Ding Dong die Hex ist tot Original

"Ding-Dong! The Witch Is Dead" ist ein Lied aus dem Musicalfilm Der Zauberer von Oz aus dem Jahr 1939. Es wurde von Harold Arlen komponiert, der Text stammt von E. Y. Harburg.Das Lied ist Mittelstück einer Gruppe mehrerer einzelner Lieder, die von den Figuren Dorothy Gale (Judy Garland) und der Hexe Glinda (Billie Burke) gesungen werden, um den Tod der bösen Hexe des Ostens zu feiern. „Wake up, the Wicked Witch is dead. She's gone where the goblins go,Below - below – below”, jubelt sie. Bereits 1982 hat der New Wave Musiker Klaus Nomi die Thatcher-Politik so kritisiert.

Heute wird Margaret Thatcher beigesetzt – wie zu Lebzeiten spaltet die ehemalige britische Premierministerin die britische Gesellschaft. In der Kritik stehen vordergründig die hohen Kosten für die Zeremonie in der St. Paul’s Kathedrale – sie werden auf zehn Millionen Euro geschätzt. Im Kern geht es aber um die Würdigung – oder eben Nicht-Würdigung – der Lebensleistung der „Iron Lady“.

Während Konservative wie Premier David Cameron davon sprechen, dass Thatcher in ihrer Amtszeit das Land gerettet habe, betonen Kritiker aus dem linken Lager, Thatcher habe ganze Industriezweige zerstört, die Gewerkschaften zerschlagen und die Gesellschaft in Arm und Reich entzweit. In vielen Städten des Landes gab es an ihrem Todestag Freudenkundgebungen. Dass eine Tote, ein Tod solche Reaktionen hervorruft ist – zumindest in Kontinentaleuropa – außergewöhnlich. Allerdings hatten viele Gewerkschafter, Labour-Politiker und linke Aktivisten genau dies bereits seit den 80er Jahren für den Fall ihres Todes angekündigt.

„Wir werden lachen an dem Tag, an dem Thatcher stirbt – obwohl wir wissen, dass das nicht richtig ist“, sang die Londoner Band Hefner im Jahr 2000. „Wir werden die ganze Nacht tanzen und singen.“ Und so kam es dann auch: Bei diesen „Festivitäten“ spielte dann aber ein anderes, ein viel älteres Lied die Hauptrolle: Der Musical-Song „Ding, Dong! The Witch Is Dead“ (Ding, Dong! Die Hex' ist tot)" aus „Der Zauberer von Oz“ von 1939. Mehr als 52 000 Kopien wurden verkauft – das reichte wider Erwarten nur für Platz 2 in den Charts. Um das Lied war ein heftiger Streit entbrannt.

Während Thatcher-Gegner via Facebook erfolgreich dazu aufriefen, den Song durch Herunterladen zum Charthit zu machen, entfachten konservative Politiker eine heftige Kampagne gegen die „geschmacklose“ Art des Protestes. Die BBC weigerte sich, das eh schon recht kurze Stück in seiner Chart-Show auszuspielen.

Das Stück war schon mal Sprachrohr der Thatcher-Gegner – vor 30 Jahren, als der deutschstämmige New-Wave-Künstler Klaus Nomi den Song aufgenommen hatte. Auch der Song der Notsensibles „I'm In Love with Margaret Thatcher“ ist nun erneut in der Hitparade gelandet, auf Platz35. Eigentlich war dies als Protest-Aktion der Thatcher-Fans gegen den Oz-Song gemeint. Die beißende Ironie der britischen Punk-Band („Sie ist das Mädchen für mich, immer wenn sie in der Glotze kommt, werde ich rot“) muss einigen Tories entgangen sein – oder es handelt sich um britischen Humor.

Die Schmähung der Iron Lady ist seit 1979 fester Bestandteil der britischen Pop-Kultur – angefangen bei Punkrockern wie Crass über Ska-Größen wie Hefner oder The Specials bis zu Stücken von Morrisey („Margarete on the Guillotine“) oder Billy Bragg. Viele haben sich so wie Elvis Costello in den 80ern vorgenommen, ihr auch am Grab noch Dreck hinterherzuwerfen („Tramp the Dirt down“). Roger Waters träumte 1983 im letzten Pink Floyd-Album „Final Cut“ davon, Thatcher in ein Pflegeheim für unheilbare Tyrannen einzuweisen. In der Realität starb sie im Alter von 87 Jahren in einer Suite des Ritz, wo sie die letzten Monate ihres Lebens verbracht hatte.

