Aber heidschi bumbeidschi bedeutung

Wem abends von der Mutter vorgesungen wurde, der wird sich nicht ohne Schaudern eines Liedes erinnern, so recht angetan, die Kinderseele mit Angst und das Dunkel des Kinderzimmers mit Schreckgestalten zu füllen. War schon die erste Strophe schlimm genug, in der die Mutter in die Rolle einer Fremden schlüpfte, um aus deren Perspektive dem Kind von ihrer, der Mutter, Fortgang ohne Wiederkehr zu berichten, so tat sich in der letzten ein anderes, noch gesteigertes Horrorszenario auf, in gespiegelter Symmetrie:

Der Heidschi Bumbeidschi is kumma

und håt ma mein Biable mitgnumma;

er håt ma’s mitgnumma und håts neamer bråcht,

drum winsch i mein’ Biaberl a recht guate Nåcht!

Åber heidschi bumbeidschi bum bum,

åber heidschi bumbeidschi bum bum.

Wieder in der Rolle der Mutter, die nun die der Zurückgelassenen war, gleich der des Kindes aus der ersten Strophe, sang sie nun von dessen Raub und seinem Verlust als etwas Endgültigem, und es dürfte weniges gegeben haben, das die Phantasie mehr belastet und das verstörenderen Schrecken verbreitet hätte, als die unbestimmbare Grauensgestalt mit ihrem beunruhigend possierlichen Namen. Wer hätte nach solchem sich nicht in Albträume geweint? Hatten die Mütter irgend eine Vorstellung von dem, was sie da anrichteten?

Der Heidschi Bumbeidschi – wo mag er wohl hergekommen sein? Veschiedene Erklärungen finden sich im Angebot, und man tut sich schwer, einer von ihnen Vertrauen zu schenken. Eine der freundlicheren leitet ihn aus einem griechischen Wiegenlied ab, das die byzantinische Prinzessin Theodora Komnena (1134-1184), zweite Gemahlin Heinrichs II. Jasomirgott, aus ihrer fernen Heimat nach Österreich mitgebracht haben soll, εὗδε μου παιδίον, ›Schlafe mein Kind‹, das sowohl als ›eiapopeia‹ wie eben auch als ›heidschi bumbeidschi‹ im deutschen Sprach- und Liedgut sich verankerte, indes mit der notwendigen Metamorphose in eine Person, ja gar in eine derartige Schreckensgestalt nur schwer in Übereinstimmung zu bringen ist. Weit weniger erbaulich klingt eine andere Version, die den Vorzug der Nähe zur Grausamkeit des Liedes hat. Zwischen 1473 und 1483 erfolgten fünf türkische Überfälle auf Kärnten, verheerende Beute- und Verwüstungszüge, die in der lokalen Tradition ihre lange Spur hinterließen. Nicht die Erweiterung des osmanischen Territoriums schien dabei die Absicht gewesen zu sein, sondern die Verbreitung von Angst und Schrecken und der Gewinn von Beute – wozu nicht zuletzt der Raub von Knaben gehörte. Der Anführer dieser Überfälle soll den Namen Hadschi Bombadschi geführt haben, was in unseren Ohren ein wenig drollig klingen mag, jedoch jemanden bezeichen kann, der die vorgeschriebene Pilgerfahrt nach Mekka unternommen und sich durch Expertise im Umgang mit Bomben ausgezeichnet hatte (türk. bombacı = Bomber). Ein Träger eines solchen Ehrentitels wäre also ohne weiteres vorstellbar – Georg Kastriota beispielsweise erhielt den seinen, Iskanderbey, nach ersten militärischen Erfolgen im Dienst der Hohen Pforte aus dem türkischen Namen Alexanders des Großen, Iskander, und bey, einer Rangbezeichnung, was dann zu ›Skanderbeg‹ verballhornt wurde. So könnte also der osmanische Mekkapilger, Bombenexperte und Bubenräuber Hadschi Bombadschi durchaus als der ominöse Kinderschreck Heidschi Bumbeidschi seinen Weg ins deutschsprachige Volksgut gefunden haben.

