Braten und Backen, das Feuer ward rundum mit Cochonnerien aller Art besteckt, Wirth und Wirthin wurden meine G�ste, aus meinem kleinen Feldkessel sendete ein k�stlicher Kaffee seine aromatischen D�fte empor, und um dem Mahle den gr��ten Reiz zu verleihen, zog ich eine Flasche Agua ardiente, zu deutsch Schnaps, aus meiner Satteltasche hervor. Ueberw�ltigt vom lucullischen Mahle und der M�digkeit, sank ich dahin und schlief den Schlaf des Gerechten.

Wer wissen will, wie ich den n�chsten Tag verlebt, der lese das Obige noch einmal, nur mit dem Unterschiede, da� der reichlichere Vorrath von Tortillas und Schweinefleisch neue Requisitionen unn�thig machte, und da� auf der H�he des Gebirges der Minenort St. Antonio, zwischen todten, sterilen Sandsteinfelsen gelegen, die Oede etwas unterbrach; nachdem ich aber den zweiten Gebirgskamm �berschritten, sah ich das Ziel meiner diesmaligen Reise, Tegucigalpa, in der Ferne liegen, bei welchem Anblicke mein Herr Maulesel, in der Hoffnung auf Erl�sung von seinen Leiden, die L�fte von einer mi�t�nigen Freudenhymne wiederhallen lie�. Noch ein m�hevolles Hinabklimmen, und ich hielt meinen Einzug in besagter Stadt, deren reinlich gehaltene, gepflasterte Stra�en, wohnliche H�user und beh�big aussehende Einwohner einen sehr angenehmen Eindruck auf mich machten.

Im Hause der Schwiegermutter des Herrn C....., Sennora Donna L....., erwartete, wie �berall, Menschen und Thiere die freundlichste Aufnahme; mein Gep�ck traf aber erst sp�t am Abend ein, denn das arme verhungerte Thier war zweimal gest�rzt; nebenbei hatte Salvador gro�e Aengsten ausgestanden, da� ich mich verirrt haben k�nne, und war h�chlich erstaunt, mich gesund und wohlbehalten beim Schmause zu finden.

Die Stadt Tegucigalpa, inmitten der Gebirge in einer sch�nen Thalebene am Rio di Choluteca und nicht weit von seinem Ursprunge gelegen, soll eine Bev�lkerung von 25,000 bis 30,000 Einwohnern haben, woran ich jedoch billig zweifeln mu�, obschon man den �ber einen gro�en Theil der Ebene zerstreuten Stadtbezirk hierbei mit einrechnet. Wenn �berhaupt alle die hier gew�hnlich erfolgenden Angaben der Einwohnerzahl richtig w�ren, wie z. B. Granada 40,000, Leon 35,000, Matagalpa 30,000 u. s. w., so m��te Central-Amerika mindestens 10 Millionen Einwohner haben, w�hrend es thats�chlich deren kaum 2 Millionen besitzt. Meiner Berechnung nach kann die eigentliche Stadt Tegucigalpa etwa 5000 bis 6000 Einwohner haben.

Alles tr�gt aber hier den Charakter der Wohnlichkeit und Nettigkeit. Die Plaza ist mit h�bschen H�usern umgeben, worunter mehrere zweist�ckige, eine Seltenheit in diesem Lande, welche beweist, da� die Erdbeben in diesem Theile weder so h�ufig, noch sehr stark sind. Ein erfreuliches Zeichen waren die vielen im Bau begriffenen H�user und die g�nzliche Abwesenheit von Ruinen, jener traurigen Denkmale vergangener B�rgerkriege. Die Kathedrale ist ein gro�es, stattliches Geb�ude mit nicht unsch�nen Verh�ltnissen, nicht ganz so imposant wie die von Leon, aber immerhin ein sch�nes Bauwerk und seinen Umgebungen angemessen. Sie besitzt einen �beraus reichen Altar von vergoldeter Holzschnitzerei im spanischen Roccoco, einige Bilder alter spanischer Meister zweiten Ranges und mehrere neuere von geringer Bedeutung. In der Sakristei lag auf einem Tische eine neungeschw�nzte Gei�el; ich frug den freundlichen alten Priester, der mich herumf�hrte, ob dies Instrument hier etwa zu frommen Bu��bungen angewendet w�rde? �No, Sennor,� entgegnete er l�chelnd und kopfsch�ttelnd, �es ist f�r die Hunde, die einst, vom Hunger getrieben, das Hostienk�stchen ausgefressen haben.�

Im Hause der Sennora L.... war ein ganzes Heer allerliebster M�dchen, sammt und sonders Schw�gerinnen des Herrn George C...... Ich war meist den ganzen Tag abwesend, wenn ich aber am Abende zur�ckkehrte, so hatten immer zwei der jungen Damen die Aufmerksamkeit, ihr Diner bis zu meiner Essenszeit zu verschieben, um mir Gesellschaft zu leisten, was mir im h�chsten Grade angenehm war. Gern h�tte ich mich f�r so viele G�te durch doppelte Liebensw�rdigkeit dankbar erzeigt, allein mein vom Weltschmerz zusammengeworfenes Schicksal trieb mich unerbittlich weiter und weiter �ber Stein und Dorn, und verstattete mir keine Frist, meine Galanterie zur vollen Bl�the zu entfalten.

Ein freundlicher alter Herr, Don Liberato X......, stellte mich dem Pr�sidenten, General Cabannas, vor, einem kleinen Manne, der mir kaum bis an die Herzgrube reichte, mit einem Kopfe, der sich zum K�rper wie 1 zu 6 verh�lt, einem Gesichte voller Narben, aber einem Paar biederer, kluger Augen, aus denen Muth und Energie blitzt, und der felsenfeste Geist eines redlichen Patrioten und t�chtigen Feldherrn.

Bei Morozan's R�ckzug von Guatemala hatte der damalige Colonel Cabannas die Kathedrale mit einem H�uflein besetzt und gehalten, bis das ganze Patriotenheer sich zur�ckgezogen, und schlug sich dann mit 100 Mann durch ihrer 3000, wobei freilich kaum ein Viertheil seiner Tapfern mit dem Leben davonkam. Als Guardiolas im Jahre 1849 die Regierung umst�rzen wollte, gen�gte der blo�e Name Cabannas', um ein Heer auf die Beine zu bringen, und schnell, wie Spreu vom Winde, waren die Emp�rer auseinandergejagt.


