Amazon rücksendung gleicher aber nicht selber artikel

Georgios Titokis ist eigentlich zu alt für das ferngesteuerte Auto in seiner Hand. Dennoch interessiert er sich für das Spielzeug. Vorsichtig nimmt der gebürtige Grieche den Strand-Buggy aus dem Karton und schaut, ob alle Teile vorhanden sind. Dann testet er den Batterieantrieb und sucht nach Gebrauchsspuren an dem Modellauto.

Es kann sein, dass der Kunde recht hat: Der behauptet nämlich, dass sich in der Verpackung, in der ein Polizeiwagen hätte stecken sollen, stattdessen dieser knallbunte Renner befand. Doch Titokis ist skeptisch. Es kann auch sein, dass der Besteller ein gebrauchtes Fahrzeug hineingesteckt hat, um so gratis an ein nagelneues Spielzeug zu kommen.

Gesundes Misstrauen gehört zur Arbeit von Titokis, der schon seit 1991 bei Hermes ist. Er steht an einer Werkbank in der riesigen Fabrikhalle in Hamburg-Wandsbek und bearbeitet jeden Tag Hunderte Retouren: Onlinebestellungen, die der Kunde nicht haben will oder die defekt sind. Mehr als 50 Millionen zurückgeschickte Produkte gehen dieses Jahr durch seine und die Hände seiner Kollegen. Die Zeit nach Weihnachten ist Hochsaison. Gearbeitet wird in drei Schichten, an sechs Tagen in der Woche.

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Quelle: Reuters

Rücksendungen sind zum Normalfall geworden in einem Geschäft, das rasant wächst und in dem die Kundschaft mit der Retour-Mentalität groß geworden ist. Drei Größen bestellen und zwei zurückschicken, das ist das Minimum. Der darbende Einzelhandel in Deutschland will seine lieb gewonnenen Onlinekunden auf keinen Fall verprellen.

Schließlich sind sie die Hoffnungsträger: Im vergangenen Jahr ist der Internethandel nach Schätzungen des Branchenverbandes um 22 Prozent auf einen Bestellumsatz von 33,5 Milliarden Euro gewachsen. Geschäftsmodelle wie das des Online-Modehändlers Zalando basieren darauf, dass von fünf Schuhkartons vier zurückkommen.

Die Otto-Tochter Hermes schätzt die durchschnittliche Retourenquote im Onlinehandel auf 50 Prozent. Bei Textilien sind es auch einmal zwei Drittel, bei Möbeln dagegen weniger als zehn Prozent. Die Aufgabe der Retouren-Industrie ist es, täglich Kartonberge abzuarbeiten und die Waren möglichst schnell wieder in die Lagerregale hineinzubekommen.

Deutliche Spuren einer Partynacht

So manche heikle Ware braucht jedoch etwas länger, bis sie wieder in den Verkauf gelangt. So wie das Super-Girl-Kostüm, das im Originalkarton im Hamburger Retouren-Zentrum auf dem Tisch liegt. Auf dem beiliegenden Zettel mit den vorgeschriebenen Gründen hat die Kundin „gefällt nicht“ angekreuzt. Doch die Tatsache, dass die Textilie deutliche Spuren einer Partynacht trägt, wird zu Nachfragen führen. Bestätigt sich der Party-Verdacht, bekommt sie den Karton samt Inhalt zurück – inklusive Rechnung.

Es kommt schon mal vor, dass die Mitarbeiter in der Tasche einer angeblich ungetragenen Winterjacke einen entlarvenden Skipass entdecken. Dieser Fall liegt dann ziemlich klar auf der Hand.

Doch manchmal lässt sich schwer abschätzen, ob es sich um Spuren des Tragens oder nur der Anprobe handelt: Stammen die Abdrücke in der Schuhsohle aus Leder von Kieselsteinen auf der Straße oder doch vom Weg durchs Wohnzimmer? Sind die Löcher in der Jeans original oder durch den Zusammenstoß mit der Tischkante entstanden?