Auch, wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte – wofür wohl manches spricht –, lohnt ein Blick auf die Praxis der sogenannten ›Knabenlese‹ (türk. devşirme). Seit etwa 1380 wurden im osmanischen Herrschaftsbereich regelmäßig Aushebungen christlicher Knaben im vorpubertären Alter durchgeführt, mit dem Ziel, für die wenige Jahrzehnte zuvor gegründete Elitetruppe der Janitscharen (von osman. yeñiçeri, neue Soldaten), die Leibgarde des Sultans, Nachwuchs zu beschaffen. Die so rekrutierten wurden beschnitten, zunächst zur Erlernung des Türkischen und der Regeln des Islam bei ausgewählten Familien in Pflege gegeben und schließlich nach Istanbul verbracht, um dort in eigens eingerichteten kasernenartigen Schulen mittels strenger Disziplin, harter Arbeit und religiöser Indoktrination  für ihren späteren Dienst ausgebildet zu werden. Diese Ausbildung war ausgesprochen sorgfältig; sie dauerte in der Regel 14 Jahre und war keineswegs auf das Kriegshandwerk beschränkt: Türkisch, Persisch, Arabisch, Kalligraphie, Literatur, Islam und Recht standen auf dem Lehrplan. Denn es war beileibe nicht nur der Kriegsdienst, für den die Knaben bestimmt waren – die hohen und höchsten Ämter im Staat waren ihnen vorbehalten, und sie stellten regelmäßig die Großwesire.

So unbarmherzig diese Zwangsrekrutierungen gewesen sein mögen, war es in vielerlei Hinsicht durchaus erstrebenswert, bei der devşirme ausgewählt zu werden, bot dies doch die nahezu einzige Möglichkeit des sozialen Aufstiegs und auf jeden Fall die Aussicht auf einen gesicherten Unterhalt – das Janitscharerncorps war eine stehende Armee mit guter Versorgung, auch im Alter; der Suppenlöffel, den seine Mitglieder an den hohen Hüten trugen und der Suppenkessel, der ihnen als Feldzeichen vorangetragen wurde, wiesen darauf hin.

Das Ziel der Knabenlese war die Herausbildung einer ausschließlich dem Herrscher verpflichteten Elite im Sinne einer Meritokratie, sowohl im Palast als auch in der Armee. Keiner Sippe, keinem Stamm und keiner Ethnie mehr zugehörig, kaserniert und stets unter Aufsicht, zur Ehelosigkeit verpflichtet, konnte kein Loyalitätskonflikt aufkommen: Das Corps war die Familie, der Sultan der Vater. Die Überlegenheit des osmanischen Reiches im 15. und 16. Jahrhundert ist nicht zuletzt auf diese Institution zurückzuführen, die das Aufkommen einer Aristokratie verhinderte und Korruption und Vetternwirtschaft erfolgreich eindämmte. Als später dann die Zügel gelockert wurden, die Janitscharen Familien gründen durften, schließlich ihre Positionen erblich wurden und die devşirme obsolet und eingestellt, war dies der Beginn vom Niedergang des Osmanischen Reiches.

Daß die Knabenlese auch im Rahmen von Eroberungszügen geübt wurde, geht aus den gegen Ende des 15. Jahrhunderts verfaßten »Memoiren eines Janitscharen« des Konstantin aus Ostrovitza hervor, wonach der Schreiber des Sultans unmittelbar hinter den Truppen ritt und »alle Knaben, soviele es auch sein mögen, zu den Janitscharen ein[zog]«. So eignet also dem Bubenräuber Hadschi Bombadschi durchaus eine gewisse Plausibilität, sowohl, was die Art seiner Untaten als auch, was deren Zeitraum betrifft.

Unter den vielen bedeutenden Männern, die die Praxis der Knabenlese und das Janitscharencorps hervorbrachten, ragt einer als singuläre Gestalt besonders hervor: Sinan, der Architekt, dem in der Geschichte der Baukunst nur wenige an die Seite zu stellen sein dürften. Um 1488 in Kappadokien in eine griechische oder armenische Familie geboren und auf den Namen Josef getauft, erlernte er, vermutlich als Gehilfe seines Vaters, das Steinmetzhandwerk. 1512, dem Knabenalter also längst entwachsen, wurde er bei der devşirme ausgelesen und kam nach Istanbul, wo er, neben der üblichen militärischen Erziehung, zum Zimmermeister und zum Mathematiker ausgebildet wurde. Er nahm an einer langen Reihe von Feldzügen teil und machte rasch Karriere: 1521 wurde er nach der Eroberung Belgrads in das Janitscharencorps aufgenommen, 1526 zum Hauptmann und 1535 zum Oberst und Komandeur der Leibgarde des Sultans befördert, einem Ağa ebenbürtig, dem höchsten Rang bei den Janitscharen.