Der Mann war mir trotz seines unsch�nen Aeu�ern wirklich lieb geworden, und ich fand den Enthusiasmus f�r ihn ganz begreiflich. Er bewohnt jetzt das Haus, das ehemals Morozan geh�rte, ein pittoreskes, altspanisches Geb�ude, dicht am Flusse gelegen, �ber den hier eine breite steinerne Br�cke von 17 Pfeilern f�hrt, die erste, die ich in Central-Amerika gesehen, denn die von Leon ist nie vollendet worden.


Aller Wahrscheinlichkeit nach bin ich das erste Malerexemplar, das sich in diese Himmelsstriche verirrt hat, denn es ist unglaublich, was ich von der Neugierde der Leute auszustehen hatte; bei der Arbeit umstanden sie mich so dicht, mir nur gerade ein St�ck Aussicht offen lassend, da� kein L�ftchen mir K�hlung bringen konnte, hier unter der tropischen Sonne eine h�chst unerquickliche Probe von Kunstliebe.

Ich sah im Hause des Pr�sidenten mehrere sehr sch�ne Opale, deren im Gebirge von ungeheuerer Menge, wenn auch nicht alle von gleichem Werthe, vorhanden sind; einen davon verehrte er mir, sowie auch einige sch�ne Gold- und Silbererze.

Nach alle diesen Kreuz- und Querz�gen nahte sich der Monat Mai heran, und mit dessen Ende das Ende der trockenen Jahreszeit. Wie schmerzlich f�hlte ich hier den durch meine Krankheit verursachten Zeitverlust, der es mir unm�glich machte, noch einen Abstecher nach Copan vorzunehmen, obschon ich mich hier bereits auf ziemlich zwei Drittel des Weges von Leon dahin befand; allein jetzt war es die h�chste Zeit, den R�ckmarsch nach Leon anzutreten, wollte ich anders zu Land dorthin gelangen; denn gleich nach den ersten Regeng�ssen, die meist auch die st�rksten der ganzen Regenzeit sind, verwandelt sich das Land n�rdlich vom Viejo in einen wahren Sumpf.

Ich hatte mich jetzt nach und nach bis ziemlich zum 15. Breitengrade hinaufgearbeitet und sollte mich nun aus diesem kalten n�rdlichen Klima, wo man sich im Schatten bei 95� Fahrenheit erlaben durfte, wieder einem s�dlichern, w�rmern, d. h. noch br�hhei�ern, zuwenden. O welch' heitere Aussicht!

Das alte Lied vom Maulthiermiethen, satteln, packen ging wieder los; diesmal aber hatte mich die G�te der Sennora L.... mit einem vorz�glichen Vorrath von Proviant aller Art versehen, worunter sich sogar ein au�erordentlicher Luxusartikel befand: Brod, wirkliches ordentliches Brod! Gegen Mitte des Mai r�ckte ich mit dem Fr�hesten aus, denn ein harter, langer Tag stand mir bevor.

Der Abschied war mir weniger schmerzlich, als vielmehr sehr wonniglich, denn ich hatte ein ganzes Pelotonfeuer von Umarmungen und rosigen Lippen zu passiren – honni soit qui mal y pense! das ist hier Landessitte, und Landessitte mu� man ehren! Ganz nach der Regel fing ich mit der �ltesten Dame an und endigte mit der j�ngsten, gleichwie man erst Tischwein trinkt und dann Cabinetswein nippt, und �als das Spiel ein Ende nahm, da fing ich wieder von vorne an� – dann aber machte ich, da� ich in den Sattel kam, sonst w�re ich wohl gar ganz kleben geblieben.

Und bergauf, bergab ging's wieder, und immer mehr bergauf, und immer pittoresker und sch�ner ward die Landschaft – o h�tte ich den Genu� mit so manchem meiner Kunstgenossen theilen k�nnen! Zuerst lie� ich hinter mir die herrliche, luftige Palme, dann die majest�tische Buche, dann die knorrige Eiche, zuletzt selbst die Kiefer, bis ich ein hohes Tafelland erreichte, wo nur noch niedrige Str�ucher und endlich eine Art mir noch g�nzlich unbekannter B�ume wuchsen. Zwischen Steinen und Felsger�ll schafften sich riesige Alo�s von 30 bis 35 Fu�, wohl auch noch h�her, Raum, jene fremdartigen B�ume aber waren mit langen Streifen hellen Mooses behangen, das in dicken Fasern bis hernieder zur Erde hing und, vom leisesten Winde lautlos hin- und hergewiegt, der ganzen Natur das Ansehen eines ehrw�rdigen, nachdenklichen Greises gab.

Wie so fremd, so heimathlos fremd und einsam f�hlte ich mich da pl�tzlich in solch' lautloser Beweglichkeit, da� mir graute wie im Reiche der Schatten, und ich ordentlich froh war, wenn der Hufschlag meines Thieres die unheimliche Stille unterbrach.

Bald h�rte auch die letzte Vegetation auf und allm�lig dr�hnte der Tritt der Thiere hell auf der gefrorenen Erde; die seltsamsten Empfindungen regte der Contrast des fremdartigen Anblicks mit diesem eigenth�mlich heimischen Schall in mir auf. Die Sonne sank tiefer und tiefer, und als sie ungef�hr noch zwei H�nde hoch �ber dem Horizonte stand, hatte ich die letzte H�he des Cerro di Ule erreicht.

Wen solche Naturscenen nicht zur Andacht stimmen, der, meine ich, ist �berhaupt keiner Herzenserhebung zum Herrn und Sch�pfer f�hig! Da drau�en, in weiter, unerme�licher Ferne, lag der stille Ocean, in welchen bald die herrliche, gl�hende Sonne hinabtauchen sollte, wie in ein ersehntes Land der Verhei�ung; da lag, in grauvioletten, unendlich zarten Duft geh�llt, der sch�ne Golf von Fonseca mit seinem gebirgigen Archipelagus; da lag gen S�den die Ebene von Nicaragua, begr�nzt von der imposanten Kette von Vulkanen, deren letzter und h�chster, der alte Monotombo, sein graues Haupt �ber die Spitze eines n�her liegenden Gebirges noch erhebt, w�hrend der Viejo, als anderer riesiger Endpfeiler dieser Kette, seinen Fu� von den Wellen des unendlichen Meeres besp�len l��t; da lag die Tierra caliente von Choluteca, durchschnitten von vielen in der Abendsonne blinkenden Fl�ssen und Fl��chen, und weiterhin eine zweite Vulkankette, la Consequina, la Union, St. Miguel, St. Vicente, St. Salvador, Itzalko, bis sich weit, weithin nach Nordwesten Alles in grauen Nebel verlor; ringsum aber in gr��erer N�he streckten starre, steile Felsgebirge die nackten H�upter aus der Tiefe empor, und hier und da brannte das Gras und erh�hte durch die leichthinziehenden wei�en Rauchwolken noch den Reiz der gro�artigen Landschaft. Gott ist gro� und die Natur der erhabenste Prophet seiner Gr��e!