„Retouren sind nichts Schlechtes. Sie sind Teil unseres Geschäftes, und wir verdienen Geld damit“, sagt Dieter Urbanke, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hermes Fulfilment. Die Firma arbeitet für Versandhäuser aus der Otto-Group, 20 Prozent der Aufträge kommen von anderen Internethändlern. Es ist ein Spagat: Nach außen hin werben die Händler mit dem Rückgaberecht, intern wollen sie die teuren Rücksendungen aber sehr wohl verringern.

Immerhin steigt ihr Anteil nicht mehr so schnell: „Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends gab es noch eine rasante Zunahme. In den vergangenen Jahren haben sich die Quoten aber kaum noch verändert“, erklärt Urbanke.

Ab Mitte dieses Jahres könnte den Onlineversendern zudem eine neue EU-Verbraucherrechts-Richtlinie nutzen: Die Bestimmung erlaubt es, Retouren generell kostenpflichtig zu machen. Bislang können Versandhändler nur dann Geld verlangen, wenn der Einkauf des Kunden maximal 40 Euro kostet. Doch welcher Versender wird das Knebelinstrument herausholen, wenn ihm dadurch Kundschaft verloren gehen könnte?

Einige Anbieter brauchen das Geld

„Nur wenige kleine Unternehmen werden dies tatsächlich tun“, prophezeit Hermes-Manager Urbanke. Tatsächlich plant bislang kein großer Onlineversender eine Kostenpflicht: Bei Amazon heißt es nur lapidar, es seien keine Änderungen an den Bestimmungen zur Rücksendung geplant.

Bei Zalando lautet die Auskunft ähnlich: „Kostenfreiheit des Versandes und des Rückversandes sind ein zentraler Punkt unseres Verständnisses von E-Commerce.“ Bei den Versandhändlern der Otto-Group ist die Lage ebenfalls eindeutig: „Wir werden Retouren nicht mit Kosten für die Kunden belegen“, erklärt Konzernvorstand Alexander Birken.

Dennoch dürfte es Onlinehändler geben, die Rücksender zur Kasse bitten werden. Davon ist Jean-Marc Noël überzeugt. „Bestimmte Branchen wie Schmuckhändler, die teure Waren verschicken, aber auch Händler aus dem Mittelstand, werden eine Kostenpflicht einführen“, sagt der Franzose, der die Firma Trusted Shops gegründet hat.

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Der Grund: Einige Anbieter brauchen schlichtweg das Geld. Wer zum Beispiel als kleiner Elektronikhändler einen Videobeamer verschickt und das Gerät zwei Wochen später vom Kunden zurückgesendet bekommt, weil es angeblich nicht gefällt, kann den Apparat vielleicht nicht wieder in sein Sortiment aufnehmen – zumindest nicht für den gleichen Preis. Denn oft wurden Elektronikgeräte im Alltag bereits benutzt.

Was spätestens in der Retourenfabrik auffällt. Dort folgt selbst das Aufschneiden der Plastiktüten mit den zurückgeschickten Textilien einem besonderen Muster. Hamide Oeguet nimmt T-Shirt-Verpackungen aus dem Karton, öffnet die Beutel und packt sie auf das Förderband.

Mit ihrem Ritzmesser schneidet die Türkin nie im Halbmond, sondern nur im Viereck, wie sie stolz erklärt. Sonst riskiert sie Schäden an der Ware. In ihren drei Jahren bei Hermes hat sie schon so einiges in den Kartons gefunden: Autoschlüssel, Reisepässe, Theatertickets, Gerichtsunterlagen oder auch Bargeld. Beim Einpacken rutschen den Kunden alle möglichen Gegenstände in das Retouren-Paket.

Gebrauchsspuren werden weggebügelt

Catherine Xavier hält ein T-Shirt-Kleid gegen das Licht: „You are my princess“ steht in silberfarbenen Pailletten darauf. Der Stoff an den Ärmeln in der Optik eines Leopardenfells ist unbeschädigt. Ware und Bestellung passen überein. Das sieht die erfahrene Mitarbeiterin, deren Familie aus Sri Lanka stammt, auf dem am Bildschirm wiedergegebenen Muster.

Die Gebrauchsspuren werden in der eigenen Reinigung beseitigt oder weggebügelt. Xavier ist für ihr Sortiment besonders geschult, sie kennt sämtliche Kniffe und nimmt auch schon mal eine Lupe zur Hand: Sind das auf dem schwarzen Stoff die Reste von dem hellen Garn, das für die Nähte verwendet wurde, oder doch Hundehaare?