Dies wäre nun freilich von geringem Interesse, hätte sich nicht parallel dazu eine zweite Karrierelinie angebahnt, nicht als Alternative, sondern aufs engste in die militärische Laufbahn verflochten, war doch das Jaintscharencorps keineswegs auf militärische Aufgaben beschränkt und rekrutierte sich aus ihm, wie schon gesagt, ein Gutteil der Elite des Reiches. Schon in den Zwanzigerjahren war er als Militäringenieur eingesetzt worden und hatte hier sein außerordentliches Talent beim Bau von Straßen, Brücken, Festungen und Aquädukten bewiesen. Auch zählte es zu seinen Aufgaben, Kirchen in den eroberten Gebieten in Moscheen umzuwandeln. Nach der Eroberung Kairos wurde er zum Oberbaumeister ernannt und mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet; so soll er etwa das Privileg erhalten haben, sämtliche Gebäude niederlegen zu lassen, die nicht mit den Regeln der Stadtplanung übereinstimmten. Hatte sich seine ursprüngliche Tätigkeit mehr auf technische Aspekte konzentriert, war er also im modernen Sinn als Ingenieur zu bezeichnen, so sah er sich nun auch mit ästhetischen Fragen konfrontiert, und er zeigte sich bestens vorbereitet. Seine Kenntnis der Bauformen muß beachtlich gewesen sein, hatte er doch während der 15 Jahre seiner Feldzüge eine umfassende Vertrautheit mit den unterschiedlichsten Traditionen entwickeln können. Über ein umfangreiches Repertoire verfügte er somit, als er 1539, im Alter von 50 Jahren, zum Ser-Mimâr-ı Mimârân-ı Hassâ, zum Obersten der Hofbaumeister berufen wurde und sein eigentliches architektonisches Schaffen in Angriff nehmen konnte. Was nun in den 50 arbeitsreichen Jahren, die ihm blieben, folgte – er starb am 17. Juli 1588 in Istanbul – ist eines der bemerkenswertesten Lebenswerke, die je ein Architekt hinterließ, und dies beileibe nicht nur, was den Umfang angeht – nahezu 500 Bauten umfaßt sein Werkverzeichnis: Moscheen, Medresen, Türben, Schulen, Klöster, Bäder, Krankenhäuser, Karawansereien, Paläste, Armenküchen und anderes mehr –, sondern in seiner konsequenten Durchdringung der Grundgegebenheiten der Baukunst und der luziden Klarheit seiner Formen und Gefüge. Von dem Vielen, das über seine Architektur gesagt werden könnte und müßte – doch kann hier das Sagen ohne die Anschauung überhaupt sinnvoll sein? –, sei hier nur auf das Verhältnis zur Ordnung hingewiesen. Kaum etwas anderes gibt es, das so vollständig von Ordnung durchdrungen und dabei wohltuender geordnet wäre, als die Moscheen von Sinan. Dabei führt diese Omnipräsenz der Ordnung zu keinerlei Erstarrung, zu keiner Bevormundung, und es ist ihr auch jeglicher Anspruch auf Überwältigung fern – ganz im Gegenteil ist Sinans Architektur jeglichem totalitär vereinnahmenden Anspruch abhold. Das Betreten seiner Räume ist ein Akt der Befreiung des Betretenden in den Raum, und es geht dies so weit, daß die Elemente der Architektur, die auf komplexe Weise den Raum bilden, vor diesem selbst auf fast wundersame Weise in den Hintergrund treten.

Sinan starb 1589, im Alter von hundert Jahren und ist am Rande des Süleymaniye-Komplexes in einer bescheidenen, doch alles andere als anspruchslosen Türbe beigesetzt. Die Hochblüte der osmanische Architektur, die an sein Genie geknüpft ist, wird mit seinem Tod vorbei sein.

Woher kommt das Lied aber Heidschi Bumbeidschi?

Heidschi Bumbeidschi ist ein deutschsprachiges Volkslied in bairischer Mundart, das seit Beginn des 19. Jahrhunderts in Bayern und Österreich überliefert ist. Es wird häufig als Wiegen- oder gelegentlich auch fälschlich als Weihnachtslied bezeichnet. Allerdings ist das Lied textlich mehrdeutig.

Wer schrieb Heidschi Bumbeidschi?

Kurt FeltzHeidschi-Bum-Beidschi / Texternull

Wer hat Heidschi Bumbeidschi Bum Bum gesungen?

Peter AlexanderHeidschi-Bum-Beidschi / Künstlernull