Aber wie so h��lich st�rend r�ttelten mich die Lamentionen meines klappernden, frierenden Mozo auf, der mich endlich einholte und mir vordemonstrirte, da� die Thiere noch weit mehr fr�ren als er, da� sie krank werden w�rden, wenn sie die Nacht hier blieben, wo keine Weide, kein Wasser und nur wenig Holz sei, und dies und das, bis ich fuchswild ward und Alle zum Kuckkuk w�nschte, was von hier aus wohl ziemlich ebenso weit sein mag, als das Pfefferland von Europa; er nahm sich den Wunsch zu Herzen und zog ab – nach einer der tiefer liegenden H�tten, ich aber behielt mein Poncho, meine B�chse, meinen Feldkessel und etwas Wasser, machte Feuer an, kochte mir Kaffee, wickelte mich in den Poncho und �berlie� mich meinen Gedanken, die schneller noch als alle elektromagnetischen Telegraphen dahinflogen in weite Ferne.

Es wurde aber wirklich recht frisch in der Nacht, und das Gef�hl der K�lte war mir ganz wunderlich, denn seit Jahr und Tag hatte ich es fast verlernt; ich lief hin und her im klaren Mondschein, rieb mir die H�nde und sch�ttelte mich, suchte mehr Wurzeln f�r's Feuer und lief wieder umher – und pl�tzlich ward mir's recht seltsam zu Muthe, ich kam mir vor wie einer jener armen Jungen am Weihnachtsmarkte meiner Vaterstadt, die auch frierend hinter ihren kleinen Verkaufstischchen mit den winzigen papiernen Pyramiden und Christb�umchen hin- und hertrippeln, und sich ebenso, wie ich jetzt, die H�nde reiben; ich gedachte der heiligen Christabende meiner Jugend und es �berfiel mich ein seltsames Gef�hl – mit einem Worte: ich bekam das Heimweh.

Der Morgen kam und mit ihm der Mozo, und die Maulthiere, und der Kaffee und Tortillas, nota bene nicht auf einmal, sondern Eins nach dem Andern, und als nichts mehr kommen wollte, machten wir uns auf die Socken, oder richtiger, auf die Hufe unserer Maulthiere.

Der h�chste Punkt meiner ganzen Tour war nun �berschritten, und bald sollte ich aus der Tierra fria, wie das ganze Hochland benannt wird, in die Tierra caliente am Pacific, das hei�t aus dem kalten Striche in den warmen kommen.

Zuv�rderst suchte ich dem Golf von Fonseca n�her zu kommen, um eine malerische Ansicht zu erlangen; die vom Cerro di Ule war zu ausgedehnt f�r ein Bild, und als solche war mir der Portilla (soviel wie Engpa�) de la Victoria ger�hmt worden. Zun�chst erreichte ich das freundliche Indianerdorf Coyolar, wo mir in einem freundlichen steinernen Hause von einem noch freundlichern Wirthe die allerfreundlichste Aufnahme ward. Der Eigenth�mer war auch einer jener sich arm nennenden Besitzer von circa 20,000 Acker Landes und 6000 bis 7000 St�ck Rindvieh, eine Armuth, bei der es sich inde� allenfalls leben l��t. Sehr in Erstaunen setzte mich hier die Gr��e des Rindviehs, das von hier durch die ganze Gegend bis Choluteca dem gr��ten Schweizervieh nichts nachgiebt.

Der folgende Tagemarsch sollte mich bei Zeiten Nachmittags an besagten Portillo bringen, allein just am entscheidenden Punkte lie� mich, oder lie� ich den Weg im Stiche, wenn man n�mlich einen einfachen Rindviehpfad so nennen kann; statt rechts wandte ich mich links, und nach dreist�ndigem m�he- und gefahrvollem Hinabklettern befand ich mich pl�tzlich auf einem stark absch�ssigen Terrain, einige Hundert Fu� �ber einem kleinen Flusse, und gegen�ber, aber hoch, hoch �ber mir lag der fragliche Punkt.

Zur�ckzugehen war so schlimm als vorw�rts, ersteres aber zu zeitraubend, und so blieb mir denn nichts �brig, als, bald rutschend, bald kletternd, bald fallend, einen Pfad zum Flu� hinab zu suchen, was besonders f�r die armen Thiere sehr beschwerlich war, endlich aber doch trotz mehrmaligem st�rrischen Protestes ihrerseits ohne Hals- oder Beinbruch bewerkstelligt ward; die Passage des Flusses ergab gleichfalls ein betr�chtliches Risico f�r die Gebeine von Menschen und Vieh von wegen des schl�pfrigen, ungleichen Terrains zwischen scharfkantigen Felsbrocken, nach dessen gl�cklicher Ueberwindung zu allgemeiner Erholung ein f�nfst�ndiges Klimmen begann, bergauf durch pfadloses Ger�ll, und bei einer Sonnengluth! – ohne Schatten, ohne erfrischenden Trunk, – das Wasser im Calabash (K�rbisflasche) hatte so ziemlich eine Temperatur, um Eier weich darin zu sieden.

Alles aber erreicht sein Ende, so auch das Klettern; Dank dem Umstande, da� ich gl�cklicherweise so ungew�hnlich starke Maulthiere erwischt hatte.

Sp�t gegen Abend langte ich am Portillo in einem Trupp indischer H�tten an, in deren bester ich mein Standquartier nahm, und sogleich Erkundigungen wegen des mir empfohlenen Punktes einzog. Ich erfuhr, da� ich ihn auf dem Gipfel einer s�dlich emporsteigenden steilen Felswand finden w�rde, auf welcher aber zuv�rderst eine Anzahl B�ume niedergehauen werden m��ten, um eine volle Fernsicht zu gewinnen. –

H�tte ich Geld geboten, um F�hrer und Arbeiter zu dingen, so w�rde ich manche Schwierigkeiten gehabt haben, deshalb griff ich zu einem andern Mittel. Ich ernannte den Mozo zu meinem Herold, und befahl ihm, laut dem Volke zu verk�nden: ich sei in Gnaden gewillt, eine pomp�se �Fiesta� zu geben, und jederm�nniglich sei dazu geladen, der mich morgen begleiten und mir helfen wolle, B�ume umzuhauen. Ein lautes E viva! von der einige Dutzend Kehlen starken Bev�lkerung war die Antwort.

