Der menschliche Körper braucht Folat für die Teilung von Zellen, etwa bei der Blutbildung, sowie beim Wachstum. Besonders wichtig ist Folat vor und während einer Schwangerschaft: Da kann es das Ungeborene vor Fehlbildungen schützen wie dem „offenen Rücken“ (Spina bifida) oder der Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Die neuen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sind nun niedriger: Ausreichend versorgt sind danach
Jugendliche und Erwachsene, die 300 Mikrogramm Folat aufnehmen statt wie bislang 400 Mikrogramm. Einen erhöhten Bedarf haben Schwangere (550 Mikrogramm täglich) und Stillende (450 Mikrogramm) Tabelle. Die gesenkte empfohlene Tagesdosis stützt sich auf neue wissenschaftliche Studien. Sie zeigen, dass sich auch mit
weniger Folat eine ausreichende Versorgung gewährleisten lässt. Gleichzeitig schützen die niedrigeren Empfehlungen auch vor Überdosierungen durch das industriell hergestellte Pendant, die Folsäure. Zu viel von diesem Nahrungsergänzungsmittel kann Schlafstörungen, Depressionen und Magen-Darm-Beschwerden verursachen. Einige Wissenschaftler vermuten, dass ein jahrelanges Übermaß an Folsäure auch das Wachstum von Krebsvorstufen begünstigen kann – vor allem Dickdarmkrebs. Die täglich
tolerierbare Zufuhr an Folsäure aus Nahrungsergänzungsmitteln für Erwachsene liegt bei 1 000 Mikrogramm, so die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa). Für Kinder von 2 bis 17 Jahre sind es 200 bis 800 Mikrogramm.Folat schützt vor Fehlbildungen
Vorsicht vor Überdosierung
Unterschiede zwischen natürlichen Folaten und industrieller Folsäure
Ober über das Essen oder per Tablette – jeder Bundesbürger nimmt täglich im Durchschnitt 200 Mikrogramm Folat auf. Das ist zu wenig – auch gemessen an den neuen Empfehlungen. Die DGE spricht zwar nicht von einem allgemeinen Mangel, aber von einer Unterversorgung. Und die kann beispielsweise zu Blutarmut führen sowie zu weiteren Zellteilungs- und Wachstumsstörungen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich mit dem B-Vitamin – also Folat – zu versorgen:
- Lebensmittel: Grünes Blattgemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sind von Natur aus reich mit Folaten gesegnet. Doch sie sind licht-, luft- und hitzeempfindlich; Lagerung und Zubereitung können ihnen zusetzen (siehe Tipps). Der menschliche Körper nimmt nur etwa 50 Prozent der Folate aus Lebensmitteln auf. Doch allen Verlusten zum Trotz: Die täglich empfohlene Folatzufuhr lässt sich durchaus auch mit natürlichen Lebensmitteln decken. Mit einer bewussten Ernährung können das sogar Schwangere und Stillende schaffen, die einen erhöhten Folat-Bedarf haben. Das Gute: Folate, wie sie natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommen, lassen sich nicht überdosieren.
- Nahrungsergänzungsmittel: Die industriell hergestellte Variante des Folats ist Folsäure. Sie ist deutlich stabiler. Der Körper kann Folsäure fast zu 100 Prozent verwerten, wenn sie auf nüchternen Magen geschluckt wird. Man braucht daher weniger Folsäure als Folat: 0,5 Mikrogramm Folsäure entsprechen 1 Mikrogramm Folat aus der Nahrung. Allerdings besteht bei Nahrungsergänzungsmitteln immer das Risiko, dass Menschen sich nicht an die Herstellerempfehlungen halten und überdosieren.
- Lebensmittel, die mit Folsäure angereichert sind: Der Handel führt zum Beispiel Multivitamin-Säfte und Speisesalze, die mit industriell hergestellter Folsäure angereichert sind. Doch die DGE hält diese Lebensmittel nicht für notwendig. Wer zudem verschiedene angereicherte Lebensmittel isst und womöglich noch Folsäure-Präparate einnimmt, kann den Überblick verlieren und mehr Folsäure aufnehmen als gut tut.
Präparate für Schwangere
Frauen, die demnächst schwanger werden möchten, sollten sich auf jeden Fall folatreich ernähren und zur Sicherheit zusätzlich noch ein Präparat mit 400 Mikrogramm Folsäure einnehmen. Mit dieser Kombination – möglichst mindestens vier Wochen vor der Zeugung – lässt sich laut DGE eine Unterversorgung mit dem B-Vitamin vermeiden. Frauen, die ungeplant schwanger geworden sind, sollten nach dem positiven Schwangerschaftstest schnellstmöglichst zu Folsäure-Präparaten greifen. Vor allem im ersten Schwangerschaftsdrittel ist die regelmäßige Einnahme wichtig. Der Hintergrund: In den ersten vier Wochen einer Schwangerschaft entwickelt sich beim Ungeborenen normalerweise die erste Stufe des zentralen Nervensystems (Neuralrohr). Bei einer Unterversorgung mit Folat oder Folsäure steigt das Risiko für Fehlbildungen von Gehirn und Rückenmark. Folsäurepräparate können da nachweislich gegensteuern.
Keine speziellen Empfehlungen für Menschen ab 65 Jahre
Es gibt keine Hinweise darauf, dass Menschen ab 65 Jahre mehr oder weniger Folate oder Folsäure aufnehmen sollen als jüngere Erwachsene. Daher liegen auch keine speziellen Empfehlungen für Senioren vor. Frühere Vermutungen, dass die Substanzen auch vor typischen Alterskrankheiten schützt, etwa Herz-Kreislaufleiden oder Demenz, lassen sich wissenschaftlich bislang noch nicht bestätigen.
Folsäuremangel bei Alkoholmissbrauch
Nicht immer liegt es an der Ernährung, wenn Menschen mit Folat unterversorgt ist: Auch wenn der Darm chronisch entzündet ist oder jemand allergisch auf das Getreide-Klebereiweiß Gluten reagiert (Zöliakie), kann es zu Mangelerscheinungen kommen. Das passiert ebenfalls oft bei Alkohol- und Drogenmissbrauch. Auch bestimmte Medikamente können einen Folatmangel hervorrufen wie Methotrexat (bei Rheuma), Trimethoprim und Cotrimoxazol (bei Harnwegsinfektionen), Barbiturate und Phenytioin (bei Epilepsien) sowie Metformin (bei Typ-2-Diabetes) (Mehr dazu: Medikamente im Test).
So stellen Sie Ihren Folsäurestatus fest
Über Blutuntersuchungen lässt sich feststellen, wie viel Folat sich im Blut konzentriert. Doch die Bestimmung ist nicht immer ganz einfach, vor allem bei einem Mangel an anderen B-Vitaminen (B12, B6 und B2). Dann lassen sich niedrige Gehalte nicht präzise der Folsäure zuordnen.