Margaret Thatchers Härte war auch eine Waffe in einem von Männern dominierten Umfeld. Der immer noch frische Hass auf Thatcher ist auch Ausdruck dieser Frauenfeindlichkeit.

Von Moritz Schuller

15.04.2013, 16:00 Uhr

„Ding Dong, die Hex’ ist tot.“ Die BBC hat erklärt, dass sie das Lied aus dem Musical „Der Zauberer von Oz“ nicht mehr spielen wird, weil der Song gerade als „Thatcher-Hass-Lied“ Furore macht. Gleichzeitig wurde der Londoner Polizist Jeremy Scott fristlos entlassen, weil er per Twitter die Nachricht verschickt hatte, er hoffe, der Tod Thatchers sei „schmerzhaft und entwürdigend“ gewesen. Und der Beitrag des Komikers und Schauspielers Eddie Izzard zu den Feierlichkeiten anlässlich ihres Todes lautete: „Ich pisse auf ein Staatsbegräbnis.“

Margaret Thatcher hatte schon immer viele Gegner. Das ist angesichts dessen, wie sie Politik gemacht hat, kaum überraschend. Sie hat, nicht unabsichtlich, polarisiert und ist Konflikten selten aus dem Weg gegangen. Sie und ihre Politik haben die Gesellschaft gespalten. Erstaunlich ist, dass ihre damalige Härte noch heute, 23 Jahre nach ihrem erzwungenen Abtritt, viele so ungefiltert provoziert, als sei der gesellschaftliche und historische Kontext seitdem unverändert (siehe auch die Kolumne unten). Am 12. Oktober 1984, zum Beispiel, zündete die IRA kurz vor dem Parteitag der Konservativen in einem Hotel in Brighton eine Bombe. Fünf Menschen starben, Thatcher entkam nur knapp dem Tod. So waren die Zeiten damals auch. Würde man auch Helmut Schmidt heute noch an der politischen Härte messen, die er in den Tagen des RAF-Terrors an den Tag gelegt hat?

Margaret Thatchers Gegner waren vor allem Männer. Auch das ist kaum überraschend, schließlich war sie die erste Frau an der Spitze des Landes. Sie war, auch international, von Männern umgeben, von denen wenige sie mochten und viele sie offenbar nicht ernst nahmen. Als sie Helmut Kohl einmal an dessen Urlaubsort treffen wollte, sagte er ihr ab. Später sah sie ihn dann in einem Café allein vor einem großen Stück Torte sitzen. Davon, heißt es, hat sich die Beziehung nie wieder erholt. Und noch heute, nach ihrem Tod, lässt sich ein sonst so vorsichtiger ehemaliger deutscher Außenminister zu einer Bemerkung hinreißen, die seine Herablassung kaum verbirgt: „Man kann nicht sagen, dass sie außenpolitisch irgendwie erfolgreich gewesen wäre“, sagte Hans-Dietrich Genscher. Das ist allein angesichts der Tatsache, dass kaum jemand im Westen so früh die Werbetrommel für den sowjetischen Reformpolitiker Michail Gorbatschow geschlagen hat wie Thatcher in den 80er Jahren, absurd.

Aber darum geht es eben nicht nur. Margaret Thatcher war keine Quotenfrau, Feminismus und Frauenförderung lagen ihr fern. Eine Frau war sie gleichwohl, die sich mit Härte gegen ein männliches Umfeld durchsetzen musste. Deshalb wäre es zu leicht, allein ihr und ihrer Politik die Verantwortung für diese erstaunliche Aggression zuzuschreiben. Die Hexe ist die gefährliche Frau an sich und das ist der frauenfeindliche Subtext des Hasses, der der verstorbenen Premierministerin noch immer entgegenschlägt.

Damals war eine Spitzenpolitikerin eine Ausnahme, an die sich viele erst lange gewöhnen mussten. Heute ist der Kontext ein anderer, und deshalb kann sich eine Angela Merkel auch anders präsentieren als Thatcher. Zu denken, dass Merkels Teflon weicher wäre als Thatchers Eisen, ist naiv. Es ist nur ein anderes Material, eines jedoch, das der Politikerin Thatcher damals noch nicht zur Verfügung stand.

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