Als Zeit des Aufbruches ward fr�h 3 Uhr festgesetzt, allein schon vor der bestimmten Zeit fanden sich dienstfertige Geister ein, und als ihre Zahl bis zw�lf angewachsen war, ging die Kletterei �ber Stock und Stein im Mondschein los; meinen Sancho hatte ich mit einer kleinen Geldsumme versehen, um aus einem tiefer gelegenen gr��ern Dorfe den bei einem indischen Feste unerl��lichen Vorrath von Agua ardiente zu requiriren, meiner Wirthin hatte ich ein junges Schwein abgekauft und Vollmacht ertheilt, Bohnen, Tortillas und Kaffee en masse bereit zu halten; ich war gewillt, etwas Gro�es loszulassen, denn heute war ja der 15. Mai, der Tag, an dem Du, mein guter Vater, das Licht der Welt erblickt!

Wie ich mit meinen kupferfarbigen Gef�hrten die Wand hinaufkam, wie die Machetas, deren Anzahl sich nach und nach verdoppelt, lustig zu arbeiten begannen, die St�mmchen rechts und links krachten und fielen, und wie sich, da eben die Sonne hervorlugte, neugierig das frevle Treiben der Menschlein zu beschauen, vor meinen vor Entz�cken trunkenen Blicken ein wahres Prachtst�ck aus der gro�en Gem�ldegallerie der Natur entrollte, das erla�t mir, Euch zu schildern. Landschaften lassen sich nicht beschreiben; denkt Euch aber Robert Kummer's Bild: der Fernblick vom Gipfel des Montenegrinergebirges nach dem See von Scutary hinab, ins Tropische �bersetzt, und Ihr habt einen schwachen Begriff des wundervollen Landschaftmotives, das ich gl�cklicher Sterblicher am Abend des flei�ig benutzten Tages mit gutem Gewissen als mein Eigenthum in der Malermappe davontrug.

Genug, der Abend war da, meine G�ste gleichfalls, der Schnaps und anderweite Festrequisiten dito; ein freier Platz vor dem Hause, zur h�chstgew�lbten Festhalle bestimmt, war reingefegt – �und die Schmauserei ging los, und der Spa� war himmlisch gro�!� u. s. w.

Messer, Gabel, L�ffel, Teller, Gl�ser, Tische, St�hle, Servietten und all' dergleichen Ueberfl�ssigkeiten waren freilich nicht vorhanden. Die Tortillas, kleine runde Maiskuchen (welche hier die Stelle der Teller und Servietten vertreten und vor diesen noch den gro�en Vortheil haben, selbst verzehrt werden zu k�nnen), mit Bohnen und Fleisch bedeckt, hielt Jeder vor sich auf den Knieen, statt des Stuhles auf den eigenen Fersen kauernd. F�r den Kaffee hatte Jeder seinen eigenen Gualqual oder Hykaro mitgebracht, Flaschenk�rbisse, deren erstere einer flachen Trinkschale, letztere unten abgerundeten Bechern gleichen; ich aber sa� inmitten der vielen, auf meine Veranlassung wackelnden M�uler auf meinem Feldstuhle, und kam mir wie recht was Gro�es vor, selbst t�chtig mitschmausend, denn der lange Fasttag hatte meinen Appetit in ungew�hnlicher Weise rege gemacht, wobei ein Hofstaat von Muchachas (indische M�dchen) mir die Ehre erwiesen, mich immer wieder mit neuem Stoff an Fleisch und Bohnen zu versehen, welches erstere mein Sancho Pansa mit mehr Schnelligkeit als Grazie zerlegte, und dabei sich selbst nicht verga�, ganz wie weiland sein europ�ischer Ahnherr.

Die Muchachos (junge Burschen) hatten ringsum an den B�umen lange Kiensp�ne befestigt, deren Feuer weithin ein rothes Licht verbreitete; es h�tte ein allerliebstes Bild abgegeben, wenn Hunger und M�digkeit nicht so heftig gegen das Malen protestirten.

Nachdem die Arbeit des Essens vor�ber, fingen die Guitarren an zu klimpern. Der m�hsam herbeigeschaffte Schnaps stand in weitbauchigen Korbflaschen da, Kaffee brodelte im Kessel und der Majordomo des Festes hatte aus eigenem Antriebe eine m�chtige Battea (h�lzerne Waschsch�ssel von 4 Fu� im Durchmesser) voll Chicha brauen lassen, ein Getr�nk von Ananas, Wasser und Zucker, das eben so angenehm schmeckt als k�hlend ist; daneben noch ein ansehnlicher Vorrath von Pinolia, d. i. ger�stetes Maismehl, Cacao, Zucker und Wasser, das gleichfalls eine wesentliche und gar nicht unangenehm schmeckende Erfrischung bildet; endlich Zuckerrohr a discretion – kurz, es war ein Leben wie im Schlaraffenlande!

Diesmal war mir's nicht m�glich, wie in Totogalpa, mich vom Tanze abzudr�cken, denn das w�re als gro�e Beleidigung aufgenommen worden. Zum Gl�ck f�hrte man zuerst den sogenannten spanischen Tanz auf, der ziemlich einfach in seinen Bewegungen ist und darin besteht, da� die tanzenden Paare in einer langen Reihe, je zwei und zwei mit dem Gesichte gegen einander gekehrt, stehen, einigemale die Runde machen, dann changiren, wodurch sie gegen ein neues Paar zu stehen kommen, und so weiter bis ans Ende der Reihe, wo sie sich wenden und wieder zur�cktanzen. Das war mir leicht, denn ich hatte ja etwas dem Aehnliches schon in New-York gelernt und ver�bt, auf Kosten der Fu�zehen einiger tanzenden jungen Damen. So nahm ich denn die ganz niedliche Muchacha, die man mir als Partnerin pr�sentirte, bei der Hand und entledigte mich meiner Obliegenheiten mit m�glichstem Anstand und ohne weiteren Unfall; dann aber lie� ich meinen Hammock etwas weiter hinauf am Berge an B�umen aufbinden und zog mich in meine inneren Gem�cher zur�ck.

Einen allerliebsten Anblick hatte ich von oben hinab auf den Tanzplatz, da sowohl am Berghange als das ganze Thal herauf eine Menge rothe Kienfackeln schimmerten, denn der Ruf der Fiesta, die der Sennor estrangero gab, hatte im Laufe des Tages weithin verbreitet und von nah und fern G�ste herbeigelockt, deren Fackeln wie Leuchtk�fer durch die Nacht schimmerten.