Während in der unteren Etage der Fabrikhalle die Förderbänder rattern und aus dem Radio „Never Can Say Goodbye“ von Gloria Gaynor dröhnt, ist es einen Stock höher fast totenstill. Ursula Szymanek sitzt an einem Arbeitstisch und nimmt eine kleine Zange aus der Schublade. Mit dem Werkzeug zieht sie den Stift zum Verstellen einer Armbanduhr ein Stückchen heraus. Dadurch bleibt die Uhr stehen und die Minibatterie wird geschont.

Sie schaut sich die Glieder des Goldarmbandes genau an, prüft den Verschluss und putzt die Uhr anschließend auf Hochglanz. Ob sie noch funktioniert, kann Szymanek manchmal nur erkennen, wenn sie das teure Stück anstellt und eine Zeit lang beiseitelegt. Diese Arbeit geht nicht im Akkord, sie braucht Fingerspitzengefühl.

Bei Schmuck oder Uhren, die viele Tausend Euro kosten, ist es besonders wichtig, die Ware schnell wieder in den Verkauf zu bringen. Dennoch dauert die Bearbeitung bei den Versendern der Otto-Group und der Retouren-Tochter Hermes. Durchschnittlich 15 Kalendertage vergehen von dem Moment, in dem der Kunde die Bestellung im Internet abgegeben hat, und der Stunde, ab der der Artikel wieder im Onlineangebot zu haben ist.

Sechs Tage ist die Ware durchschnittlich beim Kunden, der Rest entfällt auf den Weg an seine Adresse, die Rücksendung zum Retourenbetrieb, die Bearbeitung vor Ort und schließlich den Transport zum Lager.

Das Ziel ist es, so viel Ware wie möglich wieder ins Sortiment aufzunehmen. Textilien schaffen diesen Weg angeblich zu 98 Prozent. Ist bei einem Kleidungsstück aber nichts mehr zu machen, geht es in den sogenannten Drittverkauf. Das kann ein weiterer Onlineshop sein oder ein Wochenmarkt im Ausland. Was genau mit einem Artikel passiert, legt der Onlinehändler vorher fest.

Weggeworfen wird in der Retourenfabrik in Hamburg nichts. „Wir vernichten keine Ware, wir schicken sie an den Händler zurück. Der entscheidet selbst, was damit passiert“, sagt Manager Urbanke. Das ist fast ein bisschen schade. Denn die Enkelkinder von Georgios Titokis hätten sich sicherlich auch über ein gebrauchtes Spielzeugauto gefreut.

Was tun wenn Amazon schreibt sie müssen den Artikel nicht zurücksenden?

Dass Amazon Produkte im Wert von mehr als 20 Euro nicht zurückhaben will, ist selten. Ist ein Produkt aber defekt oder übersteigen die Kosten für Versand und Produktprüfung den Wert eines Produkts, verzichtet Amazon häufiger auf die Rücksendung, so die Erfahrungen der Nutzer.

Kann ich verschiedene Amazon Bestellungen in einem Paket zurückschicken?

Ja, Sie können mehrere Artikel an Amazon im einem Paket zurücksenden. Bei der Organisation des Versand Ihrer Rücksendung erhalten Sie für jeden Artikel, den Sie an Amazon zurückschicken, ein eindeutiges Rücksendeetikett.

Werden Retouren bei Amazon kontrolliert?

Geht eine Rücksendung bei Amazon ein, prüft der Online-Händler sie auf ihr Gewicht. Stimmt dieses mit dem angegebenen Inhalt überein, landet das Paket in einem Lager, wo es auf den Wiederverkauf oder eine spätere Vernichtung wartet. Amazon leitet unterdessen die Rückabwicklung des Kaufes ein.

Wie werden Retouren bei Amazon behandelt?

Einige Retouren landen in Amazon Logistik Zentren. Da diese in ganz Europa verteilt sind, können Rücksendungen gebündelt an den nächstgelegenen Standort geschickt werden. In Deutschland gibt es insgesamt 18 Logistikzentren allein für Amazon. Hier werden die Waren darauf geprüft, ob sie erneut verkauft werden können.