Auff�llig war mir die ungew�hnliche Menge von Kr�pfen, deren ich in solchem Umfange selbst in Central-Amerika noch nicht gesehen und von denen manche wie ein K�rbis von leidlicher Gr��e ihren Eigenth�mern am Halse baumelten. Ich griff voll Schrecken selbst mehrmals an meine eigene Gurgelgegend, um mich zu vergewissern, ob sich nicht auch da im Laufe des Tages ein solches Gew�chs eingefunden h�tte.

Wie lange das Fest dauerte, wei� ich nicht, denn nach so anstrengendem Tagewerke schlief ich nat�rlich hart und fest, nur erinnere ich mich, da� noch eine geraume Zeit Guitarrengeklimper und Jauchzen sich in meine Tr�ume mischten und am andern Morgen Sancho kaum aus dem Schlafe zu r�tteln war, was Zeugni� gab, wie flei�ig er in der Nacht Beine und Gurgel in Bewegung gesetzt; von agua ardiente und allen anderen Festgen�ssen war aber auch nicht ein Atom mehr vorhanden.

Mein n�chstes Ziel waren nun die Minen von St. Martin, in kurzer Entfernung vom Golf von Fonseca gelegen, die man mir als die reichsten r�hmte. Gegenw�rtig werden dieselben vom Capitain M.... H. B. M. N. und Herrn R......., der eine der vielen Schw�gerinnen des Herrn George C.... geheirathet, betrieben.

Es war wieder die alte Strapaze, durch steile, kahle Felsenth�ler ohne Schatten hinab, wozu noch die liebe Sonne ihre Strahlen in allzu freigebiger Hitze spendete und die Atmosph�re auch nicht vom leisesten Lufthauche gek�hlt ward. Der ber�hmte russische Reisende Krusenstern, wenn ich nicht irre, berichtet von einem s�dsibirischen See, in welchem eine Fischart existirt, die nur aus Gr�ten und Haut und dazwischen einer �ligen Substanz statt des Fleisches best�nde. Mir war zu Muthe, als sei ich solch' ein armer Fisch und all' mein Fleisch sei geschmolzen wie Butter von der Sonne. Diese �bergro�e Hitze hatte ihren Grund darin, da� man in diesen Tagen den ersten Regen erwartete, wo immer die Hitze den h�chsten Grad erreicht, und in der That begannen sich auch schon m�chtige Wolkenmassen am fernen Horizont zusammenzuballen.

Am Nachmittag war ich endlich hinab in die Ebene gelangt, das Gewitter aber war heraufgezogen. Da der Boden eben war, lie� ich meinen Macho ausgreifen, was er nur konnte, um St. Martin m�glichst noch vor Ausbruch des Gewitters zu erreichen. Zwei Reiter, die wir �berholten, riefen mir zu, nicht so zu eilen, wir h�tten noch Zeit; besser ist besser! dachte ich aber, winkte dem Mozo und trottirte frisch weiter. Es dauerte auch gar nicht lange, so schlugen schon einzelne m�chtige Tropfen mit dem Knalle einer Peitsche auf die harttrockene Erde nieder, w�hrend wei�e Staubwolken, emporgewirbelt vom daherbrausenden Sturme, grell gegen den rabenschwarzen Horizont abstachen, hie und da ein zischender Blitz durch die Luft z�ngelte und dumpfer Donner das Herannahen des Unwetters verk�ndete.


Vorw�rts jagten die keuchenden Thiere, als w��ten sie besser wie Menschen was da kommen w�rde, und die Bagage auf dem Lastthiere rasselte, als ob Alles in zehn Millionen St�cken gehen sollte, bis ich endlich, Gott sei Dank! die ersten H�user von St. Martin erreichte, in deren ersten einem Mr. R...... eben unter seiner Veranda stand; dessen �Good day Sir, glad to see you, expected you since two days!� ward dabei von einem furchtbaren Donnerschlage unterbrochen, zugleich war's, als ob alle Schleusen des Himmels ge�ffnet w�rden, und hernieder str�mte die Wasserfluth, als wollte es alles Fleisch, das nicht in der Hitze verschmort, vollends ers�ufen. Mr. R....... war hoch erfreut mich unter seinem Dache zu sehen, ich aber sicherlich noch viel mehr, denn in solchem Wetter war es wahrlich kein Spa�, auf offener Haide zu sein. Schlag auf Schlag sauste hernieder und dazu br�llte der Donner in einer Weise, gegen die alle Proben tropischer Gewitter, die ich nur je erlebt, als ein wahres Erbsengerolle erschienen.

Es waren zwei Gewitter, eins von der K�ste, das andere vom Gebirge herziehend, die sich gegenseitig bek�mpften; letzteres schien das schw�chere, denn nach kurzem Kampfe ward es von seinem Gegner in die Schluchten zur�ckgedr�ngt, der noch lange Zeit ein dumpfes Knurren h�ren lie�, wie ein Bulldogge nach der Bei�erei, sich dann endlich auch zur Ruhe begab und der erfrischten Natur noch einen sch�nen Abend zu genie�en verstattete.

Am andern Morgen sah die ganze Landschaft aus wie eine Fata morgana; die graue Pergamentfarbe vom vorigen Tage war wie durch einen Zauberschwamm weggewaschen und liebliches, sanftes Gr�n erlabte ringsum das Auge. So etwas war mir noch in meinem Leben nicht vorgekommen: dem Boden, der noch gestern f�r ewige Zeiten der Vegetation erstorben schien, waren �ber Nacht zwei Zoll lange Grashalme entsprossen, und Bl�tter von betr�chtlicher Gr��e hatten sich in Zeit von kaum zw�lf Stunden vollkommen entwickelt.

Ich machte mit Herrn R....... einen Spaziergang durch seine Werke, die wohl ergiebiger sein m�gen als die von Dipilto und Yuscaran, deren Betrieb sich aber in nichts von jenen unterscheidet.

Von einem Burschen, der des Weges daher kam, h�rten wir, da� die beiden Reiter, die ich am Tage vorher �berholt, vom Blitze getroffen worden waren, der eine nebst dem Pferde get�dtet, der andere schwer besch�digt. Wie froh war ich, ihren Worten kein Geh�r gegeben zu haben! Mit dem vielen Metallger�the, das ich an mir trug, B�chse, Pistolen, Schwert u. s. w., h�tte ich, gleich einem alten Ritter in der R�stung, einen ganz herrlichen Blitzableiter abgegeben!

Die Minen von St. Martin rechtfertigen ihren Ruf allerdings in hohem Grade; ich sammelte hier die reichsten Stufen; allein wie alle Bergwerksbesitzer klagte auch Mr. R. sehr �ber Mangel an hinreichenden und sachverst�ndigen Arbeitern und die daraus erwachsende Unm�glichkeit eines ausgedehnteren Betriebes. Eine Compagnie, die w�hrend einiger Jahre 5000 bis 10,000 Dollars f�r Einf�hrung des verbesserten Bergbaues verausgaben k�nnte, w�rde ohne allen Zweifel sehr brillante Gesch�fte machen.

Ein Ruhetag, ein Abschied und weiter ging's dann, denn von jetzt an stellten sich jeden Nachmittag Gewitter ein, weshalb ich nur kurze Tagem�rsche zur�cklegen konnte. Die erste Nacht kam ich bis Choluteca, 3 bis 4 Miles von den Ufern des Golfs von Fonseca gelegen, am Flusse gleiches Namens, der hier in der Ebene ziemlich eine halbe (englische) Meile breit, aber nicht sehr tief ist und sich leicht zu Pferde passiren l��t. Der Ort selbst ist traurig und todt und bietet jetzt keinerlei Vortheil, als in seiner Umgebung gutes Acker- und Weideland, auf dem sch�nes Rindvieh graset. Einwohner m�gen h�chstens 2000 da sein. Am Abend warf ich vom Thurme der kleinen Kirche noch einen letzten Blick auf den sch�nen, lieblichen Golf und die wilden, zackigen Gebirge, die mich so weidlich in Schwei� gebracht hatten. Ich schlief im Hause des Mayor, eines jovialen Kauzes, mit dem ich ein Glas trefflichen Burgunders leerte, das ich hier wahrlich nicht zu finden erwartet h�tte.

Am andern Morgen, als ich mich eben in den Sattel schwingen wollte, kaufte ein Indianer in seinem Laden 1 Vara (etwa 2 Ellen) Baumwollenstoff; der w�rdige Magistrat machte mich darauf aufmerksam und meinte lachend, wenn ich ein Buch �ber Central-Amerika schreiben wollte, m�chte ich ja nicht vergessen, Choluteca als bedeutenden Handelsplatz mit anzuf�hren. Je nun, was nicht ist, k�nnte wohl noch werden, wenn erst die gro�e Welthandelsbahn rings um den Erdball Central-Amerika durchschneidet und dessen reichen Bodenschatz der M�he des Ausbeutens werth macht.

Von Choluteca aus geht der Weg durch fettes, herrliches Weideland, meist flach und nur an den ersten zwei Tagen hier und da von niedrigen H�geln unterbrochen. In vielen der kleinen Fl��chen, die bis dahin trocken gelegen, fing schon an Wasser zu rieseln, und trotzdem nur erst wenig Regen gefallen, mu�ten sich die armen Thiere doch an einigen sumpfigen Stellen schon arg qu�len.

Der erste bedeutendere Flu�, �ber den ich kam, war der Rio negro, welcher in den Estero real f�llt. Von da an ist das Land so eben wie ein Tisch. Den Estero real �berschritt ich am andern Morgen ungef�hr 10 Meilen h�her, als Mr. Belcher, der englische Ingenieur, mit seinem Schiff gekommen war. Selbst da noch hat der Flu� 200 bis 250 Fu� Breite; das Wasser war jetzt freilich noch sp�rlich, kaum 3 Fu� tief, allein die Ufer sind sehr hoch und von sehr starken, gerad nach dem Wasser sich absenkenden Wurzeln, gleich einem festen Pfahlwerke, gesch�tzt, so da� die Natur die Anlegung und Vertiefung eines schiffbaren Kanals zum gro�en Theil selbst vorgearbeitet hat.

Nachdem ich das fragliche Terrain in mannichfachen Richtungen durchstreift und untersucht, steht auch bei mir die Ueberzeugung fest, da� der Atlantic-Pacific-Ship-Kanal entweder an dieser Stelle nach dem Golf von Fonseca zu f�hren, oder �berhaupt in eine ganz andere Richtung zu verlegen ist. Erlaubt es meine Zeit, so werde ich sp�terhin eine genauere technische Er�rterung dieser Frage versuchen.

Das Ende dieses Gebirgsausfluges ist kurz beschrieben. Ich zog am Fu�e des Viejo hin, bis zu einem Engpa� zwischen diesem Vulkane und dem Teliva, und stieg von da endlich in die Ebene von Leon hinab, wo ich gegen Ende Mai anlangte, mit leichtem Herzen, noch viel leichterem Beutel, als ich es verlassen, und mit schauderhaft zerfetzter Garderobe, �brigens aber mich einer so trefflichen Gesundheit erfreuend, wie seit lange nicht, fett wie ein B�r im Herbste und geistig im besten Humor. Meinen Mozo hatte ich die letzte Tagereise zu Fu� machen lassen, denn auf sein Maulthier hatte ich einen starken Hirsch und ein halbes Dutzend Pavon real geladen, ein herrlicher Vogel, bedeutend gr��er als der Truthahn, von sch�nem Gefieder und noch k�stlicherem Geschmack, deren der Viejo und die Ufer des Estero real in ungeheuerer Menge beherbergen, und welches Wildpret ich zum Geschenk f�r meine Freunde bestimmte, die mich nach fast dreimonatlicher Abwesenheit mit alter Herzlichkeit willkommen hie�en.

So war denn, f�r jetzt wenigstens, die mir gestellte Aufgabe in Central-Amerika erledigt, da manche unvermuthete Zwischenf�lle die von Squier und mir projectirte Exploration der noch unbekannten Striche desselben auf eine entferntere Zeit zu verschieben n�thig machen. Meine Bestimmung rief mich wieder nach New-York zur�ck, aber in meiner jetzigen Lage war eine Reise von mehr als 3000 Miles ein Kunstst�ckchen, �ber dessen L�sung ich mir wohl vergebens h�tte den Kopf zerbrechen k�nnen, wenn nicht der liebe Gott und mein sehr geehrter Freund und G�nner, Mr. Kerr, Gesandter der Vereinigten Staaten in Central-Amerika, mir eine gute Gelegenheit geboten h�tten, dies zu bewerkstelligen, und Letzterm zugleich einen Dienst zu erweisen: zwei wichtige ratificirte Traktate waren nach Washington zu �berbringen, welche Mission Mr. Kerr mir anvertraute.

Meine Sachen waren bald gepackt, mein alter Schimmel hatte sich in der Zwischenzeit auf guter Weide von den Entbehrungen der trockenen Jahreszeit recht wacker wieder erholt und ward mir von seinem jetzigen Besitzer freundlichst zu diesem letzten Ritt geliehen; das Maulthier eines neuen Sancho Pansa trug mein ziemlich umf�ngliches Gep�ck, und nach kurzem, herzlichem Abschiede von Land und Leuten befand ich mich bald in Gesellschaft meines g�tigen Arztes und Gastfreundes Dr. L., den ebenfalls Gesch�fte nach den Vereinigten Staaten riefen, auf dem Wege nach Granada. W�hrend wir durch die klare tropische Mondnacht dahintrabten, sandten uns noch die Glocken der ehrw�rdigen Kathedrale, das morgende Frohnleichnamsfest einl�utend, den letzten Scheidegru� nach, und in dem leisen Wellengemurmel, mit dem der stille Ocean einstimmte, verklang der Schlu�accord meines Lebens in den Tropen.


Nach scharfem zweiundzwanzigst�ndigen Ritt (f�r 110 Miles) langten wir in Granada an, wo Dr. S., einer meiner fr�heren Bekannten, sofort einen seiner kleinen Schooner segelfertig machen lie�; bald waren wir mit meinen Skizzen und Sammlungen an Bord, und eine g�nstige Brise trieb uns in 36 Stunden �ber den See. In St. Carlos war uns der Duanendirector, der sich lachend meines Champagnerschusses vom vorigen Jahre erinnerte, behilflich, schnell ein Boot f�r den Flu� fertig zu machen, und nach abermals 36 Stunden waren wir in St. Juan.


Da� meine vor einem Jahre ausgesprochenen Prophezeiungen in Bezug auf den St. Juan River und den Platz gleiches Namens so schnell in Erf�llung gehen w�rden, h�tte ich wahrlich nicht gedacht. Die Ver�nderung war fast wunderbar; da, wo noch vor'm Jahre (ich passirte die Stelle am selben Tage und fast zur selben Stunde) die Ruinen von Castillo Viejo einsam im Walde vergraben lagen, flatterten jetzt lustig die Stars and Stripes (Sterne und Streifen, die Flagge der Vereinigten Staaten) �ber einem entstehenden Wohnplatz; die alte Festung und die sie beschattenden B�ume waren verschwunden, ein gro�es Hotel und eine Anzahl h�lzerner Wohnh�user lugten wundersam neugierig hin�ber in die jungfr�ulichen W�lder; �ber den Rapids lag ein kleiner Steamer, unterhalb noch einer, am Serapique River wieder einer, und zwei kleine Schlepp-Steamer gingen eben letztern Flu� hinauf, um Ladungen von Kaffee aus Costa Rica zu holen. Das kleine Dampfboot, das voriges Jahr, kurz vor meiner Ankunft, an dem Machucha-Rapids gestrandet war, hing zwar immer noch an derselben Stelle, seiner v�lligen Zertr�mmerung entgegenharrend, aber eine Menge Treibholz war an dasselbe angeschwemmt, und hatte schon angefangen, eine kleine Insel zu bilden, auf der B�sche lustig gr�nten. In St. Juan hatte der gr��te Theil der Schilfh�tten h�bschen h�lzernen Wohnh�usern Platz gemacht, was dem pittoresken Aussehen zwar Abbruch that, das Leben aber denn doch bedeutend angenehmer machte. Manche der alten Bekannten waren noch da und freuten sich meines Wiedersehens, und wie in Leon die Glocken der Kathedrale, so ward mir hier beim frohen Mahle im Klange der Gl�ser das Abschiedsgel�ute von Central-Amerika.


Die gro�e Bedeutung, welche diese L�nderstriche gewi� binnen Kurzem f�r den Welthandel erhalten m�ssen, versprechen ihnen eine reiche, gedeihliche Zukunft, werden aber auch viele Ansiedler aus europ�ischen L�ndern hierherlocken, zumal Deutsche, und zu ihrem Nutz und Frommen sei es mir hier noch verstattet, einige auf eigene Erlebnisse und Anschauungen gegr�ndete allgemeine Bemerkungen anzuschlie�en.


Wer es irgend vermag, der vermeide hier, zumal im Innern, das Alleinreisen, das tausend Beschwerlichkeiten und Verlegenheiten bereitet, und versorge sich mit einem Mozo, einem Packthiere und wo m�glich mit einem Hammock, sowie auch mit Lebensmitteln, denn nicht nur, da� man alle Sorge f�r Satteln, Packen und F�ttern des Pferdes �bernehmen mu�, bieten selbst viele der sogenannten Gasth�user, au�er einer Bettstelle mit roher Ochsenhaut �berzogen, nur h�chst sp�rliche Mahlzeiten, ja jenseits Leon h�ren sie sogar ganz auf. Besonders l�stig dabei ist die Verpflegung des Pferdes, da das n�thige Futter meist schwierig aufzutreiben ist, und man, selbst bis zum Tode ermattet, das m�de Thier oft noch eine Stunde weit nach dem Protero bringen mu�.

Was die Preise der Lebensmittel anlangt, so sind diese durchg�ngig billig, ausgenommen wenn eben ein starker Durchzug nach Californien die gro�e Heerstra�e etwas theuer macht, und nur aus dem Umstande, da� Herr Thiele, derselbe, welcher so heftig gegen Fr�bel's Berichte auftrat, nie weiter als nach dem Hafen von St. Juan di Nicaragua gekommen, wohin allerdings die Lebensmittel theils von Granada, theils von Bluefield, �ber 30 Meilen die K�ste entlang, gebracht werden m�ssen, lassen sich dessen �bertriebene Preisangaben der Lebensmittel erkl�ren, wie z. B. ein Ei 1 Media (etwa 2 Silbergroschen), ein Pfund Rindfleisch 1 Real, u. s. w. Ich kann versichern, da� ich selbst an Pl�tzen, wie Massaya und Managua, wo nach den Landesbegriffen h�chst luxuri�se Gasth�user sind, sogar in Begleitung eines Dieners nie mehr als 1 Dollar f�r Nachtessen (bestehend aus gebratenem Huhn, Fisch, Eiern, K�se und Chocolade), Nachtlager und Fr�hst�ck, incl. des Futters f�r zwei Pferde, bezahlt habe. Auch die sch�dlichen Einfl�sse des Klimas werden diejenigen nicht zu bef�rchten haben, welche sich meine Erfahrungen in dieser Beziehung zu Herzen nehmen und dergleichen Extravaganzen vermeiden, wie ich sie mir unvorsichtigerweise zu Schulden kommen lie�.

Die Hauptschwierigkeiten, welche sich, meines Erachtens, dem Einwanderer entgegenstellen, sind: Erstens die wenig consolidirte Stellung, welche der Fremde hier noch einnimmt, theils infolge der politischen Zerr�ttungen des Landes, theils infolge der Kurzsichtigkeit der Einwohner, deren ganzes Bestreben nur dahin gerichtet ist, vollauf Bananen und Tortillas essen zu k�nnen, und welche sich gewisserma�en f�rchten, zu einer angestrengtern Th�tigkeit gen�thigt zu werden, sobald kr�ftige, arbeitsame Einwanderer ihnen als Concurrenten gegen�berstehen. Aus diesem Grunde allein werden sie, statt, wie in der Union, durch eine zweckm��ige Gesetzgebung dem neuen Ank�mmlinge Erleichterungen zu verschaffen, und durch g�nstige Bedingungen flei�ige H�nde herbeizuziehen, welche sich bem�hen, dieser in jeder Beziehung fast unersch�pflichen Natur einen st�rkern Tribut aufzuerlegen, als ihre jetzigen Gebieter es thun, im Gegentheil noch durch allerhand Einschr�nkungen und Schwierigkeiten dem Ansiedler sein saures Gesch�ft noch saurer zu machen sich bestreben.

Die oben erw�hnten politischen Zerr�ttungen leisten nat�rlich dieser, theils indolenten, theils b�swilligen Opposition der kurzsichtigen Landesbev�lkerung noch bedeutenden Vorschub, und so lange es nicht einer ebenso verst�ndigen, humanen, wie energischen Regierung gelingt, eine stabilere Ordnung einzuf�hren und kr�ftig aufrecht zu erhalten, d�rfte es auch einer fremden Colonisation kaum m�glich werden, mit gl�cklichem Erfolge gegen alle jene Hemmnisse anzuk�mpfen.

Ebenso kann man endlich auch noch als den schlimmsten Feind, den der europ�ische Einwanderer, und vor Allem der Deutsche, zu begegnen hat, ihn selbst und seine Landsleute bezeichnen. Auswandern ist an und f�r sich selbst keine Kleinigkeit, das nehme sich Jeder zu Herzen, der seine Heimath verl��t, er m�ge sich wenden, wohin er wolle, zumal aber hierher. Dazu kommt aber noch, da� in Deutschland der Unterthan fast in Bezug auf jede staatliche und communliche Einrichtung fortw�hrend unter Leitung zahlreicher Regierungsbeh�rden steht, die, so l�stig und einengend sie ihm auf der einen Seite auch erscheinen mag, auf der andern Seite aber auch ebenso viele Anlehnungspunkte und Bequemlichkeiten bietet. Im neuen Lande f�llt dies nun pl�tzlich weg, der Auswanderer h�pft wie ein Springteufelchen aus der Dose, alle die Institutionen, Verordnungen und Gesetze, an welche er gew�hnt ist und zu denen er bei jeder vorkommenden Gelegenheit seine Zuflucht nahm, fehlen ihm nun hier pl�tzlich. Unwissend und ohne Erfahrung, wie eine neue Gesellschaft in einem neuen Lande zu bilden sei, und statt sein Bestes f�r das Gemeinwohl, auf dem ja das Wohl des Einzelnen mit beruht, zu thun, verharrt der Einwanderer, bei aller k�rperlichen Ueberm�hung und einer Menge unn�tzer Anstrengungen, geistig in einer gewissen Tr�gheit, und �berl��t aus alter Gewohnheit die Organisation des Ganzen denjenigen, welche Selbstaufopferung oder Ehrgeiz genug besitzen, es zu �bernehmen, oder auch von Sonderinteressen dazu getrieben werden. Sind nun alle jene getroffenen Anordnungen nicht nach Wunsch, oder entspricht der neue Zustand nicht vollkommen dem Bilde, welches sich der Ansiedler zuvor davon entworfen, so bricht er, statt den Grund in sich selbst zu suchen und sein M�glichstes zur Abhilfe des Uebels beizutragen, in ma�loses Schimpfen �ber das elende Land und die Schurken aus, die ihn ins Verderben gelockt. Dies sind meines Erachtens die Ursachen, warum so viele Pl�ne von deutschen Colonien, in der Union sowohl als anderw�rts, gescheitert sind, dies und die ungl�ckliche Theorienreiterei, welche schon daheim einen vollst�ndigen Plan ausarbeitet, bis auf die Gartenbeete wom�glich, ob sie Zwiebeln oder Spargel tragen sollen, gleichviel, ob der Plan ausf�hrbar ist oder nicht.

Haben sich diese Betrachtungen schon in der Union als richtig und begr�ndet erwiesen, wo doch so Manches zur Erleichterung des Einwanderns gethan wird, so wird dies hier um so mehr der Fall sein, wo dem Fremdlinge im Gegentheil eine Menge Erschwernisse in den Weg kommen, und so sehe ich denn auch in dem neuerlichen Versuche der Gr�ndung einer deutschen Colonie in Central-Amerika, so aufrichtig ich demselben auch den besten Erfolg w�nsche, kein sonderliches Heil erbl�hen. Ich setze voraus, da� die Principien dieser Gesellschaft liberaler und praktischer sein werden, als die des Mainzer Schutzvereins in Texas; es kann dieselbe auch schon aus andern Gr�nden wohl nicht so ganz scheitern wie jene Colonie; dennoch kann ich kaum glauben, da� eine gr��ere Anzahl von Leuten so viel Thatkraft und Resignation besitzt, die namenlosen M�hseligkeiten einer Ansiedelung hier im Lande gemeinsam zu bew�ltigen, nur um ihren Kindern ein besseres Loos zu bereiten, als sie selbst dabei erwartet. Solche Gesinnung geh�rt aber unbedingt dazu, soll der Ansiedler frohen Muthes �ber das Ungemach hinwegkommen, das �berall sein Beginnen begleitet. Geschieht dies jedoch und kommt die junge Colonie nur erst gl�cklich �ber die Kinderjahre hinaus, so wird ganz gewi� diese herrliche, �ppige Natur dem gut angewandten, redlichen Flei�e einen reichen Lohn nicht versagen.


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Seite7Zeile9v. u.lies:M�ller statt Moore."25"12v. o."Schusse st. Schlusse."28"4""von meinen st. von meiner."90"4""erhoben st. erhob."105"10v. u."junger st. ganzer."112"8""Giuseppe st. Giuseppa."133"7""Becher st. Beche."137"6v. o."Protero st. pastura."141"12""Granadiner st. Leoneser."141"15""Leoneser st. Granadiner."150"4""Chamorro st. Chamorra."152"7v. u."Heeren st. Herren."157"6""Chichigalpa st. Chidrigalpa."196"11v. o."Holftern st. Halftern.

Druck von Ferber & Seydel in Leipzig.

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